01.03.2014 Aufrufe

Qualifizierte Nahversorgung im Lebensmitteleinzelhandel

Qualifizierte Nahversorgung im Lebensmitteleinzelhandel

Qualifizierte Nahversorgung im Lebensmitteleinzelhandel

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Qualifizierte</strong> <strong>Nahversorgung</strong> <strong>im</strong> <strong>Lebensmitteleinzelhandel</strong><br />

‐ Endbericht ‐<br />

5.5 Baurechtliche Aspekte hinsichtlich Realisierbarkeit und Genehmigungsprozess<br />

Hintergrund und Fragestellung<br />

Das starke Wachstum der Lebensmitteldiscounter in den letzten 20 bis 25 Jahren hat bei vielen Fachleuten<br />

die Frage aufkommen lassen, ob Discounter unter Umständen durch das bestehende Baurecht bevorteilt<br />

werden. Wesentliche Argumente sind hierbei die folgenden Punkte:<br />

Nach Aussage der Betreiber können Supermärkte als Neuplanung erst ab einer Verkaufsfläche zwischen<br />

1.200 und 1.500 m 2 wirtschaftlich erfolgreich betrieben werden. 112 Demgegenüber werden neue Standorte<br />

der Discounter häufig schon mit Verkaufsflächen zwischen 700 bis 800 m 2 realisiert. Die recht starre<br />

Auslegung der Schwelle zur Großflächigkeit bei 1.200 m 2 Bruttogeschossfläche bzw. rd. 800 m 2 Verkaufsfläche<br />

– u.a. auch durch die Vorgaben in vielen Landesentwicklungsprogrammen oder Einzelhandelserlassen<br />

bzw. in kommunalen und regionalen Einzelhandelskonzepten – erleichtert deshalb Discountern<br />

bis zu 800 m 2 Verkaufsfläche die Ansiedlung. Das Bundesverwaltungsgericht hat zwar mit dem Urteil<br />

vom 24. Nov. 2005 deutlich gemacht, dass die Großflächigkeit nicht allein durch die Verkaufsfläche<br />

best<strong>im</strong>mt wird und hat die städtebaulichen Auswirkungen <strong>im</strong> Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO in den Vordergrund<br />

gestellt. Die Beweislast der sog. Atypik – d. h. der Nachweis, dass keine städtebaulich negativen<br />

Auswirkungen zu erwarten sind – liegt für Verkaufsflächen ab 800 m² jedoch be<strong>im</strong> Investor/Projektentwickler<br />

und dürfte <strong>im</strong> Einzelfall wesentlich schwieriger zu begründen sein. 113<br />

Das hat zur Folge, dass für die Ansiedlung eines mittleren bzw. großen Supermarktes in der Regel die<br />

Ausweisung eines Sondergebietes Einzelhandel (SO) oder eines Kerngebietes (MK) erforderlich ist. Dies<br />

geht mit der Notwendigkeit einer qualifizierten Abwägung, d. h. u. a. mit der Beteiligung der angrenzenden<br />

Kommunen und der unterschiedlichen Träger öffentlicher Belange sowie ggf. der Erstellung von<br />

(Verträglichkeits‐)Gutachten einher und verlängert den Genehmigungsprozess erheblich. Discounter<br />

sind demgegenüber nicht zwangsläufig auf die Ausweisung eines Sondergebietes oder auf die Ansiedlung<br />

innerhalb eines Kerngebietes angewiesen, sondern sind z. B. (sehr häufig ohne Vorprüfung) auch in<br />

Gewerbegebieten (GE) oder Mischgebieten (MI) möglich. Die Folge sind ein wesentlich kürzerer Genehmigungsprozess<br />

und somit auch erheblich geringere Planungs‐ und Vorlaufkosten.<br />

Die Diskussion über die Zusammenhänge zwischen der starken Expansion der Discounter und den planungsrechtlichen<br />

Rahmenbedingungen ist in der Vergangenheit kontrovers geführt worden. Möglicherweise<br />

spielen nämlich auch andere Aspekte für den „Erfolg“ der Lebensmitteldiscounter eine Rolle. Es<br />

liegt durchaus nahe, dass auch das spezifische, sehr zielorientierte Vorgehen der Projektentwickler (das<br />

sich ggf. nicht zwangsläufig durch das Baurecht begründen lässt) und die flexiblere Standortplanung auf<br />

Seiten der Discounter von Bedeutung sind. In Kap. 4 konnte bereits dargelegt werden, dass das Nachfrageverhalten<br />

sehr stark durch das Angebot best<strong>im</strong>mt wird. Die Zahlen aus der Haushaltsbefragung bestätigen<br />

darüber hinaus auch die (<strong>im</strong> Vergleich zum Supermarkt) überdurchschnittlich hohen Flächenproduktivitäten<br />

bzw. die in Relation zum Flächenanteil höheren Umsatzanteile der Discounter, die sich nicht<br />

zuletzt auch dadurch begründen, dass die Konsumenten besonders preisgünstige Lebensmittel nachfra‐<br />

112 Nach Aussage der Betreiber können lediglich <strong>im</strong> städtischen Kontext mit einer dichten Mantelbevölkerung auch kleinflächige<br />

Supermärkte wirtschaftlich erfolgreich betrieben werden.<br />

113 vgl. BVerwG vom 24. Nov. 2005 ‐ 4 C 10/04; vgl. Kuschnerus, Ulrich (2007): Der Standortgerechte Einzelhandel. S. 52f.<br />

95

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!