Programmheft ansehen - Gürzenich-Orchester Köln
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Im September 1850 hatte Robert Schumann in Düsseldorf die<br />
Stelle des Städtischen Musikdirektors angetreten und war sogleich<br />
freundlich empfangen worden. Dieser erste Eindruck, aber<br />
auch der überwältigende Anblick des <strong>Köln</strong>er Domes haben in der<br />
fünfsätzigen Symphonie ihre Spuren hinterlassen. Gleich der mit<br />
»Lebhaft« überschriebene Eröffnungssatz stellt ein schwungvolles<br />
und enthusiastisch lebensbejahendes Hauptthema in den Mittelpunkt<br />
des Geschehens, in dem zwischendurch ein gemütlichtänzelnder<br />
Seitengedanke für leichte Entspannung sorgt. Das<br />
nachfolgende Scherzo (Sehr mäßig) hat nichts mit den aufbrausenden<br />
Scherzi eines Beethoven zu tun, sondern scheint mit seinem<br />
Ländlerthema mehr an Schubert angelehnt. Von fließender<br />
Schlichtheit zeigt sich der dritte Satz (Nicht schnell), der von einem<br />
in den Holzbläsern vorgestellten Thema geprägt wird und der<br />
in seiner lyrischen Intimität Schumann durchaus während einer<br />
verträumte Stunde am Rhein eingefallen sein könnte. Ganz andere<br />
Energien walten dagegen im 4. Satz (Feierlich) mit den weihevollen<br />
Bläserklängen, kontrapunktischen Einwürfen und einer Coda von<br />
fast Bruckner’scher Größe. Schumann hatte diesem Satz zuerst<br />
den Titel gegeben: »Im Character der Begleitung einer feierlichen<br />
Ceremonie«. Hintergrund dafür war vielleicht die Feier im <strong>Köln</strong>er<br />
Dom anlässlich der Einsetzung des Erzbischofs Geissel als Kardinal<br />
– der Schumann jedoch nicht, wie oft behauptet, beiwohnte.<br />
Aber weil der gläubige Rheinländer sich eben der spirituellen<br />
Vergewisserung genauso hingeben kann wie der irdischen Unbekümmertheit,<br />
gerät man mit dem Finale (Lebhaft) schließlich<br />
wieder zurück und mitten hinein ins pralle Leben.<br />
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