01.03.2014 Aufrufe

Artikel im lesefreundlichen Magazinformat als PDF ... - Greenpeace

Artikel im lesefreundlichen Magazinformat als PDF ... - Greenpeace

Artikel im lesefreundlichen Magazinformat als PDF ... - Greenpeace

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

arten Stränden Utah und Omaha. In Cherbourg<br />

hat jeder jemanden in der Familie, der in der<br />

Atomindustrie oder in einem Armeebetrieb<br />

arbeitet. In den Werften werden Atom-U-Boote<br />

gebaut – und abgewrackt, wenn sie ausgebrannt<br />

sind. Auch Yannick Rousselet arbeitete dort –<br />

wie schon sein Vater und sein Grossvater –, bevor<br />

er 2001 zu <strong>Greenpeace</strong> wechselte.<br />

Davor war er ein Aktivist der ersten Stunde<br />

gewesen und hatte sich ab den 70er Jahren<br />

gegen die Aufrüstung der Halbinsel zu einer Art<br />

atomarem Disneyland engagiert. In der Werft<br />

nahm man sein politisches Engagement gelassen<br />

hin. Wer gegen Atomkraft war, gehörte zu einer<br />

verschwindend kleinen Minderheit.<br />

— II —<br />

La Grande<br />

Nation<br />

Mehr <strong>als</strong> irgendwo sonst wird uns in diesem<br />

abgelegenen Winkel der Basse-Normandie<br />

bewusst, dass die Wurzeln der Kernenergie<br />

militärisch sind.<br />

Wer Atomwaffen will – eine «Force de<br />

frappe» –, braucht Plutonium. Und dafür<br />

gibt es La Hague, das aus verbrauchten<br />

Brennstäben das Supergift extrahiert.<br />

Für Yannick Rousselet geht es bei der Kernkraft<br />

denn auch nicht bloss um Strom: «Vor<br />

allem ist sie eine Frage der Macht», sagt er. «Die<br />

Atomenergie kann in einer Demokratie eigentlich<br />

gar nicht funktionieren. Sie braucht einen<br />

Typ von Gesellschaft, der auf Sicherheit und<br />

Kontrolle setzt: einen autoritären Zentr<strong>als</strong>taat.»<br />

Der Stolz der grossen Projekte, die rechte<br />

gaullistische Vision Frankreichs <strong>als</strong> Grande<br />

Nation einerseits und anderseits das linke jakobinische<br />

Erbe der Guillotinen-Revolution, aber<br />

auch die französischen Kommunisten und Stalinisten<br />

hatten in der Atomkraft die Erfüllung<br />

eines mächtigen, produktiven, zentralistischen<br />

Staats gefunden: Der dichteste AKW-Park<br />

der Welt wurde zu einer Frage nationaler<br />

Identität und gesellschaftlicher Organisation.<br />

Dadurch hat sich in Frankreich ein Machtsystem<br />

gebildet, das rund um die AKW das<br />

halbe Land kontrolliert. Die weitgehend staatlichen<br />

Energiekonzerne EDF (Electricité de<br />

Magazin <strong>Greenpeace</strong><br />

Nr. 3 — 2013<br />

Kernenergie<br />

30<br />

France) und Areva sind fest in den Händen einer<br />

Elite, von denen viele dem «Corps des mines»<br />

an gehören: Abkömmlinge einer Eliteschule, die<br />

man – nein, das ist keine TV-Serie – auch<br />

«X-Mines» nennt. Für sie hat Yannick Rousselet<br />

einen Namen: die «Nukleokraten».<br />

— III —<br />

Gefährliche<br />

Partie<br />

Das <strong>Greenpeace</strong>-Büro in Paris liegt diskret an<br />

einer Nebenstrasse <strong>im</strong> zehnten Bezirk, irgendwo<br />

zwischen Place de la République und Montmartre.<br />

Ein kleines Namensschild, keine weiteren<br />

Insignien. Der Einlass erfolgt durch eine<br />

Art Schleusensystem aus automatischen Türen.<br />

<strong>Greenpeace</strong> Frankreich ist in seiner<br />

Geschichte ausspioniert, gehackt, zum Feind<br />

erklärt worden. Der französische Gehe<strong>im</strong>dienst<br />

hat 1985 die erste «Rainbow<br />

Warrior» in der Südsee versenkt, wo sie<br />

gegen die französischen Atombombentests<br />

<strong>im</strong> Mururoa-Atoll <strong>im</strong> Einsatz war.<br />

2006 hat sich EDF ins Computersystem<br />

von <strong>Greenpeace</strong> gehackt und unzählige Dokumente<br />

gestohlen. Vorsicht ist <strong>als</strong>o angebracht.<br />

«Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie<br />

über dich, dann spionieren sie dich aus, und dann<br />

siegst du», soll Gandhi gesagt haben. Passend<br />

dazu steht <strong>im</strong> Treppenhaus breit an der Wand:<br />

«Die gros sen Veränderungen scheinen unmöglich<br />

zu Beginn – und am Ende unvermeidlich.»<br />

Das liesse sich prophetisch auch über<br />

eine sauberere Energieversorgung in Frankreich<br />

sagen. Die Ahnung, dass der Atomausstieg<br />

unvermeidlich ist, beschleicht heute selbst Leute,<br />

die sich das Gegenteil wünschen. Das Wort<br />

«Energiewende» hat es tatsächlich in die offizielle<br />

Regierungssprache geschafft.<br />

Gleichzeitig jedoch bleibt die Gewissheit,<br />

dass der Ausstieg aus der Atomenergie eine Revolution<br />

für Frankreich sein wird. Wird Präsident<br />

François Hollande den Mut und die Kraft zur<br />

Veränderung aufbringen? Will er sie überhaupt?<br />

«Die Amtszeit von Präsident Hollande ist<br />

ausschlaggebend», sagt Sophia Majnoni mit<br />

Entschiedenheit. Die neue Kam pagnen direktorin<br />

von <strong>Greenpeace</strong> Frankreich spricht schnell<br />

und messerscharf und scheint den in den Elite­

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!