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Das Argument

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454 •Besprechungen<br />

seilschaftskritische ebenso wie psychoanalytische Begriffe außer acht<br />

läßt, nicht adäquat begriffen werden können.<br />

Die Welt der Werbung, will uns Spitzer suggerieren, sei „Kunst,<br />

... die das Praktische und Nützliche mit Schönheit umgibt" (79) und<br />

somit „eine Erfüllung der ästhetischen Wünsche der modernen<br />

Menschheit" (111) — als sei nicht in jedem guten soziologischen Proseminar<br />

zu lernen, daß die besondere Form des ästhetischen Bedürfnisses,<br />

auf die die Werbung jeweils ausgerichtet ist, von der Werbung<br />

jeweils auch selbst erzeugt wird. Spitzer dagegen bewundert<br />

„die Magie der modernen Industrie" (82), „die mächtige Anziehungskraft,<br />

die das Geschäft ausübt, das alles in seinen Bereich zwingt<br />

— ja selbst die Sonne zur Arbeit heranzieht" (84 f.) (er bezieht sich<br />

hier auf einen besonderen Text der Orangenreklame); er bewundert<br />

— ohne auch nur ironischen Vorbehalt — den Kapitalismus als ,kosmologische'<br />

Macht und vermeidet dabei, sich der Frage zu stellen,<br />

welche Bewußtseinsstufe eine Zivilisation erreicht haben mag, der<br />

,Natur' nur noch als Mittel für Werbung und Warenartikel begegnet.<br />

Ja mit dem naiven Fortschrittsglauben eines viktorianischen Liberalen<br />

unterstellt Spitzer, daß die Werbung eine der „stärksten Mächte<br />

sei, die an der Verewigung eines nationalen Ideals arbeiten", weil sie<br />

„ein beispielhaftes Wohlergehen als ein Ideal (predige), das für jeden<br />

Menschen in der amerikanischen Gemeinschaft erreichbar ist"<br />

(98).<br />

Worauf hier ,Interpretation' hinausläuft, ist die Anpassung des<br />

Bewußtseins an die ,Marktverhältnisse': die Akkomodation des Geistes<br />

an eine Welt totaler Verdinglichung. Wie Spitzer selbst sagt,<br />

sei es das Ziel seiner Untersuchung, „unser Vermögen (zu steigern),<br />

uns in dieser Kultur zu Hause zu fühlen und sie zu genießen..."<br />

(111). Hier mündet ,explication de texte' in Konformismus und Apologetik.<br />

Thomas Metscher (Belfast)<br />

Poulet, Georges: Die Metamorphosen des Kreises. [Les<br />

métamorphoses du cercle; deutsch von Peter u. Béatrice Grotzer].<br />

S. Fischer Verlag, Frankfurt a. M. 1966 (451 S., Pb., 19,80 DM).<br />

Rühmt sich die gegenwärtige Literaturwissenschaft der Mannigfaltigkeit<br />

ihrer Methoden, die eher der von Werner Krauss kritisierten<br />

„Anarchie der Fragestellungen" denn der Einsicht in die<br />

Komplexität ihres Gegenstandes zu danken ist, so ermangelt sie<br />

doch nach wie vor der einen, die anderes wäre als modischer Aufputz<br />

altbekannten Tiefsinns. Bei dem Zürcher Romanisten Poulet,<br />

dessen Verfahren das anspruchsvolle Etikett „critique thématique"<br />

zuerkannt wird, kehren in erster Linie Motive der geistesgeschichtlichen<br />

und der morphologischen Richtung wieder. Mit der einen teilt<br />

er das typologische Interesse, dem die Phänomene zu ,übergreifenden<br />

Ideen' verblassen, Geschichte ins Ungeschichtliche sich verkehrt; der<br />

anderen verbindet ihn vorab die fatale Ideologie der „Ganzheitlichkeit".<br />

Allenfalls in der Subtilität, mit welcher zuweilen das avanzierteste<br />

künstlerische Bewußtsein auf platte weltanschauliche Be-

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