Das Argument
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IV. Soziale Bewegung und Politik 497<br />
es sei anzunehmen, daß Steins Buch von 1842 „ausschlaggebend dazu<br />
beitrug [!], Lassalle den Weg zum Sozialismus zu weisen. Eine<br />
schriftliche Bezugnahme auf das vorerwähnte Buch Steins — also<br />
ein eindeutiger Beweis dieser Annahme — läßt sich jedoch nicht erbringen"<br />
(S. 112). Man kann vor riskanten Hypothesen dieser Art<br />
nicht oft genug warnen; erfahrungsgemäß verwandeln sie sich von<br />
heute auf morgen in gesicherte Forschungsresultate. Wer die Stein-<br />
Literatur durchmustert, findet dazu eine Fülle von Beispielen.<br />
Den Abschnitt über Marx und Stein (S. 84 ff.) beherrscht die unbedachte<br />
Behauptung, es lasse sich „als sicher... festsetzen", daß Marx<br />
„Steins Buch bis 1846 nicht abgelehnt hätte" (S. 98). Auf S. 103 ändert<br />
sich überraschend die Jahresangabe: Steins Buch von 1842<br />
„wurde von Marx nach seiner eigenen schriftlichen Aussage bis 1847<br />
nicht abgelehnt". Bei gründlicherer Prüfung zeigt sich, daß Eva<br />
Meyer die „schriftliche Aussage" etwas zu flüchtig befragt hat. —<br />
Marx geht auf Steins Werk wiederholt ein in einer ausführlichen<br />
Besprechung des 1845 erschienenen Buches von Karl Grün über Die<br />
soziale Bewegung in Frankreich und Belgien (vgl. Marx/Engels,<br />
Werke Bd. 3, S. 473—520: Kap. IV des 2. Bandes der Deutschen Ideologie;<br />
dieses Kap. August/Sept. 1847 veröffentlicht in der Zeitschrift<br />
<strong>Das</strong> Westphälische Dampfboot). Marx nennt Grüns Buch rundheraus<br />
ein „Machwerk" (480): Grün richte ständig „Konfusion" an (492),<br />
biete vorwiegend „liederliche Notizen" (496) und „belletristische<br />
Schwätzereien" (475) und leiste sich „unverschämte Abschreiberei"<br />
(516). Marx rügt vor allem Grüns Unkenntnis der Quellen: „Von<br />
der ganzen saint-simonistischen Literatur hat Herr Grün kein einziges<br />
Buch in der Hand gehabt" (480, vgl. auch 481 über die „Originalquellen";<br />
488: „hätte er den Saint-Simon selbst gelesen"; 493: „ohne<br />
die Quellen selbst... zu kennen"). Grüns Hauptquelle für die Darstellung<br />
des Saint-Simonismus sei in erster Linie der „viel ver achtete<br />
Lorenz Stein", auf den Grün „mit der größten Vornehmheit" herabsehe<br />
(480). Gegen diese Vornehmheit nimmt Marx das Buch Steins<br />
in Schutz: das „Grünsche Machwerk" stehe „weit unter dem Buche<br />
von Stein" (480). Alle Stein-Zitate, die Marx anführt, stammen aus<br />
Teil II Kap. 2 des Steinschen Buches von 1842 (Überschrift: Saint-<br />
Simon und die Saint-Simonisten). Auf den grundlegenden Ersten Teil<br />
des Buches — Theorie des Proletariats und Abriß der französischen<br />
Sozialgeschichte seit dem Ausgang des 18. Jahrhunderts — geht<br />
Marx näher nicht ein. Er merkt nur an, Stein habe ,,wenigstens"(!)<br />
versucht — was Grün nicht tut —, den „Zusammenhang der sozialistischen<br />
Literatur mit der wirklichen Entwicklung der französischen<br />
Gesellschaft darzustellen" (480). Der zitierte Satz anerkennt<br />
einen bestimmten Ansatz Steins, keineswegs aber — wie Eva Meyers<br />
Behauptung suggeriert — den Buchstaben des Werkes von 1842.<br />
Die Diskussion des Problems Stein—Marx währt inzwischen wenigstens<br />
siebzig Jahre, Fortschritte sind jedoch kaum zu verzeichnen.<br />
Sie gelängen am ehesten, wenn bei der Interpretation der entscheidenden<br />
Quelle zwei simple Sachverhalte endlich berücksichtigt<br />
würden. 1. Marx geht auf Steins Werk nicht ein, weil er unter allen