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PflegeKolleg<br />
Ernährung in der<br />
Onkologie<br />
ZERTIFIZIERTE<br />
F O R T B<br />
Teil 1<br />
Auch bei schweren Erkrankungen<br />
zu Hause gut ernährt<br />
Heimparenterale Ernährung<br />
3<br />
Punkte<br />
I L D U N G<br />
Teil 2<br />
Ernährung nach Gastrektomie<br />
Kauen, kauen, kauen<br />
Teil 3<br />
Der Tumorkachexie frühzeitig Paroli bieten<br />
Prävention und Behandlung<br />
Zertifizierte Fortbildung in Zusammenarbeit mit<br />
© picture alliance/dpa<br />
<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2012; 64 (12)<br />
29
PflegeKolleg<br />
Ernährung in der Onkologie<br />
Heimparenterale Ernährung<br />
Auch bei schweren Erkrankungen<br />
zu Hause gut ernährt<br />
Dank der modernen medizinischen Versorgung und Pflege werden mittlerweile auch Patienten<br />
mit komplizierten, schwerwiegenden Erkrankungen im häuslichen Milieu betreut. Die Möglichkeit<br />
einer parenteralen Ernährung Zuhause bietet dabei auch vielen onkologischen Patienten einen<br />
erheblichen Zugewinn an Lebensqualität.<br />
KEYWORDS<br />
(Totale) parenterale<br />
Ernährung<br />
Venöses Portsystem<br />
Kurzdarmsyndrom<br />
Intestinale<br />
Obstruktion<br />
Aus▶ernährungsmedizinischer▶Sicht▶ist▶immer▶<br />
eine▶möglichst▶vollständige▶orale▶oder▶zumindest▶enterale▶Ernährung▶eines▶Patienten▶<br />
anzustreben.▶Erst,▶wenn▶der▶Bedarf▶auf▶diesem▶Weg▶<br />
nicht▶mehr▶gedeckt▶werden▶kann,▶wird▶man▶sich▶zu▶<br />
einer▶zusätzlichen▶parenteralen▶Gabe▶entschließen.▶<br />
Die▶ Gründe▶ liegen▶ zum▶ einen▶ in▶ der▶ physiologischeren,▶risiko-▶und▶komplikationsärmeren▶und▶<br />
letztlich▶kostengünstigeren▶Nahrungszufuhr.▶Zum▶<br />
anderen▶gehört▶die▶orale▶Nahrungsaufnahme▶zu▶den▶<br />
Primärbedürfnissen▶des▶Menschen▶und▶trägt▶damit▶<br />
erheblich▶zu▶dessen▶subjektivem▶Wohlbefinden▶bei.▶<br />
Nur▶in▶Ausnahmefällen▶ist▶es▶daher▶erforderlich,▶zeitweilig▶oder▶langfristig▶auf▶eine▶komplette▶parenterale▶<br />
Ernährung▶(PE)▶zurückzugreifen.▶Die▶Indikationsstellung▶für▶eine▶totale▶parenterale▶Heimernährung▶<br />
wird▶durch▶die▶Leitlinien▶der▶Deutschen▶Gesellschaft▶<br />
für▶Ernährungsmedizin▶(DGEM)▶definiert▶(siehe▶<br />
Kasten).▶▶<br />
Bei▶den▶zugrundeliegenden▶Krankheitsbildern▶der▶<br />
Patienten▶stehen▶das▶Kurzdarmsyndrom▶und▶die▶behinderte▶Nahrungspassage▶im▶Rahmen▶einer▶unheilbaren▶Peritonealkarzinose,▶aber▶auch▶durch▶gastrointestinale▶Tumore,▶Fisteln,▶Darmstrikturen▶im▶Vor-<br />
© Mathias Ernert, Chirurgische Klinik,Universtitätsklinikum Heidelberg<br />
DOI: 10.1007/s00058-012-1269-0<br />
30<br />
<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2012; 64 (12)
dergrund.▶Auch▶wenn▶eine▶parenterale▶Ernährung▶<br />
im▶häuslichen▶Milieu▶den▶Patienten▶einen▶erheblichen▶<br />
Zugewinn▶an▶Lebensqualität▶verschafft,▶stellt▶ihre▶<br />
Durchführung▶doch▶höchste▶Ansprüche▶an▶Organisation▶und▶Pflege.▶Insbesondere▶die▶Vermeidung▶von▶<br />
Infektionen▶erfordert▶die▶Einhaltung▶etablierter▶Pflegestandards.<br />
Die▶Indikation▶für▶eine▶heimparenterale▶Ernährung▶<br />
(HPE)▶wird▶meist▶im▶Krankenhaus▶gestellt.▶Dabei▶ist▶<br />
die▶Entlassung▶betroffener▶Patienten▶eine▶besondere▶<br />
Herausforderung.▶Sichergestellt▶werden▶muss,▶dass▶<br />
▶▶der▶betreuende▶Arzt▶informiert▶ist,▶<br />
▶▶die▶notwendigen▶Hilfsmittel▶<strong>verfügbar</strong>▶sind,▶<br />
▶▶die▶Lieferung▶der▶Ernährungsprodukte▶über▶eine▶<br />
Apotheke▶geregelt▶ist,▶<br />
▶▶der▶Patient▶und/oder▶seine▶Angehörigen▶eingewie-<br />
sen▶sind▶und▶<br />
▶▶ein▶ambulanter▶Pflegedienst▶eingeschaltet▶ist.▶<br />
Im▶Idealfall▶organisiert▶ein▶Ernährungsteam▶des▶<br />
Krankenhauses▶die▶Überleitung▶des▶Patienten▶in▶den▶<br />
ambulanten▶Sektor.▶Dort▶steht▶dem▶behandelnden▶<br />
Arzt▶dann▶ein▶Home-Care-Versorger▶zur▶Seite.<br />
Indikationsstellende Krankheitsbilder<br />
und Umsetzung der HPE<br />
Kurzdarmsyndrom.▶Gut▶ein▶Drittel▶der▶heimparenteral▶ernährten▶Patienten▶sind▶Patienten▶mit▶einem▶<br />
Kurzdarmsyndrom.▶Darunter▶werden▶verschiedene▶<br />
intestinale▶Malabsorptionssyndrome▶zusammengefasst,▶denen▶ein▶Verlust▶größerer▶Darmabschnitte▶<br />
gemeinsam▶ist▶–▶sei▶es▶nun▶durch▶eine▶ausgedehnte▶<br />
Resektion▶oder▶einen▶funktionellen▶Ausfall.▶Als▶Ursache▶steht▶bei▶Erwachsenen▶an▶erster▶Stelle▶die▶Entfernung▶größerer▶Dünndarmabschnitte▶als▶Therapie▶<br />
ausgedehnter▶Durchblutungsstörungen▶oder▶aufgrund▶von▶tumorchirurgischen▶Eingriffen.▶<br />
Da▶es▶in▶den▶ersten▶beiden▶Wochen,▶der▶so▶genannten▶Initialphase,▶nach▶einer▶solchen▶Operation▶zu▶<br />
massivem▶Wasser-▶und▶Elektrolytverlust▶kommt,▶steht▶<br />
hier▶die▶parenterale▶Ernährung▶der▶Patienten▶im▶Vordergrund.▶Eine▶orale▶Nahrungsaufnahme▶und▶die▶<br />
Hypersekretion▶des▶Magens▶bestimmen▶im▶Wesentlichen▶die▶mit▶dem▶Krankheitsbild▶verbundenen▶Diarrhoen.▶Die▶sich▶anschließende▶Adaptationsphase▶<br />
(Phase▶2),▶in▶der▶der▶orale▶Kostaufbau▶begonnen▶werden▶kann,▶erfordert▶mehrere▶Wochen▶bis▶zu▶einem▶<br />
Jahr.▶Hier▶liegt▶eine▶Domäne▶der▶parenteralen▶Heimernährung.▶<br />
Wenn▶die▶maximale▶Adaptation▶des▶Darms▶erreicht▶<br />
wurde▶(Phase▶3)▶und▶bei▶einer▶Restdarmlänge▶von▶>▶<br />
80–100▶cm,▶kann▶–▶in▶Abhängigkeit▶von▶der▶Grunderkrankung▶–▶meist▶ein▶normales▶Leben▶geführt▶werden.▶Weniger▶als▶20%▶aller▶Patienten▶mit▶initialem▶<br />
Kurzdarmsyndrom▶erreichen▶nicht▶das▶Stadium▶der▶<br />
ausschließlichen▶oralen▶Ernährung,▶können▶aber▶mit▶<br />
einer▶Langzeittotalparenteralen▶Heimernährung▶zu▶<br />
Hause▶versorgt▶werden▶(Tab.▶1).▶<br />
Totale parenterale Ernährung –<br />
Voraussetzungen<br />
▶ Eine ausreichende orale oder enterale Ernährung<br />
ist nicht möglich.<br />
▶ Die voraussichtliche Dauer der PE bzw. die<br />
Lebenserwartung des Patienten beträgt<br />
mindestens vier Wochen.<br />
▶ Es besteht Aussicht, dass durch die PE der Krankheitszustand<br />
oder die Lebensqualität zumindest<br />
gebessert werden können.<br />
▶ Sie entspricht dem Willen bzw. mutmaßlichen<br />
Willen des Patienten.<br />
Intestinale Obstruktion bei Tumorerkrankungen.<br />
Tumorerkrankungen▶des▶Magen-Darm-Traktes▶gehen▶<br />
häufig▶mit▶Stenosierungen▶oder▶gar▶einem▶mechanischen▶Ileus▶einher.▶Bei▶der▶Behandlung▶steht▶die▶<br />
chirurgische▶Behebung▶der▶Passagestörung▶im▶Vordergrund.▶Nur,▶wenn▶keine▶Wiederherstellung▶einer▶<br />
suffizienten▶Passage▶möglich▶ist,▶sollte▶die▶Indikation▶<br />
zu▶einer▶langfristigen▶komplett▶parenteralen▶Ernährung▶–▶nach▶Möglichkeit▶in▶häuslicher▶Umgebung▶<br />
–▶gestellt▶werden.▶Auch▶ein▶onkologisch▶unheilbarer▶<br />
Patient▶befindet▶sich▶nicht▶zwangsläufig▶in▶der▶finalen▶<br />
Lebensphase.▶So▶sollte▶eine▶heimparenterale▶Ernährung▶bei▶Tumorpatienten▶erfolgen,▶die▶nicht▶mehr▶<br />
essen▶können▶und▶deren▶erwartete▶Lebensspanne▶<br />
mindestens▶zwei▶bis▶drei▶Monate▶beträgt.<br />
Parenterale Ernährung richtig planen<br />
Bei▶der▶Planung▶einer▶parenteralen▶Ernährung▶müssen▶verschiedene▶Parameter▶kontrolliert▶werden:▶<br />
Energieumsatz und Energiezufuhr. Der▶Gesamtenergieumsatz▶umfasst▶den▶<br />
▶▶Grund-▶bzw.▶Ruheenergieumsatz,▶<br />
▶▶die▶bei▶Aktivitäten▶(Bewegung)▶umgesetzte▶Energie▶<br />
und▶<br />
▶▶die▶für▶die▶Verstoffwechselung▶(Metabolisierung)▶<br />
der▶Nahrungssubstrate▶benötigte▶Energie.<br />
Die▶Berechnung▶des▶Grundumsatzes▶(BEE▶–▶basal▶<br />
energy▶expenditure)▶erfolgt▶über▶die▶Formel▶von▶Harris▶und▶Benedict:<br />
BEE▶(♂)▶=▶66▶+▶(13,7▶x▶kg)▶+▶(5▶x▶l)▶–▶(6,8▶x▶A)<br />
BEE▶(♀)▶=▶655▶+▶(9,6▶x▶kg)▶+▶(1,8▶x▶l)▶–▶(4,7▶x▶A)<br />
(kg▶=▶KG▶in▶kg;▶l▶=▶Körperlänge▶in▶cm,▶A▶=▶Alter▶in▶<br />
Jahren)<br />
Abhängig▶vom▶Ernährungszustand▶ergibt▶sich▶für▶die▶<br />
Energiezufuhr▶bei▶ambulanten▶Patienten▶folgende▶<br />
Empfehlung:▶<br />
▶▶Überwiegend▶immobiler▶Patient▶ohne▶Mangeler-<br />
nährung:▶Der▶Patient▶erhält▶das▶1-▶bis▶1,2-fache▶des▶<br />
Ruheenergieumsatzes.▶<br />
Die Berechnung des<br />
Grundumsatzes (BEE)<br />
erfolgt über die<br />
Formel von Harris<br />
und Benedict.<br />
<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2012; 64 (12)<br />
31
PflegeKolleg<br />
Ernährung in der Onkologie<br />
▶▶Überwiegend immobiler Patient mit Mangelernährung:<br />
Die Energiezufuhr wird langsam auf das 1,2-<br />
bis 1,3-fache des Ruheenergieumsatzes gesteigert.<br />
Nährstoffbedarf. Zur groben Orientierung können<br />
bei der Planung einer parenteralen Ernährung die so<br />
genannten DACH-Referenzwerte der Ernährungsfachgesellschaften<br />
aus Deutschland, Österreich und<br />
der Schweiz herangezogen werden. Diese Richtwerte<br />
wurden jedoch nur für Gesunde und für die orale<br />
Ernährung erstellt.<br />
Implantierbare Portsysteme sind ideal für eine sichere heimparenterale Ernährung.<br />
Ein ZVK eignet sich für die ambulante Versorgung dagegen nicht.<br />
TAB. 1 L ANGZEITERNÄHRUNG<br />
BEIM KURZDARMSYNDROM<br />
Darmlänge und Lokalisation<br />
TAB. 2 REGIME PARENTERALER ERNÄHRUNG<br />
Regime Vorteil Nachteil<br />
Einzelkomponenten<br />
Compounding<br />
All-in-one-Beutel<br />
Industrieller Mehrkammer-Beutel<br />
100% individuelle Ernährung,<br />
immer erhältlich<br />
Langzeiternährung<br />
> 180 cm Dünndarm Keine TPN<br />
100–180 cm Dünndarm TPN 1–6 Monate<br />
80–100 cm Dünndarm und Kolon TPN 1–6 Monate<br />
60–80 cm Dünndarm und Kolon TPN 6–12 Monate<br />
< 80 cm Dünndarm Langzeit-TPN<br />
(TPN = Total parenteral nutrition)<br />
100% individuelle Ernährung,<br />
praktische Handhabung mit nur<br />
einem Beutel, niedrige Kontaminationsgefahr<br />
Niedrige Kosten, praktische Handhabung<br />
mit nur einem Beutel,<br />
niedrige Kontaminationsgefahr,<br />
immer erhältlich, bei bis zu 90%<br />
der Indikationen einsetzbar<br />
Drei verschiedene<br />
Schlauchsysteme,<br />
hoher Personalaufwand,<br />
hohe Kosten, höheres Kontaminationsrisiko<br />
Hohe Compoundingkosten,<br />
Verwerfen von<br />
nicht verbrauchten Beuteln,<br />
zeitlicher Verzug bei<br />
Herstellung des Beutels<br />
Keine 100%ige individuelle<br />
Ernährung möglich<br />
Flüssigkeitsbedarf. Der tägliche Flüssigkeitsbedarf<br />
setzt sich zusammen aus dem Basisbedarf (durchschnittlicher<br />
Bedarf bei normaler Stoffwechsellage)<br />
und dem Korrekturbedarf, der ungewöhnliche Verluste<br />
wie Schwitzen, Fieber, forcierte Diurese oder<br />
Diarrhoe berücksichtigt, aber auch Verluste in Form<br />
von Ödemen oder Ergüssen. Der Basisbedarf an Wasser<br />
beträgt beim Erwachsenen 30 ml/kg KG.<br />
Parenterale Ernährung<br />
richtig zusammenstellen<br />
Wie die Indikationsstellung ist auch die Zusammenstellung<br />
einer parenteralen Ernährung Aufgabe des<br />
behandelnden Arztes oder des ärztlich geleiteten Ernährungsteams.<br />
Je nach Grunderkrankung wird die<br />
erforderliche Zufuhr an Kalorien und Supplementen<br />
individuell festgelegt. Es besteht jedoch ein grundlegender<br />
Unterschied zwischen einer totalen parenteralen<br />
Ernährung und einer kombinierten oralen und<br />
parenteralen Ernährung. Für die individuelle Bedarfsberechnung<br />
können folgende Werte herangezogen<br />
werden, die an den normalen Bedarf eines Erwachsenen<br />
in Ruhe angelehnt sind:<br />
Makronährstoffe:<br />
Aminosäuren: <br />
0,8–1,3 g pro kg pro Tag<br />
Glukose:▶▶ ▶ 2,0–3,5 g pro kg pro Tag<br />
Fett:<br />
0,8–1,5 g pro kg pro Tag<br />
Spurenelemente, wasser- und fettlösliche Vitamine<br />
werden als Supplement nach Standards des täglichen<br />
Bedarfs zugeführt.<br />
Das venöse Portsystem –<br />
innovative i.v.-Applikation<br />
Der zentralvenöse Katheter ist eine unentbehrliche<br />
Voraussetzung für die Durchführung der parenteralen<br />
Ernährung. Besonders geeignet für die heimparenterale<br />
Ernährung ist ein implantierter Port, der<br />
durch seine subkutane Lage wesentlich besser vor<br />
Infektionen geschützt ist als beispielsweise der in der<br />
Klinik übliche Zentrale Venenkatheter (ZVK). Dessen<br />
Einsatz ist in der ambulanten Versorgung obsolet.<br />
Alternativ käme auch ein Hickman- oder Broviac-<br />
Katheter in Frage, der aber bei den Patienten weniger<br />
Akzeptanz findet. Ein wesentlicher Vorteil besteht in<br />
© J. Andrä<br />
32<br />
<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2012; 64 (12)
der Langzeitanwendung des Portsystems, das über<br />
mehrere Jahre genutzt werden kann, entsprechende<br />
Nutzung und Pflege vorausgesetzt.<br />
Weiterhin empfehlen die Leitlinien die zyklische<br />
Gabe der parenteralen Ernährung über Infusionspumpen.<br />
Bei einer heimparenteralen Ernährung, bei<br />
der die Patienten nicht kontinuierlich beobachtet<br />
werden, sollten also problemlose und sichere Applikationsverfahren<br />
zum Einsatz kommen, die auch die<br />
verbleibende Mobilität wenig einschränken. Dies ist<br />
beispielsweise durch Einsatz kleiner, mobiler, elektronischer<br />
Pumpen, die in geeigneten Tragevorrichtungen,<br />
beispielsweise in Spezialrucksäcken, am<br />
Körper getragen werden können, gegeben. Pumpensysteme,<br />
die die Infusionsphase darüber hinaus kontinuierlich<br />
dokumentieren und eine nachträgliche<br />
Dokumentation ermöglichen, werden im Rahmen<br />
der Qualitätssicherung zukünftig an Bedeutung gewinnen.<br />
Cave: Komplikationen<br />
Bei der heimparenteralen Ernährung sollte stets auf<br />
mögliche Komplikationen geachtet werden. Diese<br />
können durch den Katheter verursacht werden oder<br />
durch Stoffwechselentgleisungen.<br />
Katheterassoziierte Komplikationen. Das Hauptrisiko<br />
einer langfristigen parenteralen Ernährung liegt<br />
in der Katheter- beziehungsweise Portinfektion, die<br />
vom Katheterinfekt bis hin zur katheterassoziierten<br />
Sepsis reichen kann. Am häufigsten ist die Infektion<br />
mit Staphylococcus epidermidis. Treten Temperaturerhöhungen<br />
bei parenteral ernährten Patienten<br />
auf, sollte daher immer auch an eine Katheter- oder<br />
Portinfektion gedacht werden. Vorbeugend wirkt nur<br />
ein strenges und konsequentes Hygienemanagement<br />
bei der Beschickung zentralvenöser Venensysteme.<br />
Auch die empfohlene Applikationsdauer der Einzelkomponenten<br />
ist zu berücksichtigen (Tab. 3). Neben<br />
Infektionen kann es aber auch zu auch einer zentralen<br />
Venenthrombose oder Katheterokklusion kommen.<br />
Metabolische Komplikationen<br />
▶▶Hyperglykämien. Besonders bei zu schnellem Einlaufen<br />
der Ernährungslösung kann es zu schweren<br />
metabolischen Entgleisungen, insbesondere Hyperglykämien<br />
kommen. In der Literatur werden<br />
Hyperglykämien bei bis zu 50% aller heimparenteral<br />
ernährten Patienten angegeben. Hier kann die<br />
pumpengesteuerte Applikation eine gewisse Prophylaxe<br />
erbringen.<br />
▶▶Hypertriglyzeridämien. Sie treten bei 25–50% der<br />
Patienten auf und bedeuten möglicherweise ein<br />
erhöhtes Pankreatitisrisiko. Angestrebt wird ein<br />
Höchstwert von 4,6 mmol/l (400 mg /dl).<br />
TAB. 3 APPLIK ATIONSDAUER VON LÖSUNGEN<br />
ZUR PARENTERALEN ERNÄHRUNG<br />
All-in-One-Lösungen<br />
Reine Lipidemulsionen<br />
Glukose-Amino-Mischungen<br />
(Zweikammerbeutel)<br />
Maximale Laufzeit nach RKI-Empfehlung (2002)<br />
24 Stunden<br />
12 Stunden<br />
Keine Angaben<br />
▶▶Hepatische Komplikationen. Sie werden bei 15–<br />
40% aller Patienten beschrieben und umfassen<br />
Fettleber, Fettleberhepatitis, Cholestase, Cholezystolithiasis<br />
und Cholezystitis. Zur Vermeidung<br />
sind die Empfehlungen zur Substratzufuhr von<br />
Kohlenhydraten, Fett und Aminosäuren einzuhalten.<br />
Auch eine pumpengesteuerte, diskontinuierliche<br />
Substratzufuhr hilft, Leberkomplikationen zu<br />
vermeiden.<br />
Zur Erfassung von Komplikationen wird in den ersten<br />
drei Monaten eine ein- bis zweiwöchentliche Kontrolle<br />
von Klinik und Laborwerten empfohlen. Später<br />
reichen monatliche Kontrollen aus.<br />
FA ZIT FÜR DIE PFLEGE<br />
▶▶Die parenterale Heimernährung ist für Patien ten<br />
mit fehlender oder unzureichender oraler oder<br />
enteraler Nahrungsaufnahme eine klinisch erprobte<br />
Ernährungsalternative oder -ergänzung.<br />
▶▶Unter Berücksichtigung der Hygiene- und Leitlinienempfehlungen<br />
kann eine parenterale Ernährung<br />
auch im häuslichen Milieu erfolgen und somit<br />
dem Patienten eine Verbesserung seiner Lebensqualität<br />
bieten. Dem Betroffenen sollte dabei<br />
möglichst ein ausgebildetes Ernährungsteam und<br />
ein spezialisierter Versorger zur Seite stehen.<br />
▶▶Entscheidend für den Erfolg der Ernährungstherapie<br />
sind eine individuell optimierte Substratbereitstellung<br />
und regelmäßige Erfolgskontrollen<br />
im Rahmen eines Ernährungsmonitorings.<br />
▶▶Vor allem Patienten mit Kurzdarmsyndrom und<br />
unheilbaren intestinalen Tumoren profitieren von<br />
der totalen parenteralen Heimernährung.<br />
Jana Andrä<br />
Prof. Dr. med. Arved Weimann<br />
Klinik für Allgemein- und Visceralchirurgie<br />
Klinikum St. Georg gGmbH<br />
Delitzscher Straße 141, 04129 Leipzig<br />
Literatur bei den Verfassern<br />
Hauptrisiko einer<br />
langfristigen parenteralen<br />
Ernährung<br />
sind Port-<br />
und Katheterinfektionen.<br />
Ein<br />
strenges Hygienemanagement<br />
ist<br />
daher ein Muss.<br />
<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2012; 64 (12)<br />
33
PflegeKolleg<br />
Ernährung in der Onkologie<br />
Kauen, kauen, kauen<br />
Ernährung nach Gastrektomie<br />
„Was darf ich noch essen und trinken“, lautet die wichtigste Frage gastrektomierter<br />
Patienten. Noch zu oft heißt die Antwort von professioneller Seite: „Alles, was Ihnen<br />
bekommt“. Damit ist den Betroffenen nicht gedient. Herman Mestrom beschreibt die<br />
besondere Situation der Patienten und gibt konkrete Tipps für die Ernährung.<br />
KEYWORDS<br />
Gastrektomie<br />
Schluckstörungen<br />
Dumping-<br />
Syndrom<br />
Fett-Malabsorption<br />
Zusatznahrung<br />
Oberer Verdauungstrakt<br />
vor<br />
Gastrektomie<br />
Gastrektomie: Der<br />
Anfang des Zwölffingerdarms<br />
wird<br />
verschlossen (1)<br />
und sein Ende mit<br />
dem Dünndarm<br />
verbunden, damit<br />
die Verdauungssäfte<br />
von Leber<br />
und Bauchspeicheldrüse<br />
in den<br />
Dünndarm abfließen<br />
können (2).<br />
Zudem wird der<br />
obere Dünndarm<br />
mit der Speiseröhre<br />
verbunden (3)<br />
Gallenblase<br />
Oberer Verschlußmuskel<br />
des Magens<br />
Bauchspeicheldrüse<br />
1<br />
Unterer<br />
Verschlußmuskel<br />
des Magens<br />
Zwölffingerdarm<br />
Speiseröhre<br />
3<br />
Dünndarm<br />
2<br />
Die Entfernung des Magens (Gastrektomie)<br />
ist ein schwerwiegender Eingriff zur Behandlung<br />
des Magenkarzinoms. Der gastrektomierte<br />
Patient durchlebt eine gewaltige Veränderung<br />
seiner Ernährungsgewohnheiten und muss<br />
sich jeden Tag Problemen bei der Nahrungsaufnahme<br />
widmen. Die Symptome sind vielfältig: Ständige<br />
Inappetenz, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Darmkoliken,<br />
Schwindel, Kraftlosigkeit dauern bei einigen<br />
Betroffenen wenige Tage, bei anderen bedeuten sie<br />
aber auch eine Beeinträchtigung für längere Zeit.<br />
Kernprobleme gastrektomierter Patienten<br />
Schluckstörungen. Aufgrund der unterschiedlichen<br />
Motilität von Speiseröhre und Jejunum (Leerdarm)<br />
tritt die erste Komplikation an der neu geschaffenen<br />
Anastomose auf: Der Nahrungsbrei stoppt. Das Jejunum<br />
transportiert die Nahrung nur langsam weiter,<br />
sodass schnell ein Sättigungsgefühl eintritt. Ein weiterer<br />
Störfaktor ist die erhöhte Speichelbildung. Wird<br />
der Speichel nicht gut weitertransportiert, ist die Nahrungsaufnahme<br />
ebenfalls eingeschränkt. Zudem ist<br />
das Jejunum gewohnt, einen Nahrungsbrei mit einem<br />
Partikeldurchmesser von circa 2 mm zu erhalten, was<br />
durch die Entfernung des Magens zunächst nicht<br />
mehr gewährleistet ist.<br />
Maßnahme: Am Morgen zwei Tassen Tee trinken<br />
und eine halbe Scheibe trockenes Knäckebrot essen.<br />
Das Frühstück ebenfalls mit Knäckebrot bestreiten,<br />
damit das Jejunum trainiert wird, die Nahrung besser<br />
anzunehmen. Weißbrot, Brötchen und Graubrot neigen<br />
zum „Klumpen“. Achtung: Bei persistierenden<br />
Schluckstörungen kann auch eine Anastomosen-<br />
Verengung vorliegen, die durch eine Dilatation behandelt<br />
werden muss.<br />
Frühdumping. Wenn der Nahrungsbrei zu schnell<br />
ins Jejunum fließt, kommt es zu Schweißausbrüchen,<br />
Bauchkrämpfen, Durchfall, Blutdruckabfall und ansteigender<br />
Pulsfrequenz. Begünstigt wird das, wenn<br />
beim Essen zu viel getrunken wird. Frühdumping<br />
tritt direkt nach der Nahrungsaufnahme auf.<br />
© H. Mestrom<br />
DOI: 10.1007/s00058-012-1270-7<br />
34<br />
<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2012; 64 (12)
Maßnahme: Beim Essen so wenig wie möglich trinken<br />
(max. eine halbe Tasse), besser 15 Minuten vor<br />
und ab 30 Minuten nach dem Essen.<br />
Verhaltensregeln für<br />
gastrektomierte Patienten<br />
▶ Langsam essen und gründlich kauen<br />
▶ Viele kleine Mahlzeiten essen<br />
▶ Nicht beim Essen trinken (max. ½ Tasse),<br />
sondern 15 Minuten vor und 30 Minuten<br />
nach der Mahlzeit<br />
▶ Nüchtern morgens: zwei Tassen Tee (ohne<br />
Zucker) trinken und eine halbe Scheibe<br />
Knäckebrot (trocken!) dazu essen<br />
▶ Fettarme Lebensmittel und Zubereitung<br />
▶ Fettaperitif drei Minuten vor dem Essen<br />
▶ Richtige Nahrungsauswahl<br />
▶ In Oberkörperhochlage schlafen<br />
▶ Vitamin B 12 mindestens alle drei Monate i.m.<br />
▶ Vitamin A, D, E und K maximal alle<br />
drei Monate i.m.<br />
Spätdumping. Da die Reservoirfunktion des Magens<br />
fehlt, gelangt alle Nahrung unmittelbar in das Jejunum,<br />
wo die Nährstoffe resorbiert werden. Leicht<br />
resorbierbare Kohlenhydrate (Mono und Disaccharide)<br />
gelangen besonders schnell ins Blut und lassen<br />
den Blutzuckerspiegel rasant, punktuell ansteigen.<br />
Die Bauchspeicheldrüse reagiert mit einer übermäßigen<br />
Insulinausschüttung. Dadurch fällt der Blutzuckerspiegel<br />
wiederum rasant ab, gegebenenfalls bis<br />
zur Unterzuckerung, die zu Schweißausbrüchen, Zittern<br />
bis zur Ohnmacht führen kann. Spätdumping<br />
tritt in der Regel 1,5 Stunden nach der Mahlzeit auf.<br />
Maßnahme: Zum Frühstück keinen Zucker, keine<br />
Marmelade oder Honig essen und eine Stunde nach<br />
dem Frühstück eine Kleinigkeit essen (z.B. gekochtes<br />
Obst oder eine halbe Banane). Gezielte Maßnahmen<br />
gegen die Unterzuckerung erfordern zunächst einen<br />
BlutzuckerVerlaufTest (DumpingBZ). Hierbei wird<br />
wie folgt vorgegangen:<br />
▶ Blutzuckerabnahme nüchtern<br />
▶ Danach frühstücken<br />
▶ Eine Stunde nach der Nüchternabnahme erfolgt<br />
die zweite Blutabnahme<br />
▶ und dann noch viermal mal jeweils halbstündlich.<br />
Auch bei anamnestisch unauffälligen Patienten besteht<br />
durchaus die Notwendigkeit, in der Anfangsphase<br />
eine standardisierte Blutzuckerkontrolle durchzuführen,<br />
weil das SpätdumpingSyndrom sich auf<br />
einer latenten Ebene abspielt. Erfahrungsgemäß haben<br />
50% aller gastrektomierten Patienten dieses Phänomen,<br />
jedoch bemerken es lediglich 10%.<br />
kleinen Fettmenge (dünn mit<br />
Butter bestrichener Zwieback,<br />
Cracker, Stück Schokolade u.ä.),<br />
die die Gallenblase und das Pankreas<br />
zur Ausschüttung ihrer Verdauungssäfte/Enzyme<br />
anregt. Eine unzureichende Gabe von Pankreasenzymen<br />
oder eine zu hohe Fettaufnahme äußern<br />
sich durch penetrant riechenden Stuhl von<br />
gelblich, grauweißer Färbung, der in der Toilette<br />
„schwimmt“.<br />
Am Morgen zwei<br />
Tassen Tee zu<br />
trinken und eine<br />
halbe Scheibe<br />
trockenes Knäckebrot<br />
zu essen,<br />
kann Schluckstörungen<br />
entgegenwirken.<br />
© Teamarbeit/fotolia.com<br />
Fett-Malabsorption/Biliopankreocibale Asynchronie.<br />
Die biliopankreocibale Asynchronie, also die verspätete<br />
Vermischung der Gallensäfte und Pankreasfermente<br />
mit der Nahrung, ist der bedeutsamste Faktor<br />
für den postoperativen Gewichtsverlust gastrektomierter<br />
Patienten. Sie wirkt sich nicht nur auf die<br />
Fettresorption aus, sondern ist auch verantwortlich<br />
für eine inadäquate Resorption von Eiweißen und<br />
Kohlenhydraten. Daher ist bei einer ausgeprägten<br />
biliopankreocibalen Asynchronie die gesamte Energieaufnahme<br />
eingeschränkt und es kommt zu Steathorrhoe<br />
und Gewichtsverlust.<br />
Maßnahme: Entgegenwirken kann man dieser zentralen<br />
Problematik nach Gastrektomie durch<br />
▶ Reichen eines Fettaperitifs circa drei Minuten vor<br />
dem Essen,<br />
▶ fettarmes Essen und<br />
▶ die Gabe ausreichender Mengen an Pankreasfermenten<br />
(z.B. Kreon®, Panzytrat®) zu jeder Mahlzeit,<br />
auch zu Lebensmitteln, die keine Fette enthalten.<br />
Beim Fettaperitif handelt es sich um die Gabe einer<br />
Galliger Reflux. Nach einer Gastrektomie kommt es<br />
häufig zu einem unerwünschten Rückfluss der alkalischen<br />
Verdauungssäfte der Galle und des Pankreas<br />
in den Ösophagus, wodurch sich die Schleimhaut des<br />
Ösophagus entzündet. Bei länger andauerndem Reflux<br />
ist die Gabe von Colestyramin obligat, das die<br />
Gallensäuresalze bindet (eine halbe Kautablette 20<br />
Minuten nach den Hauptmahlzeiten und unmittelbar<br />
vor dem Zubettgehen). Auch Antacida können gegen<br />
die Beschwerden helfen. Zwar binden sie nicht die<br />
alkalischen Säfte, aber sie sorgen für einen Schutzfilm<br />
auf der Ösophagusschleimhaut. Dagegen sollten keine<br />
H 2 Blocker verabreicht werden, auch wenn der<br />
Patient diesen Reflux als „Sodbrennen“ wahrnimmt.<br />
Ileus. Da es nach einer Gastrektomie zu Verwachsungen<br />
im Dünndarmbereich kommen kann, besteht<br />
für die Patienten ein erhöhtes Ileusrisiko.<br />
Ein mechanischer Ileus wird begünstigt, wenn die<br />
Nahrung nicht richtig zerkaut wird und es sich um<br />
Lebensmittel handelt, die à priori schlecht verdaut<br />
Dumping-Syndrom:<br />
Kreislauf- und Verdauungsbeschwerden<br />
verursacht durch<br />
eine „Sturzentleerung“<br />
flüssiger und<br />
fester Nahrung in<br />
den Dünndarm.<br />
<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2012; 64 (12)<br />
35
PflegeKolleg<br />
Ernährung in der Onkologie<br />
Ileusbegünstigende Lebensmittel<br />
▶▶Hülsenfrüchte (auch passiert)<br />
▶▶Zwiebeln (in jeglicher Form und Aggregationszustand)<br />
▶▶Dicke Bohnen, Sojabohnen, Kichererbsen, Stangenbohnen, Porree,<br />
Weißkohl, Rotkohl, Grünkohl, Wirsing, Pilze, Rettich<br />
▶▶Kohlsalate, Essiggurken, Mixed Pickles<br />
▶▶Schale der Tomate/Paprika/Aubergine, Zitrusfrüchte, Kirschen,<br />
Granatapfel, Pflaumen<br />
▶▶Christstollen, Nüsse, Studentenfutter<br />
▶▶Zu viel Eis<br />
FA ZIT FÜR DIE PFLEGE<br />
werden können (z.B. Schalen, Pilze, Faserstoffe).<br />
Kommt es im Dünndarm durch schwer verdauliche<br />
Lebensmittel zum „Stau“, führen Lebensmittel wie<br />
Zwiebeln, Porree, Kohl zu einer Gasbildung und dadurch<br />
ebenfalls zu einer Blockade. Man spricht von<br />
einem chemischen Ileus. Ein Kälte-Ileus ist möglich,<br />
wenn es durch übermäßigen Eisverzehr zur Unterkühlung<br />
eines Teilabschnittes des Dünndarms<br />
kommt.<br />
Diarrhoe. Durchfallsymptome sind nach einer Gastrektomie<br />
häufig und bedürfen einer genauen Abklärung<br />
der Ursachen. Dazu zählt beispielweise eine<br />
übermäßige Aufnahme von Fetten, etwa in Form<br />
versteckter Fette (Wurst, Käse, Kuchen, Schokolade)<br />
oder in Form offener Fette, mit denen einem Gewichtsverlust<br />
vermeintlich entgegengewirkt werden<br />
soll. Auch Milch kann anfänglich zu Durchfall führen,<br />
da sie zu schnell in die unteren Abschnitte des Jejunums<br />
gelangt, in denen keine Laktase produziert wird. Der<br />
Körper korrigiert dies aber im Laufe der Zeit.<br />
Häufig haben Patienten auch zu viel beim oder<br />
sofort nach dem Essen getrunken. Die Flüssigkeitsaufnahme<br />
beim oder direkt nach dem Essen muss auf<br />
ein Minimum reduziert werden. Auch vom gleichzeitigen<br />
Verzehr von Getränken und frischem Obst<br />
ist abzuraten. Da mit dem Magen auch die Magen<br />
▶▶Die Gastrektomie ist ein schwerwiegender Eingriff zur Behandlung des<br />
Magenkarzinoms und bringt für den Patienten gewaltige Veränderungen<br />
seiner Ernährungsgewohnheiten mit sich.<br />
▶▶Die Problematik umfasst einen ganzen Komplex von Symptomen, die<br />
Körper und Psyche des Betroffenen in Mitleidenschaft ziehen.<br />
▶▶Allgemeine Verhaltensregeln und gezielte Maßnahmen, über die auch die<br />
betreuenden Pflegekräfte informieren sollten, erlauben es dem Patienten<br />
aber, nach und nach wieder weitgehend normal zu essen.<br />
säure fehlt, kann es zu einer bakteriellen Fehlbesiedlung<br />
des Darmes kommen, die antibiotisch behandelt<br />
werden muss. Während der ersten Wochen nach einer<br />
Chemotherapie ist der Darm überempfindlich<br />
und reagiert mit Durchfall. Eine leicht aufschließbare<br />
Kost ohne blähende Lebensmittel ist zu bevorzugen.<br />
Medikamente , Vitamine, Zusatznahrung<br />
Medikation. Wenn es nicht möglich ist, Medikamente<br />
in flüssiger Form zu geben, sollte die Medikation<br />
gemörsert werden, da ansonsten nicht gewährleistet<br />
ist, dass sie vollständig resorbiert wird. Da die Medikation<br />
in Pulverform recht unangenehm schmeckt,<br />
kann das Pulver in etwas Fruchtsaft oder in Fruchtpüree<br />
vermischt eingenommen werden. Achtung:<br />
Nach der Magenoperation müssen eine eventuelle<br />
Bluthochdruck- oder Diabetesmedikation korrigiert<br />
werden.<br />
Vitamine. Als Folge der Gastrektomie fehlt dem Körper<br />
auch der von der Magenschleimhaut gebildete<br />
Intrinsic-Faktor, ein Glykoprotein, das zur Resorption<br />
von Vitamin B 12 erforderlich ist. Um eine perniziöse<br />
Anämie infolge Vitamin-B 12 -Mangels zu verhindern,<br />
sollten die Patienten mindestens alle drei<br />
Monate eine i.m. Gabe von Vitamin B 12 erhalten.<br />
Durch die gestörte Fettaufspaltung und -resorption<br />
ist eine i.m. Gabe von Vitamin ADEK maximal alle<br />
drei Monate notwendig, um einer Osteoporose vorzubeugen.<br />
Eine orale Gabe dieser Vitamine ist nicht<br />
sinnvoll.<br />
Zusatznahrung. Industriell hergestellte hochkalorische<br />
Trinkzusatznahrungen werden von den Patienten<br />
vielfach nicht oder nur für kurze Zeit angenommen.<br />
Einerseits ist die Geschmacksrichtung oft<br />
sehr dominant und andererseits kommt es bei gastrektomierten<br />
Patienten wegen der hohen Osmolarität<br />
auch zu Durchfällen. Der dadurch bewirkte Gewichtsverlust<br />
führt die Trinkzusatznahrung dann ad<br />
absurdum. Als Alternativen bieten sich an: 150<br />
Gramm Maltocal-19 oder Maltodextrin-19 in einem<br />
Liter abgekochtem Wasser auflösen (= 600 Kcal.),<br />
eventuell mit Tee versetzen oder mit 20 bis 40 ml<br />
Zitronensaft (je nach Geschmack).<br />
Wenn gastrektomierte Patienten nach der Operation<br />
diese Verhaltensregeln einhalten, können sie<br />
nach einer unterschiedlich langen Zeit wieder fast<br />
normal essen.<br />
Herman-Jozef Mestrom<br />
Diëtist (NL), Diätetiker<br />
HELIOS Klinik Bergisch-Land<br />
Im Saalscheid 5<br />
42369 Wuppertal-Ronsdorf<br />
herman.mestrom@helios-kliniken.de<br />
36<br />
<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2012; 64 (12)
PflegeKolleg<br />
Ernährung in der Onkologie<br />
Prävention und Behandlung<br />
Der Tumorkachexie<br />
rechtzeitig Paroli bieten<br />
Etwa 30–40% aller Krebspatienten sind bei der<br />
stationären Aufnahme mangelernährt. Diese<br />
Zahlen sind vor allem deshalb so beunruhigend,<br />
weil sich die Ernährungs situation entscheidend<br />
auf Krankheitsverlauf und Prognose<br />
des Patienten auswirkt. Doch: Frühzeitig<br />
und konsequent behandelt müssen Mangelernährung<br />
und Kachexie nicht sein.<br />
KEYWORDS<br />
Kachexie<br />
Inflammation<br />
Mangelernährung<br />
Ernährungstherapie<br />
Ernährungsscreening<br />
Nutritional Risk<br />
Screening – NRS<br />
bioelektrische<br />
Impedanzanalyse<br />
– BIA<br />
Die Begriffe Mangelernährung und Tumorkachexie<br />
werden oft synonym verwendet. Dennoch<br />
muss differenziert werden: Während<br />
eine Mangelernährung bei frühzeitiger Diagnose sehr<br />
gut zu therapieren ist, bleibt eine ausgeprägte Tumorkachexie<br />
in der Regel therapierefraktär.<br />
Tumorassoziierte Mangelernährung. Leitsymptom<br />
ist ein krankheitsbedingter, ungewollter Gewichtsverlust,<br />
dessen Ausprägung das Risiko einer Mangelernährung<br />
bestimmt. Hauptursache ist eine reduzierte<br />
Nahrungsaufnahme, häufig assoziiert mit Appetitverlust.<br />
Verantwortlich hierfür sind die Erkrankung<br />
selbst, Nüchternphasen während der Diagnostik, Obstruktionen<br />
der Speiseröhre oder im Gastrointestinaltrakt,<br />
aber auch Therapienebenwirkungen wie<br />
Geschmacksveränderungen, Mucositis, Übelkeit, Erbrechen<br />
und Diarrhoe. Darüber hinaus reduzieren<br />
auch psychogene Faktoren (Angst, Depression),<br />
Schmerzen, Medikamente und verminderte körperliche<br />
Aktivität den Appetit und damit die Nahrungsaufnahme.<br />
Die Folge ist eine nicht bedarfsdeckende<br />
Ernährung mit nachfolgendem Gewichtsverlust.<br />
Tumorkachexie (griech. schlechter Zustand, Auszehrung).<br />
Das komplexe multifaktorielle Syndrom ist als<br />
Kombination eines fortschreitenden Gewichtsverlustes<br />
(> 10% des gesunden Normalgewichtes) mit<br />
Krebspatienten mit einem guten Ernährungsstatus<br />
überstehen nicht nur die<br />
Tumortherapie besser, sie haben auch<br />
eine bessere Prognose.<br />
Stoffwechselveränderungen zu verstehen, die durch<br />
die Tumorerkrankung selbst ausgelöst werden. So<br />
löst der Tumor eine Gewebeschädigung aus, die zu<br />
einer Einwanderung von Immunzellen in den Tumor<br />
führt. Die Immunzellen setzen wiederum Zytokine<br />
frei (Tumornekrosefaktor α, Interleukin 1, 6 u.a.), die<br />
entzündungsfördernd (proinflammatorisch) wirken.<br />
Die Tumorzellen selbst bilden Faktoren, die einen<br />
© JPC-PROD/fotolia.com<br />
DOI: 10.1007/s00058-012-1271-6<br />
38<br />
<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2012; 64 (12)
Abbau von Muskelprotein und Fettreserven auslösen.<br />
In ihrer Gesamtheit stellen die Stoffwechselveränderungen<br />
einen systemischen Entzündungsprozess dar.<br />
Es kommt zu einer katabolen (abbauenden) Stoffwechselsituation,<br />
die vor allem in Kombination mit<br />
einer reduzierten Nahrungsaufnahme zu einer Kachexie<br />
führt. Das Ausmaß der Entzündungsreaktion<br />
(Inflammation) ist nicht bei allen Tumorerkrankungen<br />
gleich, korreliert jedoch stark mit der Prognose.<br />
Ein Appetitverlust ist häufig, jedoch nicht<br />
immer vorhanden. Ebenso kann der Gewichtsverlust<br />
kachektischer Patienten nicht generell auf eine reduzierte<br />
Nahrungsaufnahme zurückgeführt werden.<br />
Prävention und Therapie<br />
Obwohl bekannt ist, wie wichtig ein guter Ernährungsstatus<br />
für Tumorpatienten ist, werden frühe<br />
Anzeichen einer Mangelernährung oft nicht erkannt<br />
und die Ernährungstherapie wird meist zu spät begonnen.<br />
Die Strategie zur Prävention und Therapie<br />
tumorassoziierter Mangelernährung beziehungsweise<br />
der Tumorkachexie basiert daher auf drei Säulen:<br />
1. der Identifizierung von Risikopatienten,<br />
2. der Ernährungsdiagnostik (Analyse des Ernährungsproblems<br />
und Ermittlung des Ernährungsstatus)<br />
3. sowie einer individuellen Ernährungstherapie, die<br />
Stoffwechselbesonderheiten berücksichtigt und<br />
deren Erfolg kontinuierlich überwacht.<br />
Risikopatienten identifizieren<br />
Wichtige Warnzeichen einer Mangelernährung sind<br />
Inappetenz und Gewichtsverlust bzw. eine reduzierte<br />
Nahrungsaufnahme. Anhand von Scores, die diese<br />
Kriterien berücksichtigen, können Risikopatienten<br />
frühzeitig identifiziert werden. Von den Fachgesellschaften<br />
werden für den ambulanten Bereich zum<br />
Screening Erwachsener der so genannte MUST-Score<br />
(Malnutrition Universal Screening Tool) und für den<br />
stationären Bereich der NRS 2002 (Nutritional Risk<br />
Mit dem NRS<br />
2002 lassen sich<br />
Risikopatienten<br />
schnell und einfach<br />
identifizieren<br />
– Grundvoraussetzung<br />
für eine<br />
frühzeitige Intervention.<br />
Anzeige<br />
<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2012; 64 (12)<br />
39
PflegeKolleg<br />
Ernährung in der Onkologie<br />
Tipp: Die Verträglichkeit<br />
von Trinkzusatznahrungen<br />
hängt<br />
vom Einnahmemodus<br />
ab. Langsames,<br />
schluckweises<br />
Trinken oder mehrere<br />
kleine Portionen<br />
täglich verhindern<br />
Diarrhoe und<br />
Übelkeit.<br />
1. Fettreiche Lebensmittel:<br />
▶▶Butter, Kokosfett, Rapsöl, Olivenöl<br />
▶▶Sahne, Schmand, Mascarpone<br />
Screening) empfohlen, wobei sich der NRS 2002 auch<br />
im ambulanten Bereich durchgesetzt hat. Der NRS<br />
ist unterteilt in ein Vorscreening, das sich gut in die<br />
Pflegeanamnese integrieren lässt, und ein Hauptscreening,<br />
das von Ernährungsfachkräften durchgeführt<br />
wird. Er berücksichtigt sowohl die Gewichtsentwicklung<br />
als auch die Nahrungsaufnahme. Wird im Vorscreening<br />
eine Frage mit „ja“ beantwortet, wird im<br />
folgenden Hauptscreening das Risiko einer Mangelernährung<br />
differenzierter überprüft. Anhand einer<br />
Punkte-Skala wird das Risiko eingestuft und das weitere<br />
Vorgehens festgelegt.<br />
Ernährungsdiagnostik<br />
Anhand der Ernährungsanamnese wird geklärt, inwieweit<br />
sich die Nahrungsaufnahme seit der Erkrankung<br />
verändert hat: Isst der Patient weniger? Wie sieht<br />
die Lebensmittelauswahl aus? Wie viele Mahlzeiten<br />
nimmt er ein? Gibt es Aversionen? Klagt der Patient<br />
über Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe? Kann er ausreichend<br />
trinken?<br />
▶▶Vollmilch, Vollmilchjoghurt, Sahnejoghurt, griechischer Joghurt<br />
▶▶Käse, Quark mit hohem Fettgehalt<br />
▶▶Fische mit hohem Fettgehalt<br />
▶▶Streichwurst<br />
▶▶Schokolade, Pralinen, Nüsse, Oliven<br />
2. Proteinreiche Lebensmittel:<br />
▶▶Käse, Frischkäse, Quark, Hüttenkäse<br />
▶▶Milch, Milchprodukte (Joghurt, Buttermilch, Dickmilch)<br />
▶▶Ei<br />
TAB. 1 ORALE OPTIMIERUNG – METABOLISCH<br />
ADAPIERTE ERNÄHRUNG<br />
▶▶Fisch, Fleisch<br />
▶▶Sojaprodukte, Hülsenfrüchte<br />
3. Gemüse, Obst:<br />
▶▶Mehrmals täglich<br />
▶▶Abwechslungsreich<br />
4. Mehrere Mahlzeiten<br />
▶▶Zwischenmahlzeiten<br />
▶▶Spätmahlzeit<br />
▶▶Nahrungsaufnahme auch nachts<br />
DEFINITION<br />
Mangelernährung<br />
Krankheitsassoziierter, ungewollter Gewichtsverlust<br />
(Leitsymptom zur Diagnose und Graduierung)<br />
Hohes Risiko<br />
Gewichtsverlust > 10% in 6 Monaten<br />
<br />
bzw.<br />
<br />
> 5% in 3 Monaten<br />
Body Mass Index < 18,5 kg/m 2<br />
(Gemäß den Leitlinien der Dt. Gesellschaft für Ernährungsmedizin<br />
(DGEM) und der European Society for Clinical Nutrition and Metabolism<br />
(ESPEN)<br />
Tumorkachexie<br />
Mangelernährung (Gewichtsverlust > 5%)<br />
+ Vorhandensein weiterer Kriterien (3 von 5)<br />
▶▶Erhöhte Entzündungsmarker<br />
(CRP, TNF, Il-1, Il-6 …)<br />
▶▶Anorexie (Appetitlosigkeit)<br />
▶▶Verminderte Muskelmasse<br />
▶▶Erhöhter Muskelproteinabbau<br />
▶▶Fatigue<br />
Die Beurteilung des Ernährungsstatus ergänzt die<br />
Ernährungsanamnese. Sie erfolgt in der Regel laborchemisch<br />
sowie durch Bestimmung der Körperzusammensetzung<br />
und/oder Handkraftmessung. Wichtige<br />
Blutparameter zur Bestimmung des Proteinstatus<br />
sind das Albumin und die Cholinesterase (CHE).<br />
Zur Bestimmung der Körperzusammensetzung<br />
wird häufig die bioelektrische Impedanzanalyse (BIA)<br />
eingesetzt. Über Elektroden, die an Hand und Fuß<br />
angebracht werden, lässt sich mittels Widerstandsmessung<br />
die Körperzusammensetzung bestimmen.<br />
Aussagekräftige Kenngrößen sind hierbei die Körperzellmasse<br />
und der Phasenwinkel. Beide Parameter<br />
sind bei Mangelernährung erniedrigt.<br />
Eine leicht handhabbare Methode zur Bestimmung<br />
der Muskelkraft ist die Handkraftmessung mittels<br />
Handkraftdynamometer. Veränderungen der Muskelkraft<br />
lassen sich damit früh feststellen, eine Mangelernährung<br />
kann rechtzeitig erkannt werden. Sowohl<br />
die Handkraftmessung als auch die BIA eigenen<br />
sich sehr gut zur Verlaufs- und Therapiekontrolle.<br />
Ernährungstherapie<br />
Metabolische Besonderheiten. Bei onkologischen<br />
Patienten kommt es also zu Stoffwechselbesonder-<br />
40<br />
<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2012; 64 (12)
PflegeKolleg<br />
Ernährung in der Onkologie<br />
Mangelernährung<br />
ist nicht gleich<br />
Tumorkachexie.<br />
heiten, die auch ernährungstherapeutisch Berücksichtigung<br />
finden müssen:<br />
▶▶eine schlechtere Verwertung von Glukose<br />
▶▶eine bessere Verwertung von Fetten<br />
▶▶sowie ein erhöhter Proteinbedarf<br />
Daraus leiten sich spezielle Ernährungsempfehlungen<br />
ab. Eine metabolisch adaptierte Ernährung sollte<br />
protein- und fettreich sein:<br />
▶▶Proteinbedarf:<br />
> 1,2 g/kg KG<br />
▶▶Fettzufuhr : > 50% der Energieaufnahme<br />
▶▶Kohlenhydrate: < 50% der Energieaufnahme<br />
▶▶Energiebedarf:<br />
30–35 kcal/kgKG<br />
Stufenplan der Ernährungstherapie<br />
Die Ernährungstherapie bei onkologischen Patienten<br />
erfolgt anhand eines Stufenplans.<br />
Orale Optimierung<br />
Der 1. Schritt der Ernährungstherapie besteht in einer<br />
Optimierung der Nahrungsaufnahme. Die Ernährung<br />
wird auf eine stoffwechseladaptierte Kost umgestellt<br />
und es werden Zwischenmahlzeiten eingeführt. Für<br />
die meisten Patienten sind diese Umstellungen nur<br />
in mehreren Etappen möglich. Ein einmaliges Beratungsgespräch<br />
reicht daher meist nicht aus, um Erfolge<br />
zu erzielen.<br />
Grundsätzlich sollten Vorlieben und Aversionen<br />
des Patienten Berücksichtigung finden. Zur Deckung<br />
des Energiebedarfs ist eine Anreicherung der Speisen<br />
mit fettreichen Lebensmitteln sinnvoll. Da viele Patienten<br />
nur kleinere Portionen tolerieren, ist zur Deckung<br />
des Nährstoffbedarfs die Erhöhung der Mahl-<br />
FA ZIT FÜR DIE PFLEGE<br />
▶▶Mangelernährung und Tumorkachexie sind ernstzunehmende<br />
prognoserelevante Symptome, die<br />
frühzeitig entdeckt (Screening) – zumindest zeitweilig<br />
– erfolgreich behandelt werden können.<br />
▶▶Nur durch eine metabolisch angepasste Ernährung<br />
ist es möglich, dem veränderten Nährstoffbedarf<br />
der Tumorpatienten gerecht zu werden<br />
und so einer Mangelernährung vorzubeugen<br />
oder diese zu behandeln.<br />
▶▶Trinkzusatznahrungen und andere Supplemente<br />
können Nährstoffdefizite ausgleichen, die Auswahl<br />
muss aber auf den jeweiligen Patienten abgestimmt<br />
werden.<br />
▶▶Ist eine orale Optimierung nicht bedarfsdeckend,<br />
ist die Indikation zur künstlichen Ernährung gegeben.<br />
Entscheidend für den Erfolg ernährungstherapeutischer<br />
Interventionen ist jedoch die<br />
kontinuierliche Therapiekontrolle (Screening im<br />
Verlauf, Ernährungsanamnese, Ernährungsstatus),<br />
um frühzeitige Anpassungen zu ermöglichen.<br />
zeitenfrequenz auf fünf bis sechs/Tag erforderlich.<br />
Der erhöhte Proteinbedarf kann nur unter Einbeziehung<br />
proteinreicher Lebensmittel bei den Zwischenmahlzeiten<br />
gedeckt werden (Tab. 1).<br />
Supplemente<br />
Supplemente sind zur Ergänzung der Kost oder bei<br />
nicht bedarfsdeckender üblicher Ernährung sehr<br />
hilfreich, um Nährstoffdefizite auszugleichen. Sie<br />
werden in der Ernährung onkologischer Patienten<br />
erfolgreich eingesetzt.<br />
Geschmacksneutrales Proteinpulver dient der<br />
Nährstoffanreicherung flüssiger und breiiger Speisen<br />
bei einem Proteinmangel, aber ausreichender Energiezufuhr.<br />
Häufig sind jedoch sowohl zusätzliche<br />
Kalorien als auch Proteingaben erforderlich. Vollbilanzierte<br />
Trinkzusatznahrungen (TZN), die sowohl<br />
Vitamine, Spurenelemente als auch Mineralstoffe<br />
enthalten, sind in dieser Situation zu empfehlen. In<br />
der Onkologie sollten hochkalorische (≥ 2 kcal/ml)<br />
und gleichzeitig proteinreiche TZN (10 g/Protein/100<br />
ml) bevorzugt werden, die von mehreren Anbietern<br />
auf den Markt gebracht wurden.<br />
Verfügbar sind auch geschmacksneutrale vollbilanzierte<br />
und nichtbilanzierte Pulver (enthalten<br />
nicht alle essentiellen Nährstoffe), die ebenfalls zur<br />
Anreicherung von flüssigen beziehungsweise breiigen<br />
Speisen und Getränken geeignet sind. Vollbilanzierte<br />
TZN und Pulver sind laut Arzneimittelrichtlinie bei<br />
krankheitsbedingter Mangelernährung verordnungsfähig.<br />
Künstliche Ernährung (enteral/parenteral)<br />
Die Indikation für die künstliche Ernährungstherapie<br />
wird dann gestellt, wenn bereits eine Mangelernährung<br />
vorliegt oder man davon ausgeht, dass der Patient<br />
länger als sieben Tage nicht essen kann. Eine<br />
weitere Indikation ist eine Nahrungszufuhr unter<br />
60% des geschätzten Energiebedarfs für mehr als zehn<br />
Tage. Die enterale Ernährung sollte – wenn möglich<br />
– der parenteralen Ernährung vorgezogen werden.<br />
Dr. oec. troph.<br />
Christiane Decker-Baumann<br />
Nationales Centrum für Tumorerkrankungen<br />
(NCT) Heidelberg<br />
Im Neuenheimer Feld 460<br />
69120 Heidelberg<br />
Literatur bei der Verfasserin<br />
42<br />
<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin
PflegeKolleg Fragebogen<br />
Ernährung in der Onkologie<br />
(Es ist jeweils nur eine Antwort richtig.)<br />
ZERTIFIZIERTE<br />
F O R T B<br />
3<br />
Punkte<br />
I L D U N G<br />
1. Welchen Patienten wird eine totale parenterale<br />
Ernährung unter Ausschluss einer enteralen<br />
Nahrungszufuhr angeboten?<br />
A Allen Patienten, die aufgrund chronischer psychischer<br />
Erkrankungen die Nahrung verweigern.<br />
B Sie wird nur dann angewandt, wenn eine orale<br />
oder enterale Ernährung aufgrund einer gestörten<br />
Darmpassage nicht möglich ist.<br />
C Sie wird häufig zur Therapie einer Tumorkachexie<br />
eingesetzt.<br />
2. Für die parenterale Ernährung gilt:<br />
A Die größte Infektionsgefahr besteht beim Einsatz<br />
so genannter Drei-Kammer-Beutel.<br />
B Energie und Nährstoffzufuhr müssen individuell<br />
geplant und unter regelmäßiger Kontrolle angepasst<br />
werden.<br />
C Ein Portsystem ist für eine langfristige parenterale<br />
Ernährung ungeeignet.<br />
3. Welche Katheterform ist für die heimparenterale<br />
Ernährung ungeeignet?<br />
A Der zentrale Venenkatheter.<br />
B Ein Hickman-Katheter.<br />
C Ein Portsystem.<br />
4. Wie lange sollten gastrektomierte Patienten<br />
Pankreasfermente einnehmen?<br />
A Bis der Hausarzt sagt: „Jetzt ist es genug“.<br />
B Lebenslang.<br />
C Bis der Stuhl wieder normal ist.<br />
5. Welche Medikamente sind bei Sodbrennen<br />
nach Gastrektomie wirkungslos?<br />
A Antacida.<br />
B H 2 -Blocker.<br />
C Lipocol-Kautabletten.<br />
6. Zu welchen Lebensmitteln benötigt ein<br />
gastrektomierter Patient Pankreasfermente?<br />
A Apfel, Banane, Melone, Papaya, Quark, Pudding.<br />
B Käse, Schnitzel, Pommes, Hamburger, Nutella.<br />
C Zu allen Lebensmitteln.<br />
7. Welche Aussage zur Tumorkachexie ist zutreffend?<br />
A Tumorkachexie ist gleichbedeutend mit einer<br />
Mangelernährung.<br />
B Die Tumorkachexie beeinflusst die Prognose des<br />
onkologischen Patienten nicht.<br />
C Eine Tumorkachexie ist gekennzeichnet durch<br />
einen fortschreitenden Gewichtsverlust bei gleichzeitigem<br />
Vorliegen von tumorassoziierten Stoffwechselveränderungen.<br />
8. Welche Stoffwechselveränderungen resultieren<br />
aus einer Tumorerkrankung?<br />
A Glukose wird als Energieträger bevorzugt verstoffwechselt.<br />
B Es gibt keine Veränderungen in der Verstoffwechslung<br />
der Hauptnährstoffe.<br />
C Fett wird als Energieträger bevorzugt verstoffwechselt,<br />
der Proteinbedarf ist erhöht.<br />
9. Welche Symptome weisen auf das Risiko einer<br />
Mangelernährung hin?<br />
A Ungewollter Gewichtsverlust, reduzierte Nahrungsaufnahme.<br />
B Steigerung des Appetits.<br />
C Body Mass Index < 22 kg/m 2 .<br />
10. Worum handelt es sich bei einer metabolisch<br />
adaptierten Kost bei onkologischen Patienten?<br />
A Um eine kohlenhydratreiche, fettarme Kostform.<br />
B Um eine fettreiche, eiweißarme Kostform.<br />
C Um eine fettreiche, eiweißreiche Kostform.<br />
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Die Online-Teilnahme ist<br />
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ist der 31.03.2013<br />
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