Jahresbericht - Öffentlicher Gesundheitsdienst
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Einblicke in die Arbeit – kurz zusammengefasst 25<br />
Das Stadtklima im Jahr 2100<br />
Karin Otzelberger, Ref. 96<br />
Den Projektionen regionaler Klimamodelle zufolge<br />
soll sich in Baden-Württemberg die Anzahl heißer<br />
Tage bis zum Jahr 2100 mindestens verdreifachen.<br />
Das Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg<br />
(LGA) beschreibt für die Klimaanpassungsstrategie<br />
des Landes, wie man der zunehmenden Hitzebelastung<br />
begegnen kann.<br />
Das Klima in Baden-Württemberg hat sich im Laufe<br />
des letzten Jahrhunderts spürbar verändert. In den<br />
letzten 100 Jahren stieg die mittlere Jahrestemperatur<br />
um mehr als 1 °C. Das ist deutlich mehr als der<br />
global verzeichnete Anstieg von 0,7 °C. Baden-Württemberg<br />
gehört zu den von den Veränderungen des<br />
Klimas am stärksten betroffenen Gebieten Deutschlands.<br />
Bis zum Ende des Jahrhunderts ist ein Anstieg<br />
der mittleren Jahrestemperatur im Land um weitere<br />
3,3-4,5 °C zu erwarten. Besonders betroffen ist neben<br />
dem Oberrheintal der Großraum Stuttgart. Stuttgart ist<br />
schon jetzt eines der wärmsten<br />
Gebiete in Deutschland. Daher<br />
entwickelt das Land eine Strategie<br />
zur Anpassung an die unvermeidbaren<br />
Folgen des Klimawandels.<br />
Aber welche konkreten<br />
Folgen wird der Klimawandel in<br />
der Zukunft haben?<br />
Die grobmaschigen globalen<br />
Klimamodelle werden auf regionale<br />
Klimaprojektionen bis zu<br />
einer Auflösung von 7 x 7 km 2<br />
heruntergerechnet. Um die Zuverlässigkeit<br />
zu erhöhen, wertet<br />
die Landesanstalt für Umwelt,<br />
Messungen und Naturschutz<br />
(LUBW) in einem Ensembleansatz<br />
29 regionale Projektionen<br />
aus. Zum Beispiel zieht die<br />
LUBW das 85. Perzentil aller<br />
Werte als oberen Schwellenwert<br />
heran. Solche oberen und unteren<br />
Grenzen stellen als Leitplanken die Grundlage<br />
für ein vom LGA zu erarbeitendes Fachgutachten dar.<br />
Die zunehmende Hitzebelastung zeigt sich beispielsweise<br />
an häufigeren und länger andauernden<br />
Hitzewellen. Die Zahl der heißen Tage, an denen<br />
das Thermometer über 30 °C zeigt, steigt bis zum<br />
Jahr 2100 auf über 26 Tage pro Jahr. Mit tropischen<br />
Nächten, in denen die Temperatur nicht unter 20 °C<br />
fällt, ist deutlich häufiger zu rechnen. Mit der badenwürt<br />
tembergischen Anpassungsstrategie soll für zehn<br />
verschiedene Handlungsfelder die Verwundbarkeit<br />
der verschiedenen Regionen analysiert und geeignete<br />
Anpassungsmaßnahmen entworfen werden.<br />
Für das Handlungsfeld Gesundheit beschreibt das<br />
LGA u. a. die gesundheitlichen Beeinträchtigungen<br />
der Bevölkerung durch die zunehmende Hitzebelastung.<br />
Besonders betroffen sind ältere und sozial isolierte,<br />
allein lebende Menschen. Sie profitieren nicht<br />
von der bereits gut funktionierenden Maßnahme des<br />
Hitzewarndienstes. Daher ist die Hitze in Städten ein<br />
überaus wichtiges Kapitel dieses Gutachtens.<br />
Städtische Wärmeinseln<br />
Der Klimawandel stellt nicht nur Stuttgart mit seiner<br />
Kessellage und Windarmut vor große Herausforderungen.<br />
Denn in Städten bildet sich ein ganz<br />
eigenes Regionalklima aus. Ein typisches Merkmal<br />
des Stadtklimas ist der Wärmeinseleffekt. Durch die<br />
starke Aufwärmung der versiegelten Flächen tagsüber<br />
und verringerte Abkühlung nachts wird es in<br />
Städten im Vergleich zum Umland deutlich wärmer.<br />
Dieser Effekt nimmt etwa logarithmisch<br />
mit der Einwohnerzahl<br />
zu. In Megastädten kann es zu<br />
einem Temperatur unterschied<br />
von bis zu 10 °C kommen. Mannheim,<br />
Heidelberg, Karlsruhe und<br />
Freiburg liegen in den heißesten<br />
Regionen Baden-Württembergs<br />
am Ober rhein. Hier sind innovative<br />
Anpassungsmaßnahmen<br />
gefragt!<br />
Für das thermische Empfinden<br />
des Menschen ist neben der<br />
Temperatur auch Luftfeuchtigkeit,<br />
Luftbewegung und Frischluftzufuhr<br />
entscheidend. Neben<br />
effektiven Grünkonzepten und<br />
Frischluftschneisen zur Abmilderung<br />
des Hitzeinseleffektes<br />
Springbrunnen zur Abkühlung in und Durchlüftung sollten Städte<br />
auch für ausreichend Erho-<br />
Schwetzingen<br />
lungsmöglichkeiten für hitzegeplagte<br />
Menschen im Freien unter Bäumen sorgen.<br />
Zudem empfiehlt das LGA nach dem Vorbild amerikanischer<br />
Städte sog. Cooling Centres. Während<br />
ausgeprägter Hitzeperioden sollte es in Innenstädten<br />
kühle, eventuell klimatisierte Räume geben. Dort<br />
könnte man sich vom Hitzestress erholen, sich abkühlen<br />
und erfrischen. Öffentliche Einrichtungen oder<br />
Seniorenzent ren könnten dies speziell für bedürftige<br />
und ältere Menschen anbieten und mit medizinischen<br />
Hilfeleistungen verknüpfen. Für Kaufhäuser könnte<br />
es üblich werden, einen Ruheraum kostenlos ohne<br />
Konsumzwang als Kundenservice ähnlich der „netten<br />
Toilette“ anzubieten.<br />
Prävention<br />
Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg / <strong>Jahresbericht</strong> 2012