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Das Argument

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464 •Besprechungen<br />

realisiert werden können, erscheinen bei Schoeck mangelnde Humanität<br />

und Ungerechtigkeit als Grund für die Perpetuierung der Moral<br />

von Fressen und Gefressenwerden.<br />

Eben weil Humanität und Gerechtigkeit, dem Neid entsprungen,<br />

bloßer Schwindel seien, wiege nur noch das Überleben der Stärkeren.<br />

— Da Schoeck das Glück aller, wie er lapidar sagt, für eine „raumzeitliche<br />

Unmöglichkeit" hält, ist für ihn eine erträgliche und vernünftige<br />

Gesellschaft „vielmehr" jene, in der „sich möglichst wenige<br />

mit ihren Neidgefühlen und Ressentiments beschäftigen" (279), ja, in<br />

der man einfach keine Rücksicht auf die einzelnen Menschen nimmt<br />

und wo es endlich dem „Gesetzgeber und der politischen Macht ermöglicht<br />

(ist), die ungleichen Errungenschaften der Mitglieder gleichmäßig<br />

zu schützen, aber (auch) ungleichmäßig zu fördern". (17) Seine<br />

Vorstellung von Gesellschaft läuft — konsequent zu Ende gedacht —<br />

in der Realität auf ein System hinaus, in dem die herrschenden Klassen<br />

die Unterdrückten, die „Neider", notfalls auch mit solchen Ideologien<br />

zu beschwichtigen versuchen, die die physische Vernichtung<br />

vox* Minderheiten bedeuten.<br />

Götz Rusch (Frankfurt/Main)<br />

Ossowski, Stanislaw: Die Klassenstruktur im sozialen<br />

Bewußtsein. Band 11.: Soziologische Texte. Luchter hand Verlag,<br />

Neuwied und Berlin (West) 1962 (300 S., kart., 19,— DM).<br />

Im ersten Teil des Buches — „Von den biblischen Legenden bis<br />

zur modernen Soziologie" — arbeitet Ossowski an umfassendem<br />

sozial- und geistes-geschichtlichem Material drei fundamentale Interpretationsweisen<br />

der Klassenstruktur heraus: die dichotomischen<br />

Vorstellungen, das Gradationsschema und die funktionelle Konzeption.<br />

Während nach dem dichotomischen Schema stets zwei einander<br />

entgegengesetzte Klassen (Herrschende und Beherrschte; bzw.<br />

Reiche und Arme; bzw. Ausbeuter und Ausgebeutete), in einseitiger<br />

Abhängigkeit, aber aufeinander bezogen gedacht sind, ist das Gra-<br />

'dationsschema ein vielgliedriges Schichtungssystem, wo die Klassen<br />

weder in faktischer Abhängigkeit noch in Gegensatz zueinander gesehen<br />

werden, sondern nach einem bestimmten Merkmal (z. B. Höhe<br />

des Einkommens) in ein ordnendes, klassifikatorisches Verhältnis<br />

gebracht sind. Im funktionellen Schema spielt Abhängigkeit dagegen<br />

eine Rolle, jedoch als wechselseitige: Klassen unterscheiden sich<br />

in dieser Konzeption nach ihren (arbeitsteiligen) Funktionen fürs<br />

soziale Leben, weshalb sie sowohl im Harmonie- wie im Konfliktfalle<br />

aufeinander angewiesen bleiben.<br />

Als besondere Form der Gradation, als „synthetische", wird von<br />

Ossowski das vor allem in der amerikanischen Sozialforschung verbreitete<br />

Stratifikationsmodell dargestellt. Im Gegensatz zum Schema<br />

der „einfachen Gradation", wo eine einzige Eigenschaft zur Einordnung<br />

in eine Klassenhierarchie Verwendung findet, gehen in dieses<br />

differenzierte Schema mehrere Faktoren ein: etwa Einkommen, Bildungsgrad,<br />

Beruf und Wohngegend. Da die Eigenschaften prinzi-

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