Qualifizierte Nahversorgung im Lebensmitteleinzelhandel
Qualifizierte Nahversorgung im Lebensmitteleinzelhandel
Qualifizierte Nahversorgung im Lebensmitteleinzelhandel
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Qualifizierte</strong> <strong>Nahversorgung</strong> <strong>im</strong> <strong>Lebensmitteleinzelhandel</strong><br />
‐ Endbericht ‐<br />
5.1 Verkehrseffekte und Kopplungsverhalten<br />
Hintergrund und Fragestellung<br />
Der Modal Split ist, über best<strong>im</strong>mte Marken‐ bzw. Anbieterpräferenzen der Konsumenten hinaus, vor<br />
allem vom Standort des Lebensmittelbetriebes und der Nähe zum Wohnort sowie gegebenenfalls hiermit<br />
verbundenen Handlungsketten/Wegekopplungen (z. B. Einkauf auf dem Arbeitsweg) abhängig. Bisherige<br />
Untersuchungen zum Verkehrsverhalten aus der Planungspraxis beziehen sich entweder auf die<br />
Bewertung bzw. gutachterliche Prüfung von (großflächigen) Einzelvorhaben, wobei die zu erwartenden<br />
Verkehrseffekte in Abhängigkeit von der voraussichtlichen räumlichen Ausstrahlung und Kaufkraftabschöpfung<br />
der Vorhaben prognostiziert werden. 44 Oder aber sie beschränken sich auf die reine Abfrage<br />
der tatsächlich zurückgelegten Distanzen zwischen Wohn‐ und Einkaufsort ohne Differenzierung nach<br />
Betriebsform und Intensität der Einkaufsbeziehungen. 45 Untersuchungen der wissenschaftlichen Raumbzw.<br />
Mobilitätsforschung versuchen dagegen, ein ganzheitliches Bild der sog. Nahmobilität bei der Lebensmittelversorgung<br />
zu zeichnen und gehen somit weg von einer Einzelfallbetrachtung hin zu einem<br />
kausalen Wirkungssystem der Verkehrsmittelwahl.<br />
In diesem Zusammenhang weisen Freudenau/Reutter (2007) auf Basis der Daten des vom BMVBS beauftragten<br />
Mobilitätspanels (MOP) einen deutlichen Einfluss der Einwohnerzahl und vor allem der Siedlungsstruktur<br />
in der Standortgemeinde auf die Verkehrsmittelwahl be<strong>im</strong> (Lebensmittel‐)Einkauf nach.<br />
Demnach wird in Großstädten für Wegedistanzen bis 1.000 Meter in über 93 %, <strong>im</strong> Ländlichen Raum<br />
dagegen nur in knapp über 55 % der Fälle, ein sog. umweltfreundlicher Verkehrsträger (zu Fuß, Fahrrad<br />
oder ÖPNV) genutzt. 46 Folglich ist bei in etwa vergleichbarer Wegelänge <strong>im</strong> Ländlichen Raum per se eine<br />
deutlich größere Affinität zur Pkw‐Nutzung gegeben als in Verdichtungsräumen und insbesondere in<br />
Großstädten. Diese Ergebnisse gelten allerdings nicht speziell für den Lebensmitteleinkauf, sondern<br />
auch für die Mobilität über alle Einkaufszwecke und Sort<strong>im</strong>entsbereiche hinweg, da die Daten des<br />
Mobilitätspanels (MOP) keine Unterscheidung der zurückgelegten Einkaufswege nach Fristigkeit der<br />
Bedarfsbereiche (kurz‐, mittel‐, langfristiger Bedarf) vornehmen. Detaillierte Ergebnisse zum Modal Split<br />
liefert dagegen die Untersuchung zur Nahmobilität und <strong>Nahversorgung</strong> des BMVBS (2011), in welcher<br />
neben der Siedlungsdichte auch individuelle Konsumentenmerkmale wie Einkommen, Pkw‐<br />
Verfügbarkeit und Alter als Determinanten der Distanzen und Verkehrsmittelwahl bei der Lebensmittelversorgung<br />
identifiziert werden. Grundlage für diese Untersuchung sind die Datensätze Mobilität in<br />
Deutschland (MiD) für das Jahr 2008. Nach Martin (2006) und Scheiner (2009) haben die einzelnen Variablen<br />
jedoch keinen isolierten Einfluss auf das Einkaufs‐ und Verkehrsverhalten, sondern sie bedingen<br />
sich gegenseitig und kommen vor allem in den unterschiedlichen Lebensstilen zum Ausdruck, die wiederum<br />
in der Raum‐ bzw. Siedlungsstruktur widergespiegelt werden.<br />
Insgesamt wurden bei Untersuchungen zur Erklärung des Modal Splits bislang vor allem die Nachfragecharakteristika<br />
– sowohl auf aggregierter Ebene der Raumstruktur als auch auf individueller Ebene der<br />
Konsumenten – und die Verkaufsflächenausstattung in der Umgebung berücksichtigt, nicht aber die<br />
44 Zahlreiche Verträglichkeitsuntersuchungen, die <strong>im</strong> Rahmen der Prüfung nach § 11 Abs. 3 BauNVO durchgeführt werden.<br />
45 vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) (Hrsg.) (2010): Mobilität in Deutschland 2008 ‐ MiD<br />
2008; CIMA (Hrsg.) (2009): CIMA‐Monitor 2009, S.9. Lübeck.<br />
46 vgl. Freudenau, Henrik; Reutter, Ulrike (2007), S. 7.<br />
39