Das Argument
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IV. Soziale Bewegung und Politik 499<br />
Obgleich die „Geschichte" selbstverständlich zu diesen Ergebnis-,<br />
sen gelangt und insofern den Erfordernissen wissenschaftlicher marxistischer<br />
Geschichtsschreibung nicht entspricht, stellt sie doch einen<br />
erheblichen Fortschritt auf dem Wege zur wissenschaftlichen Objektivität<br />
gegenüber den Produkten der Stalinzeit dar. Die Selbstkritik<br />
ist schärfer geworden, die Polemik hat wenigstens teilweise den<br />
hysterisch-haßgeladenen Ton aufgegeben, die Namen ehemaliger<br />
Abweichler werden nicht mehr verschwiegen und ihre Wirksamkeit<br />
wird wenigstens teilweise objektiv dargestellt (so finden sich z. B.<br />
auf S. 384/5 Namen und Bilder aller auf dem 8. Parteitag der KPD<br />
gewählten Zentralemitglieder einschließlich solcher „Verräter" wie<br />
Brandler, Frölich, Thalheimer und anderer in den Fraktionskämpfen<br />
Unterlegener).<br />
Betrachten wir nun kurz, wie die „Geschichte" die einzelnen revolutionären<br />
Hauptereignisse zwischen 1917 und 1923 darstellt und<br />
einschätzt. Die revolutionären Massenbewegungen 1917—18 (18ff.).<br />
Hierbei wird die Rolle des Spartakusbundes weit überbewertet, die<br />
für die Vorbereitung und Führung dieser Bewegungen ausschlaggebende<br />
Tätigkeit der „revolutionären Obleute" am linken Flügel<br />
der USPD jedoch beinahe völlig unterschlagen (vgl. dazu vor allem<br />
E. Kolb, Arbeiterräte in der deutschen Innenpolitik, Düsseldorf 1962,<br />
bes. 36 ff., 46 ff., 410 ff. und P. von Oertzen, Betriebsräte in der<br />
Novemberrevolution, Düsseldorf 1963, 69 ff.). Die Novemberrevolution<br />
und ihr Charakter (87 ff.). Die „Geschichte" verwirft — dem<br />
offiziellen gegenwärtigen Parteistandpunkt der SED entsprechend<br />
— die Auffassung, daß die Novemberrevolution eine gescheiterte<br />
sozialistische Revolution gewesen sei, sondern bezeichnet sie „als<br />
eine bürgerlich-demokratische Revolution, die in gewissem Umfang<br />
mit proletarischen Mitteln und Methoden durchgeführt wurde"<br />
(197/8). Nicht die sozialistische Revolution habe objektiv zunächst<br />
auf der Tagesordnung gestanden, sondern die Vollendung der demokratischen<br />
Revolution, die „Volksrevolution unter Führung der<br />
Arbeiterklasse" (75). Der Spartakusbund habe diese Revolution erstrebt,<br />
sei aber an eigenen Fehlern, vor allem aber am Verrat der<br />
SPD-, USPD- und Gewerkschaftsführer gescheitert. Diese Einschätzung<br />
der Novemberrevolution erscheint mir grundsätzlich richtig;<br />
die zugrundeliegende theoretische Analyse ist jedoch unzulänglich.<br />
Die verschiedenen verwendeten zentralen Begriffe: Demokratische<br />
Revolution, Volksrevolution, sozialistische Revolution; ihr Verhältnis<br />
zueinander, sowie ihre sachliche und zeitliche Reihenfolge; die<br />
Bedeutung einzelner Programmpunkte wie: „Rätemacht" oder „Diktatur<br />
des Proletariats" in diesem Zusammenhang — sie alle werden<br />
nicht genügend geklärt. Überdies schildert die „Geschichte" die<br />
Rolle der KPD (Spartakusbund) auf sehr einseitige Art und Weise:<br />
Die Tatsache, daß die KPD — wie übrigens auch die anderen Tendenzen<br />
der revolutionären Linken — der heutigen nachträglichen<br />
Interpretation widersprechend weitergehend eine Politik der sofortigen<br />
sozialistischen Revolution betrieben hat — wenn auch inkonsequent<br />
und unüberlegt — wird bemäntelt. Die Massenkämpfe im