Jahresbericht - Öffentlicher Gesundheitsdienst

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01.03.2014 Aufrufe

30 Einblicke in die Arbeit – kurz zusammengefasst Umsetzung der neuen Trinkwasserverordnung aus der Sicht der Überwachungsbehörden Jens Fleischer, Ref. 93 Qualitätssicherung Die bisherige Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (TrinkwV 2001) vom 21.05.2001 trat am 01.01.2003 in Kraft. Nach fast einem Jahrzehnt und nach langen Beratungen in Fachgremien und Verbänden wurde im November 2011 die 1. Änderungsverordnung der TrinkwV (2001) durch Verkündung rechtskräftig. Ihr folgte nach weiteren Einwänden kurze Zeit später die 2. Änderungsverordnung der TrinkwV (2001), welche am 13.12.2012 in Kraft trat. Mit der novellierten TrinkwV wurden auch zahlreiche Empfehlungen des Umweltbundesamtes (UBA) und Teile des technischen Regelwerks neu geschrieben. Viele der darin enthaltenen Neuerungen betreffen direkt oder indirekt auch das mit der Trinkwasserüberwachung beauftragte Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg. Neue Herausforderungen für die Untersuchungsbehörden Konkret bedeutet die Umsetzung der novellierten TrinkwV die Anpassung des Labors an die Anforderungen der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS), welche seit Januar 2010 die einzige verbliebene nationale Akkreditierungsstelle ist. Im § 15 Abs. 4 TrinkwV (2001) heißt es hierzu entsprechend: „Die nach den §§ 14, 16 Absatz 2 und 3 sowie den §§ 19 und 20 erforderlichen Untersuchungen einschließlich der Probenahmen dürfen nur von dafür zugelassenen Untersuchungsstellen durchgeführt werden. Die zuständige oberste Landesbehörde oder eine von ihr benannte Stelle erteilt einer Untersuchungsstelle, die im jeweiligen Land tätig und nicht bereits durch ein anderes Land zugelassen ist, auf Antrag die Zulassung, wenn die Untersuchungsstelle 1. die Vorgaben nach Anlage 5 TrinkwV (2001) einhält, 2. nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik arbeitet, 3. über ein System der internen Qualitätssicherung verfügt, 4. mindestens einmal jährlich an externen Ringversuchen erfolgreich teilnimmt, 5. über hinreichend qualifiziertes Personal verfügt, 6. durch eine nationale Akkreditierungsstelle (hier: DAkkS) akkreditiert ist. Trinkwasser-Probennehmer müssen regelmässig die Schulbank drücken Auch die daraus resultierenden Anforderungen an die Probenahme von Trinkwasser, sei es aus Fernwasser- oder Ortsnetzleitungen oder aus Hausinstal- lationen, werden dadurch zu einer großen Herausforderung für die mit der Trinkwasserüberwachung betrauten Untersuchungsstellen und Behörden im Land. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass die etwa 120 Probennehmer, welche für die Gesundheitsämter tätig werden, von den amtlichen Untersuchungsstellen regelmäßig geschult und auditiert werden müssen. Während bei der Umsetzung der novellierten TrinkwV vor Ort vor allem die Gesundheitsämter personell massiven Mehrbelastungen unterzogen sind, gilt dies für die Untersuchungsstellen vor allem bei der Implementierung jedes einzelnen Probenehmers in das laboreigene Qualitätsmanagement. Umsetzung der novellierten TrinkwV im privatwirtschaftlichen Bereich Eine erste Abfrage bei vier Gesundheitsämtern im Regierungsbezirk Stuttgart hat ergeben, dass die Umsetzung der TrinkwV durch private Institutionen und Firmen oftmals nicht in der geforderten Form erfolgt. Nach Aussagen der befragten Ämter wurden bis zum Ablauf der ersten Meldefrist zum 31.10.2012 nur ca. 1/4-1/5 der geschätzten 55 000-60 000 Liegenschaften gemeldet. Von den bis dahin gemeldeten Befunden überschritten ca. 12-30 % den in der TrinkwV festgesetzten Maßnahmewert von 100 KBE/100ml. Bis zu 30 % der Befunde waren überdies fehler- bzw. lückenhaft aufgrund falscher Auswahl der Entnahmestellen, fehlender oder falscher Angaben oder aufgrund falsch angewandter Analyseverfahren. Auffällig war auch, dass bis zu diesem Zeitpunkt keine Gefährdungsbeurteilungen oder Meldungen über Maßnahmen vorlagen, wie sie der Unternehmer oder sonstige Inhaber (UsI) einer „Wasserversorgungsanlage“ eigentlich hätte in Auftrag geben müssen. Hierbei scheint es, dass die für diese Dienstleistung angefragten Institutionen und Firmen mit der Thematik oftmals überfordert sind und die Kenntnis der allgemein anerkannten Regeln der Technik eher dürftig ausfällt. Diese Einschätzung teilen auch andere Landesbehörden in Deutschland, die ebenso mit der Überwachung der Trinkwasserqualität betraut sind. Fazit Neben vielen anfänglichen Schwierigkeiten bei der Umsetzung der novellierten TrinkwV gibt es jedoch auch positive Resonanzen. So haben sich neben den Verbänden und dem Handwerk auch viele Wohnbaugesellschaften und Wohnungseigentümergesellschaften den neuen Aufgaben gestellt. Zahlreich angebotene Fachveranstaltungen zur Information und Weiterbildung im Bereich Trinkwasserhygiene belegen diesen Trend. Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg / Jahresbericht 2012

Einblicke in die Arbeit – kurz zusammengefasst 31 Kompetenzzentrum Gesundheitsschutz, Infektionssurveillance Karl-Heinz Janke, Elisabeth Aichinger, Ref. 95 Großschadensereignisse, Massenverletzungen oder andere Gefahrenlagen fordern den ÖGD auf verschiedenen Ebenen. Das Kompetenzzentrum Gesundheitsschutz nimmt hierbei Aufgaben des Managements, der Koordination, der Aus-/Fortbildung und der vorsorgenden Planung wahr. Die Kernkompetenzen des Kompetenzzentrums Gesundheitsschutz liegen bei biologischen Gefahrenlagen und in der Bewertung mittel- und langfristiger Folgen von chemischen bzw. toxikologischen Expositionen. Daneben steht die Vorbereitung auf unklare Gefährdungslagen im Fokus. Bei allen Aufgaben können auch arbeits-, veterinär- und/oder katastrophenmedizinische Fragen betroffen sein, so dass eine Mitwirkung an Referats-, Abteilungs-, Regierungspräsidiums- und länderübergreifenden Aufgaben erfolgt. Arbeitsschwerpunkte Die Ressourcen werden schwerpunktmäßig folgenden Aufgaben gewidmet: • Überprüfung von Methoden und Protokollen einer Infrastruktur des ÖGD zur Verbesserung und Aufrechterhaltung von Expertise für die epidemiologische Untersuchung von Großschadensereignissen • Vorbereitung und Unterstützung des ÖGD bei Unglücksfällen oder Anschlägen mit Gefährdung durch biologische, chemische oder physikalische Noxen • Vertiefung der Ablaufplanung der Zusammenarbeit aller am vorklinischen Management von Verdachtsfällen hochkontagiöser Infektionskrankheiten Beteilig ten durch Schulung und praktische Übungen Von den Routineaufgaben der täglichen Praxis sich abhebende Arbeitsschwerpunkte waren die pandemische Influenza A (H1N1 pdm09) in 2009/10, der Legionellenausbruch Ulm in 2010, der EHEC-Ausbruch (O104:H4) in 2011, Q-Fieberausbrüche in 2011 und der bislang größte Ausbruch von Hantavirus-Erkrankungen in 2012. Nosokomiale Ausbruchsuntersuchungen erfolgten bei einem Adenovirusausbruch in 2009 sowie einem Respiratorischen Synzytial-Virus-Ausbruch in 2011/12 (siehe auch Seite 11). Daneben konnten 2012 mehrere Fortbildungsangebote unter Einbe- ziehung verschiedener Koopera tionspartner (Robert Koch-Institut [RKI], Task Force Feuer wehr Mannheim, Robert Bosch Klinikum Stuttgart, Meditox) für die Mitarbeiter des ÖGD durchgeführt und eine personellstrukturelle Reorganisa tion umgesetzt werden. Ausblick 2013 2013 sind folgende Aufgabenschwerpunkte projektiert: Maßnahmen zum WHO-Ziel Masernelimination 2015, Europäische Impfwoche, Umsetzung neuer Internationaler Gesundheitsvorschriften, Überarbeitung Seuchenalarm- und Influenzapandemieplanung, Organisation praktischer Notfallübungen. Nicht planbar sind Aufgaben der Infektionssurveillance sowie Untersuchungen zu umwelt-, lebensmittel- oder krankenhausbedingten aktuellen Ausbruchsgeschehen. Daneben gehören strukturelle und prozessuale Neu-/Reorganisationen von Arbeitsabläufen und Organisationseinheiten (z. B. Schnelle Eingreifgruppe Gesundheitsschutz, Ständiger Arbeitskreis Kompetenz- und Behandlungszentren), Aufgaben der LGAinternen Aus-/Fortbildung, Teilnahme an Katastrophenschutzübungen (z. B. LÜKEX), internationaler Erfahrungsaustausch (Epi-Rhin, ECDC) sowie Kommunikation, Information und fachlicher Austausch mit einer Vielzahl anderer Institutionen (z. B. Katastrophenschutz, Feuerwehr, Ministerien, RKI, Ärztekammer, Krankenhausgesellschaft, Universitäten) zu den Aufgabenstellungen in 2013. Qualitätssicherung Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg / Jahresbericht 2012

30<br />

Einblicke in die Arbeit – kurz zusammengefasst<br />

Umsetzung der neuen Trinkwasserverordnung aus der Sicht der<br />

Überwachungsbehörden<br />

Jens Fleischer, Ref. 93<br />

Qualitätssicherung<br />

Die bisherige Verordnung über die Qualität von Wasser<br />

für den menschlichen Gebrauch (TrinkwV 2001)<br />

vom 21.05.2001 trat am 01.01.2003 in Kraft. Nach<br />

fast einem Jahrzehnt und nach langen Beratungen<br />

in Fachgremien und Verbänden wurde im November<br />

2011 die 1. Änderungsverordnung der TrinkwV (2001)<br />

durch Verkündung rechtskräftig. Ihr folgte nach weiteren<br />

Einwänden kurze Zeit später die 2. Änderungsverordnung<br />

der TrinkwV (2001), welche am 13.12.2012<br />

in Kraft trat. Mit der novellierten TrinkwV wurden auch<br />

zahlreiche Empfehlungen des Umweltbundesamtes<br />

(UBA) und Teile des technischen Regelwerks neu geschrieben.<br />

Viele der darin enthaltenen Neuerungen<br />

betreffen direkt oder indirekt auch das mit der Trinkwasserüberwachung<br />

beauftragte Landesgesundheitsamt<br />

Baden-Württemberg.<br />

Neue Herausforderungen für die<br />

Untersuchungsbehörden<br />

Konkret bedeutet die Umsetzung der novellierten<br />

TrinkwV die Anpassung des Labors an die Anforderungen<br />

der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS),<br />

welche seit Januar 2010 die einzige verbliebene nationale<br />

Akkreditierungsstelle ist. Im § 15 Abs. 4 TrinkwV<br />

(2001) heißt es hierzu entsprechend: „Die nach den<br />

§§ 14, 16 Absatz 2 und 3 sowie den §§ 19 und 20<br />

erforderlichen Untersuchungen einschließlich der<br />

Probenahmen dürfen nur von dafür zugelassenen<br />

Untersuchungsstellen durchgeführt werden. Die zuständige<br />

oberste Landesbehörde oder eine von ihr<br />

benannte Stelle erteilt einer Untersuchungsstelle, die<br />

im jeweiligen Land tätig und nicht bereits durch ein<br />

anderes Land zugelassen ist, auf Antrag die Zulassung,<br />

wenn die Untersuchungsstelle<br />

1. die Vorgaben nach Anlage 5 TrinkwV (2001) einhält,<br />

2. nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik<br />

arbeitet,<br />

3. über ein System der internen Qualitätssicherung<br />

verfügt,<br />

4. mindestens einmal jährlich an externen Ringversuchen<br />

erfolgreich teilnimmt,<br />

5. über hinreichend qualifiziertes Personal verfügt,<br />

6. durch eine nationale Akkreditierungsstelle (hier:<br />

DAkkS) akkreditiert ist.<br />

Trinkwasser-Probennehmer müssen<br />

regelmässig die Schulbank drücken<br />

Auch die daraus resultierenden Anforderungen an<br />

die Probenahme von Trinkwasser, sei es aus Fernwasser-<br />

oder Ortsnetzleitungen oder aus Hausinstal-<br />

lationen, werden dadurch zu einer großen Herausforderung<br />

für die mit der Trinkwasserüberwachung<br />

betrauten Untersuchungsstellen und Behörden im<br />

Land. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass die etwa<br />

120 Probennehmer, welche für die Gesundheitsämter<br />

tätig werden, von den amtlichen Untersuchungsstellen<br />

regelmäßig geschult und auditiert werden müssen.<br />

Während bei der Umsetzung der novellierten<br />

TrinkwV vor Ort vor allem die Gesundheitsämter personell<br />

massiven Mehrbelastungen unterzogen sind,<br />

gilt dies für die Untersuchungsstellen vor allem bei<br />

der Implementierung jedes einzelnen Probenehmers<br />

in das laboreigene Qualitätsmanagement.<br />

Umsetzung der novellierten TrinkwV im<br />

privatwirtschaftlichen Bereich<br />

Eine erste Abfrage bei vier Gesundheitsämtern im<br />

Regierungsbezirk Stuttgart hat ergeben, dass die Umsetzung<br />

der TrinkwV durch private Institutionen und<br />

Firmen oftmals nicht in der geforderten Form erfolgt.<br />

Nach Aussagen der befragten Ämter wurden bis zum<br />

Ablauf der ersten Meldefrist zum 31.10.2012 nur ca.<br />

1/4-1/5 der geschätzten 55 000-60 000 Liegenschaften<br />

gemeldet. Von den bis dahin gemeldeten Befunden<br />

überschritten ca. 12-30 % den in der TrinkwV<br />

festgesetzten Maßnahmewert von 100 KBE/100ml.<br />

Bis zu 30 % der Befunde waren überdies fehler- bzw.<br />

lückenhaft aufgrund falscher Auswahl der Entnahmestellen,<br />

fehlender oder falscher Angaben oder aufgrund<br />

falsch angewandter Analyseverfahren.<br />

Auffällig war auch, dass bis zu diesem Zeitpunkt keine<br />

Gefährdungsbeurteilungen oder Meldungen über<br />

Maßnahmen vorlagen, wie sie der Unternehmer oder<br />

sonstige Inhaber (UsI) einer „Wasserversorgungsanlage“<br />

eigentlich hätte in Auftrag geben müssen.<br />

Hierbei scheint es, dass die für diese Dienstleistung<br />

angefragten Institutionen und Firmen mit der Thematik<br />

oftmals überfordert sind und die Kenntnis der allgemein<br />

anerkannten Regeln der Technik eher dürftig<br />

ausfällt. Diese Einschätzung teilen auch andere<br />

Landesbehörden in Deutschland, die ebenso mit der<br />

Überwachung der Trinkwasserqualität betraut sind.<br />

Fazit<br />

Neben vielen anfänglichen Schwierigkeiten bei der<br />

Umsetzung der novellierten TrinkwV gibt es jedoch auch<br />

positive Resonanzen. So haben sich neben den Verbänden<br />

und dem Handwerk auch viele Wohnbaugesellschaften<br />

und Wohnungseigentümergesellschaften den<br />

neuen Aufgaben gestellt. Zahlreich angebotene Fachveranstaltungen<br />

zur Information und Weiterbildung im<br />

Bereich Trinkwasserhygiene belegen diesen Trend.<br />

Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg / <strong>Jahresbericht</strong> 2012

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