Verfassungsbeschwerde und BVerfG Anschreiben
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Anwaltskanzlej Wanninger & Partner. Schreiben vom 08. Februar 2011 Seite 21<br />
halt zusammenleben, auch tatsächlich für diese aufkommen.<br />
Es ist zwar richtig, dass unterschiedliche Behandlungen von fürsorgerechtlichen Sachverhalten<br />
im Unterhaltsrecht <strong>und</strong> im Sozialrecht möglich sind. Allerdings ist Voraussetzung für eine ge<br />
setzmäßige Bewertung <strong>und</strong> in diesem Fall Einschränkung des Anspruchs des Beschwerdeführers<br />
zu 1), dass der Gesetzgeber die soziale Wirklichkeit zeit <strong>und</strong> realitätsgerecht im Hin<br />
blick auf die Gewährleistung des menschenwürdigen Existenzminimums erfasst, die tatsächli<br />
chen Verhältnisse beurteilt <strong>und</strong> schließlich den notwendigen Bedarf wertend einschätzt, vgl.<br />
<strong>BVerfG</strong> vom 09.02.2010, Az.: 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09.<br />
Ein transparentes, sachgerechtes Verfahren, das sich am tatsächlichen Bedarf orientiert, ist<br />
Voraussetzung für die Bemessung der sozialrechtlichen Leistungen, die einer Person zustehen.<br />
Wird einer Person ein Einkommen zugerechnet, dann kann dies nur dann zugelassen werden,<br />
wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dieses Einkommen der Person auch tat<br />
sächlich zur Verfügung steht.<br />
Der Gesetzgeber hat es allerdings versäumt, den Bedarf junger Erwachsener <strong>und</strong> seine De<br />
ckung in dem Haushalt der Familie in irgendeiner Form zu erfassen. Es wurde nicht ermittelt,<br />
welche tatsächlichen Kosten im Haushalt typischerweise entstehen <strong>und</strong> welches Einkommen<br />
typischerweise wem wie zur Verfügung gestellt wird.<br />
Es existieren keine Statistiken oder Verbrauchsstichproben, die die Bedarfslage junger Erwach<br />
sener berücksichtigen <strong>und</strong> sie mit der Bedarfslage älterer Erwachsener oder jüngerer Kinder<br />
vergleichen.<br />
Im Gesetzgebungsverfahren spielten Erwägungen zu dem tatsächliche Bedarf von jungen Er<br />
wachsenen keine Rolle. Die Änderung des § 7 Abs. 3 Nr. 2 5GB II durch das 5GB lI~ÄndG vom<br />
24.03.2096 erweiterte die Bedarfsgemeinschaft ab dem 01.07.2006 auf im Haushalt lebende<br />
unverheiratete volljährige Kinder unter 25 Jahren. Zuvor waren lediglich minderjährige Kinder<br />
erfasst.<br />
Zur Vorbereitung dieses Änderungsgesetzes wurde zunächst ein Gesetzentwurf der B<strong>und</strong>esre<br />
gierung vom 29.11.2005 in den B<strong>und</strong>estag eingebracht. Hier sollte allerdings nur eine Anglei<br />
chung der Regelleistungen in den neuen B<strong>und</strong>esländern an die Höhe der Regelleistungen in<br />
den alten B<strong>und</strong>esländern erfolgen, im Osten wurden bis dahin lediglich 331,00 €‚ im Westen<br />
345,00 € bezahlt. Dies hätte allerdings zu einer jährlichen Mehrbelastung von r<strong>und</strong> 260<br />
Millionen Euro geführt <strong>und</strong> wurde in der konkreten Form nicht umgesetzt, BTDrucksache<br />
16/99.<br />
Es kam dann zu einer Beschlussempfehlung <strong>und</strong> den Bericht des Ausschusses für Arbeit <strong>und</strong><br />
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