"weltwärt mit der GIZ" - pädagogisches Konzept (pdf, 1886.50 MB, de)
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<strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ<br />
Pädagogische Dokumentation<br />
1 <strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ<br />
Herausgegeben von:
Pädagogische Dokumentation<br />
2
Inhalt<br />
1<br />
Vorwort<br />
Ausgangspunkte, Hintergrün<strong>de</strong> und Erfahrungen <strong><strong>de</strong>r</strong> pädagogischen Begleitung<br />
Interview <strong>mit</strong> Erwin Wil<strong>de</strong> von Wil<strong>de</strong>mann<br />
S.5<br />
S.7<br />
2 Mit <strong>weltwärt</strong>s Global Lernen — (was) braucht´s da mehr als einen Aufenthalt im Ausland? S.9<br />
3 Die Suche nach <strong>de</strong>n Richtigen. Die Auswahl als Grundvoraussetzung S.11<br />
4 Neun Tage Kompetenzerweiterung durch Re*ektion und Themenarbeit S.15<br />
5 Vom Ausschlussproze<strong><strong>de</strong>r</strong>e zur lebendigen Feedbackkultur S.20<br />
6 Wer hilft hier eigentlich wem? Rassismus, Weißsein und Privilegien als zentrale Themen S.22<br />
7<br />
Begenung schafft Wirklichkeit: Interview <strong>mit</strong> Austen P. Brandt und Andreas Mann<br />
von Phoenix e.V. — Referenten zum Thema Rassismus und Weißsein S.24<br />
8 Formate und Strukturen am Beispiel <strong>de</strong>s Programms auf <strong>de</strong>n Philippinen S.27<br />
9 Voller Einsatz vor Ort: Begleitungsteams während <strong>de</strong>s <strong>weltwärt</strong>s-Jahres S.30<br />
10 Räume für Re*ektion und Austausch: Das Einführungs-, Zwischen und Endseminar S.33<br />
11 Lernen im alltäglichen Umfeld: Die Gastfamilie als informelle Lernbegleitung S.36<br />
12 Lerntan<strong>de</strong>ms: Peer-learning von lokalen und internationalen Freiwilligen S.38<br />
13<br />
14<br />
15<br />
16<br />
Indikatoren, Seminargestalter und Re*ektionsinstrument.<br />
Ein Plädoyer für Freiwilligenberichte S.40<br />
Gegenseitige Beratung und vorneinan<strong><strong>de</strong>r</strong> lernen:<br />
Qualitätssteigerung durch Vernetzung von Ansprechpartner/innen S.42<br />
Rückblick — Augenblick — Ausblick<br />
Nachbereitung als Schnittstelle zwischen Freiwilligendienst und zukünftigem Engagement S.44<br />
Engagement professionell begleiten.<br />
Die Unterstützung <strong><strong>de</strong>r</strong> Rückkehren<strong>de</strong>n in ihrer Rolle als Multiplikator/innnen S.48<br />
3 <strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ
Pädagogische Dokumentation<br />
4
Vorwort<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
im Herbst 2007 war entschie<strong>de</strong>n, dass es <strong>weltwärt</strong>s als neuen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst<br />
<strong>de</strong>s BMZ geben wird. Der damalige DED sollte sich als staatliche Entsen<strong>de</strong>organisation an <strong><strong>de</strong>r</strong> Programmumsetzung<br />
beteiligen. Viel Zeit blieb nicht bis zum Start <strong>de</strong>s Programms am 1. Januar 2008. Eine entsprechen<strong>de</strong><br />
Arbeitseinheit musste schnell aufgebaut wer<strong>de</strong>n und sich folgen<strong>de</strong>n Fragen stellen: Wie erarbeiten<br />
wir <strong>Konzept</strong>e für die Arbeit <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> neuen Zielgruppe junge Erwachsene zwischen 18 und 23 Jahren?<br />
Wie soll ihre Auswahl <strong>mit</strong> welchen Kriterien statt:n<strong>de</strong>n? Gibt es Verknüpfungsmöglichkeiten <strong>mit</strong> bestehen<strong>de</strong>n<br />
Strukturen und Programmen im DED bei Vor- und Nachbereitung? Auf welche Schwierigkeiten<br />
müssen wir uns einstellen? Wie vermei<strong>de</strong>n wir Überfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen und/o<strong><strong>de</strong>r</strong> unserer Partnerorganisationen?<br />
Uns war schnell bewusst, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Schlüssel für <strong>de</strong>n Erfolg die pädagogische Begleitung <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen<br />
war. Das Dilemma: Der DED hatte eine hohe Kompetenz als Entwicklungsdienst für Fachkräfte, <strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />
Durchschnittsalter bei über 40 Jahren lag. <strong>Konzept</strong>e und Erfahrungen im Umgang <strong>mit</strong> Freiwilligen waren<br />
aber (noch) nicht vorhan<strong>de</strong>n. Die Zusammenarbeit <strong>mit</strong> ASA bot sich i<strong>de</strong>alerweise an. Im Rahmen einer<br />
verbindlichen Kooperation waren wir in doppelter Hinsicht erfolgreich: <strong>Konzept</strong>e und Erfahrungen aus<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> entwicklungspolitischen Lernwerkstatt ASA versetzten <strong>de</strong>n DED in die Lage, sehr schnell und in großem<br />
Umfang — 300, 600 und 1000 Entsendungen im Jahr waren die Planzahlen für die ersten drei Jahre –<br />
seinen Freiwilligendienst aufzubauen. In gemeinsamer Arbeit, konzeptionell und methodisch zunächst<br />
von ASA ausgerichtet und <strong>mit</strong> <strong>de</strong>n Erfahrungen aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Programmumsetzung gemeinsam fortgeschrieben,<br />
konnte die zentrale Aufgabe <strong><strong>de</strong>r</strong> pädagogischen Begleitung professionell und erfolgreich angepackt<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Dominique Pannke und Florin Feldmann haben hier als ehemalige Projektleiterinnen von ASA-<strong>weltwärt</strong>s<br />
(Engagement Global) zum Abschluss von „<strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ“ unter Einbeziehung vieler Kolleginnen<br />
und Kollegen im In- und Ausland die Kernelemente <strong><strong>de</strong>r</strong> pädagogischen Arbeit <strong>mit</strong> <strong>de</strong>n <strong>weltwärt</strong>s-<br />
Freiwilligen <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ zusammengetragen. Auch die Erfahrungen aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Programmumsetzung sind dargestellt.<br />
Sie waren die Grundlage für die konzeptionelle Weiterentwicklung. Herzlichen Dank dafür und<br />
auch <strong>de</strong>n vielen Kolleginnen und Kollegen für ihre Beiträge, die wir themenorientiert zusammengefasst<br />
haben.<br />
Die gute Kooperation <strong>mit</strong> Engagement Global umfasste auch die Durchführung unserer Nachbereitungsseminare.<br />
Das Team von Heidrun Fritzen hat die wichtige Aufarbeitung <strong><strong>de</strong>r</strong> Einsatzerfahrungen unserer<br />
Freiwilligen professionell aufgegriffen und ihnen Perspektiven für ihr weiteres entwicklungspolitisches<br />
Engagement in Deutschland gegeben. Besten Dank allen Beteiligten.<br />
Es bedurfte vieler Menschen, die sich im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> pädagogischen Begleitung unserer Freiwilligen in<br />
Teams, als Ansprechpersonen o<strong><strong>de</strong>r</strong> Mentoren engagierten. Sie alle haben großartiges geleistet und waren<br />
letztlich die Garanten für <strong>de</strong>n großen Erfolg unseres Freiwilligenprogramms.<br />
Diese Publikation ist ihnen gewidmet, soll ihre Arbeit würdigen und gleichzeitig als Anregung für an<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />
dienen, die weiter für <strong>de</strong>n entwicklungspolitischen Freiwilligendienst <strong>weltwärt</strong>s tätig sind.<br />
Ihr/Euer<br />
Erwin Wil<strong>de</strong> von Wil<strong>de</strong>mann<br />
5 <strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ
1<br />
Die pädagogische Begleitung<br />
Interview <strong>mit</strong> Erwin Wil<strong>de</strong> von Wil<strong>de</strong>mann, Leiter <strong>de</strong>s Programms „<strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ“<br />
it <strong>weltwärt</strong>s hat sich <strong><strong>de</strong>r</strong> DED 2008 einer<br />
M neuen Zielgruppe, sowie einem neuen Format<br />
zugewandt. Statt Entwicklungshelfer/innen,<br />
die in <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel um die 40 Jahre alt sind o<strong><strong>de</strong>r</strong> Teilnehmen<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>s Nachwuchsför<strong><strong>de</strong>r</strong>ungsprogramms,<br />
die bereits ein Studium abgeschlossen haben, sind<br />
die <strong>weltwärt</strong>s-Freiwilligen vorwiegend Schulabgänger/innen<br />
zwischen 18 und 23 Jahren. Statt als<br />
Expert/innen, arbeiten Freiwillige in <strong><strong>de</strong>r</strong> Form eines<br />
Praktikums bei Partnerorganisationen im entwicklungspolitischen<br />
Kontext. Der Lernprozess <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Teilnehmen<strong>de</strong>n steht dabei gezielt im Vor<strong><strong>de</strong>r</strong>grund.<br />
Das Programm ist stetig gewachsen und<br />
insgesamt hat die GIZ in <strong>de</strong>n vergangenen fünf<br />
Jahren 2.660 Freiwillige für ein Jahr in 34 Län<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
<strong>de</strong>s Globalen Sü<strong>de</strong>ns entsandt. Diese Rahmenbedingungen<br />
stellen beson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen an<br />
die pädagogische Begleitung <strong><strong>de</strong>r</strong> Teilnehmen<strong>de</strong>n.<br />
GIZ: Herr Wil<strong>de</strong>mann, Sie waren von Beginn an<br />
Leiter <strong>de</strong>s staatlichen <strong>weltwärt</strong>s-Programms. Wie<br />
hatte sich <strong><strong>de</strong>r</strong> DED 2008 auf dieses neue Format<br />
und die neue Zielgruppe eingestellt?<br />
Erwin Wil<strong>de</strong> von Wil<strong>de</strong>mann: Der DED, <strong><strong>de</strong>r</strong> selbst<br />
seine Ursprünge im Freiwilligendienst hatte, war<br />
2008 längst zu einem quali:zierten Fachdienst<br />
gewor<strong>de</strong>n. Hier gab es keine Anknüpfungspunkte.<br />
Mit seiner Außenstruktur, <strong>de</strong>n Partnerkontakten<br />
und <strong><strong>de</strong>r</strong> entwicklungspolitischen Expertise konnte<br />
er einen sicheren Rahmen für <strong>de</strong>n neuen entwicklungspolitischen<br />
Freiwilligendienst <strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong><br />
„Die gesamte pädagogische<br />
Arbeit hatte einen roten Fa<strong>de</strong>n,<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> die Teilnehmen<strong>de</strong>n gut<br />
durch <strong>de</strong>n Freiwilligendienst<br />
begleitete“.<br />
<strong>de</strong>m DED geben.<br />
Pädagogische<br />
<strong>Konzept</strong>e für die<br />
Arbeit <strong>mit</strong> dieser<br />
Zielgruppe hatten<br />
wir beim<br />
Programmstart<br />
noch nicht. Deshalb suchten wir die Kooperation<br />
<strong>mit</strong> <strong>de</strong>m ASA-Programm. Mit seiner 50-jährigen<br />
Erfahrung in <strong><strong>de</strong>r</strong> entwicklungspolitischen Bildungsarbeit<br />
<strong>mit</strong> jungen Menschen war ASA ein<br />
i<strong>de</strong>aler Partner, <strong>mit</strong> <strong>de</strong>m <strong><strong>de</strong>r</strong> DED bereits in an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />
Projekten gut zusammengearbeitet hatte. Die<br />
für die Pilotphase dringend benötigten <strong>Konzept</strong>e<br />
für Auswahl und Vorbereitung <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen in<br />
Deutschland basierten auf bewährten ASA-<br />
<strong>Konzept</strong>en, die in <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Jahren anhand<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>weltwärt</strong>s-Erfahrungen gemeinsam weiterentwickelt<br />
wur<strong>de</strong>n. Vor Ort waren die Län<strong><strong>de</strong>r</strong>büros für<br />
die pädagogische Begleitung verantwortlich, die<br />
diese nach ihren Bedürfnissen ausarbeiteten. Und<br />
auch die Nachbereitung wur<strong>de</strong> frühzeitig <strong>mit</strong>bedacht,<br />
hatte doch die gesamte pädagogische Arbeit<br />
einen roten Fa<strong>de</strong>n, <strong><strong>de</strong>r</strong> die Teilnehmen<strong>de</strong>n gut<br />
durch <strong>de</strong>n Freiwilligendienst begleitete.<br />
GIZ: Der Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> pädagogischen Begleitung<br />
von <strong>weltwärt</strong>s wur<strong>de</strong> durch das BMZ vorgegeben.<br />
25 Seminartage sollten genutzt, ein Mentoring <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Freiwilligen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Partnerorganisation sichergestellt<br />
wer<strong>de</strong>n. Wie wur<strong>de</strong> er durch die GIZ gefüllt?<br />
EWvW: Aus unserer Sicht hängt <strong><strong>de</strong>r</strong> Erfolg eines<br />
Freiwilligeneinsatzes maßgeblich von <strong><strong>de</strong>r</strong> Qualität<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> pädagogischen Begleitung ab. Nur wenn die<br />
Freiwilligen ihren Lernprozess bewusst reNektieren,<br />
wenn sie diesen, <strong>mit</strong> all seinen Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen,<br />
als positiv erleben, kann es gelingen, die<br />
Teilnehmen<strong>de</strong>n als Multiplikator/innen für ein<br />
langfristiges Engagement zu gewinnen. Unsere<br />
Erfahrung hat gezeigt, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> vorgegebene Rahmen<br />
für die pädagogische Begleitung dafür sehr<br />
knapp bemessen war. Wir haben uns <strong>de</strong>swegen<br />
bewusst entschie<strong>de</strong>n, diesen bei Bedarf zu erweitern.<br />
Wie bei <strong>weltwärt</strong>s vorgesehen nahmen die<br />
pädagogischen Präsenzveranstaltungen vom Auswahl-<br />
bis zum Nachbereitungsseminar min<strong>de</strong>stens<br />
25 Tage ein. In <strong><strong>de</strong>r</strong> Partnerorganisation war ein<br />
Mentor Ansprechpartner für die Freiwilligen. Darüber<br />
hinaus haben wir uns bemüht, <strong>de</strong>n Teilnehmen<strong>de</strong>n<br />
in ihrer näheren Umgebung auch eine<br />
<strong>de</strong>utschsprachige Ansprechpartner/in benennen zu<br />
können, <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> sie bei Bedarf Kontakt aufnehmen<br />
konnten. Oft waren es erfahrene Auslands<strong>mit</strong>arbeiter/innen<br />
von DED und GIZ. Sie waren vor allem<br />
bei persönlichen Krisen <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen sehr<br />
wichtig und hilfreich. Das Management <strong>de</strong>s Programms<br />
in einem Partnerland erfolgte vom Lan<strong>de</strong>sbüro<br />
aus. Die verantwortliche Ansprechpartner/<br />
in war auch für die Freiwilligen zuständig.<br />
Pädagogische Dokumentation<br />
6
1<br />
Sie stellte ihre pädagogische Begleitung sicher und<br />
war die Ansprechpartnerin für unsere Partner.<br />
Auch um alle administrativen Probleme (u.a. Visa,<br />
Arbeitserlaubnis) kümmerte sie sich. Da<strong>mit</strong> wur<strong>de</strong><br />
eine Überfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen in diesen Fragen<br />
vermie<strong>de</strong>n und ein sicherer Rahmen für <strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />
Lernerfahrungen geschaffen.<br />
GIZ: Die GIZ war <strong>mit</strong> <strong>weltwärt</strong>s in 34 Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />
aktiv. Wie wur<strong>de</strong> die pädagogische Arbeit vor Ort<br />
entwickelt?<br />
EWvW: Zu Beginn haben wir es bewusst vermie<strong>de</strong>n,<br />
aus Deutschland einheitliche Vorgaben für<br />
die pädagogische Begleitung in <strong>de</strong>n Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n zu<br />
machen. Es wur<strong>de</strong>n lan<strong>de</strong>sspezi:sche <strong>Konzept</strong>e<br />
entwickelt, die <strong>de</strong>n jeweiligen Bedarfen <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s<br />
gerecht wer<strong>de</strong>n sollten. Dadurch entstand<br />
eine große Vielfalt von Ansätzen und <strong>Konzept</strong>en,<br />
die sich auch in diesem Fachheft wie<strong><strong>de</strong>r</strong>spiegeln.<br />
Gleichzeitig wur<strong>de</strong> bald auch <strong>de</strong>utlich, dass es<br />
Bedarf gab, Synergien zu nutzen und Erfahrungsaustausch<br />
innerhalb einer Region die Qualität <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
<strong>Konzept</strong>e und ihre Umsetzung erhöhte. Dafür fan<strong>de</strong>n<br />
ab 2009 jährliche Regionaltreffen statt, die<br />
auch pädagogische Weiterbildungen enthielten.<br />
GIZ: Welche Leitgedanken prägten die pädagogische<br />
Begleitung <strong>de</strong>s <strong>weltwärt</strong>s-Programms zu<br />
Beginn?<br />
EWvW: Uns war es beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s wichtig, dass die<br />
Programmteilnehmen<strong>de</strong>n verantwortlich <strong>mit</strong> <strong>de</strong>m<br />
Angebot <strong>de</strong>s Freiwilligendienstes umgehen. Wir<br />
wollten auf keinen Fall Freiwillige, die ihre Zeit vor<br />
allem <strong>mit</strong> Party und Reiseabenteuern verbringen<br />
und sich persönlichen Gefährdungen aussetzen.<br />
Deswegen betonten wir von Beginn an die Eigenverantwortung<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen. Uns war wichtig,<br />
dass sie in ihren Partnerorganisation respektvoll<br />
auftraten, in <strong>de</strong>n bestehen<strong>de</strong>n Strukturen ihren<br />
festen Platz hatten, sich dort zu Recht fan<strong>de</strong>n und<br />
ihr Rolle akzeptierten. In <strong><strong>de</strong>r</strong> pädagogischen Begleitung<br />
war das Selbstverständnis <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen<br />
als Lernen<strong>de</strong> zu betonen und sie zur SelbstreNektion<br />
anzuregen. Thematisch legten wir immer einen<br />
starken Fokus auf Anti-Rassismus, interkulturelle<br />
Fragestellungen und globale Zusammenhänge.<br />
GIZ: Gab es Erfahrungen, die im Laufe <strong><strong>de</strong>r</strong> Jahre<br />
maßgeblich EinNuss auf pädagogische Inhalte genommen<br />
haben?<br />
„Wir betonten von Beginn<br />
an die Eigenverantwortung<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen.“<br />
EWvW: Da fällt mir als erstes <strong><strong>de</strong>r</strong> Umgang <strong>mit</strong> eigenen<br />
Grenzen ein. Wir wur<strong>de</strong>n immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>mit</strong><br />
schwierigen Einzelfällen konfrontiert, in <strong>de</strong>nen<br />
zum Beispiel Freiwillige <strong>mit</strong> Alkohol und Drogen<br />
experimentierten. Das hat uns bewogen, dazu eine<br />
eigene Einheit in <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorbereitung zu konzipieren.<br />
Dabei haben wir die Freiwilligen auch für ihre Verantwortung<br />
füreinan<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
sensibilisiert. Aus<br />
<strong>de</strong>n gemachten Erfahrungen<br />
wur<strong>de</strong> in<br />
<strong>de</strong>n Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch ein<br />
Verhaltensko<strong>de</strong>x für die Freiwilligen erarbeitet, <strong>de</strong>n<br />
sie bereits im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorbereitung in<br />
Deutschland kennen lernten. Immer mehr Be<strong>de</strong>utung<br />
bekam darüber hinaus <strong><strong>de</strong>r</strong> Bezug zur Entwicklungspolitik.<br />
Hier konnten wir auf die breite Expertise<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ zurückgreifen.<br />
GIZ: Wie konnten die Freiwilligen von <strong><strong>de</strong>r</strong> entwicklungspolitischen<br />
Expertise <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ pro:tieren?<br />
EWvW: Die Län<strong><strong>de</strong>r</strong>büros hatten unterschiedliche<br />
Angebote gemacht, worüber die Freiwilligen die<br />
entwicklungspolitische Realität <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ kennen<br />
lernen konnten. Dies reichte vom Besuch einzelner<br />
Projekte bis hin zu Hospitationen, für die die Freiwilligen<br />
von ihrer Partnerorganisation freigestellt<br />
wur<strong>de</strong>n. Häu:g stellten die Lan<strong>de</strong>sdirektor/innen<br />
das Programm <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ auf <strong>de</strong>n Seminaren vor, und<br />
in einigen Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n wur<strong>de</strong>n auch ganze Themenseminare<br />
zur Entwicklungspolitik durchgeführt.<br />
GIZ: Welchen Stellenwert haben für die GIZ Partnerorganisationen<br />
und Gastfamilien in <strong><strong>de</strong>r</strong> pädagogischen<br />
Begleitung <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen?<br />
EWvW: Die Partnerorganisationen sind die Träger<br />
<strong>de</strong>s <strong>weltwärt</strong>s-Programms. Ohne sie lassen sich<br />
keine Freiwilligeneinsätze verwirklichen. Dadurch,<br />
dass sie für die Freiwilligen das zentrale Lernumfeld<br />
bieten, hatten sie eine herausragen<strong>de</strong> Rolle in<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong>en informeller Lernbegleitung.<br />
7 <strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ
1<br />
Uns war es ein Anliegen, die Partnerorganisationen<br />
in dieser Rolle wo möglich zu entlasten und<br />
uns als Entsen<strong>de</strong>organisation einzubringen. Um<br />
die Partnerorganisationen in ihrer Aufgabe <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Begleitung <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen zu unterstützen, fand<br />
ein reger Austausch zwischen <strong>de</strong>n <strong>weltwärt</strong>s-<br />
Ansprechpartner/in eines Lan<strong>de</strong>s und Vertreter/<br />
innen von Partnerorganisationen statt. Oft wur<strong>de</strong>n<br />
diese zu Seminaren <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen eingela<strong>de</strong>n<br />
und hatten auch die Möglichkeit, sich in Partnerworkshops<br />
<strong>mit</strong> Vertreter/innen von an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Partnerorganisationen<br />
und uns als Entsen<strong>de</strong>organisationen<br />
auszutauschen.<br />
Die Unterbringung von Freiwilligen in Gastfamilien<br />
konnte in vielen Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n organisiert wer<strong>de</strong>n.<br />
Dies war <strong>mit</strong> ein Garant für einen erfolgreichen<br />
Freiwilligeneinsatz, da sie die Freiwilligen sehr<br />
rasch einen intensiven Einblick in <strong>de</strong>n Kontext vor<br />
Ort geben konnten. Darüber hinaus sind oft langfristige<br />
intensive Kontakte und Beziehungen entstan<strong>de</strong>n.<br />
GIZ: Inwiefern <strong>de</strong>cken sich Ihre Ansprüche an das<br />
Programm <strong>mit</strong> <strong>de</strong>n Erfahrungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen<br />
nach ihrer Rückkehr und welche Rolle spielt für<br />
Sie die Begleitung nach Rückkehr aus <strong>de</strong>m Ausland?<br />
EWvW: Auf <strong>de</strong>n Nachbereitungsseminaren bekam<br />
ich häu:g die erfreuliche Rückmeldung, dass ein<br />
Großteil <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen sich sehr gut begleitet<br />
gefühlt hat. Dazu gehört natürlich auch eine soli<strong>de</strong><br />
Nachbereitung in Deutschland, auf <strong><strong>de</strong>r</strong> die gewonnenen<br />
Erfahrungen reNektiert wer<strong>de</strong>n und die<br />
of:zielle Überleitung zu ihrer neuen Rolle als Multiplikator/innen<br />
statt:n<strong>de</strong>t. Ich war immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
überrascht, wie viele konkrete Pläne für entwicklungspolitisches<br />
Engagement es gab. Und wie viele<br />
Freiwillige Kontakt zu ihren Partnerorganisationen<br />
halten und sich bemühen, diese weiter zu unterstützen.<br />
Das stimmt mich sehr positiv, was die<br />
Wirkung unseres Programms angeht. Um diese<br />
positiven Impulse nachhaltig zu gestalten, ist es<br />
wichtig, <strong>de</strong>utschlandweit Bezugspunkte für die<br />
Freiwilligen zu haben, die ihnen Unterstützung bei<br />
ihrem Engagement anbieten. Der DED hatte hier<br />
frühzeitig das <strong>Konzept</strong> <strong>weltwärt</strong>s in Deutschland<br />
Pädagogische Dokumentation<br />
8<br />
(WinD) entwickelt, das heute von Engagement<br />
Global weitergeführt wird.<br />
GIZ: Was sind abschließend für sie die zentralen<br />
Lernerfahrungen in <strong><strong>de</strong>r</strong> pädagogischen Begleitung<br />
und welche Empfehlungen wür<strong>de</strong>n Sie ableiten?<br />
EWvW: Für mich ist über die Jahre sehr <strong>de</strong>utlich<br />
gewor<strong>de</strong>n, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> zentrale Aspekt für einen wirkungsvollen,<br />
positiven Freiwilligeneinsatz die Auswahl<br />
geeigneter Kandidat/innen ist. Sie :n<strong>de</strong>t zunächst<br />
beim Auswahlseminar statt. Gleichzeitig<br />
war es für uns immer wichtig die Vorbereitungszeit<br />
zu nutzen, um sich auch gegen eine Zusammenarbeit<br />
<strong>mit</strong> einzelnen Freiwilligen zu entschei<strong>de</strong>n und<br />
auf ihre Entsendung zu<br />
„Es fand ein reger Austausch<br />
zwischen <strong>de</strong>n<br />
Partnerorganisationen<br />
und uns statt“<br />
verzichten. Keinem, we<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
uns als Entsen<strong>de</strong>organisationen,<br />
noch <strong>de</strong>n<br />
Freiwilligen und vor allem<br />
nicht <strong><strong>de</strong>r</strong> Partnerorganisationen<br />
wäre geholfen, wür<strong>de</strong>n wir einem<br />
Einsatz zustimmen, von <strong>de</strong>m wir wissen, dass er<br />
nicht erfolgreich verlaufen wür<strong>de</strong>. Insgesamt lohnt<br />
es sich, vor allem in <strong>de</strong>n Start <strong>de</strong>s Freiwilligendienstes<br />
zu investieren, <strong>de</strong>nn er legt <strong>de</strong>n Grundstein<br />
für ein erfolgreiches Freiwilligenjahr.<br />
Zu<strong>de</strong>m erscheint es mir beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s wichtig, <strong>de</strong>n<br />
entwicklungspolitischen Aspekt bei <strong>weltwärt</strong>s zu<br />
ver<strong>de</strong>utlichen. Entwicklungspolitische Bezüge sollte<br />
es in allen Aspekten <strong>de</strong>s <strong>weltwärt</strong>s-Freiwilligendienstes<br />
geben, da<strong>mit</strong> das Kernziel <strong>de</strong>s Programms<br />
präsent sein bleibt. Dazu gehörten für uns Angebote,<br />
Entwicklungspolitik vor Ort kennen zu lernen<br />
genauso wie die intensive Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung und<br />
ReNektion von globalen Zusammenhängen und<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> eigenen Verstrickung darin. Das <strong>weltwärt</strong>s-<br />
Programm bietet eine enorme Chance, das entwicklungspolitische<br />
Verständnis in Deutschland<br />
maßgeblich zu verän<strong><strong>de</strong>r</strong>n und da<strong>mit</strong> die Entwicklungszusammenarbeit<br />
zu erneuern. Zur Erreichung<br />
dieses Ziels ist eine qualitativ hochwertige Begleitung<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen absolut erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich. Denn:<br />
„Ein Kettenhund, <strong><strong>de</strong>r</strong> Wind und Wetter ausgesetzt<br />
ist, taugt noch lange nicht als Meteorologe.“<br />
GIZ: Herr Wil<strong>de</strong>mann, vielen Dank für das Gespräch.
Mit <strong>weltwärt</strong>s Global Lernen –<br />
(was) braucht’s da mehr als einen Aufenthalt im Ausland? 2<br />
eltwärts versteht sich als ein Programm<br />
W basierend auf <strong>de</strong>m Ansatz <strong>de</strong>s Globalen<br />
Lernens. Dieses methodische und inhaltliche pädagogische<br />
<strong>Konzept</strong> soll Menschen dabei unterstützen,<br />
ermutigen und dazu befähigen, die global<br />
vernetzte Gesellschaft im Sinne nachhaltiger Entwicklung<br />
<strong>mit</strong>zugestalten. Hierzu müssen globale<br />
Verstrickungen, komplexe Ursache-Wirkungsgefüge<br />
und eigene Handlungsspielräume erkannt<br />
wer<strong>de</strong>n. Es bedarf eines Verständnisses für lokale<br />
Auswirkungen von globalen Phänomenen und<br />
globale Auswirkungen von lokalen Handlungen.<br />
Und einen bewussten Umgang <strong>mit</strong> Unbestimmtheit<br />
und Nicht-Wissen, die die Unsicherheit <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Zukunftsgestaltung <strong>mit</strong> sich bringen. Der folgen<strong>de</strong><br />
Artikel soll ver<strong>de</strong>utlichen, wie ein entwicklungspolitischer<br />
Freiwilligendienst diese Kompetenzentwicklung<br />
för<strong><strong>de</strong>r</strong>n o<strong><strong>de</strong>r</strong> aber auch behin<strong><strong>de</strong>r</strong>n kann.<br />
Ein <strong>weltwärt</strong>s-Jahr birgt zahlreiche Potentiale, die<br />
globale Handlungskompetenz zu erweitern und<br />
da<strong>mit</strong> das Globale Lernen zu för<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Angeregt<br />
durch direkte Begegnungen <strong>mit</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Lebenswirklichkeiten,<br />
durch das auf sich allein gestellt<br />
sein, durch Irritationen und da<strong>mit</strong> Auf<strong>de</strong>ckung von<br />
eigenen Normalitätserwartungen und nicht zuletzt<br />
einem Perspektivwechsel öffnen sich neue Blickwinkel<br />
auf die Welt.<br />
Notwendigkeit von pädagogischer Arbeit<br />
Ein Auslandsaufenthalt allein ist kein Garant für<br />
eine Kompetenzerweiterung im Sinne <strong>de</strong>s Globalen<br />
Lernens. Immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> wird davor gewarnt,<br />
dass auch längere Auslandsaufenthalte genau das<br />
Gegenteil ihrer Intention bewirken. Es gibt viele<br />
Beispiele, dass Teilnehmen<strong>de</strong> <strong>mit</strong> verhärteten Vorurteilen<br />
zurück kommen, nun <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> vermeintlichen<br />
Gewissheit, kompetent über ihr Gastland<br />
urteilen zu können.<br />
Dies ist beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s gefährlich, da sie in ihrem Umfeld<br />
häu:g als Expert/innen gesehen wer<strong>de</strong>n und<br />
so<strong>mit</strong> eine negative Mulitplikator/innenfunktion<br />
übernehmen. Wenn aus <strong>de</strong>n vielen neuen Eindrücken<br />
und Irritationen Überfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung wird, führt<br />
das zu teilweise tiefgreifen<strong>de</strong>n AbwehrreNexen, die<br />
Globales Lernen verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<br />
Um <strong>de</strong>m entgegen zu wirken und <strong>de</strong>n Aufenthalt<br />
zu einer positiven Lernerfahrung für alle Beteiligten<br />
zu machen, bedarf es einer hochwertigen pädagogischen<br />
Begleitung. Die Hauptaufgaben liegen<br />
hierbei in <strong><strong>de</strong>r</strong> Anregung zur (Selbst-) ReNektion,<br />
zur Ein- und Verortung <strong>de</strong>s Erlebten in entsprechen<strong>de</strong>,<br />
angemessene Kontexte, in <strong><strong>de</strong>r</strong> Ermutigung<br />
zum Perspektivwechsel und <strong>de</strong>m immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lichen Öffnen für Neues und vermeintlich<br />
Frem<strong>de</strong>s.<br />
Lernprozesse begleiten<br />
Globales Lernen und da<strong>mit</strong> einen breit angelegten<br />
Kompetenzerwerb zu begleiten, ist eine herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong><br />
Aufgabe. Lernen ist eine Funktion <strong>de</strong>s<br />
Wahrnehmens, <strong><strong>de</strong>r</strong> Kognition, <strong><strong>de</strong>r</strong> emotionalen<br />
Bewertung und <strong><strong>de</strong>r</strong> Handlung. Es be<strong>de</strong>utet die<br />
Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Wissens, <strong><strong>de</strong>r</strong> Fähigkeiten und<br />
Fertigkeiten zur Bewältigung von Lebenssituationen.<br />
Dieser neurologisch vielfältige Prozess kann<br />
von außen angeregt, aber nicht gesteuert wer<strong>de</strong>n.<br />
Je<strong>de</strong>/r Freiwillige bringt eine eigene Lerngeschichte<br />
<strong>mit</strong> und steht an einem individuellen Entwicklungspunkt.<br />
Entsprechend wird je<strong>de</strong> gemachte<br />
Erfahrung individuell wahrgenommen und verarbeitet.<br />
Hierauf muss die pädagogische Begleitung<br />
abgestimmt sein.<br />
„Die Hauptaufgaben liegen in<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Verortung <strong>de</strong>s Erlebten in<br />
entsprechen<strong>de</strong>, angemessene<br />
Kontexte und <strong>de</strong>m immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lichen Öffnen für<br />
Neues.“<br />
Der Freiwilligendienst ist aus zwei verschie<strong>de</strong>nen<br />
Lernformen zusammengesetzt: <strong><strong>de</strong>r</strong> zeitlich größte<br />
Teil liegt im Bereich <strong>de</strong>s informellen Lernens, welches<br />
während<br />
<strong>de</strong>s Einsatzes in<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Partnerorganisation<br />
und<br />
in <strong><strong>de</strong>r</strong> Freizeit<br />
geschieht. Diese<br />
Lernform :n<strong>de</strong>t<br />
ständig und<br />
überall statt und gilt in <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel als ungeplant.<br />
Unterstützt wer<strong>de</strong>n kann dieses Lernen am besten<br />
durch begleitete LernreNektion, ergänzend zu <strong>de</strong>n<br />
non-formalen Lernangebote in Form von Seminaren,<br />
in <strong>de</strong>nen die pädagogische Begleitung im Sinne<br />
<strong>de</strong>s Globalen Lernens gezielt EinNuss auf <strong>de</strong>n<br />
Lernprozess <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen nehmen kann.<br />
9 <strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ
2<br />
Seminare im Sinne Globalen Lernens gestalten<br />
Die Berücksichtigung <strong><strong>de</strong>r</strong> Individualität von Lernprozessen<br />
kann vor allem durch die Didaktik <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Seminare erfolgen. Um die Freiwilligen ganzheitlich<br />
anzusprechen, also neben <strong>de</strong>m Hirn auch Herz<br />
und Hand zu aktivieren, ist eine von gegenseitigem<br />
Vertrauen und Fehlertoleranz geprägte Atmosphäre<br />
unerlässlich. Dies erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>t eine vielfältige Methodik,<br />
die neben kognitiven auch affektive und<br />
psychomotorische Lernprozesse initiiert. Durch<br />
eine prozessorientierte Arbeitsweise können die<br />
aktive Beteiligung <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen, ihr Hinterfragen<br />
und ihre Erkenntnisse das Seminar bereichern<br />
und Lernprozesse vertiefen. Die Seminargestaltung<br />
orientiert sich an <strong><strong>de</strong>r</strong>en Vorkenntnissen,<br />
Bedürfnissen und Interessen und knüpft also direkt<br />
an die Lernerfahrungen an, die sie bereits <strong>mit</strong>bringen,<br />
bzw. im informellen Lernumfeld ihres<br />
Dienstes und ihrer Freizeit machen.<br />
2<br />
Die Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> pädagogischen Begleitung<br />
besteht darin, die Freiwilligen dabei zu unterstützen,<br />
ihre subjektiven Sichtweisen in einen größeren<br />
Kontext zu stellen, <strong>de</strong>struktiven Herangehensweisen<br />
positive Ansätze entgegen zu setzen<br />
und durch Perspektivwechsel <strong>de</strong>n Horizont zu<br />
erweitern. Nur so kann sichergestellt wer<strong>de</strong>n, dass<br />
internationale Freiwilligendienste Globales Lernen<br />
ermöglichen.<br />
Die zentrale Aufgabe in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>weltwärt</strong>s-Seminararbeit<br />
ist die Anleitung <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen zur ReNektion<br />
<strong>de</strong>s eigenen Lernprozesses. Dieser kann auf<br />
viele Weisen angeregt wer<strong>de</strong>n. Relevante Themen<br />
können durch<br />
„Es geht darum, subjektive<br />
Sichtweisen in einen größeren<br />
Kontext zu stellen, <strong>de</strong>struktiven<br />
Herangehensweisen positive<br />
Ansätze entgegen zu setzen und<br />
durch Perspektivwechsel <strong>de</strong>n<br />
Horizont zu erweitern.“<br />
Rollenspiele,<br />
künstlerischen<br />
Zugänge wie<br />
Collagen, vertieft,<br />
individuelle<br />
Lernprozesse<br />
über Bil<strong><strong>de</strong>r</strong> veranschaulicht<br />
und im Anschluss in verschie<strong>de</strong>nen Gruppenkonstellationen<br />
reNektiert und diskutiert wer<strong>de</strong>n. Auch<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> individuelle Raum für ReNektion ist wichtig.<br />
Hier können auf <strong>de</strong>n Seminaren Zeiträume geschaffen<br />
wer<strong>de</strong>n, in <strong>de</strong>nen die Teilnehmen<strong>de</strong>n<br />
beispielsweise in ein Lerntagebuch schreiben, einen<br />
Brief an sich selbst verfassen (<strong>de</strong>n sie zukleben<br />
und erst nach einem längeren Zeitraum wie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
öffnen) o<strong><strong>de</strong>r</strong> bewusst und in Ruhe Inputs sacken<br />
lassen können.<br />
Pädagogische Dokumentation<br />
10
Die Suche nach <strong>de</strong>n Richtigen. Die Auswahl als Grundvoraussetzung<br />
u Beginn je<strong>de</strong>s <strong>weltwärt</strong>s-Einsatzes steht die<br />
Z Auswahl <strong><strong>de</strong>r</strong> geeigneten Freiwilligen. Die erfolgreiche<br />
Absolvierung eines <strong>weltwärt</strong>s-Jahres im<br />
Sinne <strong>de</strong>s Globalen Lernens setzt dabei persönliche<br />
und soziale Kompetenzen bei <strong>de</strong>n Bewerber/<br />
innen voraus. Das <strong>weltwärt</strong>s-Programm erwartet<br />
von <strong>de</strong>n potentiellen Teilnehmen<strong>de</strong>n Lernbereitschaft,<br />
Offenheit und Teamfähigkeit. Darüber hinaus<br />
sollten sie Respekt, Geduld und Eigeninitiative<br />
<strong>mit</strong>bringen und bereit sein sich entwicklungspolitisch<br />
zu engagieren. Die Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Auswahl<br />
besteht darin, diese Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen zu operationalisieren<br />
und überprüfbar zu machen.<br />
Gleichzeitig bietet die Auswahl die Möglichkeit die<br />
pädagogische Arbeit einzuleiten und <strong>de</strong>n ReNektionsprozess<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> zukünftigen Freiwilligen anzustoßen.<br />
Um diesen Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen gerecht zu wer<strong>de</strong>n,<br />
entwickelte „<strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ“ eine<br />
dreistu:ges Auswahlverfahren, in <strong>de</strong>ssen Zentrum<br />
eine eintägige Auswahltagung stand.<br />
Auswahlprozess in drei Stufen<br />
Zu Beginn erfolgte die formale Vorauswahl auf<br />
Grundlage <strong><strong>de</strong>r</strong> schriftlichen Bewerbung. Bereits<br />
hier konnten die Bewerber/innen ihre Motivation<br />
für <strong>de</strong>n Freiwilligendienst darlegen und ihr bisheriges<br />
Engagement beschreiben. Im nächsten Schritt<br />
wur<strong>de</strong>n die vorausgewählten Bewerber/innen zu<br />
einer Auswahltagung eingela<strong>de</strong>n, die ihre generelle<br />
Eignung für <strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ prüfte. Der<br />
Fokus lag hierbei auf <strong>de</strong>n sozialen Kompetenzen<br />
sowie <strong><strong>de</strong>r</strong> Passung zur Entsen<strong>de</strong>organisation GIZ.<br />
Nach erfolgreich durchlaufenem Assessment Center<br />
konnten die Bewerber/innen sich online auf<br />
einen konkreten Einsatzplatz bewerben. Im Anschluss<br />
an das Matching von Bewerber/innen und<br />
Einsatzplätzen wur<strong>de</strong>n die Lebensläufe <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen<br />
an die Partnerorganisationen gesandt.<br />
Stimmten auch diese einer Teilnahme zu, wur<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>n Freiwilligen eine verbindliche Zusage gemacht.<br />
Teilnehmen<strong>de</strong>nproPl<br />
Für die eintägige Auswahltagung, <strong>de</strong>m ersten persönlichen<br />
Zusammentreffen von Entsen<strong>de</strong>organisation<br />
und Bewerber/innen, wur<strong>de</strong> das vom <strong>weltwärt</strong>s-Programm<br />
vorgegebene Pro:l <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Teilnehmen<strong>de</strong>n differenziert und erweitert. Die<br />
Richtlinie gab vor, dass die Teilnehmen<strong>de</strong>n weltoffen,<br />
lernbereit, teamfähig und an <strong>de</strong>n Kulturen<br />
und Verhältnissen in <strong>de</strong>n Gastlän<strong><strong>de</strong>r</strong>n interessiert<br />
sein sollten. Außer<strong>de</strong>m sollten sie bereit sein, in<br />
ihren Partnerorganisationen tatkräftig <strong>mit</strong>zuarbeiten,<br />
sowie sich vor, während und nach <strong>de</strong>m Aufenthalt<br />
entwicklungspolitisch zu engagieren. Die<br />
GIZ formulierte hieraus die Kriterien Verträglichkeit<br />
und Kooperativität, Offenheit und Lernbereitschaft,<br />
sowie Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>standsfähigkeit und ReNektionsvermögen.<br />
Verträglichkeit und Kooperativität<br />
Verträglichkeit und Kooperativität umfassten Fragen<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Kommunikationsfähigkeit, <strong><strong>de</strong>r</strong> Teamorientierung,<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Beteiligung, sowie <strong><strong>de</strong>r</strong> Rücksichtnahme<br />
in Form von Empathie und Einsichtsvermögen.<br />
In <strong><strong>de</strong>r</strong> Auswahltagung überprüfen die Assessor/<br />
innen die Freiwilligen anhand <strong><strong>de</strong>r</strong> Einschätzungen:<br />
Ist die Person offen und gesprächsbereit? Begegnet<br />
sie an<strong><strong>de</strong>r</strong>en freundlich und zugewandt und<br />
zeigt Interesse an <strong>de</strong>n Meinungen an<strong><strong>de</strong>r</strong>er? Kann<br />
sie zuhören? Kommuniziert sie klar und verständlich?<br />
Bringt sie Vorschläge ein und gestaltet <strong>de</strong>n<br />
Gruppenprozess aktiv <strong>mit</strong>? Beteiligt sie sich aktiv<br />
und nimmt Rücksicht auf die Gedanken, Bedürfnisse<br />
und Argumente an<strong><strong>de</strong>r</strong>er? Zeigt sie bereitwillige<br />
Zurücknahme eigener Pro:lierungsmöglichkeiten<br />
zugunsten <strong><strong>de</strong>r</strong> Gruppe? Ist sie in <strong><strong>de</strong>r</strong> Lage,<br />
die eigene Perspektive zu wechseln?<br />
Offenheit und Lernbereitschaft<br />
Unter Offenheit und Lernbereitschaft :elen Kontaktfreu<strong>de</strong>,<br />
Offenheit für Neues, Lernbereitschaft,<br />
Motivation und Engagement. Um diese zu bewerten<br />
stellten sich die Assessor/innen die Fragen:<br />
Begegnet diese Person an<strong><strong>de</strong>r</strong>en offen, proaktiv,<br />
freundlich und zugewandt? Interessiert sie sich für<br />
an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Lebensweisen, Kulturen und Lebensverhältnissen?<br />
Zeigt sie Begeisterung für neue Erfahrungen?<br />
Ist sie bereit und interessiert, Normen<br />
kritisch zu hinterfragen und auf ihr neue soziale,<br />
ethische und politische Wertvorstellungen einzugehen?<br />
Zeigt die Person sich wissbegierig, phantasievoll<br />
und experimentierfreudig?<br />
11 <strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ<br />
3
3<br />
Ist eine Begeisterung für das Programm und vor<br />
allem die Lernperspektiven, die es in Aussicht<br />
stellt, klar ersichtlich? Zeigt die Person sich interessiert<br />
an entwicklungspolitischem Engagement<br />
und hat sie eine konkrete Vorstellung davon?<br />
Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>standfähigkeit und Re*ektionsvermögen<br />
Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>standsfähigkeit und ReNektionsvermögen<br />
wur<strong>de</strong>n weiter aufgeschlüsselt in gesun<strong>de</strong>s Selbstvertrauen,<br />
Realismus und Ambiguitätstoleranz. Die<br />
zu klären<strong>de</strong>n Fragen lauteten: Tritt dieser junge<br />
Mensch sicher auf und bewahrt auch in irritieren<strong>de</strong>n<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> stressigen Momenten eine relative Gelassenheit?<br />
Agiert er reNektiert? Kann er sein eigenes<br />
Han<strong>de</strong>ln und Denken realistisch einschätzen und<br />
hinterfragen, Kritik annehmen und sich da<strong>mit</strong> auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzen?<br />
Ist diese Person bereit, sich Belastungen<br />
auszusetzen und da<strong>mit</strong> konstruktiv umzugehen?<br />
Ist sie in <strong><strong>de</strong>r</strong> Lage, Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>sprüchlichkeiten<br />
wahrzunehmen und differenziert zu bewerten?<br />
Hat sie realistische Erwartungen in Bezug auf <strong>de</strong>n<br />
Freiwilligendienst und die Lebensverhältnisse vor<br />
Ort?<br />
Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Erfüllung dieser Kriterien entstand das<br />
I<strong>de</strong>albild einer/eines Freiwilligen als eine Person,<br />
die dieses Auslandsjahr zuzutrauen war und <strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />
<strong>weltwärt</strong>s-Aufenthalt nicht nur einen Gewinn für<br />
die Person selbst, die Partnerorganisation und das<br />
Umfeld im Gastland, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch für die Herkunftsgesellschaft<br />
darstellte.<br />
Die Auswahltagung<br />
Die Auswahltagungen, zu <strong>de</strong>nen in <strong>de</strong>n fünf Jahren<br />
insgesamt rund 4.500 Bewerber/innen eingela<strong>de</strong>n<br />
waren, boten die Möglichkeit zur Überprüfung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Kriterien. Zu<strong>de</strong>m fand ein kurzer Sprachtest statt,<br />
die Bewerber/innen erhielten Anregungen zur<br />
SelbstreNektion und konnten sich ein umfassen<strong>de</strong>s<br />
Bild <strong>de</strong>s Programms „<strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ“<br />
machen.<br />
Pro Auswahltagung wur<strong>de</strong>n 75 Bewerber/innen<br />
eingela<strong>de</strong>n. Je vier Assessor/innen waren einer<br />
Gruppe von zwölf Kandidat/innen zugeteilt, so<br />
dass sich ein Schlüssel von 1:3 ergab. Auf das Kennenlernen<br />
am Abend folgte am nächsten Vor<strong>mit</strong>-<br />
tag ein vierstündiger Workshop in Kleingruppen.<br />
Dieser bestand aus vier Elementen: Zunächst gab<br />
es Paarinterviews, in <strong><strong>de</strong>r</strong> die Bewerber/innen sich<br />
in Zweier-Teams nach ihrer Motivation und Erwartungen<br />
befragten. Daraus folgte eine kurze Selbstpräsentation<br />
<strong>mit</strong> Rückfragen durch die Assessor/<br />
innen. Durch diese Übung wur<strong>de</strong>n neben Offenheit<br />
und Kooperativität auch ReNektionsvermögen<br />
und eine realistische Vorstellung <strong>de</strong>s <strong>weltwärt</strong>s-<br />
Programms überprüft.<br />
„Ist die Person bereit, sich<br />
Belastungen auszusetzen<br />
und <strong>mit</strong> diesen konstruktiv<br />
umzugehen? Ist sie in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Lage, Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>sprüchlichkeiten<br />
wahrzunehmen und<br />
differenziert zu bewerten?“<br />
Anschließend wur<strong>de</strong>n die Bewerber/innen einzeln<br />
in einer Simulation <strong>mit</strong> potenziell schwierigen Situationen<br />
im Ausland konfrontiert. Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> sogenannten<br />
Telefonaufgabe, erhielten sie eine :ktive<br />
E-Mail eines Freun<strong>de</strong>s, <strong><strong>de</strong>r</strong> als Freiwilliger vor Ort<br />
ein Problem beschreibt. Nach kurzer Vorbereitung<br />
mussten die Kandidat/innen einzeln ein Telefongespräch<br />
<strong>mit</strong> dieser Person simulieren, die nun um<br />
Ratschläge bat. Anschließend wur<strong>de</strong>n die Bewerben<strong>de</strong>n<br />
dazu eingela<strong>de</strong>n, das eigene Gesprächsverhalten<br />
zu reNektieren. In diesem Rollenspiel, in<br />
<strong>de</strong>m <strong><strong>de</strong>r</strong>/die Kandidat/in<br />
sich selbst<br />
spielte, konnte<br />
Kommunikationsund<br />
Empathiefähigkeit<br />
unter Beweis<br />
gestellt wer<strong>de</strong>n.<br />
Diese Übung<br />
regte zu<strong>de</strong>m an,<br />
sich <strong>mit</strong> möglichen Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen im <strong>weltwärt</strong>s-Jahr<br />
auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong> zu setzen. In <strong><strong>de</strong>r</strong> dritten<br />
Übung wur<strong>de</strong> die Gruppe aufgefor<strong><strong>de</strong>r</strong>t, eine gemeinsame<br />
Aufgabe, wie zum Beispiel <strong>de</strong>n Bau eines<br />
Papierturms o<strong><strong>de</strong>r</strong> die Planung einer Rückkehrveranstaltung<br />
zu bearbeiten. Anschließend wur<strong>de</strong>n<br />
sie aufgefor<strong><strong>de</strong>r</strong>t, über ihr (Gruppen-) Verhalten zu<br />
reNektieren. Der Fokus lag bei dieser Übung auf<br />
<strong>de</strong>n zwischenmenschlichen Kompetenzen und <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Fähigkeit, das eigene Verhalten einschätzen zu<br />
können. Abgerun<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong> das Assessment Center<br />
<strong>mit</strong> einem Einzelgespräch, in <strong>de</strong>m die Assessor/innen<br />
Fragen klärten, die sich aus ihren Beobachtungen<br />
<strong>de</strong>s Vor<strong>mit</strong>tags ergaben und die Bewerber/innen<br />
noch einmal selbst eine<br />
Pädagogische Dokumentation<br />
12
3<br />
Einschätzung zu ihrem Auftreten geben konnten.<br />
Den Rahmen bil<strong>de</strong>ten<strong><strong>de</strong>r</strong> zwei Informationsveranstaltungen.<br />
Die erste beinhaltete die Begrüßung<br />
und die Vorstellung <strong><strong>de</strong>r</strong> Auswahltagung und –<br />
kriterien und diente <strong>de</strong>m Ankommen und Aufwärmen.<br />
Die zweite Veranstaltung informierte die<br />
Bewerber/innen über das Programm, um einen<br />
realistischen Eindruck zu ver<strong>mit</strong>teln, was ein einjähriger<br />
Freiwilligendienst <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ be<strong>de</strong>utete.<br />
Zu<strong>de</strong>m wur<strong>de</strong> ausführlich auf Fragen <strong><strong>de</strong>r</strong> Kandidat/innen<br />
eingegangen. Abschließend hatten die<br />
Kandidat/innen die Möglichkeit, sich untereinan<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
an Hand von Leitfragen über Befürchtungen<br />
und Erwartungen auszutauschen und so<strong>mit</strong> für<br />
sich selbst eine bessere Entscheidungsgrundlage<br />
bezüglich ihrer Programmteilnahme zu entwickeln.<br />
Assessor/innen<br />
Um die Bewerber/innen in ihrem Auswahlverfahren<br />
möglichst professionell zu begleiten, wur<strong>de</strong><br />
auf eine heterogene Zusammenstellung <strong><strong>de</strong>r</strong> Assessor/innen<br />
geachtet. Sie wur<strong>de</strong>n jeweils in Tan<strong>de</strong>ms<br />
aufgeteilt. Ein/e Tan<strong>de</strong>mpartner/in hatte<br />
GIZ-Hintergrund und verfügte in <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel über<br />
langjährige Auslandserfahrungen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Entwicklungszusammenarbeit<br />
und einen relativ großen<br />
Altersabstand zu <strong>de</strong>n Bewerber/innen. Die an<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />
Person hatte ASA-Hintergrund und meist eine<br />
kürzere Auslandserfahrung, die oft in einem ähnlichen<br />
Alter wie die Bewerber/innen gemacht wor<strong>de</strong>n<br />
war. ASAt/innen hatten einen <strong>de</strong>utlich geringeren<br />
Altersabstand zu <strong>de</strong>n Kandidat/innen. Diese<br />
unterschiedlichen Perspektiven in einem Beobachtungstan<strong>de</strong>m<br />
zusammenzuführen hat sich aus<br />
Sicht <strong><strong>de</strong>r</strong> Assessor/innen sehr bewährt und wur<strong>de</strong><br />
auch in <strong>de</strong>n Rückmeldungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Bewerber/innen<br />
positiv hervorgehoben.<br />
Rückmeldung <strong><strong>de</strong>r</strong> Bewerber/innen<br />
In einem anonymen, zum Abschluss je<strong><strong>de</strong>r</strong> Tagung<br />
erhobenen Fragebogen wur<strong>de</strong> von fast allen Bewerben<strong>de</strong>n<br />
eine Rückmeldung zur Auswahl eingeholt.<br />
Diese zeigt, dass über 90 Prozent <strong><strong>de</strong>r</strong> Kandidat/innen<br />
die Atmosphäre als angenehm empfan<strong>de</strong>n<br />
und sich nach eigener Einschätzung authentisch<br />
zeigen konnten.<br />
Gleichzeitig wur<strong>de</strong> immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> die hohe Professionalität<br />
gelobt, die ihnen Vertrauen zur Entsen<strong>de</strong>organisation<br />
ver<strong>mit</strong>telte. 93 Prozent gaben an,<br />
in ihrem Bestreben, am Programm teilzunehmen,<br />
durch die Auswahltagung gestärkt wur<strong>de</strong>n. Ebenfalls<br />
positiv wur<strong>de</strong> die Auswahl als Lernmoment<br />
wahrgenommen, in <strong>de</strong>m die Teilnehmen<strong>de</strong>n etwas<br />
für sich persönlich <strong>mit</strong>nehmen konnten (87 Prozent).<br />
Qualitätssicherung<br />
Die Qualität <strong><strong>de</strong>r</strong> Auswahltagungen wur<strong>de</strong> durch<br />
<strong>de</strong>n Einsatz verschie<strong>de</strong>ner Instrumente gesichert<br />
und weiterentwickelt. Die Assessor/innen hatten<br />
eine <strong>de</strong>taillierte Workshopbeschreibung, sowie das<br />
ausgearbeitete Auswahlkonzept zur Verfügung. In<br />
diesem wur<strong>de</strong>n neben <strong><strong>de</strong>r</strong> genauen Operationalisierung<br />
und Beschreibung <strong><strong>de</strong>r</strong> Kriterien und Indikatoren<br />
auch Hinweise zu möglichen Beobachtungsfehlern<br />
gemacht. Darüber hinaus gab es<br />
standardisierte Beobachtungs- und Bewertungsunterlagen,<br />
die zur Arbeitserleichterung während<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Tagung dienten.<br />
Zu<strong>de</strong>m wur<strong>de</strong>n zu Beginn <strong>de</strong>s Auswahlzyklus Beobachtungsschulungen<br />
angeboten. Dort setzten<br />
sich die Assessor/innen <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> konkreten Umsetzung<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> einzelnen Übungen praktisch auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>.<br />
Darüber hinaus machten sie sich <strong>mit</strong> ihrer<br />
Rolle, <strong>de</strong>n potenziellen Erwartungen, Ängsten und<br />
Befürchtungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Bewerber/innen, sowie <strong>mit</strong><br />
<strong><strong>de</strong>r</strong>en Lebensphase vertraut. Ein weiterer Schulungsschwerpunkt<br />
war die Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung<br />
<strong>mit</strong> typischen und eigenen Beobachtungs- und<br />
Bewertungsfehlern. Also BeeinNussungen in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Beobachtung, die beispielsweise dadurch erzeugt<br />
wer<strong>de</strong>n können, dass eine Bewerberin an eine Bekannte<br />
erinnert. Hinzu kamen konkrete Hilfestellungen<br />
für die Einzelgespräche, wie z.B. Fragetechniken.<br />
Die Weiterentwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> Auswahltagung basierte<br />
auf <strong>de</strong>n systematischen Rückmeldungen von<br />
<strong>de</strong>n Assessor/innen und <strong>de</strong>n Bewerber/innen, die<br />
ebenso wie die Rückmeldungen aus <strong>de</strong>n Partnerlän<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />
in die Überarbeitung <strong>de</strong>s Auswahlkonzeptes<br />
einNossen.<br />
13 <strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ
3<br />
Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />
Die Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung je<strong><strong>de</strong>r</strong> Auswahltagung bestand<br />
darin, eine Atmosphäre zu schaffen in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
junge Menschen sich — trotz <strong><strong>de</strong>r</strong> offensichtlichen<br />
Auswahlsituation — öffnen und authentisch verhalten<br />
können und wollen. Ein Vorteil war, dass<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Auswahltagung keine Quote zu Grun<strong>de</strong> lag,<br />
son<strong><strong>de</strong>r</strong>n die generelle Eignung einer/s je<strong>de</strong>n Bewerber/in<br />
überprüft wer<strong>de</strong>n konnte. Zu<strong>de</strong>m beför<strong><strong>de</strong>r</strong>te<br />
die herzliche Art <strong><strong>de</strong>r</strong> Assessor/innen eine<br />
vertrauensvolle Atmosphäre. Gleichzeitig erlaubte<br />
eine professionelle Distanz die Erzeugung von<br />
Situationen, in <strong>de</strong>nen die Bewerben<strong>de</strong>n sich einem<br />
Druck ausgesetzt fühlten und so Stressresistenz<br />
geprüft wer<strong>de</strong>n konnte.<br />
„Die Auswahl bil<strong>de</strong>t die<br />
Grundlage für <strong>de</strong>n Erfolg<br />
<strong>de</strong>s Programms.“<br />
Kontroverse Diskussionen bei <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Konzept</strong>ion <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Auswahl ergaben sich aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung,<br />
dass das Format Assessment<br />
Center, in <strong>de</strong>m<br />
die Auswahltagung<br />
gehalten wur<strong>de</strong>, sich<br />
durch eine hohe Standardisierung<br />
und Objektivierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Beobachtungs-<br />
und Bewertungstätigkeit auszeichnet.<br />
Hier wur<strong>de</strong> in Frage gestellt, inwiefern die für einen<br />
Freiwilligendienst nötigen Eigenschaften in<br />
einem eintägigen Workshop standardisiert diagnostiziert<br />
wer<strong>de</strong>n können o<strong><strong>de</strong>r</strong> ob es nicht doch so<br />
etwas wie ein Bauchgefühl gibt, das in die Entscheidung<br />
über eine Programmteilnahme einNießen<br />
sollte.<br />
Das Vertrauen, dass die Partnerorganisationen<br />
da<strong>mit</strong> in die GIZ setzten, ließ die Verantwortung<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Assessor/innen für eine gute Einschätzung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Bewerber/innen zusätzlich steigen.<br />
Abschließen<strong>de</strong> Empfehlungen<br />
Die Auswahl <strong><strong>de</strong>r</strong> zu diesem Zeitpunkt geeigneten<br />
Personen für einen <strong>weltwärt</strong>s-Freiwilligendienst<br />
bil<strong>de</strong>t die Grundlage für <strong>de</strong>n Erfolg <strong>de</strong>s Programms<br />
und rechtfertigt so<strong>mit</strong> die zeitliche und<br />
personelle Investition in einen ausführlichen Auswahlprozess.<br />
Da sich viele Bewerber/innen erst<br />
durch die Auswahltagung wirklich persönlich <strong>mit</strong><br />
möglichen Realitäten und Schwierigkeiten vor Ort<br />
auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzen, ist es wichtig, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Auswahlprozess<br />
ihnen die Gelegenheit gibt, ihre Bewerbung<br />
und ihre Motivation nochmal aktiv zu<br />
überprüfen. Vor allem aber sollten quali:zierte<br />
Assessor/innen sich ein möglichst umfassen<strong>de</strong>s<br />
Bild von <strong><strong>de</strong>r</strong> Eignung je<strong>de</strong>s/r Einzelnen machen<br />
können. Um sie und ihre Motivation wirklich kennen<br />
zu lernen, ist das Erleben <strong><strong>de</strong>r</strong> jungen Menschen<br />
in interaktiven Situationen ebenso essenziell<br />
wie Einzelgespräche.<br />
Wir haben uns für eine Mischform entschie<strong>de</strong>n, für<br />
die die Bewusstmachung <strong><strong>de</strong>r</strong> eigenen Beobachtungs-<br />
und Bewertungsweise zentral war. Ein<br />
grundlegen<strong>de</strong>s De:zit <strong><strong>de</strong>r</strong> Auswahl bestand darin,<br />
dass die Partner/innen vor Ort, die die Freiwilligen<br />
für ein Jahr in ihre Organisationen aufnahmen, an<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> persönlichen Auswahl nicht beteiligt wer<strong>de</strong>n<br />
konnten.<br />
Pädagogische Dokumentation<br />
14
Neun Tage Kompetenzerweiterung durch Re*ektion und Themenarbeit<br />
in zentraler Ausgangspunkt für <strong>de</strong>n erfolgreichen<br />
Freiwilligendienst ist das Vorbereitungs-<br />
E<br />
seminar in Deutschland. Hier wer<strong>de</strong>n durch die<br />
Themen, die angewandte Methodik und das Auftreten<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Entsen<strong>de</strong>organisation bei <strong>de</strong>n Freiwilligen<br />
Kompetenzen entwickelt und gestärkt. Im<br />
Vor<strong><strong>de</strong>r</strong>grund stehen dabei das Einüben von SelbstreNektion<br />
als zentraler interkultureller Kompetenz,<br />
sowie die Rolle <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen als Lernen<strong>de</strong><br />
und spätere Multiplikator/innen. Gleichzeitig geben<br />
die Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung <strong>mit</strong> Themen wie z.B.<br />
Anti-Rassismus, Interkulturalität und Kommunikation<br />
eine wichtige Orientierung für <strong>de</strong>n Freiwilligendienst.<br />
Die Vielfalt <strong><strong>de</strong>r</strong> relevanten Themen<br />
erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>t eine gute Balance zwischen Ver<strong>mit</strong>tlung,<br />
Ausprobieren, ReNektionszeit und Pausen. Eine<br />
erfolgreiche Vorbereitung erleichtert es <strong>de</strong>n Freiwilligen,<br />
ihrem Umfeld vor Ort offen zu begegnen,<br />
zwischenmenschliche Beziehungen zu gestalten,<br />
KonNikte und Krisen zu meistern und <strong>mit</strong> <strong>de</strong>n Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>sprüchlichkeiten<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> eigenen Rolle umzugehen.<br />
Im Folgen<strong>de</strong>n wird das Vorbereitungskonzept <strong>de</strong>s<br />
<strong>weltwärt</strong>s-Programms <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ vorgestellt.<br />
Seminarrahmen und Seminarteams<br />
An einem Vorbereitungsseminar nahmen rund<br />
sechzig Freiwillige teil, die in Län<strong><strong>de</strong>r</strong>arbeitsgruppen<br />
unterteilt wur<strong>de</strong>n. Diese sechs Län<strong><strong>de</strong>r</strong>arbeitsgruppen<br />
umfassten jeweils zwischen sieben und<br />
zwölf Freiwillige, die zum gleichen Zeitpunkt in<br />
das jeweilige Land ausreisten. Sie wur<strong>de</strong>n über das<br />
gesamte Seminar durch eine/n Tutor/in begleitet.<br />
Die Län<strong><strong>de</strong>r</strong>aufteilung auf <strong>de</strong>n Seminaren erfolgte<br />
Kontinent übergreifend, um <strong>de</strong>n Austausch zwischen<br />
<strong>de</strong>n Freiwilligen zu beför<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Die Teilnehmen<strong>de</strong>n<br />
verbrachten etwa die Hälfte <strong><strong>de</strong>r</strong> Seminarzeit<br />
in <strong><strong>de</strong>r</strong> Gesamtgruppe, in <strong><strong>de</strong>r</strong> die verschie<strong>de</strong>nen<br />
Themen gemeinsam bearbeitet wur<strong>de</strong>n. Die restliche<br />
Zeit in <strong><strong>de</strong>r</strong> Län<strong><strong>de</strong>r</strong>arbeitsgruppe diente <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
ReNektion <strong><strong>de</strong>r</strong> bearbeiteten Themen, <strong>de</strong>m intensiven<br />
Kennenlernen, sowie <strong><strong>de</strong>r</strong> Bearbeitung län<strong><strong>de</strong>r</strong>spezi:scher<br />
Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>heiten. Neben <strong>de</strong>n sechs<br />
Tutor/innen bestand das Seminarteam aus zwei<br />
Seminarleitungen, die für die Gesamtorganisation<br />
und <strong>de</strong>n pädagogischen Überblick verantwortlich<br />
waren.<br />
Zu<strong>de</strong>m war durchgehend eine hauptamtliche Vertretung<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ anwesend, die für die Teilnehmen<strong>de</strong>n<br />
die Ansprechpartner/in für alle Fragen<br />
rund um ihren Einsatz war. In <strong>de</strong>n letzten Jahren<br />
wur<strong>de</strong>n die Teams zu<strong>de</strong>m durch eine Seminarassistenz<br />
unterstützt, die so erste Erfahrungen in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
pädagogischen Arbeit sammeln konnte.<br />
Die Seminarleitung und die Tutor/innen wur<strong>de</strong>n<br />
aus <strong>de</strong>m ASA-Netzwerk rekrutiert. Kriterien für die<br />
Auswahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Trainer/innen waren neben Auslandserfahrungen,<br />
die <strong>de</strong>nen eines Freiwilligendienstes<br />
ähnlich waren, tiefergehen<strong>de</strong> Erfahrung in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Begleitung von Gruppen und partizipativer Methodik.<br />
Darüber hinaus wur<strong>de</strong>n fundierte Kenntnisse<br />
in min<strong>de</strong>stens einem <strong><strong>de</strong>r</strong> zentralen Seminarinhalten,<br />
wie Globales Lernen, Teamarbeit, Interkulturalität<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> Privilegien erwartet. Die GIZ verfolgte<br />
in <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorbereitung <strong>mit</strong> ASA einen peer-to-peer-<br />
Ansatz. Die Teamen<strong>de</strong>n befan<strong>de</strong>n sich häu:g am<br />
En<strong>de</strong> ihres Studiums und zu Beginn ihres Berufslebens.<br />
Da<strong>mit</strong> hatten sie einen <strong>de</strong>utlichen Erfahrungsvorsprung<br />
vor <strong>de</strong>n Teilnehmen<strong>de</strong>n, waren<br />
jedoch vom Verständnis noch nah an <strong><strong>de</strong>r</strong>en Lebensrealität.<br />
Grundsätzlich sollten sich die Teamen<strong>de</strong>n<br />
auch als Lernen<strong>de</strong> verstehen. Zum einen,<br />
konnten sie sich als Trainer/innen in <strong>de</strong>m sicheren<br />
Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Seminare didaktisch und methodisch<br />
professionalisieren. Zum an<strong><strong>de</strong>r</strong>en basierend auf<br />
<strong>de</strong>m grundlegen<strong>de</strong>n pädagogischen Verständnis,<br />
dass Lehren<strong>de</strong> immer auch Lernen<strong>de</strong> sind.<br />
Ziele und Inhalte <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorbereitung<br />
Die Ziele <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorbereitung wur<strong>de</strong>n inhaltlich in<br />
vier Stränge unterteilt: Interkulturalität und Diversität,<br />
Vorbereitung auf <strong>de</strong>n Einsatzort, Kommunikation,<br />
Teamarbeit und eigene Ressourcen, sowie<br />
globale Verantwortung. Das Bild <strong><strong>de</strong>r</strong> Stränge sollte<br />
ver<strong>de</strong>utlichen, dass alle Themen <strong>mit</strong>einan<strong><strong>de</strong>r</strong> verwoben<br />
waren und eine klare Trennung <strong><strong>de</strong>r</strong> Inhalte<br />
voneinan<strong><strong>de</strong>r</strong> nur begrenzt sinnvoll war.<br />
Vielmehr zogen sich diese Stränge durch das gesamte<br />
Seminar, waren an verschie<strong>de</strong>nen Stellen<br />
stärker o<strong><strong>de</strong>r</strong> schwächer ausgeprägt, immer <strong>mit</strong>einan<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
verknüpft und von gleicher Wertigkeit.<br />
4<br />
15 <strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ
4<br />
Gleichzeitig vereinfachten sie die Darstellung von<br />
Zielen und Inhalten, auf <strong><strong>de</strong>r</strong>en Basis das Seminarplanraster<br />
entwickelt wur<strong>de</strong>, nach<strong>de</strong>m alle Vorbereitungsseminare<br />
ausgerichtet waren. Und es berücksichtigte<br />
die Grundsätze <strong><strong>de</strong>r</strong> Gruppendynamik<br />
und baute die verschie<strong>de</strong>nen Themen modular<br />
aufeinan<strong><strong>de</strong>r</strong> auf. Welche Metho<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n jeweiligen<br />
Einheiten angewandt wur<strong>de</strong>n, um die gesetzten<br />
Ziele zu erreichen, blieb <strong>de</strong>n Seminarteams<br />
überlassen. Im Folgen<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n die Ziele und<br />
da<strong>mit</strong> verbun<strong>de</strong>nen Inhalte <strong><strong>de</strong>r</strong> jeweiligen Stränge<br />
dargestellt, sowie exemplarisch eine Good practice<br />
Einheit aus je<strong>de</strong>m Bereich hervorgehoben.<br />
Strang: Interkulturalität/Diversität<br />
Die Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung <strong>mit</strong> Fragen von Interkulturalität<br />
und Diversität stellt die Basis eines internationalen<br />
Freiwilligendienstes dar. Die Teilnehmen<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n vor Ort häu:g <strong>mit</strong> ihnen fremd<br />
erscheinen<strong>de</strong>n Regeln, Gewohnheiten und Herangehensweisen<br />
konfrontiert. Ziel <strong><strong>de</strong>r</strong> Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung<br />
war, diese Situationen in einem ersten<br />
Schritt möglichst wertneutral wahrzunehmen und<br />
eigene Wertungen, Irritationen und Fremdheitsgefühle<br />
bewusst zu reNektieren. Dies sollte vorbeugend<br />
wirken, da<strong>mit</strong> die Teilnehmen<strong>de</strong>n Momente<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Irritation nicht vorschnell als „(nationale) kulturelle<br />
Unterschie<strong>de</strong>“ in eine Schubla<strong>de</strong> steckten<br />
und da<strong>mit</strong> ihnen frem<strong>de</strong>s Verhalten zu einer festen<br />
Zuschreibung reduzierten. Dafür wur<strong>de</strong>n ihnen<br />
Kulturbegriffe vorgestellt, die Kulturen als sich<br />
dynamisch verän<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong> und vielfältige GeNechte<br />
aus Milieus und Subkulturen jenseits von nationalstaatlichen<br />
Grenzen verstehen, in <strong>de</strong>nen sich Werte,<br />
Diskurse, Deutungen und Alltagspraktiken stetig<br />
wan<strong>de</strong>ln und von Menschen <strong>mit</strong>einan<strong><strong>de</strong>r</strong> gestaltet<br />
und verhan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n.<br />
Darüber hinaus konnten sich die Freiwilligen intensiv<br />
<strong>mit</strong> ihrer eigenen Prägung auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzen,<br />
die ihre Wahrnehmung entschei<strong>de</strong>nd beein-<br />
Nusst. Dass diese unter an<strong><strong>de</strong>r</strong>em durch Machtstrukturen,<br />
Rassismen und Privilegien geprägt ist,<br />
die wie<strong><strong>de</strong>r</strong>um Vorurteile und Stereotype erzeugen,<br />
wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Teilnehmen<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>n Seminaren<br />
häu:g erstmals bewusst und war für viele eine<br />
zentrale und <strong>mit</strong>unter aufwühlen<strong>de</strong> Erkenntnis.<br />
Darauf aufbauend setzten sich die Freiwilligen <strong>mit</strong><br />
Ihren eigenen Privilegien, Weißsein, sowie unterschiedlichen<br />
Formen von Diskriminierung, speziell<br />
Rassismus auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>.<br />
Beispiel Luca & Alex: Trennung von Beobachtung<br />
und Bewertung<br />
Um <strong>de</strong>n Freiwilligen ihre eigene Prägung und ihre<br />
dadurch beeinNusste Wahrnehmung bewusst zu<br />
machen, wur<strong>de</strong> ihnen ein Theaterstück vorgespielt,<br />
in <strong>de</strong>m wortlos ein KonNikt zwischen zwei Personen<br />
darstellt wur<strong>de</strong>. Das Stück <strong>mit</strong> <strong>de</strong>m Arbeitstitel<br />
„Luca und Alex“ wur<strong>de</strong> im Anschluss in Kleingruppen<br />
von <strong>de</strong>n Teilnehmen<strong>de</strong>n im Dreischritt analysiert:<br />
Zu Beginn wur<strong>de</strong>n die Beobachtungen festgehalten,<br />
im zweiten Schritt die dazugehörige Interpretation<br />
und im dritten Schritt die daraus folgen<strong>de</strong><br />
Bewertung. Im Anschluss wur<strong>de</strong> die dahinter<br />
liegen<strong>de</strong> wahre<br />
„Die Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung <strong>mit</strong><br />
Fragen von Interkulturalität<br />
und Diversität ist die Basis<br />
eines internationalen Freiwilligendienstes.“<br />
Begebenheit aufgelöst,<br />
die von <strong>de</strong>n<br />
Interpretationen<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Teilnehmen<strong>de</strong>n<br />
in <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel stark<br />
abwich. Die Teilnehmen<strong>de</strong>n<br />
wur<strong>de</strong>n ermutigt, ihre persönlichen<br />
Interpretationen und darauf basieren<strong>de</strong>n Bewertungen<br />
alltäglicher Situationen, zu hinterfragen.<br />
Gleichzeitig wur<strong>de</strong> darüber reNektiert, wie sehr<br />
diese durch ihre eigenen Biographie und Prägungen<br />
beeinNusst ist. Die Freiwilligen wur<strong>de</strong>n zu<strong>de</strong>m<br />
in <strong><strong>de</strong>r</strong> bewussten Trennung von Beobachtung, Interpretation<br />
und Bewertung geschult um Situationen<br />
in ihrem Auslandsjahr nicht voreilig zu bewerten<br />
und für an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Interpretationsmöglichkeiten<br />
Verständnis zu entwickeln. Bei dieser Herangehensweise<br />
war zentral, <strong>de</strong>n Teilnehmen<strong>de</strong>n bewusst<br />
zu machen, dass alle Interpretationen möglich<br />
sein können.<br />
Strang: Vorbereitung auf <strong>de</strong>n Einsatzort<br />
Die Vorbereitung auf <strong>de</strong>n Einsatzort fokussierte die<br />
Generierung von Wissen und Informationen zum<br />
Aufenthalt vor Ort und ging auf die zentralen<br />
Pädagogische Dokumentation<br />
16
Fragen <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen ein: Wie ist meine Entsen<strong>de</strong>organisation<br />
strukturiert? Wie bin ich als Freiwillige/r<br />
darin verortet? Welche PNichten und<br />
Rechte sind da<strong>mit</strong> verbun<strong>de</strong>n? Zu<strong>de</strong>m wur<strong>de</strong> eine<br />
Sensibilisierung zur gesundheitlichen Vorsorge<br />
und Verhalten im Krankheitsfall durch <strong>de</strong>n ärztlichen<br />
Dienst <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ gewährleistet.<br />
Ein zentraler Bestandteil war zu<strong>de</strong>m die Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen <strong>mit</strong> <strong>de</strong>m politischen,<br />
historischen und gesellschaftlichen Kontext, in<br />
<strong>de</strong>m sie sich an ihrem Einsatzort bewegen. Dies<br />
wur<strong>de</strong> auf <strong>de</strong>n Seminaren unter <strong>de</strong>m Begriff Län<strong><strong>de</strong>r</strong>kun<strong>de</strong><br />
zusammengefasst. Ein Großteil <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen<br />
kam auf die Vorbereitung <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Erwartung,<br />
auf <strong>de</strong>m Seminar intensiv län<strong><strong>de</strong>r</strong>kundliches<br />
Wissen ver<strong>mit</strong>telt zu bekommen. In <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorabumfrage<br />
zu Erwartungen an das Vorbereitungsseminar<br />
war in allen Jahren Län<strong><strong>de</strong>r</strong>kun<strong>de</strong> das meistgenannte<br />
Thema. Häu:g wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Wunsch geäußert,<br />
konkrete Do´s und Dont´s zu erhalten um sie<br />
vor Ort „richtig“ zu verhalten. Die Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />
bestand darin, die Teilnehmen<strong>de</strong>n von <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Suche nach einer „Gebrauchsanweisung“ für ihr<br />
Gastland wegzubewegen und <strong>de</strong>n Blick für eine<br />
reNektierte, nicht-stereotypisieren<strong>de</strong> Län<strong><strong>de</strong>r</strong>kun<strong>de</strong><br />
zu öffnen.<br />
Beispiel Län<strong><strong>de</strong>r</strong>kun<strong>de</strong>: Wissensgenerierung versus<br />
Stereotypenbildung<br />
Bereits während <strong><strong>de</strong>r</strong> Auswahltagung wur<strong>de</strong>n die<br />
Teilnehmen<strong>de</strong>n animiert, sich eigenständig <strong>mit</strong><br />
ihrem Gastland auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong> zu setzen. In <strong>de</strong>n ersten<br />
Jahren erhielten sie vor <strong>de</strong>m Seminar die Aufgabe<br />
eine län<strong><strong>de</strong>r</strong>kundliche Präsentation zu einem<br />
Thema aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
kultureller Szene <strong>de</strong>s Gastlan<strong>de</strong>s vorzubereiten<br />
und auf <strong>de</strong>m Seminar vorzustellen. Diese waren<br />
jedoch selten eine lehrreiche Ergänzung zur individuellen<br />
Lektüre zum Thema Län<strong><strong>de</strong>r</strong>kun<strong>de</strong> und die<br />
Darstellungen gaben wenig Raum für Interaktion<br />
und Diskussion.<br />
Im Laufe <strong><strong>de</strong>r</strong> Jahre hat sich <strong>de</strong>shalb die Vorabversendung<br />
eines Län<strong><strong>de</strong>r</strong>quiz <strong>mit</strong> zahlreichen Fragen<br />
zum Gastland durchgesetzt, dass die Freiwilligen<br />
im Vorfeld beantworten sollten. Dadurch wur<strong>de</strong>n<br />
sie animiert sich thematisch breiter <strong>mit</strong> ihrem<br />
Gastland auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>zusetzen. Es wur<strong>de</strong> darauf<br />
geachtet, Fragen einzubauen, die bewusst zum<br />
Nach<strong>de</strong>nken anregten und auch nicht durch eine<br />
einfache Wikipedia-Recherche zu beantworten<br />
waren: Welchen Wert an ökologischen Fußabdruck<br />
hat Dein Gastland? Welchen EinNuss haben IWF<br />
und Weltbank? Wie ist die Situation von Menschen,<br />
die sich gleichgeschlechtlich lieben?. Die<br />
erarbeiteten Ergebnisse wur<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>m Seminar<br />
in <strong><strong>de</strong>r</strong> Län<strong><strong>de</strong>r</strong>arbeitsgruppe, gemeinsam <strong>mit</strong> <strong>de</strong>n<br />
Tutor/innen ausgewertet und diskutiert.<br />
Um die dabei häu:g entstehen<strong>de</strong>n Generalisierungen<br />
bewusst zu machen, wur<strong>de</strong> gemeinsam <strong>mit</strong><br />
<strong>de</strong>n Teilnehmen<strong>de</strong>n reNektiert, welche Stereotype<br />
sie zu ihrem Gastland haben und diesen Vorurteile<br />
über Deutschland entgegengestellt. Gemeinsam<br />
wur<strong>de</strong> im Anschluss über die Ursachen und die<br />
Gefahren von Vorurteilen als Grundlage von Diskriminierung<br />
gesprochen. Im weiteren Verlauf <strong>de</strong>s<br />
Seminars achtete die Gruppe bewusst darauf, unbedacht<br />
geäußerte Stereotype transparent zu machen<br />
und zu hinterfragen.<br />
Strang: Kommunikation, Teamarbeit und eigene<br />
Ressourcen<br />
Häu:g war <strong>weltwärt</strong>s für die Teilnehmen<strong>de</strong>n die<br />
erste langfristige Erfahrung in einem Arbeitskontext<br />
und da<strong>mit</strong> auch in <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeit in einem professionellen<br />
Team. Um sich hier und auch in ihrem<br />
privaten Umfeld vor Ort angemessen bewegen zu<br />
können, konnten sich die Teilnehmen<strong>de</strong>n auf <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Vorbereitung <strong>mit</strong> Kommunikation und Gruppenprozessen<br />
auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzen, was ihnen <strong>de</strong>n konstruktiven<br />
Umgang <strong>mit</strong> Diversität sowie <strong>mit</strong> Kon-<br />
Nikten erleichtern sollte. Dabei konnten sie ihr eigenes<br />
Kommunikations- und Gruppenverhalten<br />
reNektieren. Gleichzeitig wur<strong>de</strong>n sie für die Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />
eines Arbeitsalltages im Freiwilligendienst<br />
sensibilisiert. Um ihren Blick auf die eigenen<br />
Ressourcen zu stärken, setzten die Teilnehmen<strong>de</strong>n<br />
sich auf <strong>de</strong>n Seminaren zu<strong>de</strong>m <strong>mit</strong> folgen<strong>de</strong>n<br />
Fragen auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>: Welche Ängste und Befürchtungen<br />
verbin<strong>de</strong> ich <strong>mit</strong> meinem Auslandsjahr?<br />
Was stärkt mich in persönlichen Krisen? und<br />
Wo sind meine persönlichen Grenzen und wie<br />
kann ich sie schützen?<br />
4<br />
17 <strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ
4<br />
Beispiel: Die Einheit Arbeitswelt<br />
Zu Beginn <strong><strong>de</strong>r</strong> Seminareinheit zum Thema Arbeitswelt<br />
wur<strong>de</strong> an die bisherigen Arbeitserfahrungen<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen angeknüpft. Diese waren sehr unterschiedlich:<br />
von Praktika und ehrenamtlichen<br />
Tätigkeiten über Nebenjobs bis hin zu einer umfassen<strong>de</strong>n<br />
Berufsausbildung. Die Freiwilligen<br />
konnten ihre Erfahrungen über Hierarchien, Arbeitsweisen<br />
und –normen, sowie daraus entstehen<strong>de</strong><br />
KonNikte teilen. In Seminaren, die zur überwiegen<strong>de</strong>n<br />
Mehrheit von Abiturient/innen besucht<br />
wur<strong>de</strong>n, wur<strong>de</strong> die Expertise <strong><strong>de</strong>r</strong> wenigen Berufstätigen<br />
hervorgehoben und beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s wertgeschätzt.<br />
Daran anschließend übertrugen die Teilnehmen<strong>de</strong>n<br />
die gesammelten Erfahrungen auf<br />
eigene Erwartungen an die Einsatzstelle, und auf<br />
die potenziellen Erwartungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Partnerorganisation<br />
an die Freiwilligen. Im Anschluss wur<strong>de</strong>n diese<br />
Erwartungen diskutiert und sich daraus häu:g<br />
ergeben<strong>de</strong> Problemstellungen bearbeitet. Themen<br />
wie Bore Out, Aktionismus von Freiwilligen o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Umgang <strong>mit</strong><br />
„Welche Ängste und Befürchtungen<br />
verbin<strong>de</strong> ich <strong>mit</strong> meinem<br />
Auslandsjahr?<br />
Was stärkt mich in persönlichen<br />
Krisen? Wo sind meine<br />
persönlichen Grenzen und wie<br />
kann ich sie schützen?“<br />
Hierarchien<br />
konnten gut in<br />
Form von kleinen<br />
Theaterstücken<br />
durch die Freiwilligen<br />
aufbereitet<br />
wer<strong>de</strong>n. Durch<br />
diesen spielerisch<br />
-kreativen Zugang ließen sich verschie<strong>de</strong>ne Lösungsmöglichkeiten<br />
erarbeiten. Ein zentraler Bestandteil<br />
war dabei die Ver<strong>mit</strong>tlung <strong>de</strong>s Wertes<br />
von bewusster Kommunikation. Hierzu gehörte die<br />
Erläuterung und Einübung von Feedbackregeln,<br />
wobei auch <strong><strong>de</strong>r</strong>en Grenzen im interkulturellen<br />
Kontext diskutiert wur<strong>de</strong>n. Im weiteren Verlauf<br />
<strong>de</strong>s Seminars wur<strong>de</strong>n die Teilnehmen<strong>de</strong>n immer<br />
wie<strong><strong>de</strong>r</strong> motiviert und aufgefor<strong><strong>de</strong>r</strong>t ihr Kommunikationsverhalten<br />
zu reNektieren und an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Kommunikationsarten<br />
auszuprobieren und einzuüben.<br />
Strang: Globale Verantwortung / Eigenverantwortung<br />
Mit <strong>de</strong>m langfristigen Ziel, dass <strong>weltwärt</strong>s-<br />
Freiwillige Multiplikator/innen im Sinne <strong>de</strong>s Globalen<br />
Lernens wer<strong>de</strong>n, ist die Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung<br />
<strong>mit</strong> Zukunftsfragen wie nachhaltigem Wirtschaften,<br />
sozialer Gerechtigkeit und Auswirkungen <strong>de</strong>s<br />
Klimawan<strong>de</strong>ls zentraler Bestandteil <strong><strong>de</strong>r</strong> Lernerfahrung<br />
und da<strong>mit</strong> auch <strong><strong>de</strong>r</strong> pädagogischen Begleitung.<br />
Dafür bedarf es <strong><strong>de</strong>r</strong> Sensibilisierung für die<br />
Komplexität und Inter<strong>de</strong>pen<strong>de</strong>nz von globalen<br />
Themen sowie Wissen auch über persönliche Verstrickungen<br />
und Handlungsmöglichkeiten. Dafür<br />
setzten sich die Teilnehmen<strong>de</strong>n intensiv <strong>mit</strong> diesen<br />
Zusammenhängen sowie ihrer Rolle in einer vernetzen<br />
Welt auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong> und beschäftigten sich<br />
<strong>mit</strong> Handlungsmöglichkeiten. Insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e wur<strong>de</strong><br />
dabei ihre Rolle und Motivation als <strong>weltwärt</strong>s-<br />
Freiwillige sowie die da<strong>mit</strong> verbun<strong>de</strong>ne Verantwortung<br />
reNektiert. Darüber hinaus wur<strong>de</strong> hier die<br />
entwicklungspolitische Lerndimension <strong>de</strong>s Programms<br />
in <strong>de</strong>n Fokus gerückt. Dazu erhielten die<br />
Teilnehmen<strong>de</strong>n eine Einführung in die Entwicklungszusammenarbeit<br />
und setzten sich <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ<br />
und ihrer Geschichte auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>.<br />
Beispiel Ausstellung zu<br />
Globalen Zusammenhängen<br />
Zur Einführung in das Thema globale Zusammenhänge<br />
wur<strong>de</strong> eine interaktive Ausstellung entwickelt.<br />
Im letzten Jahr von „<strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ“<br />
wur<strong>de</strong> eine Rio+20-Konferenz nachgestellt, in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
in die globalen Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen und das Thema<br />
Nachhaltigkeit eingeführt wur<strong>de</strong>. Im Anschluss<br />
hatten die Teilnehmen<strong>de</strong>n Zeit, alleine o<strong><strong>de</strong>r</strong> in kleinen<br />
Gruppen verschie<strong>de</strong>ne Räume <strong><strong>de</strong>r</strong> interaktiven<br />
Ausstellung zu besuchen, die thematisch wie methodisch<br />
vielfältig gestaltet waren. Ein stiller Leseraum<br />
zum Thema Entwicklungstheorien und -<br />
paradigmen, ein interaktiver Workshop zur globalen<br />
Arbeitsteilung, ein Vortrag zum Thema Ernährung<br />
und Landwirtschaft sprachen an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Lernstile<br />
an als <strong><strong>de</strong>r</strong> Wald <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbun<strong>de</strong>nheit, in <strong>de</strong>m <strong>mit</strong><br />
naturpädagogischen Metho<strong>de</strong>n ein persönlicher<br />
Pädagogische Dokumentation<br />
18
4<br />
und emotionaler Zugang zum Thema Nachhaltigkeit<br />
angeboten wur<strong>de</strong>. Im Anschluss an <strong>de</strong>n Ausstellungsbesuch<br />
erfolgte eine ReNektion zum Zusammenhang<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> verschie<strong>de</strong>nen Themen und <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Suche nach gemeinsamen Ursachen globaler Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen.<br />
Das <strong>Konzept</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> interaktiven<br />
Ausstellung ermöglichte hier, sich <strong>mit</strong> <strong>de</strong>n systemischen<br />
Zusammenhängen zu befassen. In einem<br />
dritten Schritt diskutierten die Freiwilligen<br />
schließlich in kleinen Gruppen alternative Handlungsansätze.<br />
Zeit für Re*ektion<br />
Eine ständige Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorbereitung<br />
blieb die Zeit. Häu:g wur<strong>de</strong>n die Teilnehmen<strong>de</strong>n<br />
erstmalig <strong>mit</strong> <strong>de</strong>n angeschnittenen Themen<br />
und einer intensiven ReNektion <strong><strong>de</strong>r</strong> eigenen<br />
Prägung und Persönlichkeit konfrontiert. Gera<strong>de</strong><br />
ReNektion bedarf dieser Zeit und oft hätten sich<br />
die Teilnehmen<strong>de</strong>n mehr davon gewünscht, um<br />
Aspekte sacken zu lassen und <strong>de</strong>n Kopf wie<strong><strong>de</strong>r</strong> frei<br />
zu bekommen.<br />
Die Weiterentwicklung <strong>de</strong>s Seminarplanrasters<br />
war ein ständiges Abwägen zwischen <strong>de</strong>n wichtigsten<br />
Themen und <strong>de</strong>m ausreichen<strong>de</strong>n Raum für<br />
ReNektion. Im Laufe <strong><strong>de</strong>r</strong> Jahre wur<strong>de</strong> an je<strong>de</strong>m<br />
Seminartag ein Zeitraum für individuelle ReNektion<br />
eingerichtet, <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>mit</strong> methodischen Anregungen<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Tutor/innen zur Aufarbeitung <strong>de</strong>s Gelernten<br />
genutzt wur<strong>de</strong>. Zu<strong>de</strong>m erhielten die Teilnehmen<strong>de</strong>n<br />
ein Lerntagebuch zum Seminar und wur<strong>de</strong>n<br />
angeregt, dieses auch während ihres <strong>weltwärt</strong>s-Jahres<br />
weiter zu nutzen und darauf zurückzugreifen.<br />
So sollte gewährleistet wer<strong>de</strong>n, dass die<br />
Teilnehmen<strong>de</strong>n sich langfristig <strong>mit</strong> <strong>de</strong>n Themen<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Vorbereitung auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzten und gera<strong>de</strong><br />
in schwierigen Situationen während ihrem Auslandsjahr<br />
auf Anregungen aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorbereitung<br />
zurückgreifen konnten.<br />
Evaluierung und Wissenstransfer<br />
In <strong>de</strong>n fünf Jahren von „<strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ“<br />
haben sich die Vorbereitungsseminare kontinuierlich<br />
überarbeitet. Die Ziele wur<strong>de</strong>n angepasst, das<br />
Seminarplanraster überarbeitet und die Methodik<br />
weiterentwickelt.<br />
Dies erfolgte auf Basis <strong><strong>de</strong>r</strong> systematisch eingeholten<br />
Rückmeldungen von Freiwilligen, Teamen<strong>de</strong>n<br />
und Ansprechpartner/innen vor Ort.. Aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Auswertung<br />
anonymisierter Onlinefragebögen wur<strong>de</strong>n<br />
Studien zur Wirkung <strong><strong>de</strong>r</strong> Programmelemente, aus<br />
Sicht <strong><strong>de</strong>r</strong> Teilnehmen<strong>de</strong>n, erstellt. Zusätzlich verfassten<br />
die Seminarteams einen Abschlussbericht,<br />
in <strong>de</strong>m sie ihre Seminarerfahrungen dokumentierten.<br />
Nach Abschluss <strong><strong>de</strong>r</strong> Seminare fand ein Auswertungsseminar<br />
statt, auf <strong>de</strong>m ein Großteil <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Seminarteams für drei Tage zusammen kam, um<br />
<strong>de</strong>n Seminarzyklus unter Berücksichtigung dieser<br />
Dokumente zu evaluieren und Vorschläge für die<br />
Weiterentwicklung auszuarbeiten.<br />
Um im aktuellen Zyklus bestmöglich auf die Erfahrungen<br />
<strong>de</strong>s Vorjahres aufzubauen, wur<strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>ne<br />
Maßnahmen initiiert, die einen Wissenstransfer<br />
ermöglichten, wie ein pädagogischer Seminarleitfa<strong>de</strong>n<br />
und ein Metho<strong>de</strong>n-Wiki. Der zentrale<br />
Aspekt <strong>de</strong>s Wissenstransfers war jedoch die<br />
personelle Kontinuität von Seminarleiter/innen<br />
und Tutor/innen über mehrere Jahre. Dies war eine<br />
beson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung, da diese sich häu:g<br />
im Übergang von Studium zu Beruf befan<strong>de</strong>n und<br />
die geringe :nanzielle Honorierung eine längerfristige<br />
Tätigkeit erschwerte. Bewusst wur<strong>de</strong>n die<br />
<strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ-erfahrenen Teamen<strong>de</strong>n im<br />
Folgejahr auf verschie<strong>de</strong>ne Teams aufgeteilt, um<br />
eine Vielfalt an Erfahrungen weiterzugeben. Diese<br />
Konstellation wur<strong>de</strong> bereichert durch <strong>de</strong>n frischen<br />
Blick von neuen Team<strong>mit</strong>glie<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<br />
Die hohe Qualität <strong><strong>de</strong>r</strong> Seminare basierte in erster<br />
Linie auf <strong>de</strong>m beson<strong><strong>de</strong>r</strong>en Lernrahmen, <strong>de</strong>n die<br />
Seminarteams <strong>de</strong>n Teilnehmen<strong>de</strong>n boten. In diesem<br />
fühlten sie sich ernst genommen und kompetent<br />
begleitet. Die einzigartige Atmosphäre auf <strong>de</strong>n<br />
Seminaren basierte auf <strong>de</strong>n Persönlichkeiten <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Teamen<strong>de</strong>n die eine Mischung an hoher fachlicher<br />
Kompetenz, viel Kreativität und Spaß an <strong><strong>de</strong>r</strong> Umsetzung,<br />
sowie einer wertschätzen<strong>de</strong>n und motivieren<strong>de</strong>n<br />
Haltung gegenüber <strong>de</strong>n Teilnehmen<strong>de</strong>n<br />
<strong>mit</strong>brachten.<br />
19 <strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ
5<br />
Vom Ausschlussproze<strong><strong>de</strong>r</strong>e zur lebendigen Feedbackkultur<br />
ls geeignet für <strong>weltwärt</strong>s gelten diejenigen<br />
A Bewerber/innen, <strong>de</strong>nen ein Auslandsjahr zuzutrauen<br />
ist, ohne dass sie selbst o<strong><strong>de</strong>r</strong> das Umfeld<br />
vor Ort zu Scha<strong>de</strong>n kommen. In Auswahltagungen<br />
wer<strong>de</strong>n die dafür nötigen Kompetenzen überprüft<br />
und die Teilnehmen<strong>de</strong>n ausgewählt. Nichts<strong>de</strong>stotrotz<br />
ist eine Auswahl immer zeitlich begrenzt und<br />
eine Einschätzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Teilnehmen<strong>de</strong>n in diesem<br />
Rahmen nur eine Momentaufnahme. Wie also da<strong>mit</strong><br />
umgehen, wenn das Verhalten auf <strong>de</strong>m Vorbereitungsseminar<br />
nicht <strong>de</strong>n Erwartungen an die<br />
Teilnehmen<strong>de</strong>n entspricht?<br />
Der Umgang <strong>mit</strong> „auffälligen“ Teilnehmen<strong>de</strong>n<br />
auf <strong>de</strong>m Vorbereitungsseminar<br />
Diese Frage stellte sich bereits auf <strong>de</strong>m allerersten<br />
Vorbereitungsseminar. Da<strong>mit</strong> wur<strong>de</strong> rasch <strong>de</strong>utlich,<br />
dass für diese Fälle ein Vorgehen gefun<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n musste. Dies sollte zu keinem Zeitpunkt<br />
ein Druck<strong>mit</strong>tel o<strong><strong>de</strong>r</strong> Drohpotential sein, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />
war vielmehr als Schutzfunktion und Verantwortung<br />
gegenüber <strong>de</strong>n Teilnehmen<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>n Partner/innen<br />
vor Ort zu verstehen. Gleichzeitig sollte<br />
es auch für Freiwillige die Möglichkeit geben,<br />
„unbürokratisch“ vom Programm zurückzutreten,<br />
falls es sich, durch die intensive persönliche Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung<br />
auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorbereitung, für sie als<br />
Fehlentscheidung erwies.<br />
Von Beginn an stellte dieses Vorgehen eine Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />
dar. Inwieweit lässt sich eine vertrauensvolle<br />
Arbeitsatmosphäre auf <strong>de</strong>n Seminaren<br />
schaffen, in <strong><strong>de</strong>r</strong> die Freiwilligen sich öffnen<br />
können, Ängste und Befürchtungen zu äußern,<br />
kritisch zu reNektieren und sich intensiv <strong>mit</strong> neuen<br />
Themen auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong> zu setzen, wenn es gleichzeitig<br />
die Option gab, dass eine Ausreise zu diesem<br />
späten Zeitpunkt noch abgesagt wer<strong>de</strong>n konnte?<br />
Der Umgang <strong>mit</strong> dieser Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung lag in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Transparenz gegenüber <strong>de</strong>n Freiwilligen. Bereits<br />
auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Auswahltagung und zu Beginn <strong>de</strong>s Vorbereitungsseminars<br />
wur<strong>de</strong> auf diese Möglichkeit hingewiesen.<br />
Gleichzeitig wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>utlich gemacht,<br />
dass dies eine große Ausnahmesituation darstellt.<br />
Um die Teamen<strong>de</strong>n auf diese Aufgabe <strong><strong>de</strong>r</strong> Begleitung<br />
gut vorzubereiten, erhielten sie im Vorfeld <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Seminare die Möglichkeiten an Schulungen teil zu<br />
nehmen, die ihre Sensibilität gegenüber<br />
„Auffälligkeiten“ bei Teilnehmen<strong>de</strong>n erhöhten, ihre<br />
Fähigkeiten im empathischen Umgang da<strong>mit</strong> stärkten<br />
und das festgelegte Proze<strong><strong>de</strong>r</strong>e erläuterten.<br />
Was heißt „auffällig“?<br />
„Auffällig“ be<strong>de</strong>utete, dass das Verhalten einer<br />
Person nicht angemessen, nicht sichtbar o<strong><strong>de</strong>r</strong> nicht<br />
verständlich erschien. Dies hieß wie<strong><strong>de</strong>r</strong>um nicht,<br />
dass die Person nicht geeignet wäre, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n dass<br />
es hier Klärungsbedarf gab. Häu:ge Fälle von<br />
„auffälligem“ Verhalten war keine aktive Teilnahme<br />
am Seminar, beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s dominantes o<strong><strong>de</strong>r</strong> extrem<br />
verhaltenes Auftreten in <strong><strong>de</strong>r</strong> Gruppe, respektloses<br />
Verhalten an<strong><strong>de</strong>r</strong>en gegenüber o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> fahrige<br />
Umgang <strong>mit</strong> Seminarregeln. Extremfälle :elen<br />
durch Drogen- und Alkoholmissbrauch auf o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
thematisierten von sich aus Essstörungen.<br />
Dies waren Warnhinweise, auf Basis <strong><strong>de</strong>r</strong>er die Teamen<strong>de</strong>n<br />
in <strong>de</strong>n Dialog <strong>mit</strong> <strong>de</strong>n Teilnehmen<strong>de</strong>n<br />
gingen. In einem ersten Schritt fan<strong>de</strong>n Feedbackgespräche<br />
<strong>mit</strong> <strong>de</strong>m o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> direkten Tutor/in<br />
statt. Um <strong>de</strong>n Teilnehmen<strong>de</strong>n die Chance zu geben<br />
im weiteren Verlauf <strong>de</strong>s Seminars auf Feedback zu<br />
„Aus Schutz und Verantwortung<br />
gegenüber Teilnehmen<strong>de</strong>n<br />
und <strong>de</strong>n<br />
Partner/innen vor Ort.“<br />
reagieren, wur<strong>de</strong> zum<br />
frühestmöglichen Zeitpunkt<br />
ein solches Gespräch<br />
anberaumt, wobei<br />
darauf geachtet<br />
wur<strong>de</strong>, die betreffen<strong>de</strong><br />
Person nicht zu exponieren. Häu:g ließen sich die<br />
Irritationen durch ein o<strong><strong>de</strong>r</strong> zwei Gespräche auNösen<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> klären. Manchmal erwiesen sich Be<strong>de</strong>nken<br />
als unbegrün<strong>de</strong>t, häu:g waren die Teilnehmen<strong>de</strong>n<br />
für ein klares Feedback dankbar und<br />
konnten glaubhaft machen, an sich zu arbeiten.<br />
Die Nicht-Ausreise wur<strong>de</strong> erst dann eine ernsthafte<br />
Option, wenn Auffälligkeiten im Verhalten durch<br />
die Gespräche bestätigt wur<strong>de</strong>n und im Folgen<strong>de</strong>n<br />
keinerlei Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung erfolgte.<br />
Pädagogische Dokumentation<br />
20
5<br />
Entstehung einer Feedbackkultur<br />
„Feedbackgespräche wur<strong>de</strong>n<br />
ein grundlegen<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Bestandteil <strong>de</strong>s Umgangs<br />
<strong>mit</strong> <strong>de</strong>n Freiwilligen.“<br />
In diesen Fällen wur<strong>de</strong>n die Seminarleitungen und<br />
die/<strong><strong>de</strong>r</strong> hauptamtliche Vertreter/in <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ zu<br />
Rate gezogen, die anschließend Gespräche <strong>mit</strong><br />
betreffen<strong>de</strong>n Teilnehmen<strong>de</strong>n führten. Verdichtete<br />
sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Eindruck, dass das Verhalten einer Person<br />
für einen erfolgreichen <strong>weltwärt</strong>s-Aufenthalt nicht<br />
tragfähig war, beriet das Team gemeinsam über<br />
das folgen<strong>de</strong> Vorgehen. Auch wenn die Lage ein<strong>de</strong>utig<br />
erschien, be<strong>de</strong>utete<br />
es eine psychische<br />
Kraftanstrengung<br />
<strong>de</strong>s Teams diesen<br />
Prozess zu begleiten,<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> häu:g,<br />
im sehr engen Zeitplan <strong>de</strong>s Seminars, durch viele<br />
Gespräche und Beratungen erhebliche Kapazitäten<br />
beanspruchte. Schwieriger noch, wenn die Lage<br />
nicht ein<strong>de</strong>utig erschien. In letzter Konsequenz<br />
wur<strong>de</strong> die Entscheidung von <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ im Anschluss<br />
<strong>de</strong>s Seminars getroffen und <strong><strong>de</strong>r</strong>/<strong>de</strong>m Teilnehmen<strong>de</strong>n<br />
zeitnah <strong>mit</strong>geteilt, wenn diese wie<strong><strong>de</strong>r</strong> in ihrem<br />
gewohnten, sicheren Umfeld angekommen war.<br />
Dass sich das Vorgehen nicht negativ auf die Seminarstimmung<br />
ausgewirkt hat, ist neben <strong><strong>de</strong>r</strong> Transparenz<br />
vor allem <strong>de</strong>m emphatischen, integrativen<br />
Auftreten <strong><strong>de</strong>r</strong> Teamen<strong>de</strong>n zu verdanken, die auf<br />
allen Seminaren eine Atmosphäre <strong><strong>de</strong>r</strong> Wertschätzung,<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Offenheit und <strong>de</strong>s Respekts geschaffen<br />
haben und das Vertrauen <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen genossen.<br />
Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit hat sich das Vorgehen zu Auffälligkeiten<br />
bei Teilnehmen<strong>de</strong>n fest im Seminarprozess<br />
verankert. Feedbackgespräche wur<strong>de</strong>n ein<br />
grundlegen<strong><strong>de</strong>r</strong> Bestandteil <strong>de</strong>s Umgangs <strong>mit</strong> <strong>de</strong>n<br />
Freiwilligen, <strong><strong>de</strong>r</strong> auch von <strong>de</strong>n Teilnehmen<strong>de</strong>n eingefor<strong><strong>de</strong>r</strong>t<br />
wur<strong>de</strong>. Dies ging soweit das Teamen<strong>de</strong><br />
von <strong><strong>de</strong>r</strong> Län<strong><strong>de</strong>r</strong>arbeitsgruppe aufgefor<strong><strong>de</strong>r</strong>t wur<strong>de</strong>n<br />
allen Feedback zu geben, bzw. Teamen<strong>de</strong> dies von<br />
sich aus anboten. Auf diese Weise verstärkte sich<br />
auf <strong>de</strong>n Seminaren eine lebendige und sehr geschätzte<br />
Feedbackkultur, die eine wertvolle Unterstützung<br />
im Lernprozess <strong><strong>de</strong>r</strong> Teilnehmen<strong>de</strong>n darstellte.<br />
21 <strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ
6<br />
Wer hilft hier eigentlich wem? Rassismus, Weißsein und Privilegien als zentrale Themen<br />
ie öffentlichkeitswirksame Ausrichtung <strong>de</strong>s<br />
D <strong>weltwärt</strong>s-Programms <strong>mit</strong> hohen Zahlen an<br />
Freiwilligen und Entsen<strong>de</strong>organisationen, <strong>de</strong>m<br />
ursprünglichen Motto „Lernen durch tatkräftiges<br />
Helfen“ und <strong><strong>de</strong>r</strong> Verortung im entwicklungspolitischen<br />
Kontext wirft zentrale Fragen auf: Wer hilft<br />
hier eigentlich wem? Reproduziert <strong>weltwärt</strong>s<br />
Machtverhältnisse? Verstärkt <strong>weltwärt</strong>s xenophobe<br />
Haltungen?<br />
Denn <strong>weltwärt</strong>s lässt die globalen Machtstrukturen<br />
<strong>de</strong>utlich ins Bewusstsein treten. Allein die<br />
Möglichkeit eines Gap years von <strong>de</strong>utschen Freiwilligen<br />
im Globalen Sü<strong>de</strong>n zeugt von zahllosen<br />
Privilegien in Bezug auf Zeit, Finanzen und Bewegungsfreiheit.<br />
Ein solcher Auslandsaufenthalt kann<br />
dabei unterstützen globale Machtstrukturen und<br />
die eigene Verstrickung darin bewusst zu reNektieren,<br />
neue Strategien im Umgang da<strong>mit</strong> zu entwickeln<br />
und Verantwortung zu übernehmen. Gleichzeitig<br />
birgt ein unreNektierter Aufenthalt die Gefahr,<br />
xenophobe Haltungen und ungleiche Machtstrukturen<br />
zu verschärfen. In Bezug auf das individuelle<br />
Verhalten <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen ist hier die pädagogische<br />
Begleitung in <strong><strong>de</strong>r</strong> Verantwortung, relevante<br />
Themen wie Anti-Rassismus, Weißsein und<br />
<strong>de</strong>m Umgang <strong>mit</strong> Privilegien Raum zu geben.<br />
Die Teilnehmen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s <strong>weltwärt</strong>s-Programms <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
GIZ sollten Rassismus als ein Machtverhältnis verstehen<br />
lernen, dass Gesellschaft prägt und das<br />
permanent reproduziert wird, sowie die da<strong>mit</strong> einhergehen<strong>de</strong>n<br />
Privilegien und Diskriminierungen<br />
reNektieren. Weiße Teilnehmen<strong>de</strong> sollten darüber<br />
hinaus für Weißsein als Teil ihrer I<strong>de</strong>ntität und<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong>en Wirkung auf sich selbst und an<strong><strong>de</strong>r</strong>e sensibilisiert<br />
wer<strong>de</strong>n. Darauf aufbauend sollten die Teilnehmen<strong>de</strong>n<br />
positive Strategien im Umgang <strong>mit</strong><br />
Rassismus kennen lernen, um Verantwortung für<br />
die eigene Verstrickung übernehmen zu können.<br />
Die Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung <strong>mit</strong> weißer I<strong>de</strong>ntität, <strong>mit</strong><br />
Privilegien und Rassismus, ist tiefgreifend und erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>t<br />
einen langen ReNektionsprozess.<br />
Sensibilisierung in <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorbereitung<br />
Begonnen <strong>mit</strong> ersten Workshops zu Anti-Bias und<br />
Kritischem Weißsein, nahm dieser Themenkomplex<br />
rasch mehrere Einheiten auf <strong>de</strong>m Seminar ein.<br />
Einen vollen Tag setzten sich die Teilnehmen<strong>de</strong>n<br />
dabei <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> ReNektion von Weißsein und <strong>de</strong>m<br />
Kennenlernen <strong>de</strong>s Machtsystems Rassismus auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>.<br />
Dazu lu<strong>de</strong>n wir von Beginn an externe Expert/innen<br />
ein, <strong><strong>de</strong>r</strong>en Ansätze inhaltlich maßgeblich<br />
zur Weiterentwicklung beitrugen. Eine beson<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />
Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung blieb jedoch die methodische<br />
Herangehensweise. So arbeiteten wir zunächst<br />
<strong>mit</strong> provozierend-konfrontativen Metho<strong>de</strong>n.<br />
Die Themen sind so herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>nd, dass<br />
Teilnehmen<strong>de</strong> von Inhalt und Methodik oft überfor<strong><strong>de</strong>r</strong>t<br />
waren und Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>stän<strong>de</strong> entwickelten. Aus<br />
diesem Grund wur<strong>de</strong> nach einem Weg gesucht,<br />
eine wertschätzen<strong>de</strong> und selbst-emphatische Herangehensweise<br />
anzuwen<strong>de</strong>n. Übereinstimmung<br />
fan<strong>de</strong>n wir hier <strong>mit</strong> <strong>de</strong>n Referenten von Phoenix,<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong>en Fokus auf Befreiung von rassistischen Strukturen<br />
und <strong><strong>de</strong>r</strong> Übernahme von Verantwortung<br />
liegt. Referenten von Phoenix begleiteten uns in<br />
<strong>de</strong>n letzten bei<strong>de</strong>n Jahren als Trainer für die Seminarteams,<br />
Berater für die <strong>Konzept</strong>entwicklung,<br />
sowie auf <strong>de</strong>n Vorbereitungsseminaren.<br />
Anti-Rassismus und weiße I<strong>de</strong>ntität<br />
Zu Beginn <strong><strong>de</strong>r</strong> Einheit <strong>mit</strong> <strong>de</strong>n Phoenix-Referenten<br />
erhielten die Teilnehmen<strong>de</strong>n eine historische Einordnung<br />
<strong>de</strong>s kolonialen Kontextes ihres Gastlan<strong>de</strong>s.<br />
Im Anschluss sollte eine kurze Übung ver<strong>de</strong>utlichen,<br />
wie wenig Weiße häu:g über <strong>de</strong>n Ein-<br />
Nuss von Schwarzen/People of Colour (POC) auf<br />
die menschlichen Errungenschaften in Wissenschaft,<br />
Kunst, Politik und Kultur wissen. So wur<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>n Teilnehmen<strong>de</strong>n weiße De:nitionsmacht vor<br />
Augen geführt. Das Kernstück <strong><strong>de</strong>r</strong> Einheit bil<strong>de</strong>te<br />
die Sensibilisierung für die eigene bereits kindliche<br />
rassistische Prägung eines je<strong>de</strong>n Teilnehmen<strong>de</strong>n.<br />
Dafür erarbeiteten die Teilnehmen<strong>de</strong>n in Kleingruppen,<br />
wie sie in verschie<strong>de</strong>nen Altersphasen <strong>mit</strong><br />
Ansichten über und Bil<strong><strong>de</strong>r</strong>n von POC konfrontiert<br />
waren. Diese stellten sie im Anschluss im Plenum<br />
Pädagogische Dokumentation<br />
22
6<br />
vor, häu:g überrascht, wie eindimensional, stereotypisierend<br />
und diskriminierend diese Prägung<br />
über Familie, Medien und die weitere Umgebung<br />
erfolgt war. Diese Erkenntnis wur<strong>de</strong> noch vertieft<br />
über die Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung <strong>mit</strong> Darstellungen in<br />
Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>büchern, wie „Der Struwwelpeter“, Büchern<br />
von Janosch und „Mecki“ o<strong><strong>de</strong>r</strong> Comics von Walt<br />
Disney und „Tim und Struppi“. Im Anschluss erarbeiteten<br />
sich die Teilnehmen<strong>de</strong>n durch einen Text<br />
von Ursula Wachendorfer ein grundsätzliches Verständnis<br />
zum Thema Weißsein, dass <strong>mit</strong> <strong>de</strong>n<br />
Phoenix-Referenten im Dialog vertieft wur<strong>de</strong>.<br />
Freiwilligentourismus<br />
Eine zentrale Einheit <strong>mit</strong> Fokus auf Privilegien<br />
:rmierte unter <strong>de</strong>m Titel Freiwilligentourismus<br />
und griff Kritik und Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>sprüchlichkeiten <strong>de</strong>s<br />
<strong>weltwärt</strong>s-Programms auf. Die Einheit verfolgte<br />
das Ziel die SelbstreNektion und Ambiguitätstoleranz<br />
zu stärken. Sie begann <strong>mit</strong> einem Theaterstück,<br />
in <strong>de</strong>m einem/r Freiwilligen Engelchen und<br />
Teufelchen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Nacht vor <strong><strong>de</strong>r</strong> Ausreise im<br />
Traum erscheinen. Die bei<strong>de</strong>n streiten sich, wobei<br />
das Teufelchen Kritisches an <strong>weltwärt</strong>s auf<strong>de</strong>ckt<br />
und das Engelchen die positiven Seiten <strong>de</strong>s Programms<br />
herausstellt. Die Teilnehmen<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>n<br />
durch das Theaterstück <strong>mit</strong> Aspekten konfrontiert,<br />
die ihnen bereits in ihrer individuellen Vorbereitung<br />
begegnet sind, häu:g aber auch <strong>mit</strong> neuen<br />
Fragestellungen: Wenn <strong>weltwärt</strong>s Engagement in<br />
Deutschland för<strong><strong>de</strong>r</strong>n möchte, warum sich nicht<br />
gleich in Deutschland engagieren? Können unausgebil<strong>de</strong>te,<br />
junge Deutsche wirklich in Partnerorganisationen<br />
vor Ort eine Unterstützung sein? Welche<br />
Unterschie<strong>de</strong> wer<strong>de</strong>n bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Visapolitik zwischen<br />
Deutschen und Menschen aus Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong>de</strong>s<br />
Globalen Sü<strong>de</strong>ns gemacht? Wie ist es möglich,<br />
dass das Taschengeld eines <strong>weltwärt</strong>s-Freiwilligen<br />
über <strong>de</strong>m Gehalt <strong><strong>de</strong>r</strong> Kolleg/innen von Partnerorganisationen<br />
liegt? Die im Theaterstück präsentierten<br />
Argumente wur<strong>de</strong>n anschließend in einer<br />
Diskussion aufgegriffen und vertieft, in <strong><strong>de</strong>r</strong> die<br />
Freiwilligen verschie<strong>de</strong>ne Rollen einnahmen. Abschließend<br />
fand eine Auswertung statt, in <strong><strong>de</strong>r</strong> die<br />
Teilnehmen<strong>de</strong>n ihre persönliche Haltung reNektierten<br />
und sich <strong>mit</strong> ihrer eigenen Motivation<br />
auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzten. Häu:g waren die Teilnehmen<strong>de</strong>n<br />
überrascht, aber auch froh, sich so explizit <strong>mit</strong><br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Kritik an <strong>weltwärt</strong>s und <strong>de</strong>n zweifelsohne vorhan<strong>de</strong>nen<br />
Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>sprüchlichkeiten auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>zusetzen.<br />
Umgang <strong>mit</strong> Bil<strong><strong>de</strong>r</strong>n und Sprache<br />
Eine positive Handlungsalternative war <strong><strong>de</strong>r</strong> bewusste<br />
Umgang <strong>mit</strong> Bil<strong><strong>de</strong>r</strong>n und Sprache. In ihrem<br />
Herkunftsumfeld gelten die Teilnehmen<strong>de</strong>n häu:g<br />
als authentische Expert/innen für ihr jeweiliges<br />
Gastland. Emails und Blog-Einträge prägen die<br />
Eindrücke von Familie und Bekannten und ver<strong>mit</strong>teln<br />
bewusst o<strong><strong>de</strong>r</strong> unbewusst Bil<strong><strong>de</strong>r</strong> von Menschen<br />
und vermeintlichen Realitäten. Die Teilnehmen<strong>de</strong>n<br />
hatten die Chance, zu einer Verständigung beizutragen,<br />
statt Missverständnisse und vereinfachte,<br />
stereotypisierte Sichtweisen zu för<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Dazu wur<strong>de</strong><br />
häu:g die Re<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> nigerianischen Schriftstellerin<br />
Chimamanda Andichie „Danger of a single story“,<br />
sowie im letzten Jahr die glokal-Broschüre<br />
„Mit kolonialen Grüßen…“ verwandt. Als Unterstützung<br />
erhielten die Freiwilligen darüber hinaus<br />
„Leitfragen zum Umgang <strong>mit</strong> Bil<strong><strong>de</strong>r</strong>n und Sprache“<br />
an die Hand. Diese sollten sie ermutigen, sich immer<br />
wie<strong><strong>de</strong>r</strong> Fragen zu stellen: Wie möchtest Du<br />
selbst gesehen und gezeigt wer<strong>de</strong>n? Wie sollte<br />
man über Dich re<strong>de</strong>n? Zeigst Du ausschließlich<br />
Unterschie<strong>de</strong> o<strong><strong>de</strong>r</strong> auch Gemeinsamkeiten? Wür<strong>de</strong>st<br />
Du die Begriffe, die Du nutzt, genauso für<br />
Deutschland und Europa anwen<strong>de</strong>n (z.B. „Stamm,<br />
Häuptling, Bananenrepublik“)? Kannst Du eine<br />
Möglichkeit schaffen, wie die betroffenen Personen<br />
die Art und Weise, wie sie dargestellt wer<strong>de</strong>n,<br />
<strong>mit</strong>gestalten können?<br />
Weiterbildung und Selbstre*ektion<br />
Durch die Verknüpfung dieser Einheiten entstand<br />
über die Jahre ein stimmiges <strong>Konzept</strong>, dass die<br />
herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong>n Themen Rassismus, Privilegien<br />
und weiße I<strong>de</strong>ntität auf eine Weise ver<strong>mit</strong>telte, die<br />
die Teilnehmen<strong>de</strong>n gut erreichte. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s wertvoll<br />
war dabei die kontinuierliche Weiterbildung<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Teamen<strong>de</strong>n und <strong><strong>de</strong>r</strong> Hauptamtlichen. Je mehr<br />
Sicherheit sie gewannen, <strong>de</strong>sto besser konnten die<br />
Themen auf <strong>de</strong>n Seminaren platziert wer<strong>de</strong>n.<br />
23 <strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ
7<br />
Begegnung schafft Wirklichkeit: Interview <strong>mit</strong> Austen P. Brandt und Andreas Mann<br />
von Phoenix e.V. — Referenten zum Thema Rassismus und Weißsein<br />
ie Seminareinheit zum Thema Rassismus und<br />
D Weißsein wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n letzten bei<strong>de</strong>n Jahren<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Vorbereitung von „<strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ“<br />
maßgeblich von Phoenix-Referenten gestaltet.<br />
Phoenix ist formal ein Verein, versteht sich jedoch<br />
inhaltlich als Teil einer Bewegung, die eine persönliche,<br />
wie auch strukturell-gesellschaftliche Befreiung<br />
von rassistischen Strukturen anstrebt. Zu diesem<br />
Zweck bietet Phoenix u.a. Anti-Rassis-musund<br />
Empowerment-Trainings an. Phoenix ist <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Überzeugung, dass, je mehr die Menschen sich<br />
eigener rassistischer Prägungen bewusst wer<strong>de</strong>n,<br />
sie die Möglichkeit erhalten, <strong><strong>de</strong>r</strong> Negativität <strong>de</strong>s<br />
Rassismus positive Strategien entgegenzustellen.<br />
Die Referenten von Phoenix kamen für jeweils<br />
einen Tag auf die Vorbereitungsseminare und gestalteten<br />
eine siebenstündige Einheit. Diese hatte<br />
zum Ziel, die Teilnehmen<strong>de</strong>n für das Machtsystem<br />
Rassismus zu sensibilisieren und ihnen ihre eigene,<br />
meist weiße, I<strong>de</strong>ntität und <strong><strong>de</strong>r</strong>en Wirkung bewusst<br />
zu machen.<br />
Austen P. Brandt und Andreas Mann, bei<strong>de</strong> Grün<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
von Phoenix e.V., berichten im Gespräch von<br />
ihren Erfahrungen <strong>mit</strong> „<strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ“:<br />
GIZ: In <strong>de</strong>n letzten zwei Jahren von <strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong><br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ wart Ihr auf fast allen Vorbereitungsseminaren<br />
präsent, um <strong>mit</strong> <strong>de</strong>n Teilnehmen<strong>de</strong>n zu Rassismus<br />
und Weißsein zu arbeiten. Welche Be<strong>de</strong>utung<br />
haben diese Themen in Bezug auf <strong>weltwärt</strong>s<br />
für Euch?<br />
Austen P. Brandt: Ich glaube, egal in welcher Position<br />
weiße Menschen sich be:n<strong>de</strong>n, ist es wichtig,<br />
dass sie sich reNektieren lernen. Unabhängig ob<br />
jemand in Deutschland lebt o<strong><strong>de</strong>r</strong> ins Ausland geht.<br />
Das Format <strong>weltwärt</strong>s kann hier Räume zur Bewusstseinsbildung<br />
öffnen. Gleichzeitig reproduziert<br />
es Machtstrukturen. Das zeigt sich beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s<br />
darin, dass es kaum junge Menschen gibt, die aus<br />
<strong>de</strong>m Globalen Sü<strong>de</strong>n für einen Freiwilligendienst<br />
nach Deutschland kommen können. Dennoch, je<br />
mehr Menschen ein Bewusstsein dafür haben, was<br />
Rassismus ist und wie dagegen eingetreten wer<strong>de</strong>n<br />
kann, <strong>de</strong>sto mehr wer<strong>de</strong>n sie es verbreiten. So entsteht<br />
Schritt für Schritt ein größeres Netzwerk. Auf<br />
einer Mikroebene können Machtstrukturen einer<br />
Pädagogische Dokumentation<br />
24<br />
an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Macht etabliert wer<strong>de</strong>n, die stärker auf<br />
Gerechtigkeit und Versöhnung aus ist. Und auf<br />
dieser Ebene sind solche Begegnungen für die Freiwilligen,<br />
die vielleicht später für eine ganz an<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />
Art von Gerechtigkeit eintreten, ganz wesentliche<br />
Grundmotive <strong><strong>de</strong>r</strong> Wirklichkeitserfahrung.<br />
GIZ: Wir haben uns vor dreieinhalb Jahren das erste<br />
Mal getroffen und über eine mögliche Zusammenarbeit<br />
gesprochen. Eure erste Reaktion war<br />
verhalten. Was hat Euch damals zögern lassen?<br />
Andreas Mann: Inhaltlich basierte die Skepsis auf<br />
zwei Punkten: Erstens auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Frage <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligkeit.<br />
Unsere Anti-Rassismus-Trainings basieren<br />
darauf, dass sich die Teilnehmen<strong>de</strong>n aus eigenem<br />
Wunsch <strong>mit</strong> Rassismus und ihrer weißen I<strong>de</strong>ntität<br />
auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzen. Für die Teilnehmen<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
<strong>weltwärt</strong>s-Seminare war es hingegen ein verpNichten<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Bestandteil ihres Seminarplans. Zweitens<br />
auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Frage <strong><strong>de</strong>r</strong> Länge <strong>de</strong>s Seminars und <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit<br />
für die Verarbeitung. Grundlagentrainings zu Rassismus<br />
dauern bei Phoenix drei Tage, bei Euch waren<br />
wir <strong>mit</strong> sieben Stun<strong>de</strong>n nur ein kleiner Teil im<br />
Seminarplan. Da die Zielsetzung jedoch darauf<br />
reduziert war, die Augen dafür zu öffnen, was<br />
Weißsein ist und wie es wirkt, hatten wir <strong>de</strong>n Eindruck,<br />
dies sei machbar. Wobei die Frage blieb, ob<br />
man ein Element unseres Trainings herausnehmen<br />
und in einen an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Kontext setzen kann.<br />
Austen P. Brandt: Zu<strong>de</strong>m war das Thema internationale<br />
Freiwilligendienste für Phoenix etwas ganz<br />
Neues. Zentral sind für uns jedoch immer <strong><strong>de</strong>r</strong> Kontakt<br />
und die Begegnung. Denn nur über die Begegnung<br />
wird Wirklichkeit geschaffen. Nach zahlreichen<br />
Telefonaten und Treffen waren wir überzeugt,<br />
dass die Zusammenarbeit interessant und<br />
gut sein kann.<br />
GIZ: Wie habt Ihr die Seminararbeit erlebt? Hat<br />
sich das <strong>Konzept</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> Praxis bewährt?<br />
Andreas Mann: Die Seminarteams hatten, wenn<br />
wir kamen, bereits eine vertrauensvolle Atmosphäre<br />
aufgebaut. Austen benutzt ja gerne das Bild vom<br />
Rafting. Steig ich jetzt in das Boot und fahr einfach<br />
mal los ohne zu wissen, wo ich lan<strong>de</strong>?
7<br />
„Wir versuchen eine<br />
Offenheit herzustellen<br />
für die Begegnung <strong>mit</strong><br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Wirklichkeit.“<br />
Wenn ich Vertrauen zu <strong>de</strong>n Leuten, die mich anleiten,<br />
habe, dann steige ich natürlich lieber in das<br />
Boot. Am Anfang gab es natürlich immer eine gewisse<br />
Vorsicht und<br />
auch Skepsis bei <strong>de</strong>n<br />
Teilnehmen<strong>de</strong>n, aber<br />
nicht mehr und nicht<br />
weniger als bei unseren<br />
Trainings auch. Wichtig<br />
war zu<strong>de</strong>m, dass unser Beitrag in ein größeres<br />
<strong>Konzept</strong> eingebettet war. Was wir gemacht haben,<br />
konnte in <strong>de</strong>n Län<strong><strong>de</strong>r</strong>arbeitsgruppen nachbearbeitet<br />
wer<strong>de</strong>n. Gera<strong>de</strong> wenn man mal eine Nacht<br />
darüber geschlafen hat, klingt noch einiges nach.<br />
Da war es wichtig, dass ihr quali:zierte Leute hattet,<br />
die da<strong>mit</strong> umgehen konnten.<br />
Austen P. Brandt: Zentral für das Gelingen <strong>de</strong>s<br />
<strong>Konzept</strong>es war die Quali:kation <strong><strong>de</strong>r</strong> Tutor/innen.<br />
Diese hatten wir ja im Vorfeld selbst weitergebil<strong>de</strong>t.<br />
Einige brachten auch bereits Erfahrung <strong>mit</strong>.<br />
Die haben <strong>mit</strong> viel Achtsamkeit und Behutsamkeit<br />
weitgehend einen sehr guten Rahmen für die Teilnehmen<strong>de</strong>n<br />
geschaffen, in <strong>de</strong>m Freiräume für Entwicklung<br />
möglich waren.<br />
GIZ: Wie seid Ihr bei <strong>de</strong>n Trainings vorgegangen?<br />
Andreas Mann: Grundlage eines je<strong>de</strong>n Trainings<br />
ist die Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschichte <strong>de</strong>s<br />
Rassismus, sowie <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> individuellen Prägung<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Teilnehmen<strong>de</strong>n, die gemeinsam <strong>mit</strong> ihnen<br />
erarbeitet wird.<br />
Austen P. Brandt: Wir glauben, dass zwischenmenschliche<br />
Kommunikation und Begegnung zu<br />
80 Prozent durch Unbewusstes beeinNusst sind.<br />
Dieses Unbewusste zu reNektieren und da<strong>mit</strong> umzugehen,<br />
ist unser Ziel. Wir versuchen <strong>de</strong>n Teilnehmen<strong>de</strong>n<br />
die Möglichkeit zu geben, ihre eigenen<br />
Bil<strong><strong>de</strong>r</strong> und Bewertungen in Bezug auf <strong>de</strong>n<br />
eigenen und <strong>de</strong>n globalen Kontext kennen zu lernen.<br />
Weg von unreNektierten zu mehr realistischen<br />
Vorstellungen zu kommen. Im Prinzip versuchen<br />
wir eine Offenheit herzustellen für die Begegnung<br />
<strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Wirklichkeit. Wir arbeiten daran,<br />
eine Flexibilität zu erhalten, da<strong>mit</strong> umzugehen.<br />
Dieser Prozess <strong><strong>de</strong>r</strong> inneren Transformation<br />
kann labile Charaktere zutiefst verunsichern.<br />
GIZ: Viele <strong><strong>de</strong>r</strong> Teilnehmen<strong>de</strong>n setzten sich ja auch<br />
auf <strong>de</strong>n Seminaren zum ersten Mal <strong>mit</strong> Rassismus<br />
und ihrer eigenen weißen I<strong>de</strong>ntität auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>.<br />
Das kann zu heftigen Emotionen und auch Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>stän<strong>de</strong>n<br />
führen. Wie geht ihr da<strong>mit</strong> um?<br />
Andreas Mann: Wichtig ist uns, dass wir nicht <strong>mit</strong><br />
Vorwürfen arbeiten. Bei uns geht es um Befreiung<br />
und Verantwortung, nicht um Schuld. Als Trainer<br />
zeigen wir, dass es eine Möglichkeit gibt, sich auf<br />
eine empowern<strong>de</strong> und humorvolle Art <strong>mit</strong> Rassismus<br />
auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong> zu setzen. Schon <strong>mit</strong> unserem<br />
Auftreten geben wir wichtige Signale. Die Teilnehmen<strong>de</strong>n<br />
nehmen wahr, dass wir gerne zu diesen<br />
Themen arbeiten und dass uns das Kraft gibt. Wir<br />
bauen ein positives Bild auf. Den meisten ist das<br />
dann auch erstmal Ermutigung genug.<br />
GIZ: Wie reagierten die Teilnehmen<strong>de</strong>n auf Euch<br />
und Eure Seminareinheit?<br />
Austen P. Brandt: Es gab einen Teil, <strong><strong>de</strong>r</strong> sehr interessiert<br />
war. Es gab Leute im <strong>mit</strong>tleren Feld, die es<br />
okay fan<strong>de</strong>n, und dann gab es noch eine kleine<br />
Gruppe, die sich sehr dagegen auNehnte. Wir können<br />
immer nur ein Angebot machen, in <strong><strong>de</strong>r</strong> Hoffnung,<br />
dass vielleicht 5-10 Prozent an <strong><strong>de</strong>r</strong> Thematik<br />
dran bleiben, es 60 Prozent in <strong><strong>de</strong>r</strong> einen o<strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />
Art hilft, <strong>de</strong>n Aufenthalt reNektierter zu gestalten.<br />
Es gibt aber sicher auch Teilnehmen<strong>de</strong>, die<br />
inhaltlich gar nichts <strong>mit</strong> uns anfangen können. Es<br />
gibt ja auch einen Teil, <strong><strong>de</strong>r</strong> das Konfrontativere<br />
liebt. Wichtig ist uns, dass sie sich bewusst da positionieren,<br />
wo sie sich positionieren möchten. Uns<br />
bei Phoenix ist es wichtig, Menschen die Möglichkeit<br />
zu geben, auch bei Anti-Rassismus und POC-<br />
Consciousness ihren eigenen Weg zu gehen.<br />
GIZ: Wir haben während unserer Zusammenarbeit<br />
häu:ger thematisiert, dass wir die Befürchtung<br />
haben, unsere pädagogische Arbeit sei zu sehr auf<br />
die Mehrheit <strong><strong>de</strong>r</strong> weißen Teilnehmen<strong>de</strong>n ausgerichtet<br />
und die POC-Teilnehmen<strong>de</strong>n kämen zu<br />
kurz. Wie ist hier Eure Einschätzung?<br />
25 <strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ
7<br />
Austen P. Brandt: Wir sind für eine reNektierte,<br />
achtsame und pädagogische Herangehensweise,<br />
da<strong>mit</strong> nicht aufs Neue Verletzungen entstehen.<br />
Wir halten es für wichtig, dass die POC während<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Einheit frei sind, sich selbst zu positionieren. Es<br />
gibt verschie<strong>de</strong>ne Phasen unseres Bewusstseins<br />
und auch unserer Bereitschaft, uns öffentlich zu<br />
positionieren. Das hat zu tun <strong>mit</strong> rassistischen Erfahrungen<br />
in <strong><strong>de</strong>r</strong> Gesellschaft und unseren verschie<strong>de</strong>nen<br />
Coping strategies. Aus eigener Erfahrung<br />
weiß ich, dass es schmerzhaft und verletzend<br />
sein kann, sich positionieren zu müssen, wenn eine<br />
innere Bereitschaft noch nicht da ist.<br />
Ich <strong>de</strong>nke, dass ein Teil <strong><strong>de</strong>r</strong> POC, die im Moment<br />
einen starken Fokus auf ihr POC-Sein legen, zu<br />
an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Programmen gehen, wie zur Initiative<br />
Schwarzer Menschen in Deutschland. Sie wür<strong>de</strong>n<br />
nicht das Format <strong>weltwärt</strong>s wählen. Ich habe auf<br />
<strong>de</strong>n Seminaren die verschie<strong>de</strong>nsten Dinge erlebt.<br />
Auf einem Seminar sind POC ganz tief eingestiegen,<br />
daneben gab es POC, die noch nicht in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
öffentlichen Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung <strong>mit</strong> ihrem POC-<br />
Sein waren. Deshalb bin ich dafür, ein sehr offenes<br />
Angebot zu machen und nicht die POC in eine Art<br />
von Rechtfertigungsposition zu stellen. Denn sonst<br />
wer<strong>de</strong>n POC interessanterweise von Weißen wie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
dazu gebracht: „Du muss Dich jetzt an diesem<br />
Punkt öffentlich selbst reNektieren“. Das funktioniert<br />
nicht. Es ist auch interessant, wenn Weiße<br />
dann eine Fürsorgehaltung gegenüber <strong>de</strong>n POC<br />
haben, das ist wie<strong><strong>de</strong>r</strong> eine neokoloniale Form <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Hilfe. In <strong>de</strong>m Moment, wo POC sich artikuliert,<br />
müssen wir da sein, und das waren wir auch. Da<br />
haben wir unsere Module im Kopf und können<br />
reagieren. Im Moment sind wir in Kontakt <strong>mit</strong> einigen<br />
POC, die durch unseren Beitrag ReNektionsanstöße<br />
bekommen haben und nach ihrem Auslandsaufenthalt<br />
nun Empowerment-Trainings bei<br />
uns machen möchten und dann bei Phoenix <strong>mit</strong>arbeiten,<br />
<strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Perspektive selber Trainer o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Trainerin zu wer<strong>de</strong>n.<br />
GIZ: Uns hat immer beeindruckt, dass Ihr allen<br />
Teilnehmen<strong>de</strong>n angeboten habt, sich bei Euch zu<br />
mel<strong>de</strong>n, falls es noch Re<strong>de</strong>bedarf gibt. Wur<strong>de</strong> das<br />
von <strong>de</strong>n Teilnehmen<strong>de</strong>n in Anspruch genommen?<br />
Pädagogische Dokumentation<br />
26<br />
Austen P. Brandt: Einige schicken mir ihre Rundbriefe<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> schreiben direkt. Von einigen Teilnehmen<strong>de</strong>n<br />
kriege ich die Rückmeldung, dass sie unsere<br />
Einheit sehr gut fan<strong>de</strong>n und sie ihnen hilft, die<br />
Situation vor Ort besser zu erkennen. Manche fragen,<br />
ob wir skypen könnten, um noch offene Fragen<br />
zu klären. Es gibt auch ein paar, die nach ihrer<br />
Rückkehr bei Phoenix <strong>mit</strong>machen möchten. Eine<br />
POC hat mir in einem berühren<strong>de</strong>n Brief geschrieben,<br />
dass ihr eigentlich dieser Tag die Augen geöffnet<br />
hat und sie einen neuen Bezug zu ihrer POC-<br />
Wirklichkeit in Deutschland gewonnen hat. Es gibt<br />
auch Teilnehmen<strong>de</strong>, die uns in <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorbereitung<br />
kennen gelernt haben und uns nach ihrer Rückkehr<br />
für Trainings anfragen. So haben wir für einige<br />
Gruppen (WinD-Gruppe in Hamburg) bereits einige<br />
Trainings durchgeführt. Da ist einiges passiert.<br />
GIZ: Gibt es etwas, dass Ihr <strong>de</strong>m <strong>weltwärt</strong>s-<br />
Programm empfehlen wür<strong>de</strong>t?<br />
Austen P. Brandt: Es gibt sicherlich einen Teil von<br />
Teilnehmen<strong>de</strong>n, die vor Ort nicht nur gute Impulse<br />
geben. Dann ist die Frage, wie stark <strong><strong>de</strong>r</strong> Kontext im<br />
Globalen Sü<strong>de</strong>n ist und wer da<strong>mit</strong> umgehen kann.<br />
Dafür wäre es zentral, die Leute, die im Globalen<br />
Sü<strong>de</strong>n die Freiwilligen begleiten, auszubil<strong>de</strong>n. Da<br />
müsste eigentlich ein ähnlicher Bewusstseinsprozess<br />
statt:n<strong>de</strong>n wie in <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorbereitung. Dafür<br />
müsste man Prozesse in verschie<strong>de</strong>nen Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />
starten und <strong>mit</strong> empowern<strong>de</strong>n Schritten verbin<strong>de</strong>n.<br />
Denn wenn ein Überheblicher o<strong><strong>de</strong>r</strong> eine Unfähige<br />
aus <strong>de</strong>m Westen kommt, können sie Unheil anrichten.<br />
In <strong>de</strong>m Moment, wo ich POC-Begleiten<strong>de</strong> in<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Struktur habe, die das erkennen, können sie<br />
diese Teilnehmen<strong>de</strong>n coachen o<strong><strong>de</strong>r</strong> sie auch gegebenenfalls<br />
von ihren Aufgaben entbin<strong>de</strong>n. Das<br />
wür<strong>de</strong> ich zu einem wichtigen Punkt einer weiteren<br />
Planung machen. Es ist schwierig, aber ich glaube,<br />
das könnte wirklich neue Impulse setzen und neue<br />
Ebenen <strong><strong>de</strong>r</strong> Gerechtigkeit bil<strong>de</strong>n.<br />
GIZ: Wir danken Euch für das Gespräch und die<br />
sehr bereichern<strong>de</strong> Zusammenarbeit!
Formate und Strukturen am Beispiel <strong>de</strong>s <strong>weltwärt</strong>s-Programms auf <strong>de</strong>n Philippinen<br />
8<br />
ie Gestaltung <strong><strong>de</strong>r</strong> pädagogischen Begleitung<br />
D in <strong>de</strong>n Einsatzlän<strong><strong>de</strong>r</strong>n beinhaltet verschie<strong>de</strong>ne<br />
Versatzstücke, die die Freiwilligen in ihrem<br />
Lernprozess begleiten. Hier können vielfältige und<br />
kontinuierliche Angebote optimal an die individuellen<br />
Lernbedürfnisse <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen anschließen.<br />
Seminare, individuelles Coaching, Berichte o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
monatliche Austauschtreffen ermöglichen es <strong>de</strong>n<br />
Freiwilligen immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> ihren Lernprozess zu<br />
reNektieren und da<strong>mit</strong> unbewusste Erfahrungen in<br />
Erkenntnisse zu transferieren. Darauf aufbauend<br />
können mögliche Handlungskompetenzen entwickelt<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Bei <strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ lag die Ausgestaltung<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> pädagogischen Begleitung vor Ort maßgeblich<br />
in <strong><strong>de</strong>r</strong> Verantwortung <strong><strong>de</strong>r</strong> Län<strong><strong>de</strong>r</strong>büros. Die Ansprechpartner/innen<br />
konnten so die <strong>Konzept</strong>e<br />
bestmöglich auf <strong>de</strong>n jeweiligen Bedarf anpassen<br />
und eigene Schwerpunkte setzen. Im Folgen<strong>de</strong>n<br />
wird das pädagogische <strong>Konzept</strong> <strong>de</strong>s Län<strong><strong>de</strong>r</strong>büros<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Philippinen exemplarisch vorgestellt.<br />
„In meinem <strong>weltwärt</strong>s Jahr habe ich mehr gelernt<br />
als in <strong><strong>de</strong>r</strong> gesamten gymnasialen Oberstufe” —<br />
solche Kommentare waren in unseren Endseminaren<br />
oft zu hören. Die Erfahrungen, die die Freiwilligen<br />
machten und die Einsichten, die sie gewannen<br />
prägen nachhaltig.<br />
Pädagogisches <strong>Konzept</strong><br />
Die Freiwilligen kamen auf <strong>de</strong>n Philippinen gut<br />
informiert und sensibilisiert für entwicklungspolitisch<br />
relevante Themen wie Rassismus, Kulturschock,<br />
Gen<strong><strong>de</strong>r</strong>, kultursensibler Umgang <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
lokalen Bevölkerung, aber auch <strong>mit</strong> vielen (Selbst-)<br />
Zweifeln, Unsicherheiten und Ängsten an. Eine<br />
Umfrage beim Einführungsseminar <strong><strong>de</strong>r</strong> letzten<br />
Freiwilligengruppe hat ergeben, dass drei Viertel<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen Ängste vor Überfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen hatten.<br />
Das Großstadtleben in Manila, die Erwartungen<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Partnerorganisationen und die ungewohnten<br />
Lebensumstän<strong>de</strong> gehörten zu <strong>de</strong>n meist genannten<br />
Grün<strong>de</strong>n. Zu<strong>de</strong>m brachten die Freiwilligen<br />
verschie<strong>de</strong>nste individuelle Lebensgeschichten<br />
<strong>mit</strong>, die auf das Lernen im Partnerland einen<br />
großen EinNuss hatten. Nicht selten tauchten,<br />
ausgelöst durch die für sie frem<strong>de</strong>n Lebens- und<br />
Arbeitsbedingungen, familiäre Altlasten auf, die<br />
beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s in Phasen <strong><strong>de</strong>r</strong> Unsicherheit, Unter- o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Überfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung und <strong>de</strong>s sich Fremdfühlens aufbrachen.<br />
Für Betreuer/innen auf <strong>de</strong>n Philippinen war<br />
die Basis für eine<br />
„Die Basis war eine vertrauensvolle,<br />
authentische und<br />
verlässliche Beziehung zu <strong>de</strong>n<br />
Freiwilligen.“<br />
pädagogische Zusammenarbeit<br />
vor<br />
Ort eine, in <strong><strong>de</strong>r</strong> sie<br />
versuchten, auf<br />
individuelle und<br />
gruppenspezi:sche Bedürfnisse einzugehen. Unterstützen<strong>de</strong><br />
Elemente <strong>de</strong>s pädagogischen <strong>Konzept</strong>s<br />
waren <strong><strong>de</strong>r</strong> Verhaltensko<strong>de</strong>x, die Seminare,<br />
regelmäßige Besuche vor Ort, die Mentor/innen<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Partnerorganisationen, monatliche strukturierte<br />
Freiwilligentreffen und eine beruNiche bzw. entwicklungspolitische<br />
Orientierung.<br />
Der Verhaltensko<strong>de</strong>x<br />
Während <strong>de</strong>s ersten <strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong>de</strong>m DED - Jahres<br />
auf <strong>de</strong>n Philippinen 2008/ 2009 wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Bedarf<br />
erkannt, einen Verhaltensko<strong>de</strong>x für die Freiwilligen<br />
zu entwickeln. Dieser wur<strong>de</strong> mehrfach<br />
modi:ziert und war für die Freiwilligen seit 2009<br />
verbindlich. Er setzte einen Rahmen und diente als<br />
Orientierung für ein kultursensibles und angemessenes<br />
Verhalten auf <strong>de</strong>n Philippinen, insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />
im Arbeitskontext. Da die wenigsten Freiwilligen<br />
Erfahrungen im Berufsleben hatten, waren Hinweise<br />
auf feste Arbeitszeiten, Urlaubsanträge, Krankmeldungen<br />
und angemessene Kleidung notwendig.<br />
Alle Partnerorganisationen waren über <strong>de</strong>n Verhaltensko<strong>de</strong>x<br />
informiert und er wur<strong>de</strong> übereinstimmend<br />
begrüßt. Er setzte Grenzen und bil<strong>de</strong>te bei<br />
Nichteinhaltung und Fehlverhalten die Grundlage<br />
für mögliche Konsequenzen.<br />
Die Seminare<br />
Das gegenseitige Kennenlernen von Freiwilligen<br />
und GIZ-Ansprechpartner/innen und die lan<strong>de</strong>spezi:sche,<br />
kulturelle Einführung bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Ankunft<br />
waren ein wichtiger Schlüssel zu einem erfolgreichen<br />
<strong>weltwärt</strong>s-Jahr.<br />
27 <strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ
8<br />
Dazu gehörten Module wie <strong><strong>de</strong>r</strong> Sprachkurs, eine<br />
historische Stadtführung, die administrativen Vorgaben,<br />
aber auch das Kennenlernen <strong>de</strong>s GIZ-<br />
Portfolios <strong><strong>de</strong>r</strong> Philippinen und <strong><strong>de</strong>r</strong> Mitarbeiter/<br />
innen. Hier nahm auf <strong>de</strong>n Philippinen z.B. die Sicherheitsbeauftragte<br />
eine zentrale Rolle ein, die<br />
auf drohen<strong>de</strong> Naturkatastrophen und an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Sicherheitsrisiken<br />
im Land aufmerksam machte. Die<br />
Freiwilligen wussten, dass sie sich in Notfällen<br />
„Den Freiwilligen wur<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>utlich gemacht, dass es<br />
eine Außenstruktur <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ<br />
gibt, <strong><strong>de</strong>r</strong> sie angehören.“<br />
immer an sie wen<strong>de</strong>n<br />
konnten und<br />
zu<strong>de</strong>m ein Notfalltelefon<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ auf<br />
<strong>de</strong>n Philippinen existiert.<br />
Dadurch wur<strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>n Freiwilligen im Einführungsseminar <strong>de</strong>utlich<br />
gemacht, dass es eine Außenstruktur <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ<br />
auf <strong>de</strong>n Philippinen gibt, <strong><strong>de</strong>r</strong> sie angehörten.<br />
Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Gestaltung von Zwischen- und Endseminaren<br />
wur<strong>de</strong> über die Jahre zunehmend auf die Interessen<br />
und Wünsche <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen eingegangen.<br />
Mit <strong>de</strong>n Vertreter/innen <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>weltwärt</strong>s Freiwilligen,<br />
die im Einführungsseminar gewählt wur<strong>de</strong>n,<br />
wur<strong>de</strong>n Themen i<strong>de</strong>nti:ziert und Seminarprogramme<br />
entwickelt, die bei <strong>de</strong>n Bedürfnissen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Freiwilligen ansetzten und Raum für Erfahrungsaustausch<br />
und SelbstreNektion gaben.<br />
Regelmäßige Besuche<br />
Nach<strong>de</strong>m die Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>weltwärt</strong>s Freiwilligen auf<br />
<strong>de</strong>n Philippinen von 2008 auf 2009 von 20 auf 47<br />
Freiwillige angestiegen war, ging es darum, bessere<br />
Strukturen für die pädagogische Arbeit zu schaffen.<br />
Der Kontakt zwischen Betreuer/innen und<br />
Freiwilligen, <strong><strong>de</strong>r</strong> vorher vorwiegend über SMS,<br />
Handy und E-Mail erfolgte, erwies sich als nicht<br />
ausreichend. Abhilfe wur<strong>de</strong> z.B. dadurch geschaffen,<br />
dass ein Ansprechpartner nach Bacolod in das<br />
dort existieren<strong>de</strong> GIZ Büro umzog, wo auch die<br />
meisten Freiwilligen auf Negros eingesetzt waren.<br />
Die erhöhte Präsenz und Erreichbarkeit hatten<br />
einen sehr positiven EinNuss auf die Zusammenarbeit.<br />
Gera<strong>de</strong> durch die persönliche Begegnung<br />
konnten frühzeitig Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen im Verhalten<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> äußeren Erscheinungsbild<br />
wahrgenommen wer<strong>de</strong>n, die auf eine Krankheit<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> eine Belastungsstörung hinwiesen. Die größere<br />
Nähe zwischen Betreuer/innen und Freiwilligen<br />
ermöglichte, wenn nötig, eine zeitnahe Intervention.<br />
Auch wur<strong>de</strong>n vier bis sechs persönliche Besuche<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Ansprechpartner/innen bei <strong>de</strong>n Freiwilligen<br />
im Jahr in ihren Partnerorganisationen vor Ort<br />
vereinbart. Die Besuche umfassten <strong>de</strong>n Erfahrungsaustausch<br />
<strong>mit</strong> <strong>de</strong>n Freiwilligen, das Kennenlernen<br />
ihres Arbeits- und Lebensumfel<strong>de</strong>s und die<br />
Möglichkeit eines Coachings hinsichtlich herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Situationen.<br />
Mentor/innen <strong><strong>de</strong>r</strong> Partnerorganisationen<br />
Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> pädagogischen Betreuung <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen<br />
spielten die Mentor/innen in <strong>de</strong>n Partnerorganisationen<br />
eine tragen<strong>de</strong> Rolle, da sie die Freiwilligen<br />
direkt vor Ort im Arbeitskontext erlebten. Die Gespräche<br />
und <strong><strong>de</strong>r</strong> Austausch <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen <strong>mit</strong> <strong>de</strong>n<br />
philippinischen Mentor/innen trugen zu einem<br />
umfassen<strong><strong>de</strong>r</strong>en Bild aus an<strong><strong>de</strong>r</strong>er kultureller Perspektive<br />
bei. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s Mentor/innen <strong>mit</strong> Erfahrungen<br />
im Umgang <strong>mit</strong> <strong>de</strong>utschen Freiwilligen<br />
verstan<strong>de</strong>n es, gera<strong>de</strong> in konNiktiven Situationen<br />
zu entschärfen und Verständnis für bei<strong>de</strong> Seiten zu<br />
wecken.<br />
Monatliche Freiwilligentreffen<br />
Seit September 2010 gab es für alle Freiwilligen in<br />
und um Manila regelmäßige monatliche Treffen,<br />
die meist im GIZ Büro stattfan<strong>de</strong>n und da<strong>mit</strong> einen<br />
Arbeitsrahmen <strong>mit</strong> einer gesetzten Agenda hatten.<br />
Für die Freiwilligen be<strong>de</strong>uteten die Treffen Struktur<br />
im <strong>weltwärt</strong>s Jahr und eine Plattform, um Erfahrungen,<br />
Be:ndlichkeiten und Informationen<br />
auszutauschen und zu reNektieren, auf schwelen<strong>de</strong><br />
KonNikte, Über- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Unterfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen hinzuweisen<br />
und sich die Ziele <strong>de</strong>s Programms immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
zu vergegenwärtigen. Die persönlichen Begegnungen<br />
einmal im Monat <strong>mit</strong> <strong>de</strong>n Freiwilligen<br />
dienten auch als Frühwarnsystem für Krisen o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
KonNikte. Von <strong>de</strong>m Angebot im Anschluss individuelle<br />
Gespräche zu führen, machten viele Freiwillige<br />
Gebrauch, um Themen wie Selbstzweifel o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
psychische Belastungen anzusprechen.<br />
Pädagogische Dokumentation<br />
28
8<br />
„Monatliche Treffen dienten<br />
auch als Frühwarnsystem für<br />
Krisen o<strong><strong>de</strong>r</strong> Kon*ikte.“<br />
Manchmal wur<strong>de</strong>n auch Gesprächseinladungen an<br />
Freiwillige ausgesprochen, insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e wenn<br />
sich Freiwillige ausschließlich negativ über ihre<br />
Arbeit äußerten, sich Frustrationen wegen Untero<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Überfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />
breit machten<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> Beziehungsstress<br />
bestand. Die<br />
Partnerorganisationen<br />
wur<strong>de</strong>n monatlich über die Treffen und ihre<br />
Inhalte informiert und stellten die Freiwilligen<br />
dafür frei. Sie nahmen die Treffen als Entlastung in<br />
ihrer Verantwortung wahr und begrüßten die enge<br />
Betreuungsstruktur.<br />
Beru*iche und entwicklungspolitische<br />
Orientierung<br />
Dem verstärkten Interesse an entwicklungspolitischen,<br />
wirtschaftlichen und lan<strong>de</strong>spolitischen<br />
Themen wur<strong>de</strong> zunehmend bei Zwischenseminaren<br />
und Freiwilligentreffen Rechnung getragen,<br />
in<strong>de</strong>m GIZ-Kolleg/innen, sowie Gäste aus Verbän<strong>de</strong>n<br />
und Stiftungen eingela<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>n.<br />
und Freu<strong>de</strong> an <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeit ermöglichen. Für uns als<br />
betreuen<strong>de</strong> Pädagog/innen be<strong>de</strong>utete das, die<br />
Handlungs- und Kommunikationskompetenz <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Freiwilligen zu erhalten und zu för<strong><strong>de</strong>r</strong>n, und sie auf<br />
diesem über Höhen und durch Tiefen führen<strong>de</strong>n<br />
Weg zu begleiten. Erlebtes zu hinterfragen und<br />
an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Zuordnungsansätze aufzuzeigen, zu ermutigen<br />
und Beiträge einzufor<strong><strong>de</strong>r</strong>n, gehörte dabei zu<br />
<strong>de</strong>n anspruchsvollen Aufgaben <strong><strong>de</strong>r</strong> Ansprechpartner/innen.<br />
Im Endseminar äußerten die Freiwilligen, sie hätten<br />
auf verschie<strong>de</strong>nsten Ebenen viel in diesem Jahr<br />
gelernt und über sich erfahren. Nicht nur ihre Berichte<br />
zeugen von einem persönlichen Reifungsprozess,<br />
auch ihr Verhalten und Auftreten zeigt<br />
eine Zunahme an Selbstvertrauen und realistischem<br />
Engagement.<br />
Der entwicklungspolitische Bezug <strong>de</strong>s Programms<br />
und da<strong>mit</strong> auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Bezug zur GIZ konnte in <strong>de</strong>n<br />
letzten Jahren intensiviert wer<strong>de</strong>n. Die Freiwilligen<br />
hatten bei Zwischenseminaren o<strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligentreffen<br />
die Möglichkeit, Programme kennenzulernen<br />
und ganz persönlich Mitarbeiter/innen zu<br />
befragen.<br />
Darüber hinaus wur<strong>de</strong> auf Zwischenseminaren die<br />
Möglichkeit geschaffen entwicklungspolitisch<br />
interessante Initiativen und Organisationen, wie<br />
das International Rice Research Institut zu besuchen.<br />
Auch die monatlichen Freiwilligentreffen<br />
wur<strong>de</strong>n für politische Weiterbildungen genutzt,<br />
wie ein Vortrag zur politischen Entwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Philippinen von 2010 bis 2013 unter Präsi<strong>de</strong>nt<br />
Benigno Aquino durch <strong>de</strong>n Vertreter <strong><strong>de</strong>r</strong> Konrad<br />
A<strong>de</strong>nauer Stiftung Manila.<br />
Schlussbetrachtung<br />
Die pädagogische Begleitung im <strong>weltwärt</strong>s Jahr<br />
soll menschliches Reifen, Perspektivwechsel- und<br />
erweiterung, Lernen im interkulturellen Kontext<br />
29 <strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ
9 Voller Einsatz vor Ort: Begleitungsteams während <strong>de</strong>s <strong>weltwärt</strong>s-Jahres<br />
ie Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen an die Betreuung <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen<br />
als auch an ihr Umfeld sind sehr<br />
D<br />
vielfältig. Das mögliche Spektrum reicht von persönlichen<br />
Krisen über KonNikte <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Partnerorganisation<br />
bis hin zu einer generellen Überfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen am Einsatzplatz o<strong><strong>de</strong>r</strong> durch<br />
<strong>de</strong>n Einsatzort, die bis zu einem Abbruch führen<br />
können. Auch das Umfeld steht vor vielfältigen<br />
Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen, die sich durch <strong>de</strong>n Aufenthalt<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen auftun. Um einen positiven Erfahrungs-<br />
und Lernerfolg in dieser intensiven gemeinsamen<br />
Zeit zu unterstützen, hat die GIZ eine intensive<br />
Begleitstruktur vor Ort aufgebaut, die die<br />
Partnerorganisationen entlasten konnte und <strong>de</strong>n<br />
Freiwilligen hilfreiche Ansprechpartner/innen bot.<br />
Aspekte <strong><strong>de</strong>r</strong> Begleitung<br />
Die Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen können äußerer Natur<br />
sein, wenn die Freiwilligen sich ihrem Aufgabenfeld<br />
in <strong><strong>de</strong>r</strong> Partnerorganisation nicht gewachsen<br />
sehen o<strong><strong>de</strong>r</strong> Schwierigkeiten haben, ihr Verhalten<br />
an das kulturelle<br />
„Um einen Lernerfolg zu<br />
gewährleisten, hat die GIZ<br />
eine intensive Begleitung<br />
aufgebaut, die Partnerorganisationen<br />
entlastete<br />
und hilfreicher<br />
Ansprechpartner war.“<br />
Umfeld anzupassen.<br />
Zu<strong>de</strong>m wer<strong>de</strong>n die<br />
jungen Menschen<br />
vor Ort oft <strong>mit</strong> Realitäten<br />
und Perspektiven<br />
konfrontiert, die<br />
die Selbstverständlichkeit<br />
ihres bisherigen<br />
Weltbilds und auch ihres Selbstkonzepts<br />
grundlegend in Frage stellen. Dies kann zu massiven<br />
Desorientierungen und Verunsicherungen führen,<br />
die von <strong>de</strong>n Betroffenen nicht unbedingt<br />
gleich als solche erkannt wer<strong>de</strong>n. Häu:g führen<br />
diese Erfahrungen nicht zu einer konstruktiven<br />
Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung son<strong><strong>de</strong>r</strong>n zu einem inneren<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> äußeren Rückzug <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen. Neben <strong>de</strong>n<br />
Krisen, die durch Umstän<strong>de</strong> vor Ort ausgelöst wer<strong>de</strong>n<br />
können, ist häu:g zu beobachten, dass im<br />
Auslandsaufenthalt Themen aufkommen, die die<br />
Freiwilligen aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit vorher als Probleme <strong>mit</strong>bringen.<br />
Diese können zu beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s intensiven<br />
Krisen führen. Eine Vertrauensperson vor Ort, die<br />
diese Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungsprozesse wahrnimmt, kann<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong>/<strong>de</strong>m Freiwilligen unterstützend zur Seite stehen.<br />
Diese Begleitperson muss dafür nah genug am<br />
Freiwilligen sein um die Situation zu bemerken und<br />
einordnen zu können. Zu<strong>de</strong>m sollte sie über die<br />
Zeit verfügen, <strong><strong>de</strong>r</strong>/<strong>de</strong>m Freiwilligen aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Krise<br />
zu helfen, Halt zu geben und sie/ihn zu ermutigen,<br />
neue Handlungsweisen auszuprobieren und zu<br />
reNektieren.<br />
Nicht nur für die Freiwilligen, auch für ihr lokales<br />
Umfeld stellt ihr Aufenthalt eine große Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />
dar. Um auch hier vorzubeugen, dass es zu<br />
Überfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen und Abweisung <strong>de</strong>n Freiwilligen<br />
gegenüber kommt, ist es wichtig, dass aufkommen<strong>de</strong><br />
KonNikte frühzeitig erkannt wer<strong>de</strong>n.<br />
Die Aufgaben <strong><strong>de</strong>r</strong> Partnerorganisationen sind bereits<br />
sehr vielfältig. Sie müssen nicht nur eine neue<br />
Person in ihren Arbeitsablauf integrieren, vor allem<br />
stehen sie immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> vor interkulturellen Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen.<br />
Sei es durch ein an<strong><strong>de</strong>r</strong>es Hierarchieverständnis,<br />
das die Freiwilligen <strong>mit</strong>bringen<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> durch Alltagsverhalten <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen, das zu<br />
Irritationen führt. Gleiches gilt für Situationen in<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Gastfamilie bzw. <strong>de</strong>m Wohnumfeld <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen.<br />
Diese Irritationen zu erkennen und zu<br />
bearbeiten, kann durch Ansprechpartner/innen vor<br />
Ort, die in diesem Bereich sensibilisiert sind, maßgeblich<br />
unterstützt wer<strong>de</strong>n.<br />
GIZ-Begleitstrukturen vor Ort<br />
Die GIZ hat die pädagogische Begleitung vor Ort<br />
<strong>de</strong>n jeweiligen Gegebenheiten vor Ort angepasst.<br />
Durch die vorhan<strong>de</strong>nen Bürostrukturen <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ in<br />
allen Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n, in die sie <strong>weltwärt</strong>s Freiwillige entsandte,<br />
war ein Kristallisationspunkt gegeben, von<br />
<strong>de</strong>m aus über <strong>weltwärt</strong>s-Ansprechpartner/innen<br />
regionale und lokale Begleitstrukturen aufgebaut<br />
und gepNegt wur<strong>de</strong>n. Ausgehend von <strong>de</strong>n Teilnehmen<strong>de</strong>nzahlen<br />
und <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ-Struktur im Land wur<strong>de</strong>n<br />
die Begleitteams unter Berücksichtigung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
räumlichen, personellen aber auch kulturellen Gegebenheiten<br />
vor Ort so zusammengestellt, dass<br />
sich eine möglichst optimale Ansprechpartnerstruktur<br />
für je<strong>de</strong>/n Freiwilligen und je<strong>de</strong> Partnerorganisation<br />
ergab. In <strong><strong>de</strong>r</strong> großen Vielfalt <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
konkreten Ausprägungen lassen sich<br />
Pädagogische Dokumentation<br />
30
9<br />
drei Rollen im Begleitteam ausmachen, die sich<br />
lan<strong>de</strong>sspezi:sch auf verschie<strong>de</strong>ne Personen verteilten:<br />
eine Mentoringperson in <strong><strong>de</strong>r</strong> Partnerorganisation,<br />
eine Ansprechpartner/in <strong><strong>de</strong>r</strong> Entsen<strong>de</strong>organisation<br />
vor Ort und eine Person zur persönlichen<br />
Unterstützung im Falle persönlicher Krisen.<br />
Zunächst gab es ein/e Ansprechpartner/in in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Partnerorganisation. Sie unterstützte bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Klärung<br />
von Aufgaben und <strong><strong>de</strong>r</strong> Einarbeitung am Einsatzplatz<br />
und half bei <strong><strong>de</strong>r</strong> sozialen Einglie<strong><strong>de</strong>r</strong>ung in<br />
das Arbeitsumfeld.<br />
„Auf Grund <strong><strong>de</strong>r</strong> fehlen<strong>de</strong>n<br />
Arbeitserfahrung <strong><strong>de</strong>r</strong> jungen<br />
Freiwilligen kam es<br />
oftmals zu Unzufrie<strong>de</strong>nheit<br />
und Kon*ikten.“<br />
Sie war für die Freiwilligen<br />
die erste<br />
Anlaufstelle in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Partnerorganisation<br />
und konnte bei alltäglichen<br />
Arbeitssituationen<br />
unterstützen. Auf Grund <strong><strong>de</strong>r</strong> fehlen<strong>de</strong>n<br />
Arbeitserfahrung <strong><strong>de</strong>r</strong> jungen Freiwilligen kam es<br />
oftmals zu Unzufrie<strong>de</strong>nheit und KonNikten auf<br />
allen Seiten. Hier konnte die Ansprechpartner/in<br />
gera<strong>de</strong> bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Klärung falscher Erwartungen<br />
durch Gesprächsangebote für die Ausräumung von<br />
Unstimmigkeiten sorgen.<br />
Um die Partnerorganisationen zu entlasten integrierte<br />
die GIZ eine weitere Rolle in das Begleitteam,<br />
die über die Vorgaben <strong>de</strong>s BMZ hinausging.<br />
Für je<strong>de</strong>/n Freiwillige/n wur<strong>de</strong> eine von <strong><strong>de</strong>r</strong> Partnerorganisation<br />
unabhängige Kontaktperson gefun<strong>de</strong>n,<br />
die von außen ver<strong>mit</strong>telnd auftreten<br />
konnte, wenn es KonNikte am Einsatzplatz gab,<br />
die innerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong> Organisation nicht gelöst wer<strong>de</strong>n<br />
konnten. Sie konnte als Vertrauensperson in<br />
Son<strong><strong>de</strong>r</strong>situationen fungieren, beispielsweise in<br />
<strong>de</strong>m sie persönliche Überfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen<br />
erkannten. Diese Person konnte für eine bestimmte<br />
Region <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s zuständig sein und<br />
lokale Kenntnisse ver<strong>mit</strong>teln. Ihr Hauptaugenmerk<br />
lag auf <strong><strong>de</strong>r</strong> sozialen Integration <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen in<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Partnerorganisation sowie am Wohnort. In<br />
ihrer Funktion ver<strong>mit</strong>telte sie beispielsweise in<br />
KonNikten zwischen Freiwilligen, Vermieter/innen<br />
und Nachbar/innen. Hier war ihre Aufgabe, das<br />
gegenseitige Verständnis zu erhöhen und zu Kon-<br />
Niktlösungen beizutragen.<br />
Die Hauptanfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung an ihre Quali:kation war<br />
interkulturelle und kommunikative Kompetenz.<br />
Durch ihre Position konnte sie sich allparteilich in<br />
schwierige Situationen einbringen und für ein gegenseitiges<br />
Verständnis werben.<br />
Ansprechpartner für alle Fragen<br />
Darüber hinaus übernahmen auch die Ansprechpartner/innen<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ einen zentralen Part in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
persönlichen Begleitung <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen. Zu ihren<br />
Aufgaben gehörte es sowohl in Ausnahmesituationen<br />
und Notfällen einzugreifen, als auch <strong>de</strong>n großen<br />
Kontext herzustellen und die Freiwilligen<br />
durch ReNektionsseminare in ihren Lernprozessen<br />
zu begleiten. Das Team wur<strong>de</strong> also vervollständigt<br />
durch eine lan<strong>de</strong>sweit koordinieren<strong>de</strong> Person, die<br />
auf <strong>de</strong>n Programmrahmen achtete und grundlegen<strong>de</strong><br />
Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen gemäß <strong><strong>de</strong>r</strong> Rahmenbedingungen<br />
<strong>de</strong>s Programms umsetzte (Projektwechsel,<br />
Wohnungswechsel, medizinische Rückführungen,<br />
Abbrüche). Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Programmverantwortung im<br />
Land einher ging die die Gewährleistung <strong><strong>de</strong>r</strong> administrative<br />
Programmentwicklung, sowie <strong><strong>de</strong>r</strong> Planung<br />
und Durchführung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ankunfts-, Zwischenund<br />
Endseminare für die Freiwilligen.<br />
Die Ansprechpartner/innen trugen Sorge dafür,<br />
dass die Rollen in <strong>de</strong>n Begleitteams besetzt wur<strong>de</strong>n<br />
und unterstützte bei KonNikten. Es bewährte<br />
sich, dass die Ansprechpartner/innen alle Freiwilligen<br />
circa zwei Monate nach Einreise in ihren Einsatzplätzen<br />
besuchten, Gespräche <strong>mit</strong> allen relevanten<br />
Akteuren führten und so einen guten Überblick<br />
über die <strong>weltwärt</strong>s-Situation im Land gewannen.<br />
Diese Besuche wur<strong>de</strong>n im I<strong>de</strong>alfall im Verlaufe<br />
<strong>de</strong>s Jahres alle drei Monate wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holt. Auf diese<br />
Weise erhielten sie einen guten und kontinuierlichen<br />
Einblick in die Arbeit sowohl <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen<br />
als auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Partnerorganisationen und waren über<br />
aufkommen<strong>de</strong> Schwierigkeiten frühzeitig informiert.<br />
31 <strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ
9<br />
Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen und Empfehlungen<br />
Da sich ein großer Teil <strong><strong>de</strong>r</strong> Aufgaben im Kontext<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> interkulturellen KonNiktbearbeitung bewegt,<br />
ist eine interkulturelle Zusammensetzung <strong>de</strong>s Begleitteams<br />
optimal.<br />
„Die pädagogische Begleitung<br />
muss sehr gezielt auf diese<br />
Altersphase und Umstän<strong>de</strong><br />
abgestimmt sein, und gleichzeitig<br />
im Auge behalten,<br />
dass genügend unbegleitete<br />
Freiräume bestehen bleiben.“<br />
So wird sichergestellt, dass mehrdimensional über<br />
Lösungswege nachgedacht wird und alle KonNiktparteien<br />
vertreten sind. Ebenso wichtig ist, dass<br />
alle Beteiligten, die Freiwilligen, wie auch die Mitarbeiten<strong>de</strong>n<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Partner- und<br />
Entsen<strong>de</strong>organisation<br />
durch das<br />
<strong>weltwärt</strong>s-<br />
Programm in<br />
einen gemeinsamen<br />
Lernprozess<br />
eingetreten sind.<br />
Diese Haltung als Lernen<strong>de</strong> auf allen Seiten ermöglicht<br />
eine gegenseitige Offenheit und die Flexibilität,<br />
Neues auszuprobieren und aus möglichen<br />
Fehlern zu lernen.<br />
Die pädagogische Begleitung muss sehr gezielt auf<br />
diese Altersphase und Umstän<strong>de</strong> abgestimmt sein,<br />
und gleichzeitig im Auge behalten, dass genügend<br />
unbegleitete Freiräume bestehen bleiben, also<br />
nicht unintendiert durch Überbehütung zur Lernprozesse<br />
verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>t wer<strong>de</strong>n. Gleichzeitig ist <strong>weltwärt</strong>s<br />
für das Umfeld <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen vor Ort —<br />
vom Vorgesetzten bis zum Wohnumfeld — eine<br />
Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung, auf die dieses in <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel nicht<br />
vorbereitet wird. Eine gute Begleitung vor Ort, die<br />
sowohl die Belange <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen als auch die<br />
Bedürfnisse <strong>de</strong>s Umfelds im Blick hat und bei auftreten<strong>de</strong>n<br />
Belastungen <strong>mit</strong> <strong>de</strong>n Betroffenen arbeitet,<br />
kann bei KonNikten unterstützend eingreifen<br />
und die vielfältigen Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen aller Beteiligten<br />
positiv transformieren. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s diese<br />
Rücksichtnahme auf Bedürfnisse und Kapazitäten<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Partnerorganisationen tragen zum Erfolg <strong>de</strong>s<br />
<strong>weltwärt</strong>s-Programms bei.<br />
<strong>weltwärt</strong>s-Freiwillige be:n<strong>de</strong>n sich als junge Erwachsene<br />
in einer Lebensphase, die in vielerlei<br />
Hinsicht prägend und for<strong><strong>de</strong>r</strong>nd ist: I<strong>de</strong>ntitätssuche,<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Auszug aus <strong>de</strong>m Elternhaus und die<br />
(Weiter-) Erprobung <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbstständigkeit. Durch<br />
ihren Freiwilligendienst setzen sie sich einer neuen<br />
Erfahrungswelt aus, die sie vor vielfältige, oft unerwartete<br />
Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen stellt.<br />
Pädagogische Dokumentation<br />
32
Räume für Austausch und Re*ektion: Das Einführungs-, Zwischen und Endseminar<br />
m Ausland tauchen die Freiwilligen in ein für<br />
I sie völlig neues Umfeld ein. Sie erfahren direkt<br />
was es be<strong>de</strong>utet in einem Land <strong>mit</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Regeln,<br />
Strukturen und Gewohnheiten zu leben, machen<br />
erste Erfahrungen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeit in festen<br />
Strukturen, machen zahlreiche neue Bekanntschaften<br />
und erleben persönliche Erfolgserlebnisse<br />
und Krisen. Um diese Erfahrungen nachhaltig<br />
konstruktiv nutzbar zu machen, braucht es Räume<br />
in <strong>de</strong>nen diese reNektiert, über <strong>de</strong>n Austausch <strong>mit</strong><br />
an<strong><strong>de</strong>r</strong>en vertieft und in Handlungskompetenz<br />
übersetzt wer<strong>de</strong>n können. Dadurch wer<strong>de</strong>n die<br />
Seminare vor Ort zu einem essenziellen Bestandteil,<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> pädagogischen Begleitung. Die folgen<strong>de</strong>n<br />
Praxiserfahrungen stammen aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Seminararbeit<br />
in Nicaragua, Uganda und Namibia.<br />
Einführungsseminar<br />
Die Zeit vor <strong><strong>de</strong>r</strong> Abreise und <strong><strong>de</strong>r</strong> Ausblick auf bevorstehen<strong>de</strong><br />
Unwägbarkeiten führten dazu, dass<br />
die Freiwilligen häu:g sehr aufgewühlt im Land<br />
ankamen. Das Einführungsseminar hatte hier die<br />
Aufgabe, Klarheit, Sicherheit und Orientierung zu<br />
ver<strong>mit</strong>teln und die konkrete Schritte in <strong>de</strong>n Aufenthalt<br />
vor Ort zu ebnen.<br />
Ein wichtiger erster Schritt war hier die Klärung<br />
administrativer Dinge, wie Visafragen o<strong><strong>de</strong>r</strong> die<br />
Eröffnung von Bankkonten. Zu<strong>de</strong>m ver<strong>mit</strong>telte<br />
das Kennenlernen <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ im Land, sowie <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
zentralen Ansprechpartner/innen für das folgen<strong>de</strong><br />
Jahr eine erste Sicherheit. Inhaltlich wur<strong>de</strong> häu:g<br />
ein Fokus auf konkrete Län<strong><strong>de</strong>r</strong>kun<strong>de</strong> gesetzt und<br />
erste Einblicke in die Entwicklungszusammenarbeit<br />
vor Ort ver<strong>mit</strong>telt. Des Weiteren stärkten gemeinsame<br />
Aktivitäten das Gruppengefühl und<br />
gaben einen ersten Eindruck <strong>de</strong>s Lebens vor Ort.<br />
Auf <strong>de</strong>m Einführungsseminar wur<strong>de</strong>n die Freiwilligen<br />
darüber hinaus über <strong>de</strong>n län<strong><strong>de</strong>r</strong>spezi:schen<br />
Verhaltensko<strong>de</strong>x informiert. Ein solcher war im<br />
ersten <strong>weltwärt</strong>s Jahr auf <strong>de</strong>n Philippinen entwickelt<br />
und von vielen GIZ-Län<strong><strong>de</strong>r</strong>büros übernommen<br />
wor<strong>de</strong>n. Er enthielt verbindliche Regeln für<br />
die Freiwilligen und galt als Grundlage für mögliche<br />
Konsequenzen. Er umfasste Hinweise zu administrativen<br />
Regelungen und zum Verhalten in<br />
„Raum für Re*ektion und<br />
Austausch <strong>mit</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>en helfen<br />
bei <strong><strong>de</strong>r</strong> nachhaltigen<br />
Verwertung <strong><strong>de</strong>r</strong> Erfahrungen<br />
und <strong><strong>de</strong>r</strong>en Übersetzung in<br />
Handlungskompetenz.“<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Partnerorganisation. Verbindlich wur<strong>de</strong> er<br />
durch die Unterzeichnung aller Freiwilligen. Über<br />
die Jahre wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>utlich, dass die Aufnahmefähigkeit<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen zum Zeitpunkt <strong>de</strong>s Einführungsseminars<br />
aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> aufgeregten Stimmung<br />
begrenzt war. Oft mussten bereits thematisierte<br />
Fragen in <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Wochen immer<br />
wie<strong><strong>de</strong>r</strong> beantwortet<br />
wer<strong>de</strong>n. Aus<br />
diesem Grund bot<br />
es sich an, das<br />
Einführungsseminar<br />
schlank zu<br />
halten und <strong>de</strong>n<br />
Freiwilligen nicht<br />
zu viel Programm vorzugeben. Zu<strong>de</strong>m war eine<br />
gute Abstimmung zur Vorbereitung in Deutschland<br />
wichtig. Die Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holung von Themen und Metho<strong>de</strong>n<br />
konnte bei <strong>de</strong>n Freiwilligen gera<strong>de</strong> in dieser<br />
Phase, in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Fokus auf <strong>de</strong>m Neuen und Unbekannten<br />
lag, leicht zu Frust führen.<br />
Zwischenseminare<br />
Die Zwischenseminare boten <strong>de</strong>n Freiwilligen die<br />
Chance, ein paar Tage Abstand zu ihrer aktuellen<br />
Situation zu gewinnen und auf die bereits vergangene<br />
Zeit zurück zu blicken. Sie bil<strong>de</strong>ten <strong>de</strong>n sicheren<br />
Rahmen um konstruktiv zu reNektieren und<br />
gegebenenfalls Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen anzustoßen.<br />
Im Rahmen von „<strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ“ fan<strong>de</strong>n<br />
zumeist zwei Zwischenseminare statt. Ein erstes<br />
erfolgte oft bereits nach drei Monaten im Land.<br />
Dieser Zeitpunkt stellte bei einem Großteil <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Freiwilligen einen neuralgischen Punkt im Rahmen<br />
<strong>de</strong>s Freiwilligendienstes dar. Das Neue, Ungewohnte,<br />
das zu Beginn <strong>de</strong>s Aufenthaltes als spannend<br />
und aufregend wahrgenommen wur<strong>de</strong>, erschien<br />
zu diesem Zeitpunkt oft als anstrengend<br />
und irritierend. Unterschie<strong>de</strong> wur<strong>de</strong>n in dieser<br />
Phase sehr betont und führten zu Heimweh und<br />
Frust. Zu diesem Zeitpunkt konnte ein erstes Zwischenseminar<br />
einen wertvollen EinNuss auf die<br />
Gestaltung <strong><strong>de</strong>r</strong> folgen<strong>de</strong>n Zeit liefern. Eine gemeinsame<br />
ReNektion <strong><strong>de</strong>r</strong> eigenen Erfahrungen<br />
ermöglichte es, diese in einen größeren Kontext zu<br />
stellen.<br />
10<br />
33 <strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ
10<br />
Der Austausch <strong>mit</strong> Gleichgesinnten schaffte Entlastung<br />
durch die Bewusstwerdung, dass es <strong>de</strong>n<br />
an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Freiwilligen ähnlich ging. Darüber hinaus<br />
waren die Freiwilligen nach drei Monaten in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Lage, interkulturelle Fragenstellungen, aber auch<br />
geschichtliche und politische Themen intensiver<br />
aufzunehmen. Durch die Konfrontation im Alltag<br />
hatten die Freiwilligen ein Grundverständnis erworben<br />
und gleichzeitig Fragen entwickelt, die<br />
nun gemeinsam bearbeitet wer<strong>de</strong>n konnten.<br />
Auf <strong>de</strong>m ersten, wie auch auf <strong>de</strong>m zweiten Zwischenseminar,<br />
das häu:g nach sechs Monaten<br />
stattfand, war die ReNektion <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeit in <strong><strong>de</strong>r</strong> Partnerorganisation<br />
und da<strong>mit</strong> verbun<strong>de</strong>ne Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />
und KonNikte ein zentrales Thema. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s<br />
wertvoll war, wenn auch Vertrer/innen<br />
von Partnerorganisationen und Mentor/innen teilnehmen<br />
konnten. So konnten mögliche KonNikte<br />
direkt bearbeitet wer<strong>de</strong>n. Gleichzeitig war es möglich,<br />
noch einmal die verschie<strong>de</strong>nen Erwartungen<br />
aneinan<strong><strong>de</strong>r</strong> abzugleichen und das Verständnis für<br />
einan<strong><strong>de</strong>r</strong> zu vertiefen. Zu<strong>de</strong>m konnte durch die<br />
Teilnahme <strong><strong>de</strong>r</strong> Mentor/innen und Vertreter/innen<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Partnerorganisationen <strong><strong>de</strong>r</strong>en zentrale Rolle im<br />
Programm noch einmal <strong>de</strong>utlich gemacht und gewürdigt<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
In Namibia gestalteten Referent/innen aus Partnerorganisationen<br />
darüber hinaus auch inhaltliche<br />
Einheiten zu Themen wie Umweltschutz und<br />
nachhaltige Entwicklung. Um die Sichtweisen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
an<strong><strong>de</strong>r</strong>en <strong>weltwärt</strong>s-Akteure in je<strong>de</strong>m Fall auf <strong>de</strong>n<br />
Seminaren einbeziehen zu können, wur<strong>de</strong>n in Nicaragua<br />
im Vorfeld <strong><strong>de</strong>r</strong> Seminare die Mentor/innen<br />
gebeten, schriftlich ihre Einschätzung zum Lernprozess<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen abzugeben. Zu<strong>de</strong>m wur<strong>de</strong>n<br />
auch Gastfamilien im Vorfeld nach ihrer Einschätzung<br />
gefragt. Hierbei kamen häu:g Themen<br />
wie ein respektvoller Umgang und die Haltung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Freiwilligen als Lernen<strong>de</strong> und nicht als Leiten<strong>de</strong> zu<br />
Tage, die dann gemeinsam <strong>mit</strong> <strong>de</strong>n Freiwilligen<br />
reNektiert wur<strong>de</strong>n.<br />
Auf <strong>de</strong>n Zwischenseminaren bestand auch Raum<br />
für eine Vertiefung von politischen und gesellschaftlichen<br />
Themen. Kolleg/innen aus <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ<br />
trugen Inputs zu Themen wie HIV/AIDS, nachhaltiger<br />
Entwicklung o<strong><strong>de</strong>r</strong> Lan<strong>de</strong>skun<strong>de</strong> bei. Darüber<br />
hinaus wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Freiwilligen die Möglichkeit eröffnet,<br />
auch die praktische Arbeit <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ näher<br />
kennen zu lernen. In Nicaragua gab es z.B. Projektbesuche<br />
in <strong>de</strong>n Bereichen Umweltschutz, För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />
von Wirtschaftsprojekten und erneuerbare<br />
Energien. Auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Tagungsort war häu:g Teil <strong>de</strong>s<br />
pädagogischen <strong>Konzept</strong>es. So fan<strong>de</strong>n in Nicaragua<br />
die Seminare in einer sozialen Einrichtung statt.<br />
Diese konnten dadurch :nanziell unterstützt wer<strong>de</strong>n<br />
und die Freiwilligen erhielten einen Einblick in<br />
die Arbeit <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
„Die Freiwilligen konnten an<br />
eigenen Mails, Fotos o<strong><strong>de</strong>r</strong> Blog-<br />
Einträgen überprüfen, inwiefern<br />
das Bild, dass sie von ihrem<br />
Gastland zeichneten ein<br />
Differenziertes war o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Stereotypen reproduzierte.“<br />
Initiative. Auf<br />
<strong>de</strong>m zweiten<br />
Zwischenseminar<br />
war es wertvoll<br />
einen Ausblick<br />
auf die<br />
Rolle als Multiplikator/in<br />
nach<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Rückkehr nach Deutschland zu werfen. Es war<br />
hilfreich, wenn die Freiwilligen hier weiter darüber<br />
nachdachten, wie ihr Engagement aussehen könnte,<br />
um eventuell nötige Kontakte zu knüpfen o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Materialien zu sammeln. Hier bot es sich zu<strong>de</strong>m an,<br />
noch einmal für <strong>de</strong>n Umgang <strong>mit</strong> Bil<strong><strong>de</strong>r</strong>n und Sprache<br />
zu sensibilisieren. Die Freiwilligen konnten an<br />
eigenen Mails, Fotos o<strong><strong>de</strong>r</strong> Blog-Einträgen noch<br />
einmal überprüfen, inwiefern das Bild, dass sie von<br />
ihrem Gastland zeichneten ein Differenziertes war<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> Stereotypen reproduzierte. Hierbei konnten<br />
sie sich am „Leitfa<strong>de</strong>n zum Umgang <strong>mit</strong> Bil<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />
und Sprache“ aus <strong>de</strong>m Vorbereitungsseminar orientieren.<br />
Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Ausgestaltung <strong><strong>de</strong>r</strong> Seminare wur<strong>de</strong>n die<br />
Freiwilligen aktiv eingebun<strong>de</strong>n. Sie übernahmen<br />
Aufgaben bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Seminargestaltung und konnten<br />
im Vorfeld für sie wichtige Themen benennen.<br />
Häu:g boten Freiwillige auch eigene Beiträge an, je<br />
nach Interessensgebiet z.B. Ernährung, Globalisierung,<br />
Rassismus o<strong><strong>de</strong>r</strong> Koloniale Vergangenheit.<br />
Pädagogische Dokumentation<br />
34
10<br />
Zu<strong>de</strong>m stellten sie eigene Projekte aus ihren Einsatzstellen<br />
vor o<strong><strong>de</strong>r</strong> übernahmen die Gestaltung<br />
ganzer Einheiten. Die Aben<strong>de</strong> dienten meist <strong>de</strong>m<br />
informellen Zusammenkommen.<br />
Themenseminare<br />
In einigen Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n wur<strong>de</strong>n Themenseminare für<br />
die Freiwilligen angeboten. So fand etwa in Uganda<br />
nach sechs Monaten ein Seminar zum Thema<br />
Entwicklungszusammenarbeit statt. Ziele <strong>de</strong>s Seminars<br />
waren es, <strong>de</strong>n Freiwilligen <strong>de</strong>n entwicklungspolitischen<br />
Bezug <strong>de</strong>s Programms in Erinnerung<br />
zu rufen, ihnen Einblicke in die Entwicklungszusammenarbeit<br />
in ihrem Gastland zu ermöglichen,<br />
EZ-Akteuren vor Ort vorzustellen und<br />
da<strong>mit</strong> eine Grundlage für eine informierte und<br />
differenzierte Meinungsbildung zum Thema Entwicklungspolitik<br />
und -zusammenarbeit zu schaffen.<br />
Abschlussseminar<br />
Beim Abschlussseminar konnten sich die Freiwilligen<br />
aktiv <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Beendigung ihres Aufenthaltes<br />
auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong> setzen und sich auf ihre Rückkehr<br />
vorbereiten. In einem ersten Rückblick auf das<br />
Jahr hatten die Freiwilligen die Möglichkeit, ihren<br />
Aufenthalt in <strong><strong>de</strong>r</strong> Partnerorganisation und <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ<br />
zu evaluieren. Um sich <strong>de</strong>n eigenen Lernprozess<br />
bewusst zu machen, setzten sich die Freiwilligen<br />
u.a. <strong>mit</strong> folgen<strong>de</strong>n Fragen auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>: Welche<br />
Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen kann ich an mir feststellen? Welche<br />
Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen und Krisen habe ich gemeistert?<br />
Welche neuen Fähigkeiten habe ich erlernt?<br />
Solche Fragen konnten darüber hinaus in<br />
einem persönlichen Abschlussgespräch thematisiert<br />
wer<strong>de</strong>n. So sollte verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>t wer<strong>de</strong>n, dass die<br />
Freiwilligen unbearbeitete KonNikte <strong>mit</strong> nach<br />
Deutschland nehmen.<br />
Hier wur<strong>de</strong>n gemeinsam Strategien, Maßnahmen<br />
und Vorsätze erarbeitet. Dazu gehörten bewusste<br />
Abschie<strong>de</strong> von liebgewonnen Personen, das Abschließen<br />
von Projekten, das Reaktivieren <strong>de</strong>s Beziehungsnetzes<br />
in Deutschland, sowie die mentale<br />
Vorbereitung auf Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen zuhause. Schließlich<br />
war auch hier noch einmal <strong><strong>de</strong>r</strong> Ort, um ein<br />
mögliches zukünftiges Engagement als Multiplikator/in<br />
anzu<strong>de</strong>nken, um die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s<br />
Transfers <strong><strong>de</strong>r</strong> eigenen Erfahrungen in die Herkunftsgesellschaft<br />
zu betonen.<br />
Für die meisten Freiwilligen war es wichtig, <strong>de</strong>n<br />
Abschied bewusst zu zelebrieren. Dies wur<strong>de</strong><br />
durch gemeinsame Aktivitäten und Abschiedsrituale<br />
unterstützt. An dieser Stelle erfolgte auch eine<br />
abschließen<strong>de</strong> Anerkennung <strong>de</strong>s Engagements <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Freiwilligen, die einen wichtigen Schritt für einen<br />
guten Abschluss <strong><strong>de</strong>r</strong> Auslandszeit darstellte.<br />
Räume für Austausch und Selbstre*ektion<br />
Die Seminare in ihren Gastlän<strong><strong>de</strong>r</strong>n waren für die<br />
Freiwilligen die zentralen Orte um ihre praktischen<br />
Erfahrungen und Erkenntnisse zu reNektieren, sie<br />
im Austausch <strong>mit</strong> <strong>de</strong>n an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Freiwilligen in einen<br />
größeren Kontext zu stellen und über konkrete<br />
Handlungsalternativen nachzu<strong>de</strong>nken. Die Erfahrung,<br />
<strong>mit</strong> seinen KonNikten und Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />
nicht allein zu sein, von <strong>de</strong>n Erfahrungen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
an<strong><strong>de</strong>r</strong>en zu lernen und sich in einem ruhigen Rahmen<br />
<strong>mit</strong> Partnern und Mentor/innen austauschen<br />
zu können, machte die Seminare häu:g zu Wen<strong>de</strong>punkten<br />
im Freiwilligenjahr.<br />
Die Abschlussseminare dienten zu<strong>de</strong>m dazu, dass<br />
die Freiwilligen ihre Erwartungen an die Rückkehr<br />
bewusst reNektierten. Dabei war es wichtig, auf<br />
einen möglichen sogenannten Reverse culture<br />
shock in Deutschland hinzuweisen. Zu<strong>de</strong>m bedurfte<br />
es einer Planung <strong>de</strong>s Abschieds.<br />
35 <strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ
11 Lernen im alltäglichen Umfeld : Die Gastfamilie als informelle Lernbegleitung<br />
ine zentrale Frage war die Unterbringung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
E Freiwilligen. Hier gab es ganz verschie<strong>de</strong>ne<br />
Ansätze von Freiwilligen-WGs bis zum Leben in<br />
Gastfamilien. Durch <strong>de</strong>n engen Bezug haben die<br />
Gastfamilien eine beson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Rolle in <strong><strong>de</strong>r</strong> informellen<br />
Begleitung <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen eingenommen. Die<br />
Unterbringung in Gastfamilien bot ein Lernumfeld<br />
<strong>mit</strong> großen Chancen für die soziale und kulturelle<br />
Integration <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen vor Ort und umfasste<br />
gleichzeitig zahlreiche Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen. Die<br />
folgen<strong>de</strong>n Erfahrungen stammen aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Umsetzung<br />
<strong>de</strong>s <strong>weltwärt</strong>s-Programms in Bolivien, Südafrika<br />
und <strong><strong>de</strong>r</strong> Dominikanischen Republik.<br />
Die Unterbringung in Gastfamilien erfolgte regional<br />
nach unterschiedlichen <strong>Konzept</strong>en. Während<br />
die Freiwilligen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Dominikanischen Republik<br />
und Südafrika für das ganze Jahr in einer Gastfamilie<br />
untergebracht waren, lebten die Freiwilligen in<br />
Bolivien zunächst für drei Monate in einer Gastfamilie,<br />
um danach gemeinsam <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Familie zu<br />
entschei<strong>de</strong>n, ob ein weiteres Zusammenleben in<br />
Frage kommt. Dieses „Probezeitmo<strong>de</strong>ll“, dass eine<br />
Flexibilität und auch Entscheidungsspielraum für<br />
alle Beteiligten ermöglichte, konnte in <strong><strong>de</strong>r</strong> Dominikanischen<br />
Republik vor allem wegen Schwierigkeiten<br />
bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Anmietung von Wohnungen und <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Sicherheitslage nicht umgesetzt wer<strong>de</strong>n. Hier war<br />
die Gastfamilie nicht nur eine pädagogisch wertvolle,<br />
son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch die einfachste und sicherste<br />
Unterbringungsmöglichkeit. Gleichzeitig war es<br />
auch für die Verantwortlichen in Bolivien erstrebenswert,<br />
wenn die Freiwilligen das gesamte Jahr<br />
in einer Familie blieben, worauf sich jedoch die<br />
meisten Familien nicht von Beginn an festlegen<br />
wollten.<br />
Anwerbung und Auswahl<br />
Auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Suche nach geeigneten Gastfamilien entstan<strong>de</strong>n<br />
erste Kontakte meist über Partnerorganisationen<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> ehemalige Freiwillige. Die Anwerbung<br />
von Familien war jedoch nicht immer einfach<br />
und so wur<strong>de</strong> auch über Kolleg/innen und Verwandte<br />
nach interessierten Familien gesucht, sowie<br />
darüber hinaus Aushänge an Schulen und auf<br />
Märkten gemacht. Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Auswahl wur<strong>de</strong> vor allem<br />
auf die Stabilität <strong><strong>de</strong>r</strong> Familien geachtet. Sie<br />
sollten am persönlichen Austausch <strong>mit</strong> Freiwilligen<br />
interessiert sein und Offenheit für <strong>de</strong>n Umgang <strong>mit</strong><br />
<strong><strong>de</strong>r</strong>en Gewohnheiten aufbringen. Zu<strong>de</strong>m mussten<br />
die Familien bereit sein, diese Aufgabe für eine<br />
relativ niedrige Vergütung zu übernehmen. In Bolivien<br />
bestand darüber hinaus <strong><strong>de</strong>r</strong> Anspruch, <strong>de</strong>n<br />
Freiwilligen die Vielfalt von Einstellungen und Traditionen<br />
nahe zu bringen und dafür Familien aus<br />
verschie<strong>de</strong>nen Stadtvierteln und verschie<strong>de</strong>n sozialen<br />
Milieus auszuwählen. Viele Familien hatten<br />
großes Interesse am kulturellen Austausch <strong>mit</strong> <strong>de</strong>n<br />
Freiwilligen und waren froh über mehr Leben im<br />
Haus.<br />
Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s achtsam wur<strong>de</strong> <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Frage umgegangen,<br />
inwiefern die Freiwilligen für die Familie als<br />
mögliche Einnahmequelle erachtet wur<strong>de</strong>n. Allerdings<br />
war es keineswegs so, dass bei ökonomisch<br />
schwächeren Familien automatisch das :nanzielle<br />
Motiv im Vor<strong><strong>de</strong>r</strong>grund stand.<br />
Vorbereitung <strong><strong>de</strong>r</strong> Gastfamilie<br />
Die Voraussetzungen für die erfolgreiche Aufnahme<br />
von Freiwilligen wur<strong>de</strong>n entwe<strong><strong>de</strong>r</strong> im direkten<br />
Gespräch zwischen Ansprechpartner/in <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ<br />
vor Ort o<strong><strong>de</strong>r</strong> zwischen <strong>de</strong>n Partnerorganisationen<br />
und <strong>de</strong>n Familien besprochen. Einigte man sich auf<br />
eine Zusammenarbeit, wur<strong>de</strong>n weitere Gespräche<br />
geführt, in <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>n Familien von <strong>de</strong>n Erfahrungen<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> vorangegangenen Jahre berichtet und über<br />
die mögliche Rolle <strong><strong>de</strong>r</strong> einzelnen Familien<strong>mit</strong>glie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
gesprochen wur<strong>de</strong>. Außer<strong>de</strong>m wur<strong>de</strong>n mögliche<br />
Maßnahmen thematisiert, die für die Integration<br />
in die Familie hilfreich sein könnten. Um die<br />
Verbindlichkeit zu unterstreichen, wur<strong>de</strong> in Bolivien<br />
und <strong><strong>de</strong>r</strong> Dominikanischen Republik <strong>mit</strong> <strong>de</strong>n Familien<br />
eine Vereinbarung unterzeichnet, in <strong><strong>de</strong>r</strong> Rollen<br />
und Aufgaben dargestellt und Empfehlungen<br />
für das Zusammenleben anhand <strong><strong>de</strong>r</strong> Bedürfnisse<br />
von Familien und Freiwilligen festgehalten wur<strong>de</strong>n.<br />
Diese Vereinbarung wur<strong>de</strong> je<strong>de</strong>s Jahr auf Basis <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
neuen Erfahrungen überprüft und bei Bedarf angepasst.<br />
In Südafrika unterschrieben wie<strong><strong>de</strong>r</strong>um die<br />
Freiwilligen bereits vor ihrer Ausreise einen<br />
Pädagogische Dokumentation<br />
36
11<br />
Co<strong>de</strong> of Conduct <strong><strong>de</strong>r</strong> Partnerorganisation, <strong><strong>de</strong>r</strong> auch<br />
ein angemessenes Verhalten in <strong><strong>de</strong>r</strong> Gastfamilie<br />
umfasste. Um <strong>de</strong>n Familien eine weitere Unterstützung<br />
in <strong><strong>de</strong>r</strong> Ausübung ihrer Rolle zu geben,<br />
wur<strong>de</strong>n regelmäßig gemeinsame Treffen organisiert,<br />
bei <strong>de</strong>nen sich die Beteiligten untereinan<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
austauschen und auch im Umgang <strong>mit</strong> herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong>n<br />
Situationen gegenseitig beraten konnten.<br />
Voneinan<strong><strong>de</strong>r</strong> Lernen<br />
Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s in <strong>de</strong>n ersten drei Monaten <strong><strong>de</strong>r</strong> Aufenthalts<br />
konnte die Gastfamilie eine essentielle Stütze<br />
beim Ankommen <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen in das Umfeld<br />
vor Ort sein. Über die Integration in die Familie<br />
konnten die Freiwilligen sprachlich große Fortschritte<br />
machen<br />
„Über die Integration in die<br />
Familie konnten die Freiwilligen<br />
sprachlich große Fortschritte<br />
machen und ein besseres<br />
Verständnis für gesellschaftliche,<br />
soziale und politische<br />
Zusammenhänge erlangen.“<br />
und ein besseres<br />
Verständnis für<br />
gesellschaftliche,<br />
soziale und<br />
politische Zusammenhänge<br />
erlangen. Die<br />
Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Familie waren gera<strong>de</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> ersten Zeit wichtige<br />
Ansprechpartner/innen für organisatorische Fragen<br />
zur Lebensgestaltung vor Ort. Über die Monate<br />
konnten auch sehr vertrauensvolle Kontakte<br />
entstehen, die <strong>de</strong>n Freiwilligen auch über persönliche<br />
Krisensituationen hinweg halfen. Die Freiwilligen<br />
hatten durch Gastfamilien die Möglichkeit,<br />
das Familienleben vor Ort <strong>mit</strong> allen seinen alltäglichen<br />
Ritualen, Gewohnheiten, Festen und auch<br />
Sorgen und Nöten kennen zu lernen. Auch für die<br />
Gastfamilien bot das alltägliche Zusammenleben<br />
<strong>mit</strong> einem jungen Menschen aus Deutschland die<br />
Möglichkeit, im Umgang <strong>mit</strong> unterschiedlichen<br />
Gewohnheiten, Rollenbil<strong><strong>de</strong>r</strong>n, Kommunikationsund<br />
KonNiktkulturen viel über sich selbst zu erfahren<br />
und zu lernen.<br />
Empfehlungen<br />
Natürlich stellte das Zusammenleben auch an vielen<br />
Stellen eine Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung dar. Unstimmigkeiten<br />
<strong>mit</strong> Gastfamilien hatten fast immer <strong>mit</strong> sozialen<br />
Verhaltensregeln und Tabus zu tun — sowohl<br />
von Seiten <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen als auch von<br />
Seiten <strong><strong>de</strong>r</strong> Gastfamilie — die entwe<strong><strong>de</strong>r</strong> nicht bekannt<br />
waren o<strong><strong>de</strong>r</strong> aber nicht beachtet wur<strong>de</strong>n.<br />
Auch bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Art <strong><strong>de</strong>r</strong> VerpNegung gab es häu:g<br />
unterschiedliche Vorstellungen. Schwierigkeiten<br />
erzeugte es auch, wenn Freiwillige ihre Gastfamilie<br />
als Hotel o<strong><strong>de</strong>r</strong> Familien Freiwillige als Untermieter/innen<br />
wahrnahmen. Aber auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Alltag<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> interkulturellen Kommunikation führte zu<br />
Missverständnissen und KonNikten.<br />
Die Ansprechpartner/in unterstützten und ermutigten<br />
die Freiwilligen darin, eventuell auftreten<strong>de</strong><br />
Probleme <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Gastfamilie zunächst ohne die<br />
Intervention Dritter zu lösen. Die Erfahrung, Kon-<br />
Nikte eigenständig <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Familie bearbeiten zu<br />
können, stellte eine wertvolle Lernerfahrung für<br />
die Freiwilligen dar.<br />
Wenn eine Intervention Dritter nötig ist, sollte dies<br />
immer transparent und <strong>mit</strong> Zustimmung bei<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Parteien geschehen. Wichtig ist insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e, dass<br />
die intervenieren<strong>de</strong> Person sich als neutrale,<br />
allparteiliche Unterstützung versteht, da<strong>mit</strong> bei <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Gastfamilie nicht <strong><strong>de</strong>r</strong> Eindruck entsteht, man<br />
wür<strong>de</strong> in ihre häusliche Integrität eingreifen.<br />
Letztlich liegt einer <strong><strong>de</strong>r</strong> wichtigsten Schlüssel für<br />
ein erfolgreiches Zusammenleben in ausführlichen<br />
Vorbereitungsgesprächen <strong>mit</strong> <strong>de</strong>n Familien. Wenn<br />
hier die I<strong>de</strong>e eines familiären Zusammenlebens<br />
gemeinsam entwickelt, wichtige Rollenfragen und<br />
mögliche KonNiktfel<strong><strong>de</strong>r</strong> offen besprochen wer<strong>de</strong>n<br />
können, ist das eine gute Basis. Gleichzeitig tragen<br />
die Freiwilligen selbst eine wesentliche Verantwortung<br />
für das Gelingen eines gemeinsamen Alltaglebens.<br />
Ihnen muss vor allem bewusst sein (und<br />
<strong>de</strong>utlich gemacht wer<strong>de</strong>n), dass ihre Gastfamilie<br />
kein Hotelbetrieb ist, in <strong>de</strong>m sie bedient wer<strong>de</strong>n<br />
und übertriebene Ansprüche stellen können.<br />
Wenn die Erwartungen und Haltungen auf bei<strong>de</strong>n<br />
Seiten stimmen, kann das Leben in einer Gastfamilie<br />
für alle Beteiligten eine sehr wertvolle und prägen<strong>de</strong><br />
Erfahrung wer<strong>de</strong>n. Der Großteil <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen<br />
schätzt diese Erfahrung sehr und hält auch<br />
nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Rückkehr einen guten Kontakt zu „ihrer“<br />
Familie.<br />
37 <strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ
12 Lerntan<strong>de</strong>ms: Peer-learning von lokalen und internationalen Freiwilligen<br />
in erfolgversprechen<strong><strong>de</strong>r</strong> Lernansatz, insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />
in einem interkulturellen und bilingualen<br />
E<br />
Kontext ist das sogenannte Lerntan<strong>de</strong>m, eine Form<br />
<strong>de</strong>s peer-learning. Diese informelle Lernform entsteht<br />
im Alltag, bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeit, im familiären Kontext<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> Freizeit. Sie ist oft nicht initiiert,<br />
son<strong><strong>de</strong>r</strong>n entwickelt sich spontan im sozialen Umfeld,<br />
ist wenig strukturiert Lerntan<strong>de</strong>ms wer<strong>de</strong>n als<br />
<strong>pädagogisches</strong> Instrument vor allem im Bereich<br />
<strong>de</strong>s Fremdsprachenerwerbs angewandt, lassen<br />
sich jedoch gut als zusätzliche pädagogische Lernform<br />
im Freiwilligendienst nutzen. Die folgen<strong>de</strong>n<br />
Erfahrungen stammen aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Umsetzung <strong>de</strong>s<br />
<strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ-Programms in Südafrika.<br />
„Lerntan<strong>de</strong>ms verfolgen<br />
ein Ziel und re*ektieren<br />
gemeinsam über die<br />
gemachten Erfahrungen.“<br />
In Südafrika unterstützte die GIZ Lerntan<strong>de</strong>ms in<br />
einigen <strong><strong>de</strong>r</strong> Partnerorganisationen, in <strong><strong>de</strong>r</strong> zugleich<br />
südafrikanische und <strong>de</strong>utschene Freiwilligen arbeiteten.<br />
Ein Lerntan<strong>de</strong>m<br />
setzte sich zusammen<br />
aus einer/m südafrikanischen/r<br />
und einer/m<br />
<strong>de</strong>utsche/r Freiwillige,<br />
die in <strong><strong>de</strong>r</strong>selben Organisation<br />
in einem Projekt zusammenarbeiteten. Sie<br />
verfolgten ein gemeinsames Ziel und reNektierten<br />
gemeinsam über die gemachten Erfahrungen. Sie<br />
lernten zu kooperieren, als Team zu arbeiten, eigene<br />
Stärken und Schwächen zu erkennen, und ihre<br />
sprachlichen Kompetenzen ausbauen. Die Arbeit<br />
im Tan<strong>de</strong>m beför<strong><strong>de</strong>r</strong>te es eigene Annahmen und<br />
Perspektiven zu hinterfragen und <strong>de</strong>n kulturellen<br />
Kontext verstärkt in das Projekt <strong>mit</strong> einzubauen.<br />
Durch fühlbare Erfahrungen wie zwischenmenschliche<br />
Erlebnisse erlernten die Freiwilligen zu<strong>de</strong>m<br />
<strong>de</strong>n eigenen Standpunkt als subjektiv zu sehen und<br />
<strong>mit</strong> <strong>de</strong>m/<strong><strong>de</strong>r</strong> Tan<strong>de</strong>mpartner/in abzugleichen.<br />
Basierend darauf konnte eine neue, gemeinsame<br />
Herangehensweise entwickelt wer<strong>de</strong>n. Ganz praktisch<br />
wur<strong>de</strong>n notwendige interkulturelle Kompetenzen<br />
erworben und nicht selten entwickelten<br />
sich darüber enge Freundschaften.<br />
Erfolgsfaktoren<br />
Die Erfahrung <strong>mit</strong> binationalen Freiwilligen-<br />
Tan<strong>de</strong>ms hat gezeigt, dass folgen<strong>de</strong> Faktoren eine<br />
erfolgreiche Zusammenarbeit för<strong><strong>de</strong>r</strong>n:<br />
∗<br />
∗<br />
∗<br />
∗<br />
∗<br />
∗<br />
Gleiche Altersgruppe<br />
Vergleichbare Lebenssituation: Übergang<br />
Schule-Beruf, Berufsanfänger, ohne eigene<br />
Familie<br />
Ähnliche hierarchische Position in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Partnerorganisation und <strong><strong>de</strong>r</strong> Tätigkeit im<br />
gleichen Projekt<br />
Verfolgung <strong>de</strong>s gleichen Projektzieles<br />
Gleichberechtigte Lernpartner/innen bei<br />
unterschiedlichen Bildungsvoraussetzungen<br />
Grundsätzliches Interesse aneinan<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Häu:g entstan<strong>de</strong>n Tan<strong>de</strong>mteams unbeabsichtigt.<br />
Die Freiwilligen kamen informell zusammen,<br />
wodurch ein Lernprozess für bei<strong>de</strong> begann. In einigen<br />
Partnerorganisationen wur<strong>de</strong> jedoch die Tan<strong>de</strong>mbildung<br />
bewusst initiiert und <strong>mit</strong> nonformalen<br />
Bildungsansätzen verbun<strong>de</strong>n. Die Freiwillige<br />
nahmen gemeinsam an Fortbildungsmaßnahmen<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Organisation teil und nutzten das Erlernte<br />
dann gemeinsam in ihrem Projekt. Es gab Lerntan<strong>de</strong>ms,<br />
die nur für die Zeit <strong>de</strong>s gemeinsamen Projektes<br />
zusammen arbeiteten, aber auch Beispiele,<br />
wo sich das Tan<strong>de</strong>m für <strong>de</strong>n gesamten Zeitraum<br />
<strong>de</strong>s Freiwilligeneinsatzes gegenseitig unterstützte<br />
und voneinan<strong><strong>de</strong>r</strong> lernte. Die Partnerorganisationen<br />
för<strong><strong>de</strong>r</strong>ten <strong>de</strong>n Lernprozess <strong><strong>de</strong>r</strong> Tan<strong>de</strong>ms durch<br />
monatliche ReNektionsrun<strong>de</strong>n.<br />
Prozess und Re*ektion<br />
Die Partnerorganisation gab <strong>de</strong>m Tan<strong>de</strong>m eine<br />
Aufgabe (z.B. die Organisation eines Events). Gemeinsam<br />
wur<strong>de</strong>n die Tan<strong>de</strong>mpartner/innen in das<br />
Projekt durch die Partnerorganisation eingeführt<br />
und, wenn notwendig, fortgebil<strong>de</strong>t. Nun begann<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> spannen<strong>de</strong> Prozess im Team, eine gemeinsame<br />
Strategie zu entwickeln. Die Partner mussten ihre<br />
eigenen Vorstellungen einbringen und einen gemeinsamen<br />
Weg :n<strong>de</strong>n.<br />
Pädagogische Dokumentation<br />
38
12<br />
Sie erkannten, wo sie Wissenslücken hatten, wo<br />
ihre jeweiligen Stärken und Schwächen lagen und<br />
wie sie dies in die Umsetzung einbringen konnten.<br />
Die Ansprechpartner/in <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ unterstütze die<br />
Freiwilligen in <strong><strong>de</strong>r</strong> ReNektion dieses Lernprozesses.<br />
Gegenüber <strong>de</strong>n Partnerorganisationen wur<strong>de</strong><br />
von Seiten <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ ebenfalls die Be<strong>de</strong>utung dieser<br />
internationalen Lerntan<strong>de</strong>ms hervorgehoben und<br />
die sensible Auswahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Tan<strong>de</strong>mpartner/innen<br />
unterstützt. Lei<strong><strong>de</strong>r</strong> gab es für die südafrikanischen<br />
Freiwilligen nicht immer einen bewussten Raum<br />
für ReNektion. Dies hing auch da<strong>mit</strong> zusammen,<br />
dass <strong><strong>de</strong>r</strong>en Freiwilligenarbeit weniger als ein Lernprogramm,<br />
son<strong><strong>de</strong>r</strong>n eher als eine Art Probezeit hin<br />
zu einer längerfristigen Tätigkeit verstan<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>.<br />
Lernerfolge<br />
Alle Tan<strong>de</strong>mpartner/innen bestätigten, dass durch<br />
die ReNektion, Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung und Kooperation<br />
<strong>mit</strong> einem/r gleichaltrigen Kollegen/in interkulturelle<br />
Kompetenzen ausgebil<strong>de</strong>t und das Verständnis<br />
füreinan<strong><strong>de</strong>r</strong> geför<strong><strong>de</strong>r</strong>t wur<strong>de</strong>n. Die Freiwilligen<br />
haben gelernt, ihre Interessen zu formulieren<br />
und die Interessen An<strong><strong>de</strong>r</strong>er zu sehen. Kon-<br />
Nikte wur<strong>de</strong>n angesprochen und <strong><strong>de</strong>r</strong> Umgang da<strong>mit</strong><br />
gelernt. Eigene Grenzen wur<strong>de</strong>n erkannt und<br />
das Aushalten unlösbarer Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>sprüche eingeübt.<br />
Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />
Die gemeinsamen Lernerfolge können jedoch<br />
durch einige Bedingungen gemin<strong><strong>de</strong>r</strong>t wer<strong>de</strong>n. Die<br />
unterschiedlichen Voraussetzungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen<br />
können<br />
„Alle Tan<strong>de</strong>mpartner/innen<br />
bestätigten, dass interkulturelle<br />
Kompetenzen ausgebil<strong>de</strong>t und<br />
das Verständnis füreinan<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
geför<strong><strong>de</strong>r</strong>t wur<strong>de</strong>n.“<br />
dazu führen,<br />
dass das Tan<strong>de</strong>m<br />
nicht<br />
mehr an einem<br />
gemeinsamen<br />
Ziel arbeitet.<br />
Der/die südafrikanische Freiwillige suchte häu:-<br />
ger eine bezahlte Beschäftigung und möchte vorrangig<br />
diesem Ziel näherkommen.<br />
Freiwilligendienst in Deutschland wird dagegen als<br />
Gap year und Lernjahr genutzt und <strong><strong>de</strong>r</strong>/die <strong>de</strong>utsche<br />
Tan<strong>de</strong>mpartner/in verfolgt in <strong><strong>de</strong>r</strong> Partnerorganisation<br />
keine langfristigen Interessen. Die <strong>de</strong>utschen<br />
Freiwilligen sind zu<strong>de</strong>m während ihres Einsatzes<br />
:nanziell abgesichert, während die an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />
Freiwilligen meist ehrenamtlich arbeiten. Diese<br />
strukturelle Ungleichheit kann <strong>de</strong>n Aufbau eines<br />
freundschaftlichen und kollegialen Verhältnisses<br />
zwischen <strong>de</strong>n Tan<strong>de</strong>mpartner erschweren. Oft<br />
kommen Freiwillige <strong>mit</strong> sehr unterschiedlichem<br />
Bildungs- und Erfahrungshintergrund zusammen.<br />
Wenn das Tan<strong>de</strong>m nicht lernt, einen gemeinsamen<br />
Weg zu :n<strong>de</strong>n, kann dies dazu führen, dass bei<strong>de</strong><br />
frustriert sind und <strong><strong>de</strong>r</strong> Lernerfolg in Frage steht.<br />
Südafrianische und <strong>de</strong>utsche Freiwillige wer<strong>de</strong>n<br />
darüber hinaus in einer Partnerorganisation zuweilen<br />
nicht gleich behan<strong>de</strong>lt. Es wird häu:g erwartet<br />
und auch gespiegelt, dass <strong>de</strong>utsche Freiwillige in<br />
einigen Bereichen mehr wissen und leichter Dinge<br />
umsetzen können. Bei südafrikanischen Freiwilligen<br />
wird davon ausgegangen, dass sie vordringlich<br />
auf Jobsuche sind. Umgekehrt weiß die Partnerorganisation,<br />
dass diese Freiwillige langfristiger zur<br />
Verfügung stehen. Bei <strong>de</strong>utschen Freiwilligen wird<br />
häu:g kritisiert, dass sie zwar neue Projekte entwickeln,<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong>en Umsetzung aber dann <strong><strong>de</strong>r</strong> Partnerorganisation<br />
überlassen.<br />
Zusammenfassung<br />
Ein Freiwilligendienst zielt darauf ab junge Erwachsene<br />
in ihrer persönlichen Weiterentwicklung<br />
zu för<strong><strong>de</strong>r</strong>n und ihnen Zugang zu an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Lebensweisen<br />
und Kulturen zu ermöglichen, um ihre<br />
Sichtweisen und Wertesysteme zu öffnen. Lerntan<strong>de</strong>ms<br />
sind eine Lernform, die <strong>mit</strong> wenig Aufwand,<br />
gezielt und sinnvoll diese Zielerreichung unterstützen<br />
kann. Sie arbeitet <strong>mit</strong> <strong>de</strong>n vorhan<strong>de</strong>nen Ressourcen.<br />
Die Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen für die entsen<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />
und aufnehmen<strong>de</strong> Organisation bestehen<br />
darin, die richtigen Lernpartner/innen zueinan<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
zu führen, möglichst wenig in <strong>de</strong>n Arbeitsprozess<br />
hinein zu gehen und Räume für ReNektion zu<br />
schaffen.<br />
39 <strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ
13 Indikatoren, Seminargestalter und Re*ektionsinstrument. Ein Plädoyer für Freiwilligenberichte<br />
as Schreiben und Einreichen von drei Berichten<br />
ist eine <strong><strong>de</strong>r</strong> Grundaufgaben <strong><strong>de</strong>r</strong> welt-<br />
D<br />
wärts-Freiwilligen. Diese Berichte sind als Monitoring-Instrument<br />
eingeführt wor<strong>de</strong>n, um auch<br />
nicht direkt Beteiligten einen Einblick in <strong>de</strong>n Ablauf<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligendienste zu ermöglichen. Gemeint<br />
waren da<strong>mit</strong> zunächst das geldgeben<strong>de</strong><br />
Bun<strong>de</strong>sministerium und das <strong>weltwärt</strong>s-Sekretariat.<br />
Und in <strong><strong>de</strong>r</strong> Struktur DED/GIZ auch die Lan<strong>de</strong>sleitung<br />
und die Programmverantwortliche im Gastland.<br />
Das Verfassen von schriftlichen Berichten<br />
„Die gemachten Erfahrungen<br />
in eigene Worte zu fassen,<br />
kann dabei unterstützen, sich<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> eigenen Gefühle und<br />
Gedanken klarer zu wer<strong>de</strong>n.“<br />
Pädagogische Dokumentation<br />
kann sich sehr positiv<br />
auf <strong>de</strong>n Lernprozess<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen<br />
auswirken.<br />
Die gemachten<br />
Erfahrungen in<br />
eigene Worte zu<br />
fassen, kann dabei unterstützen, sich <strong><strong>de</strong>r</strong> eigenen<br />
Gefühle und Gedanken klarer zu wer<strong>de</strong>n. Gleichzeitig<br />
ermöglicht die Dokumentation eine Rückschau<br />
auf einen längeren Lernprozess und ver<strong>de</strong>utlicht<br />
da<strong>mit</strong> die eigenen Entwicklungsschritte,<br />
was sich wie<strong><strong>de</strong>r</strong>um motivierend auf <strong>de</strong>n weiteren<br />
Lernprozess auswirken kann.<br />
Die institutionalisierte Form <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligenberichte<br />
lädt jedoch wenig zum persönlichen ReNektieren<br />
und umfassen<strong>de</strong>n Erzählen ein. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Hinweis im Vorspann <strong>de</strong>s elektronischen Formulars,<br />
„beim Verfassen persönlicher Erlebnisse,<br />
Eindrücke und Ansichten daran [zu <strong>de</strong>nken], dass<br />
Ihr Bericht von Außenstehen<strong>de</strong>n gelesen wird“,<br />
zusammen <strong>mit</strong> <strong>de</strong>m Zweifel, ob <strong>de</strong>nn die Berichte<br />
überhaupt gelesen wer<strong>de</strong>n, kann <strong>de</strong>motivieren.<br />
Berichte als Krisenindikatoren<br />
Trotz dieser Einschränkungen können die Berichte<br />
eine wichtige Rolle in <strong><strong>de</strong>r</strong> Begleitung <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen<br />
während ihres Einsatzes spielen. Der Umstand,<br />
dass <strong><strong>de</strong>r</strong> explizite Informationsgehalt eher gering<br />
ist, sollte auch die Programmverantwortlichen<br />
nicht davon abhalten, näher hin zu schauen. Selbst<br />
dürftiger Inhalt kann wichtige Hinweise enthalten,<br />
die auf eine mögliche Krisensituation <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen<br />
hinweisen können, <strong>de</strong>nen nachzugehen es sich<br />
lohnt.<br />
40<br />
So kann <strong><strong>de</strong>r</strong> Gebrauch von Bil<strong><strong>de</strong>r</strong>n o<strong><strong>de</strong>r</strong> Schlüsselwörtern,<br />
von doppeln<strong>de</strong>n Füllwörtern und Einschränkungen<br />
aufschlussreich sein. Auch <strong><strong>de</strong>r</strong> gehäufte<br />
Gebrauch <strong><strong>de</strong>r</strong> distanzieren<strong>de</strong>n Form und<br />
Perspektive „man“, wenn die Schreiberin von sich<br />
selbst berichtet, kann ein Signal sein. Wenn über<br />
nahe liegen<strong>de</strong> Dinge/Ereignisse nicht berichtet<br />
wird o<strong><strong>de</strong>r</strong> direkte Fragen nicht bedient wer<strong>de</strong>n, ist<br />
dies ein Anlass, entwe<strong><strong>de</strong>r</strong> bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Autorin direkt,<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> aber bei Partnerorganisation o<strong><strong>de</strong>r</strong> Mentorin<br />
nachzufragen. Ebenso sollte auf Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>sprüche<br />
zwischen <strong>de</strong>m Geschriebenen und <strong><strong>de</strong>r</strong> darauf folgen<strong>de</strong>n<br />
Skalierung (1-5; von „Aussage trifft nicht<br />
zu“ bis „trifft zu“) geachtet wer<strong>de</strong>n. Unstimmigkeiten<br />
sollten aufgegriffen wer<strong>de</strong>n, bevor sie sich ungünstigen<br />
Falls zu schwerwiegen<strong>de</strong>n Problemen<br />
verdichten.<br />
Einbeziehung in Seminargestaltung<br />
Für die Planung <strong><strong>de</strong>r</strong> Betreuung im Gastland bewährt<br />
es sich, die Berichterstellung z.B. sinnvoll auf<br />
die begleiten<strong>de</strong>n Seminare abzustimmen: Rechtzeitig<br />
vor <strong>de</strong>m ersten Zwischenseminar reichen die<br />
Freiwilligen <strong>de</strong>n ersten Bericht ein, <strong>de</strong>n zweiten<br />
entsprechend vor <strong>de</strong>m zweiten Zwischenseminar<br />
und <strong>de</strong>n Abschlussbericht kurz vor <strong>de</strong>m Debrie$ng<br />
direkt vor <strong><strong>de</strong>r</strong> Rückkehr nach Deutschland. Eine<br />
solche Verknüpfung ermöglicht <strong>de</strong>n Freiwilligen<br />
entlang <strong><strong>de</strong>r</strong> Glie<strong><strong>de</strong>r</strong>ungspunkte <strong>de</strong>s Berichts die<br />
mentale Vorbereitung auf das jeweilige Seminar.<br />
Die Programmverantwortlichen erhalten darüber<br />
wie<strong><strong>de</strong>r</strong>um einen Einblick in <strong>de</strong>n Grad <strong><strong>de</strong>r</strong> Erreichung<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>weltwärt</strong>s-Lernziele sowie in die Bedürfnislage<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen:<br />
Wenn z.B. 30 Prozent <strong><strong>de</strong>r</strong> Berichte Hinweise auf<br />
Unzufrie<strong>de</strong>nheit bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeit enthalten und 25<br />
Prozent die Unterstützung durch Mentorin o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Lan<strong>de</strong>sbüro bemängeln, sind einige im Seminar zu<br />
behan<strong>de</strong>ln<strong>de</strong> Themen vorgegeben, falls sie nicht<br />
schon im Vorfeld auf an<strong><strong>de</strong>r</strong>em Wege erschöpfend<br />
behan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n können.<br />
Berichte als Re*ektionsinstrument<br />
Die Freiwilligen wer<strong>de</strong>n durch das Berichten dazu<br />
angehalten , „ihre Erfahrungen im jeweiligen Berichtszeitraum<br />
zu reNektieren [und]
13<br />
etwa aufgetretene Probleme zu analysieren und<br />
Lösungsmöglichkeiten zu überlegen“. Die schriftliche<br />
Rekapitulation von komplexen Situationen<br />
und Sachverhalten, auch wenn dadurch keine Lösungen<br />
gefun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n, kann <strong>de</strong>n Erkenntnisprozesse<br />
<strong>de</strong>utlich för<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Sie schärft die Wahrnehmungsfähigkeit<br />
in Bezug auf das eigenen Denken<br />
und Verhalten und för<strong><strong>de</strong>r</strong>t da<strong>mit</strong> die Fähigkeit<br />
zur SelbstreNektion. Zu<strong>de</strong>m kann das Verschriftlichen<br />
dabei helfen, seelischen Druck wie Sorge,<br />
Angst und Wut abzubauen. Das trägt zur Stimmungsaufhellung<br />
bei und dient <strong>de</strong>m Gelingen ihres<br />
<strong>weltwärt</strong>s-Einsatzes.<br />
Hier bietet es sich an, wie in <strong>de</strong>n Berichten, ReNektionsfragen<br />
anzubieten, die die Freiwilligen zu bestimmten<br />
Themen o<strong><strong>de</strong>r</strong> zu bestimmten Zeitpunkten<br />
bearbeiten können. Diese können über das Jahr<br />
nachgereicht wer<strong>de</strong>n. So wer<strong>de</strong>n die Freiwilligen<br />
immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> angeregt ihre Erfahrungen bewusst<br />
zu reNektieren und da<strong>mit</strong> <strong>de</strong>n eigenen Lernprozess<br />
zu vertiefen.<br />
Empfehlungen<br />
Die schriftliche ReNektion und Dokumentation<br />
von Lernerfahrungen ist ein wertvolles Instrument<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> pädagogischen Arbeit. Es dient zum einem<br />
<strong>de</strong>m InformationsNuss zwischen Freiwilligen und<br />
Programmverantwortlichen, gleichzeitig kann es<br />
<strong>de</strong>n Lernprozess <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen vertiefen.<br />
Es emp:ehlt sich, schon in <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorbereitungsphase<br />
in Deutschland und dann während <strong>de</strong>s <strong>weltwärt</strong>s-Dienstes<br />
im Gastland darauf zu achten, dass<br />
diese Berichte von <strong>de</strong>n Freiwilligen nicht als leidige<br />
Disziplinierungs- o<strong><strong>de</strong>r</strong> gar Strafmaßnahme verstan<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n. So kann etwa an das vorhan<strong>de</strong>ne<br />
Mitteilungsbedürfnis <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen angeknüpft<br />
wer<strong>de</strong>n, wenn die<br />
„Das Verschriftlichen kann<br />
helfen, seelischen Druck wie<br />
Sorge, Angst und Wut<br />
abzubauen. Das trägt zur<br />
Stimmungsaufhellung bei<br />
und dient <strong>de</strong>m Gelingen<br />
ihres <strong>weltwärt</strong>s-Einsatzes.“<br />
Berichte trotz <strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />
einengen<strong><strong>de</strong>r</strong> Strukturvorgaben<br />
als<br />
Nebenprodukt ihrer<br />
an<strong><strong>de</strong>r</strong>weitigen<br />
schriftlichen Kommunikation<br />
(facebook, Rundbriefe,<br />
Artikel für Heimatzeitung) beworben wer<strong>de</strong>n,<br />
das relativ zügig erstellt wer<strong>de</strong>n kann. Zu<strong>de</strong>m<br />
kann die schriftliche LernreNektion und Dokumentation<br />
bewusst in die pädagogische Arbeit <strong>mit</strong><br />
aufgenommen wer<strong>de</strong>n. Die Freiwilligen können<br />
bereits in <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorbereitung angeregt wer<strong>de</strong>n ein<br />
Lerntagebuch zu führen, das ihnen als Grundlage<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Berichte dienen kann.<br />
41 <strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ
14<br />
Gegenseitige Beratung und voneinan<strong><strong>de</strong>r</strong> lernen:<br />
Qualitätssteigerung durch Vernetzung von Ansprechpartner/innen<br />
ei „<strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ“ lag die <strong>Konzept</strong>ion<br />
B und Umsetzung <strong><strong>de</strong>r</strong> pädagogischen Begleitung<br />
vor Ort von Beginn an in <strong><strong>de</strong>r</strong> Verantwortung<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> jeweiligen Län<strong><strong>de</strong>r</strong>büros. So entstand gera<strong>de</strong> in<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Anfangszeit eine große Vielfalt an <strong>Konzept</strong>en<br />
und Herangehensweisen. Die Komplexität <strong><strong>de</strong>r</strong> Programmgestaltung<br />
nahm beständig zu und machte<br />
<strong>de</strong>n Wunsch aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorgehensweise an<strong><strong>de</strong>r</strong>er Län<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
zu lernen, rasch <strong>de</strong>utlich. Um die Vielfalt zu<br />
nutzen und Synergien zu schaffen, wur<strong>de</strong>n durch<br />
Ansprechpartner/innen Austausch und Vernetzung<br />
initiiert, die über die Jahre institutionalisiert<br />
wur<strong>de</strong>n.<br />
Begonnen hat diese systematische Vernetzung <strong>mit</strong><br />
zaghaftem Emailkontakt zwischen <strong>de</strong>n Ansprechpartner/innen<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Nachbarlän<strong><strong>de</strong>r</strong>. Je<strong>de</strong>/r war <strong>mit</strong><br />
<strong>de</strong>m Programmaufbau im eigenen Land beschäftigt<br />
und zu wissen "Du bist nicht alleine", gab beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s<br />
zu Beginn Kraft, als es darum ging, in relativ<br />
kurzer Zeit ein Programm für 20 bis 50 Freiwillige<br />
aufzubauen. Gera<strong>de</strong> aus Mangel an <strong>de</strong>taillierten<br />
Vorgaben war dieser Austausch sehr wertvoll<br />
und gab neue Impulse und Umsetzungsi<strong>de</strong>en. Um<br />
nicht in je<strong>de</strong>m Land das Rad neu zu er:n<strong>de</strong>n und<br />
um einen gewissen Standard zu gewährleisten, gab<br />
es zunehmend Kontakt. Es wur<strong>de</strong>n Formulare<br />
ausgetauscht, Seminarstrukturen und -inhalte weiterentwickelt<br />
und Materialien und Formulare ausgetauscht.<br />
Als die Möglichkeit geschaffen wur<strong>de</strong>, regionale<br />
Treffen über die Begleitmaßnahmen <strong>de</strong>s BMZ zu<br />
:nanzieren, wur<strong>de</strong>n diese rasch in allen Regionen<br />
in die Tat umgesetzt.<br />
Jährlich stattPn<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Regionaltreffen<br />
Im Jahr 2009 fan<strong>de</strong>n die ersten Regionaltreffen für<br />
die Ansprechpartner/innen <strong><strong>de</strong>r</strong> Län<strong><strong>de</strong>r</strong> im Südlichen<br />
und Östlichen Afrika, in Westafrika, in Lateinamerika<br />
und in Asien statt. Diese wur<strong>de</strong>n von da an<br />
jährlich durchgeführt. Während bei <strong>de</strong>n ersten<br />
regionalen Treffen das gegenseitige Kennenlernen<br />
und die Schaffung eines Überblicks über die Vielfalt<br />
<strong>de</strong>s Programms im Vor<strong><strong>de</strong>r</strong>grund stand, wur<strong>de</strong><br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Austausch in <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Jahren <strong>de</strong>utlich<br />
fokussierter.<br />
Hinsichtlich <strong><strong>de</strong>r</strong> pädagogischen Begleitung wur<strong>de</strong>n<br />
hier <strong>Konzept</strong>e für Seminare ausgetauscht und gemeinsam<br />
weiterentwickelt, Fragen zum Mentoring<br />
besprochen, gemeinsam Grundsatzdokumente wie<br />
ein Verhaltensko<strong>de</strong>x für die Freiwilligen entwickelt<br />
und Erfahrungen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Begleitung von Freiwilligen<br />
ausgetauscht. In Arbeitsgruppen und im Plenum<br />
wur<strong>de</strong> gemeinsam über De:nition und Rolle von<br />
Mentor/innen, Aufgaben und PNichten <strong><strong>de</strong>r</strong> Partnerorganisationen,<br />
Umgang <strong>mit</strong> KonNikten sowie<br />
über eine bessere Einbindung aller Beteiligten in<br />
das Freiwilligenprogramm diskutiert. Zum En<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>s Programms<br />
„In Arbeitsgruppen und im<br />
Plenum wur<strong>de</strong> gemeinsam<br />
über eine bessere Einbindung<br />
aller Beteiligten in das<br />
Freiwilligenprogramm diskutiert.“<br />
konnte gemeinsam<br />
das Vorgehen zum<br />
Ausstieg und <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Abschlussphase <strong>de</strong>s<br />
<strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
GIZ-Programms<br />
erarbeitet wer<strong>de</strong>n.<br />
Neben <strong>de</strong>n Ansprechpartner/innen und Kolleg/<br />
innen aus <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ-Zentrale in Bonn nahmen häu:g<br />
auch Vertreter/innen <strong><strong>de</strong>r</strong> Partnerorganisationen<br />
und Mentor/innen teil. Eine sehr gute Erfahrung<br />
war die jährliche Rotation <strong><strong>de</strong>r</strong> Tagung durch die<br />
regional beteiligten Län<strong><strong>de</strong>r</strong>büros. Dadurch konnten<br />
immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Vertreter/innen von Partnerorganisationen<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>e ins Programm Involvierte<br />
einbezogen wer<strong>de</strong>n.<br />
„Die Möglichkeit sich auch <strong>mit</strong> regionalen Partnerorganisationen<br />
aus an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n zu vernetzen,<br />
war für mich und meine Arbeit für <strong>weltwärt</strong>s dabei<br />
sehr wertvoll. Ich habe diesen Austausch auf <strong>de</strong>n<br />
Treffen immer sehr, sehr genossen und gera<strong>de</strong> die<br />
Perspektiven, die von <strong>de</strong>n unterschiedlichen Akteuren<br />
eingebracht wur<strong>de</strong>n, sehr geschätzt. Die<br />
Chance, eigene Partnerorganisationen <strong>mit</strong> zu <strong>de</strong>n<br />
Treffen einzula<strong>de</strong>n, war meines Erachtens sehr<br />
wichtig und sinnvoll und trug zum beidseitigen<br />
besseren Programmverständnis und KontaktpNege<br />
bei. Sie för<strong><strong>de</strong>r</strong>te zu<strong>de</strong>m die interkulturelle Achtsamkeit.<br />
Pädagogische Dokumentation<br />
42
14<br />
Die Arbeit <strong>mit</strong> <strong>de</strong>n Partnerorganisationen bot mir<br />
bei diesem "weißen" Programm einen guten Startpunkt,<br />
<strong>de</strong>n man/frau im Blick auf Partnerschaftlichkeit<br />
und Beidseitigkeit hätte gerne noch weiter<br />
ausbauen können.“ (Katja Gruber).<br />
Weiterbildung im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Netzwerktreffen<br />
Durch <strong>de</strong>n Austausch und die Vernetzung wur<strong>de</strong><br />
auch <strong><strong>de</strong>r</strong> hohe Anspruch <strong>de</strong>s <strong>weltwärt</strong>s-<br />
Programms an die pädagogischen Fähigkeiten <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Begleiter/innen <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen <strong>de</strong>utlich. In Kon-<br />
Nikten zu ver<strong>mit</strong>teln, <strong>mit</strong> Krisen <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen<br />
umzugehen und <strong>de</strong>m daraus entstehen<strong>de</strong>n psychischen<br />
Druck Stand zu halten, Seminare zu gestalten,<br />
usw. erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>n ein hohes Maß an kommunikativer,<br />
didaktischer und methodischer Kompetenz.<br />
Dem Wunsch nach Weiterbildungen in diesen<br />
Bereichen konnte auch über die Regionaltreffen<br />
nachgekommen wer<strong>de</strong>n. Dazu wur<strong>de</strong>n externe<br />
Referent/innen eingela<strong>de</strong>n, es gab gegenseitige<br />
kollegiale Beratungen und Inputs.<br />
„Es fan<strong>de</strong>n Weiterbildungen<br />
zum Umgang <strong>mit</strong> Kon*ikten<br />
und Krisen, zur Seminarkonzeption<br />
und zu Didaktik<br />
und Methodik statt.“<br />
Zwischen 2009 und 2010 wur<strong>de</strong>n in drei Regionen<br />
pädagogische Weiterbildungen im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Regionaltreffen von ASA durchgeführt, die als<br />
Kooperationspartner in Deutschland für die Auswahl<br />
und Vorbereitung <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen zuständig<br />
waren. In Rahmen dieser Train-the-Trainer-<br />
Seminare konnten auch die Abstimmung zur Vorbereitung<br />
vertieft und die Ziele <strong><strong>de</strong>r</strong> verschie<strong>de</strong>nen<br />
Seminare besprochen<br />
wer<strong>de</strong>n. Auf<br />
diesem Wege wur<strong>de</strong><br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> rote Fa<strong>de</strong>n<br />
durch die Seminare<br />
gestärkt. So entstand<br />
zum Beispiel<br />
die I<strong>de</strong>e, <strong>de</strong>n Ansprechpartner/innen nach je<strong>de</strong>m<br />
Vorbereitungsseminar eine ausführliche Dokumentation<br />
über Metho<strong>de</strong>n und Seminarbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>heiten<br />
zu schicken, auf Basis <strong><strong>de</strong>r</strong>er die Seminare<br />
vor Ort angepasst wer<strong>de</strong>n konnten. Dieses Vorgehen<br />
wur<strong>de</strong> von diesem Zeitpunkt an eingesetzt<br />
und konnte die Abstimmung <strong><strong>de</strong>r</strong> pädagogischen<br />
Arbeit <strong>de</strong>utlich verbessern. Bei diesen Seminaren<br />
fan<strong>de</strong>n darüber hinaus Weiterbildun-<br />
gen zum Umgang <strong>mit</strong> KonNikten und Krisen, zur<br />
Seminarkonzeption und zu Fragen von Didaktik<br />
und Methodik statt. So wur<strong>de</strong> klar, wie die pädagogische<br />
Arbeit auf <strong>de</strong>n Vorbereitungsseminaren<br />
erfolgt und darüber hinaus konkrete Inputs zu<br />
Themen wie Privilegien/Rassismus o<strong><strong>de</strong>r</strong> Interkulturalität<br />
gegeben und <strong>mit</strong>einan<strong><strong>de</strong>r</strong> diskutiert wer<strong>de</strong>n.<br />
Qualitätssteigerung durch Austausch<br />
Regionale Vernetzung be<strong>de</strong>utet Austausch vor<br />
einem ähnlichen Hintergrund, bei <strong>de</strong>m eine hohe<br />
Wahrscheinlichkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Übertragbarkeit von Lösungsansätzen<br />
gegeben ist. Regionaler Austausch<br />
be<strong>de</strong>utet auch, dass sich die Kolleg/innen persönlich<br />
kennen lernen und bei Bedarf kollegial beraten<br />
können. Dieser kollegiale Austausch, die Vernetzung<br />
von Ansprechpartner/innen, Vertreter/innen<br />
von Partnerorganisationen und Mentor/innen und<br />
die pädagogischen Weiterbildungen haben die<br />
Professionalität und die Qualität <strong>de</strong>s <strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong><br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ-Programms insgesamt <strong>de</strong>utlich erhöht.<br />
43 <strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ
15<br />
Rückblick – Augenblick – Ausblick<br />
Nachbereitung als Schnittstelle zwischen Freiwilligendienst und zukünftigem Engagement<br />
ach einem Jahr leben, lernen und arbeiten im<br />
N Globalen Sü<strong>de</strong>n be<strong>de</strong>utet die Rückkehr nach<br />
Deutschland für viele Freiwillige einen Eintritt in<br />
eine turbulente Lebensphase. Neben <strong>de</strong>m Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>einleben<br />
in Deutschland, ziehen viele in eine an<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />
Stadt, beginnen Studium o<strong><strong>de</strong>r</strong> Ausbildung, einige<br />
steigen wie<strong><strong>de</strong>r</strong> ins Berufsleben ein. Neue<br />
Wohnsituation, neues soziales Umfeld, neue Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen;<br />
da bleibt häu:g wenig Zeit das<br />
Erlebte noch einmal bewusst zu reNektieren. Die<br />
oft gehörte Pauschalfrage <strong>de</strong>s persönlichen Umfel<strong>de</strong>s<br />
„Und, wie war´s?“ lädt nur selten dazu ein,<br />
in die Tiefe zu gehen. Die allgemeine Wahrnehmung,<br />
keine/r hört mir zu o<strong><strong>de</strong>r</strong> interessiert sich für<br />
meine Erfahrungen ist verunsichernd und frustrierend.<br />
Die oft drängen<strong>de</strong> Motivation sich zu engagieren<br />
und Kontakte zum Umfeld im Partnerland<br />
zu halten wird über<strong>de</strong>ckt von <strong>de</strong>n zeitintensiven<br />
Aktivitäten zur Gestaltung <strong>de</strong>s neuen Lebensumfel<strong>de</strong>s.<br />
Hier bietet das Nachbereitungsseminar die<br />
optimale Möglichkeit, Abstand zu gewinnen, um<br />
die eigenen Erfahrungen und die aktuelle Situation<br />
im Austausch <strong>mit</strong> Gleichgesinnten zu reNektieren.<br />
Darüber hinaus bietet es die Chance, <strong>de</strong>n Teilnehmen<strong>de</strong>n<br />
ihre Rolle als Multiplikator/innen im Sinne<br />
<strong>de</strong>s Globalen Lernens noch einmal bewusst zu<br />
machen und dafür nötige Metho<strong>de</strong>n und Inhalte<br />
zu ver<strong>mit</strong>teln.<br />
Seminarahmen und pädagogische Begleitung<br />
Die Nachbereitungsseminare sind verpNichten<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Bestandteil <strong>de</strong>s <strong>weltwärt</strong>s-Programms und gleichzeitig<br />
ist für viele Rückkehren<strong>de</strong> die Teilnahme<br />
aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> beschriebenen Umstän<strong>de</strong> herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>nd.<br />
Um die Be<strong>de</strong>utung <strong><strong>de</strong>r</strong> Teilnahme von Seiten<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ <strong>de</strong>utlich zu machen, erhielten die ehemaligen<br />
Freiwilligen ohne Nachbereitungsseminar<br />
nur eine eingeschränkte Teilnahmebescheinigung<br />
am <strong>weltwärt</strong>s-Programm. Die größte Motivation<br />
zu <strong>de</strong>n Seminaren zu kommen, war jedoch die<br />
Aussicht auf das Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>sehen <strong>mit</strong> bekannten Mitfreiwilligen<br />
und die guten Erfahrungen <strong>mit</strong> <strong>de</strong>n<br />
pädagogischen Angeboten <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ. Über 90 Prozent<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen nahmen das Angebot <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Nachbereitungsseminaren an.<br />
Die fünftägigen Seminare waren auf maximal 55<br />
Personen begrenzt. Für die Mo<strong><strong>de</strong>r</strong>ation und Prozessgestaltung<br />
stan<strong>de</strong>n pro Seminar ein Team von<br />
ein/e Seminarleiter/in und fünf Teamer/innen die<br />
durch zwei Seminarassistenten unterstützt wur<strong>de</strong>,<br />
zur Verfügung. Alle pädagogischen Mitarbeiter/<br />
innen kannten <strong>de</strong>n Prozess <strong><strong>de</strong>r</strong> Rückkehr aus <strong>de</strong>m<br />
Ausland aus eigenem Erleben und verfügten über<br />
umfangreiche pädagogische Erfahrungen. Viele<br />
Team<strong>mit</strong>glie<strong><strong>de</strong>r</strong> hatten selbst als Freiwillige o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
<strong>mit</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Verträgen längere Zeit im Ausland<br />
gelebt. Zu<strong>de</strong>m kam auf je<strong>de</strong>s Seminar eine hauptamtliche<br />
Vertreter/in <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ.<br />
Ziele und Inhalte <strong><strong>de</strong>r</strong> Nachbereitung<br />
<strong>Konzept</strong>ionell basierte das Nachbereitungsseminar<br />
auf zwei parallel laufen<strong>de</strong>n Strängen. Zum einen<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> ReNektion <strong><strong>de</strong>r</strong> Teilnehmen<strong>de</strong>n zu Rückblick,<br />
Augenblick und Ausblick, zum an<strong><strong>de</strong>r</strong>en die Abstraktion<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> persönlich, individuellen Sicht auf die<br />
gesellschaftliche Ebene.<br />
„Die Nachbereitungsseminare<br />
boten die Möglichkeit,<br />
<strong>de</strong>n Auslandsaufenthalt <strong>mit</strong><br />
etwas Distanz über die individuelle<br />
Bearbeitungsebene<br />
hinaus zu re*ektieren.“<br />
Als Schnittstelle zwischen <strong>de</strong>m Auslandsaufenthalt<br />
und <strong>de</strong>m Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>einleben in Deutschland unterstützten<br />
die fünf Seminartage die Rückkehrer/<br />
innen dabei, sowohl das Erlebte im Sinne eines<br />
Rückblicks auf <strong>de</strong>n Aufenthalt im Partnerland als<br />
auch die Gegenwart im Sinne <strong><strong>de</strong>r</strong> persönlichen<br />
Situation, <strong>de</strong>s Augenblicks und Ankommens in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Herkunftsgesellschaft<br />
zu betrachten.<br />
Die Nachbereitungsseminare<br />
boten die Möglichkeit,<br />
<strong>de</strong>n Auslandsaufenthalt<br />
<strong>mit</strong> etwas Distanz<br />
über die individuelle Bearbeitungsebene hinaus <strong>mit</strong><br />
Menschen, die ähnliche o<strong><strong>de</strong>r</strong> gleiche Erfahrungen<br />
gemacht haben zu reNektieren. Der Ausblick umfasste<br />
die Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung <strong>mit</strong> ihrer Rolle als<br />
Multiplikator/innen und die dafür nötigen Kompetenzen<br />
und Netzwerke <strong><strong>de</strong>r</strong> entwicklungspolitischen<br />
Bildungsarbeit.<br />
Pädagogische Dokumentation<br />
44
15<br />
In allen Teilschritten wur<strong>de</strong> darüber hinaus <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Versuch unternommen, die persönliche, individuelle<br />
Sicht auf eine gesellschaftliche Ebene zu abstrahieren,<br />
um daraus Handlungskompetenzen auf<br />
verschie<strong>de</strong>nsten Ebenen generieren zu können. Im<br />
Folgen<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n die Ziele und Inhalte <strong><strong>de</strong>r</strong> Nachbereitung<br />
anhand <strong><strong>de</strong>r</strong> drei Bereiche Rückblick,<br />
Augenblick und Ausblick vorgestellt, sowie<br />
exemplarisch zu empfehlen<strong>de</strong> Einheiten hervorgehoben.<br />
Rückblick<br />
Eine tief greifen<strong>de</strong> ReNektion <strong><strong>de</strong>r</strong> gemachten Erfahrungen<br />
ist die Basis für ein weiteres Engagement<br />
als Mulitplikator/in im Sinne <strong>de</strong>s Globalen<br />
Lernens. Erst die Bewusstheit über die erfolgten<br />
Lernschritte, die gewonnenen Fähigkeiten und die<br />
gemeisterten Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen, ermöglichen ein<br />
Engagement jenseits eines unreNektierten Aktionismus.<br />
Dafür setzten sich die Teilnehmen<strong>de</strong>n auf<br />
<strong>de</strong>m Seminar <strong>mit</strong> ihren persönlichen Erfahrungen<br />
auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>. Ein beson<strong><strong>de</strong>r</strong>er Fokus lag dabei auf<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> ReNektion interkultureller Begegnungen und<br />
die Sicht auf bzw. die Kommunikation über die<br />
gesammelten Erfahrungen. Methodisch spielte in<br />
dieser ersten Phase <strong>de</strong>s Seminars <strong><strong>de</strong>r</strong> Erfahrungsaustausch<br />
in <strong><strong>de</strong>r</strong> Kleingruppe die zentrale Rolle.<br />
Gera<strong>de</strong> hier war es wichtig, <strong>de</strong>n Gruppenprozess<br />
so zu gestalten, dass die Teilnehmen<strong>de</strong>n die nötige<br />
Vertrautheit und Offenheit für einen persönlichen<br />
Austausch verspürten.<br />
Zu einem intensiven Rückblick gehörten die Rückmeldungen<br />
an die Entsen<strong>de</strong>organisation. Hier hatten<br />
die Teilnehmen<strong>de</strong>n die Möglichkeit Kritik, Lob<br />
und Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungsvorschläge an die GIZ heranzutragen,<br />
um so zu einer Optimierung und Qualitätssicherung<br />
<strong>de</strong>s Programms beizutragen. Durch die<br />
Anwesenheit <strong><strong>de</strong>r</strong> hauptamtlichen Vertreter/in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
GIZ sollte <strong>de</strong>utlich wer<strong>de</strong>n, wie ernst die Rückmeldungen<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen genommen wur<strong>de</strong>n.<br />
So konnte darüber hinaus auch ein Dialog entstehen,<br />
in <strong>de</strong>m beidseitig Fragen geklärt und bei Bedarf<br />
Verständnis füreinan<strong><strong>de</strong>r</strong> entwickelt wer<strong>de</strong>n.<br />
Eine im Lauf <strong><strong>de</strong>r</strong> Jahre entwickelte Metho<strong>de</strong> zur<br />
Unterstützung <strong><strong>de</strong>r</strong> ReNektion <strong>de</strong>s Auslandsaufenthaltes<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Teilnehmen<strong>de</strong>n war das so genannte<br />
Rückehrener/innenspiel. Dadurch wur<strong>de</strong>n die Teilnehmen<strong>de</strong>n<br />
spielerisch dazu ermutigt in <strong>de</strong>n Erfahrungsaustausch<br />
zu treten und viele verschie<strong>de</strong>ne<br />
Themen anzusprechen und zu reNektieren.<br />
Das Spielbrett umfasste verschie<strong>de</strong>ne Fel<strong><strong>de</strong>r</strong> die<br />
Themen symbolisierten. Die Teilnehmen<strong>de</strong>n erhielten<br />
Spiel:guren und würfelten nacheinan<strong><strong>de</strong>r</strong>.<br />
Je nach<strong>de</strong>m welches Feld sie erreichten, erhielten<br />
sie eine Frage zu <strong>de</strong>m betreffen<strong>de</strong>n Thema. Sie<br />
lan<strong>de</strong>ten z.B. auf <strong>de</strong>m Feld Wan<strong>de</strong>l und die dazugehörige<br />
Frage lautete: Was hat sich am stärksten<br />
in dir verän<strong><strong>de</strong>r</strong>t? Darüber kam ein Gespräch in<br />
Gang, an <strong>de</strong>m alle Teilnehmen<strong>de</strong>n Anteil hatten.<br />
Die folgen<strong>de</strong>n Bereiche wur<strong>de</strong>n dabei thematisiert:<br />
∗<br />
∗<br />
∗<br />
∗<br />
∗<br />
∗<br />
∗<br />
∗<br />
∗<br />
∗<br />
∗<br />
∗<br />
Ankommen und Erleben<br />
Liebe, Sex und Zärtlichkeit<br />
Alltag<br />
Scary Moments und Skurriles<br />
Reisen<br />
Wan<strong>de</strong>l<br />
Augenblick<br />
Ein Koffer voll Deutschland<br />
Pantomime<br />
Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen und Grenzerfahrungen<br />
Rund ums Projekt<br />
Gesellschaft und Politik<br />
Wie<strong><strong>de</strong>r</strong> da<br />
Neben <strong>de</strong>m Beginn einer komplett neuen Lebensphase<br />
im Studium o<strong><strong>de</strong>r</strong> Beruf, erleben die Freiwilligen<br />
nicht selten und auch nicht immer bewusst<br />
einen Reverse culture shock, das Phänomen <strong>de</strong>s<br />
Kulturschocks bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Rückkehr aus <strong>de</strong>m Ausland<br />
in das „neue“ alte Deutschland. Dieser kann sehr<br />
unterschiedlich intensiv ausfallen, da es trotz Sensibilisierung<br />
auf <strong>de</strong>m Endseminar im Partnerland<br />
häu:g schwer vorstellbar ist, sich in <strong><strong>de</strong>r</strong> „Heimat“<br />
nur schwer zu Recht zu :n<strong>de</strong>n.<br />
45 <strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ
15<br />
Ausblick<br />
Auf <strong>de</strong>n Nachbereitungsseminaren tauschten sich<br />
die Teilnehmen<strong>de</strong>n in verschie<strong>de</strong>nen Arbeitseinheiten<br />
über ihre Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Rückkehr<br />
aus. Gegenseitig unterstützten sie sich dabei,<br />
<strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> neuen Situation umzugehen. Im Moment<br />
<strong>de</strong>s Augenblicks konnten sich die Teilnehmen<strong>de</strong>n<br />
zu<strong>de</strong>m ihre neu gewonnenen Kompetenzen und<br />
verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ten Sichtweisen austauschen und reNektieren.<br />
Außer<strong>de</strong>m wur<strong>de</strong>n erste Erfahrungen <strong>mit</strong><br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Berichterstattung über ihre Auslandszeit in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Familie o<strong><strong>de</strong>r</strong> im Freun<strong>de</strong>skreis ausgetauscht. Die<br />
Phänomene, sich oft nicht verstan<strong>de</strong>n zu fühlen<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> kein Interesse entgegen gebracht zu bekommen<br />
waren sehr stark und Inhalt für Gespräche in<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Gruppe o<strong><strong>de</strong>r</strong> auch im informellen Austausch.<br />
Viele Teilnehmen<strong>de</strong> erfuhren allein schon durch<br />
die Wahrnehmung, dass an<strong><strong>de</strong>r</strong>e die gleichen Erfahrungen<br />
machen, eine große Unterstützung für <strong>de</strong>n<br />
weiteren Prozess <strong>de</strong>s Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>einlebens.<br />
Zwei Module sind im Programm hervorzuheben,<br />
die <strong>de</strong>n Rückkehren<strong>de</strong>n Anregungen und Hilfestellung<br />
gaben, die Erfahrungen leichter in <strong>de</strong>n Alltag<br />
zu transferieren. Zum einen setzten sich die Rückkehren<strong>de</strong>n<br />
erneut intensiv <strong>mit</strong> ihrem Umgang <strong>mit</strong><br />
Bil<strong><strong>de</strong>r</strong>n und Sprache auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>. Gera<strong>de</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Phase in <strong><strong>de</strong>r</strong> die Rückkehren<strong>de</strong>n viel von ihrem<br />
<strong>weltwärt</strong>s-Jahr berichten und Engagement sehr<br />
eng an <strong>de</strong>n eigenen Auslandsaufenthalt gekoppelt<br />
ist, ist eine Sensibilisierung für eine differenzierte<br />
Berichterstattung sehr wertvoll bei <strong><strong>de</strong>r</strong> För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />
eines Engagements im Sinne <strong>de</strong>s Globalen Lernens.<br />
Zum an<strong><strong>de</strong>r</strong>en setzten sich die Teilnehmen<strong>de</strong>n wie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
intensiv <strong>mit</strong> Rassismus, Weißsein und Privilegien<br />
auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>. Dieses Modul bot einen Rahmen,<br />
sich <strong>mit</strong> eigenen Erfahrungen auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>zusetzen<br />
und unterschiedliche Perspektiven auf Rassismus<br />
und Strukturen <strong><strong>de</strong>r</strong> Ausgrenzung kennen zu<br />
lernen. Die Teilnehmen<strong>de</strong>n erhielten die Möglichkeit,<br />
noch einmal einen Bogen zu spannen, von <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Zeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorbereitung, wo die Beschäftigung <strong>mit</strong><br />
<strong>de</strong>m Themenkomplex fester Bestandteil war, <strong>mit</strong><br />
<strong>de</strong>m Spiegeln und Ergänzen eigener Erfahrungen<br />
aus ihren Partnerlän<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<br />
Pädagogische Dokumentation<br />
46<br />
Bereits im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> ReNektion stellten die Teilnehmen<strong>de</strong>n<br />
durch <strong>de</strong>n Austausch in <strong><strong>de</strong>r</strong> Gruppe<br />
ihre Erfahrungen in einen größeren Kontext. Dies<br />
wur<strong>de</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> Phase <strong>de</strong>s Ausblicks durch <strong>de</strong>n Fokus<br />
auf das zukünftige Engagement verstärkt.<br />
Um die gemachten Erfahrungen im Sinne <strong>de</strong>s Globalen<br />
Lernens einsetzen zu können, hatten die<br />
Teilnehmen<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>m Seminar die Möglichkeit<br />
sich Wissen über Themen <strong>de</strong>s entwicklungspolitischen<br />
Engagements anzueignen und interaktive<br />
und partizipative Metho<strong>de</strong>n für ein gesellschaftspolitisches<br />
Engagement kennen zu lernen.<br />
Ein hoher Bedarf zur Unterstützung <strong>de</strong>s Engagements<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Rückkehren<strong>de</strong>n besteht im Kennenlernen<br />
von Netzwerken, unterstützen<strong>de</strong>n Institutionen,<br />
Quali:zierungsmöglichkeiten und aktiven<br />
Gruppen. Dafür fand auf <strong>de</strong>n Seminaren ein Markt<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Möglichkeiten statt, auf <strong>de</strong>m sich die Teilnehmen<strong>de</strong>n<br />
über Wege in das Engagement informieren<br />
konnten. Dort erhielten sie speziell Informationen<br />
zu WinD<br />
„Die Rückkehren<strong>de</strong>n konnten<br />
an Workshops teilnehmen, um<br />
ihr inhaltliches Wissen zu<br />
vertiefen und Handlungsoptionen<br />
zu eruieren.“<br />
(<strong>weltwärt</strong>s in<br />
Deutschland)<br />
sowie über Bildung<br />
trifft Entwicklung.<br />
Diese<br />
Programme bieten<br />
die Möglichkeit, eigene I<strong>de</strong>en <strong>de</strong>s sozial- und<br />
entwicklungspolitischen Engagements umzusetzen.<br />
Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Aufmerksamkeit erhielt in <strong>de</strong>n letzten<br />
Jahren die Initiative Zugvögel, die von Rückkehren<strong>de</strong>n<br />
gegrün<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>. Sie hat sich zum Ziel<br />
gesetzt auch jungen Menschen aus <strong>de</strong>m Globalen<br />
Sü<strong>de</strong>n einen Freiwilligendienst in Deutschland zu<br />
ermöglichen und da<strong>mit</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> praktischen Umsetzung,<br />
wie in <strong><strong>de</strong>r</strong> politischen Lobbyarbeit große Erfolge<br />
vorzuweisen. Für viele Teilnehmen<strong>de</strong> war es<br />
beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s wertvoll, ein so praktisches Beispiel für<br />
erfolgreiches und sichtbares Engagement vorgestellt<br />
zu bekommen.
15<br />
Darüber hinaus konnten die Teilnehmen<strong>de</strong>n eigene<br />
Themen in einem Open Space formulieren und<br />
in Form von Kurzworkshops inhaltlich bearbeiten.<br />
Hier wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Raum für die (Weiter-) Entwicklung<br />
von I<strong>de</strong>en und Perspektiven <strong><strong>de</strong>r</strong> Rückkehrarbeit<br />
bzw. zum Austausch und <strong>de</strong>m Vertiefen von<br />
Themen ermöglicht.<br />
Zusätzlich konnten die Rückkehren<strong>de</strong>n an inhaltlichen<br />
und methodischen Workshops zur Entwicklungszusammenarbeit<br />
und sozialkritischen Themen<br />
teilnehmen, um ihr inhaltliches Wissen zu<br />
vertiefen und Handlungsoptionen zu eruieren.<br />
Fazit<br />
Die komplexen Erfahrungshintergrün<strong>de</strong> und die<br />
sehr unterschiedlichen Erwartungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Teilnehmen<strong>de</strong>n<br />
an die Nachbereitungsseminare stellten<br />
eine große pädagogische und organisatorische<br />
Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung an das Seminarteam dar. Es bestand<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Anspruch, dass alle 55 Teilnehmen<strong>de</strong>n<br />
in gleichem Maße vom Seminarprogramm angesprochen<br />
wur<strong>de</strong>n. Gleichzeitig sollte <strong><strong>de</strong>r</strong> Raum<br />
geboten wer<strong>de</strong>n, die individuellen Bedürfnisse<br />
nach Erfahrungsaustausch zu ermöglichen. Durch<br />
sehr kompetente Teamer/innen und Seminarleitungen<br />
wur<strong>de</strong> dieser Anspruch ernst genommen<br />
und verwirklicht.<br />
Das skizzierte Programm wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n fünf Jahren<br />
<strong>de</strong>s Bestehens <strong>de</strong>s <strong>weltwärt</strong>s-Programms in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
GIZ kontinuierlich fortentwickelt. Es lebte von <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
reNektierten Erfahrung <strong><strong>de</strong>r</strong> Teams, <strong>de</strong>n koordinieren<strong>de</strong>n<br />
Arbeitseinheiten bei Engagement Global<br />
und <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ sowie <strong>de</strong>n sich immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> neu :n<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />
Teilnehmern/innengruppen. Die auf allen<br />
Ebenen etablierten Module <strong><strong>de</strong>r</strong> Evaluation, die<br />
jährlich statt:n<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Auswertungs-und Planungsworkshops<br />
von Engagement Global und die<br />
kontinuierliche Fortbildung und Begleitung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Teams gewährleisten einen optimalen Wissenstransfer<br />
und eine qualitativ hochwertige Nachbereitung.<br />
47 <strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ
16<br />
Engagement professionell begleiten.<br />
Die Unterstützung <strong><strong>de</strong>r</strong> Rückkehren<strong>de</strong>n in ihrer Rolle als Multiplikator/innen<br />
eltwärts — wie auch an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Freiwilligendienste,<br />
die junge Menschen in Län<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s<br />
W<br />
Globalen Sü<strong>de</strong>ns entsen<strong>de</strong>n — versteht sich in erster<br />
Linie als Lernprogramm. Die Teilnehmen<strong>de</strong>n<br />
machen Erfahrungen in einem neuen Kontext, lernen<br />
praktisch globale Zusammenhänge kennen<br />
und erweitern ihren Horizont und ihre Perspektiven.<br />
Das Ziel von <strong>weltwärt</strong>s ist jedoch nicht nur die<br />
Weiterentwicklung und Potentialentfaltung seiner<br />
Teilnehmen<strong>de</strong>n, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch dass die Teilnehmen<strong>de</strong>n<br />
die gemachten Erfahrungen für ein zivilgesellschaftliches<br />
Engagement nutzen. Rückkehren<strong>de</strong><br />
sollen Multiplikator/innen wer<strong>de</strong>n und im<br />
Sinne <strong>de</strong>s Globalen Lernens ihre Erfahrungen weitergeben<br />
und EinNuss nehmen. Die letzten Jahre<br />
zeigen, dass die Motivation für ein Engagement<br />
<strong>de</strong>utlich gesteigert wird, wenn die Rückkehren<strong>de</strong>n<br />
Netzwerke haben in <strong>de</strong>nen sie <strong>mit</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>en zusammen<br />
aktiv wer<strong>de</strong>n können. Darüber hinaus bedarf<br />
es häu:g weiterer Fortbildungsangebote um <strong>de</strong>n<br />
Rückehren<strong>de</strong>n Inhalte und Metho<strong>de</strong>n zu ver<strong>mit</strong>teln,<br />
die ein reNektiertes Engagement möglich<br />
machen.<br />
Rückkehrarbeit als Kern <strong><strong>de</strong>r</strong> Bildungsarbeit<br />
Junge Menschen, die ein Jahr lang Erfahrungen in<br />
einem Land <strong>de</strong>s Globalen Sü<strong>de</strong>ns sammeln konnten,<br />
scheinen dazu prä<strong>de</strong>stiniert, daran <strong>mit</strong>zuwirken,<br />
unsere Gesellschaft toleranter, weltoffener<br />
und sozial gerechter zu machen. Diese Überlegung<br />
gab es schon Anfang 2009, während sich <strong><strong>de</strong>r</strong> erste<br />
große Schwung von <strong>weltwärt</strong>s-Freiwilligen noch<br />
„draußen“ engagierte. Dort hatte man das Potenzial<br />
ehemaliger Entwicklungshelfer/innen für die<br />
entwicklungspolitische Bildungsarbeit längst erkannt<br />
und nutzte nun diese Erfahrungen für einen<br />
neuen Ansatz, die über <strong>de</strong>n DED entsen<strong>de</strong>ten<br />
<strong>weltwärt</strong>s-Freiwilligen nach ihrer Rückkehr als<br />
Botschafterinnen und Botschafter für entwicklungspolitisches<br />
Engagement einzusetzen. So wur<strong>de</strong><br />
das Programm <strong>weltwärt</strong>s in Deutschland<br />
(WinD) ins Leben gerufen. Da<strong>mit</strong> zählt <strong><strong>de</strong>r</strong> DED zu<br />
<strong>de</strong>n Pionieren im Bereich <strong><strong>de</strong>r</strong> Rückkehrarbeit <strong>mit</strong><br />
<strong>weltwärt</strong>s-Freiwilligen.<br />
WinD sowie weitere Angebote für zurückgekehrte<br />
Freiwillige wur<strong>de</strong> nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Neuordung <strong><strong>de</strong>r</strong> staatlichen<br />
Organisationen <strong><strong>de</strong>r</strong> Entwicklungszusammenarbeit<br />
und <strong><strong>de</strong>r</strong> da<strong>mit</strong> verbun<strong>de</strong>nen AuNösung <strong>de</strong>s<br />
DED 2011 zunächst von <strong><strong>de</strong>r</strong> Deutschen Gesellschaft<br />
für Internationale Zusammenarbeit (GIZ)<br />
weitergeführt. Seit 2012 ist WinD bei Engagement<br />
Global gGmbH – Service für Entwicklungsinitiativen.<br />
„Ein Ziel von <strong>weltwärt</strong>s ist,<br />
dass die Teilnehmen<strong>de</strong>n die<br />
gemachten Erfahrungen für<br />
zivilgesellschaftliches<br />
Engagement nutzen.“<br />
Rückkehrarbeit <strong>mit</strong> Freiwilligen sollte ein Kernelement<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> entwicklungspolitischen Bildungsarbeit<br />
sein. Häu:g sind Freiwillige nach ihrer Rückkehr in<br />
zwei Fel<strong><strong>de</strong>r</strong>n eingesetzt: bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Werbung für die<br />
Entsen<strong>de</strong>programme<br />
und <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorbereitung<br />
von ausreisen<strong>de</strong>n<br />
Freiwilligen.<br />
Wir wissen aber,<br />
dass sie ähnlich wie<br />
zurückgekehrte<br />
Entwicklungshelfer/innen bei entsprechen<strong>de</strong>n<br />
Weiterbildungsangeboten wesentlich mehr in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
entwicklungspolitischen Bildungsarbeit leisten<br />
können. Denn in <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel sind zurückgekehrte<br />
Freiwillige sehr motiviert, über ihre Erfahrungen zu<br />
berichten und sich weiter zu engagieren. Sie wirken<br />
auf ihr Umfeld und ihre Peer-Group. Da<strong>mit</strong> dieses<br />
Potenzial nachhaltig in Wert gesetzt wird, sollten<br />
nach <strong>de</strong>m Bildungszyklus von Vor-, Zwischen- und<br />
Nachbereitungsseminarenspezi:sche Weiterbildungen<br />
und (:nanzielle) Unterstützung angeboten<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Die Angebote sollten sich an <strong>de</strong>m Bedarf, <strong>de</strong>n Erfahrungen<br />
und Vorstellungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligen sowie<br />
an <strong>de</strong>n Rahmenbedingungen (Ressourcen, Zeit)<br />
orientieren. Denn die Themen und Metho<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s<br />
Engagements sind vielseitig. In ein <strong>Konzept</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Rückkehrarbeit sollten För<strong><strong>de</strong>r</strong>- und Bildungsformate<br />
einNießen, die diese Kriterien berücksichtigen.<br />
Bisher schon im Einsatz sind die folgen<strong>de</strong>n<br />
vier Formate:<br />
Pädagogische Dokumentation<br />
48
16<br />
1. Fachliche und :nanzielle Unterstützung von<br />
zurückgekehrten Freiwilligen, die ihre eigenen<br />
I<strong>de</strong>en umzusetzen.<br />
2. Weiterbildung, die zurückgekehrten Freiwilligen<br />
konkrete Möglichkeiten aufzeigt, ihre Erfahrungen<br />
kreativ in die Gesellschaft einzubringen.<br />
3. Weiterbildung, bei <strong><strong>de</strong>r</strong> zurückgekehrte Freiwillige<br />
sich <strong>mit</strong> Themen und Metho<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Globalen<br />
Lernens auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzen und ihre Erfahrungen<br />
reNektieren.<br />
4. Seminare, in <strong>de</strong>nen zurück gekehrte Freiwillige<br />
ihre Erfahrungen an die nächste Generation von<br />
Freiwilligen weitergeben können.<br />
Diese vier Formate wer<strong>de</strong>n aktuell in <strong><strong>de</strong>r</strong> Rückkehrarbeit<br />
<strong>mit</strong> Freiwilligen von verschie<strong>de</strong>nen Akteuren<br />
in unterschiedlichen Formen bedient. Engagement<br />
Global hat zu einigen dieser Formate bereits<br />
Angebote:<br />
WinD und BtE<br />
Das Programm <strong>weltwärt</strong>s in Deutschland (WinD)<br />
bietet zurückgekehrten Freiwilligen die Möglichkeit,<br />
eigene I<strong>de</strong>en weiterzuentwickeln und in Projekten<br />
umzusetzen. Sie wer<strong>de</strong>n fachlich und :nanziell<br />
unterstützt und lernen bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Umsetzung<br />
ihrer I<strong>de</strong>en beispielsweise professionelles Projektmanagement<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> Metho<strong>de</strong>n und Themen <strong>de</strong>s<br />
Globalen Lernens in die Gesellschaft zu tragen .So<br />
entwickeln sich die Freiwilligen zu kompetenten<br />
Multiplikator/innen in <strong><strong>de</strong>r</strong> entwicklungspolitischen<br />
Bildungsarbeit, die über eine längere Zeitspanne<br />
durch ihr Engagement beruNich wie privat<br />
unsere Gesellschaft <strong>mit</strong>gestalten.<br />
Die Attraktivität <strong>de</strong>s Programms belegen mehr als<br />
30 WinD-Gruppen im gesamten Bun<strong>de</strong>sgebiet, in<br />
<strong>de</strong>nen sich Freiwillige treffen, austauschen, gemeinsame<br />
Aktionen planen und durchführen. Die<br />
Aktionen sind vielfältig, sowohl im Hinblick auf die<br />
Themen als auch auf die Größe <strong><strong>de</strong>r</strong> Veranstaltung.<br />
Zum Beispiel fan<strong>de</strong>n in Jena im Rahmen einer Universitätsveranstaltung<br />
Podiumsdiskussionen und<br />
Workshops zum Thema Anti-Rassismus statt. So<br />
wur<strong>de</strong>n min<strong>de</strong>stens 300 Studieren<strong>de</strong> <strong>mit</strong> diesem<br />
Thema konfrontiert.<br />
In Tübingen setzten sich circa 30 Personen <strong>mit</strong><br />
<strong>de</strong>m Thema Ressourcenverteilung im Rahmen eines<br />
Global Dinners auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>. Am Welt-Aids-Tag<br />
gingen WinDler/innen in verschie<strong>de</strong>nen Städten<br />
auf die Straße, um <strong>mit</strong> Flyern, Flashmobs und<br />
durch Gespräche <strong>mit</strong> Passant/innen das Thema<br />
Auswirkungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Krankheit Aids auf unsere Welt<br />
zu thematisieren. Der Erfolg <strong>de</strong>s Engagements <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
ehemaligen Freiwilligen spiegelt sich sowohl in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Personen, die angeregt wer<strong>de</strong>n über<br />
globale Themen nachzu<strong>de</strong>nken, wie auch an <strong>de</strong>n<br />
Lernerfahrungen <strong><strong>de</strong>r</strong> WinDlerinnen, <strong><strong>de</strong>r</strong>en Projekte<br />
immer anspruchsvoller und kreativer wer<strong>de</strong>n.<br />
Das Programm Bildung trifft Entwicklung (BtE)<br />
bietet <strong>de</strong>n Freiwilligen die Möglichkeit als Bildungsreferentinnen<br />
Globales Lernen an Schulen, in<br />
Peer-Groups und an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Einrichtungen durchzuführen.<br />
Themen wie beispielsweise Alltag in Mali<br />
(Län<strong><strong>de</strong>r</strong>kun<strong>de</strong>), Wasserschutz als Ressourcenschutz,<br />
fairer Han<strong>de</strong>l am Beispiel von Schokola<strong>de</strong><br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> Menschenrechte wer<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n Bildungsreferentinnen<br />
zielgruppengerecht aufbereitet. Die<br />
authentische Ver<strong>mit</strong>tlung von Erlebtem und Erfahrungen<br />
steht hierbei im Mittelpunkt. Um als Referentin<br />
arbeiten<br />
„Ehemalige Freiwillige, die pädagogisch<br />
weitergebil<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>n,<br />
können an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Freiwilligen<br />
durch ihren Wissensschatz <strong>de</strong>n<br />
Weg in die Frem<strong>de</strong> und später<br />
<strong>de</strong>n Weg zurück in die Heimat<br />
bahnen. “<br />
zu können, ist<br />
eine Weiterbildung<br />
<strong>mit</strong> drei<br />
Modulen nötig.<br />
Bei BtE sind<br />
rund 30 Freiwillige<br />
als Bildungsreferent/<br />
innen aktiv und gestalten so jährlich um die 90<br />
Veranstaltungen an Schulen und Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>gärten.<br />
Das Seminarprogramm bietet Seminare zu Themen<br />
und Metho<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Globalen Lernens. Zurückgekehrte<br />
Freiwillige können dadurch ihre Kompetenzen<br />
erweitern, die sie für die Programme WinD und<br />
BtE brauchen. Jährlich wer<strong>de</strong>n hier etwa 70 Freiwillige<br />
weitergebil<strong>de</strong>t. Bei <strong>de</strong>n Vor- und Nachbereitungsseminaren<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ wur<strong>de</strong>n ehemalige Freiwillige<br />
als Seminarassistenzen und im Anschluss<br />
auch als Teamer/innen eingesetzt.<br />
49 <strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ
16<br />
Ehemalige Freiwillige, die pädagogisch weitergebil<strong>de</strong>t<br />
wur<strong>de</strong>n, können durch ihren Wissensschatz<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> jüngeren Generation von Freiwilligen, die gera<strong>de</strong><br />
ausreisen o<strong><strong>de</strong>r</strong> zurückkehren, besser als je<strong>de</strong><br />
an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Person <strong>de</strong>n Weg in die Frem<strong>de</strong> und später<br />
<strong>de</strong>n Weg zurück in die Heimat bahnen. Je<strong>de</strong>s Jahr<br />
hatten rund neun Freiwillige die Möglichkeit als<br />
Seminarassistenten eingesetzt zu wer<strong>de</strong>n, von<br />
<strong>de</strong>nen viele im darauffolgen<strong>de</strong>n Jahr als Teamer/<br />
in aktiv wur<strong>de</strong>n.<br />
Die Fortführung <strong><strong>de</strong>r</strong> ProgrammeWinD und BtEdurch<br />
Engagement Global (seit 2012) gewährleistet<br />
eine Kontinuität <strong><strong>de</strong>r</strong> Programme trotz aller<br />
strukturellen Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen. Und nicht nur das:<br />
Seit <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>weltwärt</strong>s-Entsendungen<br />
durch die GIZ stehen die Programme nicht mehr<br />
allein Rückkehren<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> staatlichen Entsen<strong>de</strong>organisation<br />
offen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n allen Freiwilligen, die<br />
aus Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong>de</strong>s Globalen Sü<strong>de</strong>ns zurückgekehrt<br />
und an entwicklungspolitischem Engagement<br />
interessiert sind. Das sind pro Jahr etwa 4.000<br />
junge Menschen. Darüber hinaus hat Engagement<br />
Global weitere Angebote für die Zielgruppe <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
zurückgekehrten <strong>weltwärt</strong>s-Freiwilligen, die sich<br />
entwicklungspolitisch engagieren möchten, beispielsweise<br />
<strong>de</strong>n Rückkehrtopf <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>weltwärt</strong>s-<br />
Koordinierungsstelle, das Aktionsgruppenprogramm<br />
und Angebote <strong>de</strong>s ASA-Programms.<br />
Thema ist hier unter an<strong><strong>de</strong>r</strong>em die schwierige Finanzierung<br />
von Rückkehrarbeit, da die Finanzierungstöpfe<br />
und Projekte <strong><strong>de</strong>r</strong> Rückkehrarbeit nur<br />
ehemaligen Freiwilligen eines Entsen<strong>de</strong>programmes<br />
zur Verfügung stehen. Dies geht aber an <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Realität vorbei, da Freiwillige Multiplikator/innen<br />
sind und in ihren Peer-Groups interessierte junge<br />
Menschen zu gemeinsamen Engagement begeistern.<br />
Eine Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung in <strong>de</strong>n nächsten Jahren<br />
wird auch sein, die Freiwilligen, die aus <strong>de</strong>m Globalen<br />
Sü<strong>de</strong>n nach Deutschland kommen so in die<br />
Rückkehrarbeit zu integrieren, dass für alle ein<br />
Mehrwert entsteht.<br />
Darüber hinaus sollte das Thema Wirkungsmessung<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Rückkehrarbeit <strong>mit</strong> Freiwilligen sowohl<br />
träger- als auch programmübergreifend und unter<br />
Einbeziehung <strong><strong>de</strong>r</strong> Organisationen <strong><strong>de</strong>r</strong> entwicklungspolitischen<br />
Bildungsarbeit angegangen<br />
wer<strong>de</strong>n. Gemeinsame Instrumente zur Evaluierung<br />
sind dazu genauso notwendig wie <strong><strong>de</strong>r</strong> Austausch<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Akteur/innen untereinan<strong><strong>de</strong>r</strong>. So können<br />
die Angebote zielgruppenorientiert verbessert<br />
und die Rückkehren<strong>de</strong>n da<strong>mit</strong> bestmöglich in<br />
ihrem Engagement gestärkt wer<strong>de</strong>n.<br />
Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen und Empfehlungen<br />
Die Rückkehrarbeit <strong>mit</strong> Freiwilligen steht im Bereich<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> entwicklungspolitischen Bildungsarbeit<br />
noch an ihrem Anfang, daraus ergeben sich viele<br />
Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen. Nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Evaluierung <strong>de</strong>s<br />
<strong>weltwärt</strong>s-Programmes wur<strong>de</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitsgruppe<br />
zu Rückkehrarbeit Verbesserungen diskutiert<br />
und als Ergebnis entsteht beispielsweise die<br />
Engagement-Landkarte.<br />
Auch die träger- und programmübergreifen<strong>de</strong><br />
Steuergruppe zu Rückkehrarbeit <strong>mit</strong> internationalen<br />
Freiwilligen hat es sich zur Aufgabe gemacht<br />
an <strong>de</strong>n Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen zu arbeiten.<br />
Pädagogische Dokumentation<br />
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51 <strong>weltwärt</strong>s <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> GIZ
Impressum<br />
Herausgeber<br />
Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH<br />
Sitz <strong><strong>de</strong>r</strong> Gesellschaft<br />
Bonn und Eschborn<br />
Spezialisierte Geschäftseinheit Entsendung Entwicklungshelfer S 500<br />
Gruppe <strong>weltwärt</strong>s S 560<br />
Friedrich-Ebert-Allee 40<br />
53113 Bonn<br />
Tel. + 49 (0) 228 4460 - 0<br />
Fax + 49 (0) 228 4460 - 1766<br />
info@giz.<strong>de</strong><br />
www.giz.<strong>de</strong><br />
Verantwortlich<br />
Erwin Wil<strong>de</strong> von Wil<strong>de</strong>mann<br />
Autor/innen<br />
Brigitte Banck-Salzer, Christine-Maria Baum, Tanja Dorn, Florin Feldmann, Julia Gruyters, Viviana Horalek, Renata Krzywon-<br />
Schramm, Anja Langer, Tork Liebezeit, Eva Lin<strong>de</strong>nlaub, Dominique Pannke, Nikaulis Ricart, Julia Sch<strong>mit</strong>z, Manfred Schumacher,<br />
Cornelia Stolzenberg, Monika Toussaint, Ulrike von Krosigk, Dagny Wachs<br />
Redaktion<br />
Dominique Pannke, Florin Feldmann<br />
Gestaltung<br />
David Sabau<br />
Bildnachweis<br />
Umschlag David Sabau<br />
Stand<br />
Bonn, Januar 2014<br />
Die GIZ ist für <strong>de</strong>n Inhalt <strong><strong>de</strong>r</strong> vorliegen<strong>de</strong>n Publikation verantwortlich.<br />
Im Auftrag <strong>de</strong>s<br />
Bun<strong>de</strong>sministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Referat 114<br />
Postanschriften <strong><strong>de</strong>r</strong> Dienstsitze<br />
BMZ Bonn<br />
Dahlmannstr. 4<br />
53111 Bonn<br />
Tel. + 49 (0) 228 99 535 - 0<br />
Fax + 49 (0) 228 99 535 - 3500<br />
BMZ Berlin<br />
Stresemannstraße 94<br />
10963 Berlin<br />
Tel. + 49 (0) 30 18 535 - 0<br />
Fax + 49 (0) 30 18 535 - 2501<br />
poststelle@bmz.bund.<strong>de</strong><br />
www.bmz.<strong>de</strong><br />
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