Artikel im lesefreundlichen Magazinformat als PDF ... - Greenpeace
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— I —<br />
La Hague<br />
Um es vorwegzunehmen: Die Halbinsel La Hague<br />
ist traumhaft schön. Die berüchtigte Wiederaufbereitungsanlage<br />
und das benachbarte Lager<br />
für radioaktive Abfälle besetzen, wie versehentlich<br />
hingestellt, ein säuberliches Rechteck<br />
von vielleicht 5 mal 0,5 Kilometern: gut sichtbar<br />
aus dem Weltall <strong>als</strong> graue Narbe auf dem<br />
grünen Land. Im Umfeld aber stehen romantische,<br />
vielleicht etwas ausgestorbene Weiler.<br />
Gelber Ginster wächst auf den malerischen<br />
Klippen. Man möchte hier sofort Urlaub machen.<br />
Solange die Fabrik ausser Sicht ist. Symmetrisch<br />
ihre Silhouette, irgendwie schweigsam,<br />
nicht bedrohlich, sondern grotesk provisorisch.<br />
Das radioaktive Material, , das die Anlage <strong>im</strong> Tag<br />
durchschnittlich verwertet, hat Platz auf zwei,<br />
drei Lastern: lächerlich wenig für eine Fabrik, die<br />
so gross ist wie eine Kleinstadt.<br />
Am <strong>im</strong>posantesten ist ein blaugrauer Block,<br />
in dem die radioaktiven Abwässer behandelt<br />
werden (bevor sie einige hundert Meter vor<br />
der Küste «legal» ins Meer geleitet werden).<br />
Kernenergie<br />
Links und rechts davon UP 1 und UP 2:<br />
«Usine à plutonium» hiess das einst, Plutoniumfabriken.<br />
Heute steht die Abkürzung harmlos<br />
für «Unité de production», denn das<br />
ursprünliche Wort weckte Ängste in der<br />
hiesigen Bevölkerung.<br />
Dabei dürfte es kaum eine Gegend geben,<br />
wo der Bau einer der gefährlichsten nuklearen<br />
Anlagen aller Zeiten auf weniger Widerstand<br />
gestossen wäre. Als <strong>im</strong> deutschen Wackersdorf<br />
eine ähnliche Höllenmaschine geplant wurde,<br />
hagelte es 880 000 Einsprachen. Es wurde nie<br />
gebaut. In den Dörfern von La Hague und <strong>im</strong><br />
malerischen Hafenstädtchen Cherbourg hingegen<br />
stiess das Geschäft mit der Kernspaltung<br />
auf wohlwollende Einhe<strong>im</strong>ische.<br />
Das mag mit der militärhistorischen Lage<br />
zu tun haben. Cherbourg liegt auf dem so<br />
genan nten Cotentin, der wie ein Finger weit in<br />
den Ärmelkanal hinauszeigt: ein Vorposten.<br />
Im Hafen zeigt ein bronzener Napoleon hoch zu<br />
Ross ins Meer hinaus gegen England, den Erzfeind.<br />
Militärische Forts dominieren die grösste<br />
künstliche Hafenbucht der Welt. Im Zweiten<br />
Weltkrieg erlebte man den D-Day an den benach<br />
© AFP PHOTO / JEAN-PAUL BARBIER<br />
<strong>Greenpeace</strong>-Aktivist Yannick Rousselet hat sich in Cherbourg an die Bahnschienen gekettet,<br />
um einen Transport von aufbereitetem Uran nach Russland zu verhindern.<br />
Magazin <strong>Greenpeace</strong><br />
Nr. 3 — 2013<br />
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