Qualifizierte Nahversorgung im Lebensmitteleinzelhandel
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<strong>Qualifizierte</strong> <strong>Nahversorgung</strong> <strong>im</strong> <strong>Lebensmitteleinzelhandel</strong><br />
‐ Endbericht ‐<br />
auch argumentieren – bietet die derzeitige Regelung zumindest eine Eingriffsmöglichkeit, die Ansiedlung<br />
großflächiger Einzelhandelsbetriebe an nicht‐integrierten Standorten zu steuern – so willkürlich die<br />
Großflächigkeitsschwelle von 800 m 2 für den Lebensmittelbereich auch sein mag. Denn – und das macht<br />
die vorgelegte Studie auch deutlich – eine generelle Verkaufsflächengrenze, ab der sich eine Ausweitung<br />
des Einzugsbereiches von Lebensmittelmärkten bzw. städtebauliche Auswirkungen (was auch <strong>im</strong>mer<br />
darunter zu verstehen ist) empirisch nachweisen lassen, gibt es offensichtlich nicht. In Abhängigkeit von<br />
Siedlungsstruktur (Kreistyp), Stadtgröße, Lage, Betriebsform, und Angebotssituation variieren die Einzugsbereiche<br />
zwar, sie vergrößern sich jedoch eher linear und nicht sprunghaft ab einer best<strong>im</strong>mten<br />
Verkaufsflächengrenze.<br />
Die derzeitige Regelung des § 11 Abs. 3 BauNVO und die entsprechenden Rechtsprechungen stellen<br />
nicht nur die Beurteilungsgrundlage für die Ansiedlung von Lebensmittelmärkten dar, sondern sie bilden<br />
auch die Basis für die Bewertung anderer großflächiger Einzelhandelsbetriebe, u. a. von Fachmärkten,<br />
Shopping‐Centern, Bau‐ oder Möbelmärkten. Ein ersatzloser Wegfall dieser Regelung hätte in diesen<br />
Bereichen vermutlich gravierende Folgen für die Stadtentwicklung und Raumordnung. In diesem Zusammenhang<br />
ist noch einmal zu betonen, dass die vorgelegte Studie ausschließlich den <strong>Lebensmitteleinzelhandel</strong><br />
bzw. die Versorgungsstrukturen mit Waren des täglichen Bedarfs untersucht hat. Eine Untersuchung<br />
zu anderen Waren‐ oder Sort<strong>im</strong>entsgruppen würde unter Umständen zu anderen Ergebnissen<br />
(und Empfehlungen) kommen.<br />
Auf die besonders große Bedeutung des Faktors Nähe be<strong>im</strong> Lebensmitteleinkauf ist an verschiedenen<br />
Stellen der vorliegenden Studie mehrfach hingewiesen worden. Planerisches Ziel bei der „praktischen“<br />
Umsetzung der Ergebnisse der Studie sollte es deshalb sein, die wohnortnahe Versorgung der Verbraucher<br />
in den Mittelpunkt zu stellen und die Ansiedlung von Lebensmittelmärkten in integrierten Lagen<br />
nach Möglichkeit zu fördern. Ein Wegfall der Großflächigkeitsschwelle dürfte sich für den <strong>Lebensmitteleinzelhandel</strong><br />
– aufgrund der für große Märkte anzunehmenden größeren Einzugsbereiche und höheren<br />
Abschöpfungsquoten pro Betrieb – eher negativ auf die Netzdichte und somit auch auf die verbrauchernahe<br />
Versorgung auswirken.<br />
Eine weitere Möglichkeit zur Novellierung des Baurechts, die auch in der Vergangenheit in diesem Zusammenhang<br />
gelegentlich schon diskutiert wurde, stellt – entgegen dem bisherigen Trend – eine Herabsetzung<br />
der Großflächigkeitsschwelle auf rd. 400 m² Verkaufsfläche dar. Für eine solche Verringerung<br />
spricht, dass in diesem Fall zukünftig Discounter und Supermärkte baurechtlich vollkommen gleich behandelt<br />
und die derzeit oft genutzten, baurechtlich möglichen „Schlupflöcher“ für Discounter mit Betriebsgrößen<br />
von ganz knapp unter 800 m² Verkaufsfläche dadurch entfallen würden. Allerdings würde<br />
eine solche Novellierung den Genehmigungsaufwand erhöhen. Darüber hinaus führt Janning (2010)<br />
gegen eine solche Regelung den aus seiner Sicht starken Eingriff in das Eigentum und das Entstehen<br />
einer neuen „Planschicht“ an, die sich aus der Anwendung einer solchen neuen Regelung – <strong>im</strong> Vergleich<br />
zum bestehenden Planungsrecht – ergeben würde. 130<br />
Desweiteren ist in Betracht zu ziehen, dass allein schon eine veränderte Handhabung bzw. eine geänderte<br />
Rechtsprechung zur Großflächigkeitsschwelle <strong>im</strong> Lebensmittelbereich, die auf eine sachgerechte Ab‐<br />
130 Diese Einschränkung argumentiert Janning (2010) allerdings vor allem <strong>im</strong> Zusammenhang zur Herabsetzung der Großflächigkeitsschwelle<br />
für alle Sort<strong>im</strong>ente. Ob diese Einwände auch zutreffen würden, wenn man diese Regelung ausschließlich auf<br />
Lebensmittelmärkte bzw. auf den periodischen Bedarfsbereich bezieht, müsste ggf. genauer untersucht werden.<br />
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