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Das Argument

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I. Philosophie 447<br />

tigen Bourgoisie der Glaube an sich selbst, der Glaube an die Zukunft<br />

fehlt, denn die bürgerliche Ordnung hat keine Zukunft" (288).<br />

Nur: Hätte die Verf. etwas mehr von den Schwierigkeiten durchblikken<br />

lassen, die sich den um Ethik oder Moral bemühten Menschen<br />

heute überall in der Welt und nicht nur innerhalb der kapitalistischen<br />

Gesellschaft entgegenstellen, wenn sie zu einem Glauben an<br />

die Zukunft gelangen wollen, so hätte sie dies von manchem allzu<br />

pauschalen Urteil über die Menschen in der bürgerlichen Ordnung<br />

wohl abgehalten, und ihre eigene Ethik, die den Anspruch macht,<br />

als einzige auf Moral und Wissenschaft gegründet zu sein, wäre für<br />

skeptische, aber gleichwohl moralisch denkende Leser glaubwürdiger<br />

geworden.<br />

Friedrich Tomberg (Berlin)<br />

Redlow, Götz: Theoria. Theoretische und praktische Lebensauffassung<br />

im philosophischen Denken der Antike. Deutscher Verlag der<br />

Wissenschaften, Berlin (Ost) 1966 (166 S., Ln., 16,— MDN).<br />

Die Auseinandersetzung zwischen bios theoretikos und bios praktikös<br />

durchzieht nach Redlow die ganze griechische Philosophiegeschichte.<br />

Theoria bedeutete ursprünglich Schauen, aber auch Reisen.<br />

Beide Bezeichnungen trafen auf den frühgriechischen Kaufmann<br />

zu, der mit der Entwicklung von Handel und Industrie in der Polis<br />

gegenüber dem grundbesitzenden Aristokraten mehr und mehr an<br />

Bedeutung gewann. Sich in der Welt umzuschauen, gehörte zu seinem<br />

Geschäft. Theorie war bei ihm noch ganz Praxis. Dann aber<br />

verselbständigt sich die Theorie, die Distanz zwischen der ideellen<br />

Widerspiegelung und dem Widergespiegelten, der Natur, wird bewußt<br />

(32), die Theorie wird Weltanschauung. Bei den vorsokratischen<br />

Materialisten (Thaies, Heraklit, Parmenides, Demokrit) bleibt<br />

sie Schau der Einheit der Welt und wird dort bis zur höchsten Abstraktion,<br />

bis zu Begriffen wie Eins, Einheit, Sein, Werden, Vielheit,<br />

Nichtsein, Nichts, „Ichts", entwickelt (70). Bei den Orphikern und<br />

Pythagoreern wendet sie sich nach innen und auf Jenseitiges, wird<br />

mystisch oder „rein" und „uneigennützig". Damit ist der bios theoretikös<br />

als ein der Lebenspraxis fernes oder feindliches <strong>Das</strong>ein schon<br />

konzipiert. Er wird das Ideal der „aristokratischen Reaktion" (77), vertreten<br />

vor allem durch Sokrates, Piaton, Aristoteles. Was über Sokrates<br />

gesagt ist, ist anfechtbar, die Charakterisierung Piatons bleibt<br />

an der Oberfläche. Lediglich Aristoteles wird — in seinem Schwanken<br />

„zwischen Forschung und Spekulation" (104 ff.) — differenzierter<br />

dargestellt. Aber darauf kommt es nicht an: wichtig ist an dieser<br />

Schrift, daß sie neue Maßstäbe setzt. Es ist des Verfassers ausdrückliche<br />

Absicht die „Legende" über Sokrates, Piaton und Aristoteles zu<br />

zerstören (66). Seine These: Die wissenschaftliche Theoria wurde<br />

nicht von der idealistischen, sondern von der materialistischen Philosophie<br />

konzipiert und ausgearbeitet. Die historisch notwendige Trennung<br />

der Theorie vom Leben und den hierauf beruhenden Gegensatz<br />

von theoretischem und praktischem Lebensideal konnten die griechischen<br />

Materialisten jedoch auch nicht überwinden. Erst in unserer

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