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Das Argument

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Philosophisches Wörterbuch. 359<br />

Freigeben — Definition<br />

Am 25. Oktober 1967 meldeten die Zeitungen, zum ersten Male<br />

sei das ,nunmehr von Washington freigegebene Ziel Phuc-yen, 30 km<br />

nordwestlich von Hanoi, bombardiert' worden. Die Meldung impliziert,<br />

daß diese Stadt, solange sie von Washington noch nicht freigegeben<br />

worden war, noch unfrei gewesen sein muß; und es liegt auf<br />

der Hand, daß ein solcher Zustand auf die Dauer von Vorkämpfern<br />

der ,freien Welt' nicht ertragen werden kann.<br />

Unter .freigeben' versteht man mithin diejenige Aktion, durch die<br />

eine Regierung ihren Bürgern die. Erlaubnis bzw. die Weisung erteilt,<br />

eine in einem fremden Lande gelegene Stadt zu verwüsten.<br />

Wenn die Nordvietnamesen unter freigeben' ebenfalls .verwüsten<br />

dürfen' verstehen würden, dann würde die Freigabe von in Nordvietnam<br />

gefangenen amerikanischen Piloten so viel wie deren Ermordung<br />

bedeuten.<br />

Farben-Lehre von heute: Schwarz vor Gelb wird Weiß<br />

<strong>Das</strong> Recht der farbigen GIs, für ihr Vaterland, bzw. für die ,freie<br />

Welt', zu kämpfen und Vietnamesen umzubringen, ist drei- bis viermal<br />

so groß wie das Recht ihrer weißen Mitbürger. Jedenfalls kann<br />

sich die Negerbevölkerung, die zuhause nur 10 % der Gesamtbevölkerung<br />

ausmacht, rühmen, 30—40 % der in Vietnam eingesetzten<br />

bewaffneten Macht zu stellen.<br />

Wenn sich farbige boys dazu drängen, GIs zu werden und als<br />

solche nach Vietnam geflogen zu werden, so ist das wahrhaftig begreiflich.<br />

Die Chance der Gleichberechtigung, um nicht zu sagen: die<br />

Chance, ,to be more equal than others', die genießen sie allein dort,<br />

wo es sich um das Recht zu töten oder zu sterben handelt; zuhause,<br />

wo es nur um so alltägliche Dinge wie um das Leben und Am-Lebengelassen-werden<br />

geht, da ganz gewiß nicht.<br />

Ebenso begreiflich ist es natürlich andererseits, daß die Weißen<br />

ihren dunklen Mitbürgern das größere Recht, in Vietnam zu kämpfen,<br />

einräumen. Da es der Majorität der nicht-farbigen Bevölkerung<br />

darum geht, den Civil Rigths-Kampf mindestens zu bremsen, d. h.<br />

darum, den Zustand der Ungleichheit so gut und so lange wie möglich<br />

fortzusetzen, ist es für sie opportun,<br />

1. einen möglichst hohen Prozentsatz der besten Jahrgänge, die die<br />

Stoßkraft der Civil-Rights-Aktion steigern würden, außer Landes<br />

zu halten;<br />

2. den Entrechteten die Chance zu schenken, ihrerseits als Herrenvolk<br />

aufzutreten, ' ihrerseits andere zu entrechten. In dem aus<br />

Klassengründen in Gang gesetzten Spiel der Rassen ereignen sich<br />

die kaleidoskopischsten Wunder der Farbverwandlung: Im Kampf<br />

gegen die Gelben können sich die Schwarzen plötzlich als Weiße<br />

fühlen; nein, es kann sogar passieren — der französische Film „The<br />

Anderson Platoon" von Pierre Schoendorfer hat uns das vor Augen

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