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Das Argument

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III. Psychologie 485.<br />

lichkeit; <strong>Das</strong> Problem der Ich-Identität. Erikson verfolgt — immer<br />

im Kontakt mit den empirischen Wissenschaften — den Menschen<br />

von seinen frühkindlichen Verhaltensweisen, vom „Urvertrauen" der<br />

Mutter-Kind-Beziehung über alle Stufen von „Autonomie", „Initiative",<br />

„Werksinn" und jugendlicher Identitätssuche bis hin'zu den<br />

Phasen des Erwachsenseins: „Intimität", „Generativität" und „Integrität".<br />

Er behandelt die jeweils korrespondierenden Krisen der<br />

Entwicklung: „Mißtrauen", „Scham", „Schuldgefühl", „Minderwertigkeitsgefühl"<br />

— um nur die frühen anzuführen —, und zeigt die<br />

realen Folgen des Versägens regulativer Prozesse: Erziehungsschwierigkeiten,<br />

Verwahrlosung, Jugendkriminalität, Sucht, bleibende neurotische<br />

Defekte. Dazu bedient er sich der Ergebnisse großer amerikanischer<br />

Untersuchungen auf dem Gebiet der Jugendfürsorge, ferner<br />

einzelner Krankenberichte aus seiner eigenen psychoanalytisch<br />

geführten Klinik sowie anthropologischen Materials aus verschiedenen<br />

Gesellschaften.<br />

Die Aufsätze sind keine Quellensammlung, auch keine philosophische<br />

Spekulation. Erikson verfügt über die Fähigkeit, Tatsachen<br />

verschiedener Fachgebiete sowohl isoliert aufzuzeigen als auch zu<br />

seiner Idee von der Identitätssuche des Menschen zu synthetisieren,<br />

der biologischen, kulturellen und psychodynamischen Lebenszyklen<br />

unterworfen ist. Die Arbeiten sind ein Stimulans für jeden, dessen<br />

Denken — oszillierend zwischen Modell und Verwirklichung — bereit<br />

ist, den Umweltsraum wie den Inweltsraum des Menschen gemäß<br />

der Anforderung eines präsumptiv „Humanen" zu verändern.<br />

Eine ungerechtfertigte Umweltmanipulation? Ob Säuglinge für<br />

ihr erstes Lebensjahr bewegungslos bandagiert auf Bretter gebunden<br />

werden, „damit sie sich nicht die Augen auskratzen" (Sioux-Indianer)<br />

oder ob man sie vor Hunger und Durst schreien läßt, bis<br />

sie buchstäblich blau sind, „weil das die Lungen stärkt" (Puritaner<br />

in Neu-England) — das ist wohl unsere Entscheidung.<br />

Helmut Junker (Gießen)<br />

Bastide, Roger: Sociologie des maladies mentales.<br />

Flammarion, Collection «nouvelle bibliothèque scientifique», Paris<br />

1965 (288 S., kart., 20 frs.).<br />

Schon wegen der Fülle der Literaturhinweise gibt dieses Buch eine<br />

sehr gute Einführung zum Problem der Geisteskrankheiten. Am<br />

Anfang werden methodische Fragen erörtert (Erhebungstechniken<br />

und Vergleichbarkeit statistisch epidemiologischer Untersuchungen);<br />

im mittleren Teil werden die Ergebnisse epidemiologischer und ätiologischer<br />

Untersuchungen referiert (ökologische Verteilungsmuster,<br />

schichten- und berufsspezifische Häufigkeit von Geisteskrankheiten 1<br />

uçd pathogene Familienstrukturen) ; im letzten Teil wird der Versuch<br />

gemacht, Geisteskrankheiten als ein Problem des strukturellen<br />

Aufbaus der Gesellschaft zu begreifen.<br />

Ganz im Gegensatz zu amerikanischen Untersuchungen, in denen<br />

Geisteskrankheiten fast immer unter dem Aspekt subjektiver Ano-<br />

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