Das Argument
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I. Philosophie 457<br />
empirisch verifizierbaren und nicht durch rein logische Operationen<br />
herstellbaren Sätze aus den Wissenschaften zu verbannen trachten.<br />
Die These, daß Physik, Mathematik und formale Logik nur auf metaphysischer<br />
Grundlage möglich seien (13), sucht der Verfasser auf drei<br />
Ebenen zu erhärten. Zunächst wird der systematische Nachweis unternommen,<br />
daß die exakten Wissenschaften die Bedingungen ihrer<br />
Möglichkeit nicht mit ihren eigenen Mitteln formulieren können, daß<br />
sie somit notwendig Bestimmungen voraussetzen, die der Neopösitivismus<br />
als unwissenschaftliche und metaphysische Zutat glaubte eliminieren<br />
zu müssen. In einem weiteren Abschnitt des Buches wird<br />
dann der Versuch dieses Nachweises in die historische Dimension<br />
übertragen: dem Verfasser zufolge beweist die Geschichte der Naturwissenschaften,<br />
daß jede ihrer Entwicklungsstufen nur auf der<br />
Grundlage einer bestimmten Metaphysik möglich war. Abschließend<br />
entwickelt der Verfasser in seinem „Versuch einer metaphysischen<br />
Gesamtschau" (157 ff.) positiv das, was ihm zufolge die metaphysischen<br />
Grundlagen der Naturwissenschaft ausmacht.<br />
Der Hauptgegenstand der systematischen Kritik der positivistischen<br />
Wissenschaftstheorien ist die Tendenz zur extremen Formalisierung<br />
der Wissenschaftssprachen, die sich historisch in dem Augenblick<br />
als antimg^aphysisches Heilmittel anbot, als sich das Programm<br />
des klassischen Positivismus, alle nicht auf Beobachtbares reduziblen<br />
Begriffe aus den Naturwissenschaften zu entfernen, als undurchführbar<br />
erwies. Es ist das Hauptverdienst des Buches, das Resultat<br />
jener Tendenz kenntnisreich und stringent zu entwickeln: die<br />
auch von den Mitgliedern und geistigen Nachfahren des „Wiener<br />
Kreises" inzwischen gewonnene Einsicht in die Grenzen jener Formatierung.<br />
Diese Grenzen erwiesen sich als die der Möglichkeit von<br />
Physik, Mathematik und Logik selbst. Sie definieren zugleich die<br />
Grenzen des Operationalismus der physikalischen Begriffsbildung<br />
und der intuitionistischen Mathematik, durch den zentrale und für<br />
die Wissenschaften unentbehrliche Theoreme der antimetaphysischen<br />
Kritik zum Opfer zu fallen drohten.<br />
Gegen die historische Theorie des Verfassers über die „metaphysischen<br />
Grundlagen der Naturwissenschaft und Mathematik" (cf. insbes.<br />
S. 107 ff.) aber müssen Bedenken geltend gemacht werden; sie<br />
läßt sich durch die These charakterisieren, „daß physikalische, chemische<br />
und überhaupt einzelwissenschaftliche Theorien nie direkt von<br />
der Erfahrung her entworfen werden, sondern primär aus philosophischen<br />
Weltbildern, religiösen Grundhaltungen und metaphysischen<br />
Systemen hervorwachsen" (109). Zwar vermag der Verfasser<br />
durch seine imponierenden historischen Kenntnisse überzeugend darzutun,<br />
daß einzelwissenschaftliche Theorien nie so entstanden sind,<br />
wie es sich der naive Empirismus vorstellt: durch geduldiges Sammeln<br />
von Fakten, Vergleichen und induktives Schließen. Es soll<br />
auch hier nicht die konstitutive Rolle der philosophischen Theorien,<br />
die den jeweiligen geschichtlichen Stand des Bewußtseins repräsentieren,<br />
für jede einzelwissenschaftliche Erkenntnis geleugnet werden.<br />
Zu kritisieren ist die Reduktion der Geschichte der Naturwissen-