Welchen Weg die Gymnasien in einem Zwei-Wege-Modell ...
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Titelthema<br />
Gymnasium<br />
Zukunft im<br />
<strong>Zwei</strong>-<strong>Weg</strong>e-<strong>Modell</strong><br />
Vor 25 Jahren hat Klaus Hurrelmann das „<strong>Zwei</strong>-<strong>Weg</strong>e-<strong>Modell</strong>“ im weiterführenden Schulsystem<br />
zum ersten Mal vorgestellt. Für <strong>die</strong> b&w beschreibt er <strong>die</strong> seitherige Entwicklung <strong>in</strong><br />
ganz Deutschland, <strong>die</strong> unangefochtene Stellung des Gymnasiums und welche<br />
Perspektiven sich se<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach <strong>in</strong> Baden-Württemberg bieten.<br />
Die Zeitschrift „Die Deutsche Schule“ veröffentlichte den<br />
Artikel „Thesen zur strukturellen Entwicklung des Bildungssystems<br />
<strong>in</strong> den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren“ (Hurrelmann<br />
1988). Der Artikel erschien <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er bildungspolitisch<br />
sehr bewegten Zeit. In den 1970er und 1980er Jahren herrschte<br />
<strong>in</strong> Deutschland e<strong>in</strong> erbitterter „Schulkrieg“. Auf der e<strong>in</strong>en<br />
Seite standen <strong>die</strong> Anhänger der Gesamtschule, <strong>die</strong> sich dafür<br />
e<strong>in</strong>setzten, <strong>die</strong> gewachsenen Strukturen des deutschen Schulsystems<br />
im Zuge e<strong>in</strong>er Radikalreform auf e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>heitsschulsystem<br />
(„Gesamtschule für alle“) umzustellen, um <strong>die</strong> selektive<br />
Aufteilung der Schülerschaft nach der Grundschule zu<br />
beenden und mehr Chancengleichheit herzustellen. Auf der<br />
anderen Seite sammelten sich <strong>die</strong> Anhänger des bestehenden<br />
gegliederten Systems, <strong>die</strong> sich für e<strong>in</strong> auf bestimmte Berufskarrieren<br />
ausgerichtetes gegliedertes Schulsystem und e<strong>in</strong>e<br />
Begrenzung des Zugangs zu den Hochschulen e<strong>in</strong>setzten, um<br />
<strong>die</strong> traditionelle berufliche Ausbildung zu unterstützen.<br />
Die schulpolitische Logik des <strong>Zwei</strong>-<strong>Weg</strong>e-<strong>Modell</strong>s<br />
Das <strong>Zwei</strong>-<strong>Weg</strong>e-<strong>Modell</strong> stellt e<strong>in</strong>en Gegenentwurf zu den<br />
sche<strong>in</strong>bar unversöhnlichen Vorstellungen e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>heitlichen<br />
e<strong>in</strong>gliedrigen oder drei- oder (unter Berücksichtigung der<br />
Förderschulen) viergliedrigen Schulsystems. Die Kernidee des<br />
<strong>Zwei</strong>-<strong>Weg</strong>e-<strong>Modell</strong>s ist: Das Gymnasium bleibt unverändert<br />
bestehen, doch alle daneben bestehenden weiterführenden<br />
Schulformen, also <strong>in</strong> der Regel Hauptschulen und Realschulen<br />
und zusätzlich - falls vorhanden - Gesamtschulen werden<br />
zusammengefasst und durch e<strong>in</strong>e neue „Integrierte Sekundarschule“<br />
mit e<strong>in</strong>er eigenen Oberstufe ersetzt. Die <strong>in</strong>tegrierte<br />
Sekundarschule hat ebenso wie das Gymnasium das Recht und<br />
<strong>die</strong> Pflicht, neben dem Basisabschluss (Hauptschulabschluss)<br />
auch den mittleren Abschluss (Realschulabschluss) sowie<br />
das fachgebundene und das Voll-Abitur zu vergeben. Sie soll<br />
e<strong>in</strong>e pädagogische Alternative zum Gymnasium se<strong>in</strong> und im<br />
Unterschied zu <strong>die</strong>sem auf anderen unterrichtsorganisatorischen<br />
und didaktischen <strong>Weg</strong>en <strong>die</strong> Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler<br />
ansprechen, <strong>die</strong> sich – aus welchen Gründen auch immer –<br />
vom Gymnasium nicht angezogen fühlen. Dazu soll sie sich an<br />
e<strong>in</strong>er erfahrungs- und handlungsbezogenen Bildungskonzeption<br />
mit fachübergreifender Projektarbeit und der Verb<strong>in</strong>dung<br />
von theoretischem und praktisch-berufsorientiertem Lernen<br />
ausrichten und sich auf <strong>die</strong>se Weise bis <strong>in</strong> <strong>die</strong> Oberstufe h<strong>in</strong>e<strong>in</strong><br />
vom wissenschaftsfachlichen Arbeiten des Gymnasiums<br />
unterscheiden.<br />
Der Vorschlag des <strong>Zwei</strong>-<strong>Weg</strong>e-<strong>Modell</strong>s war darauf ausgerichtet,<br />
<strong>die</strong> zersplitterte Schulstruktur auf zwei pädagogische<br />
Alternativen zu konzentrieren, <strong>die</strong> e<strong>in</strong>erseits <strong>die</strong> <strong>in</strong>tegrative<br />
projektorientierte, berufsbezogene Tradition von Hauptschule<br />
und Realschule und andererseits <strong>die</strong> an wissenschaftlichen Diszipl<strong>in</strong>en<br />
ausgerichtete propädeutische Tradition des Gymnasiums<br />
bewahrt und stärkt. E<strong>in</strong> weiterer wichtiger Aspekt war <strong>die</strong><br />
Verbesserung der Chancengleichheit. Das <strong>Zwei</strong>-<strong>Weg</strong>e-<strong>Modell</strong><br />
ist so konzipiert, dass es Schluss macht mit der im dreigliedrigen<br />
System üblichen Aufteilung der Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler<br />
nach e<strong>in</strong>er kurzen geme<strong>in</strong>samen Grundschulzeit. Die Aufteilung<br />
der Schülerschaft auf Schulformen mit unterschiedlichen<br />
Abschlussperspektiven wird durch <strong>die</strong> Umstellung auf <strong>die</strong>ses<br />
<strong>Modell</strong> beendet. Damit wird das „Grundschulabitur“ obsolet,<br />
das Eltern und Lehrkräfte zw<strong>in</strong>gt, schon nach wenigen Jahren<br />
Schulzeit e<strong>in</strong>e weitreichende Entscheidung über <strong>die</strong> künftige<br />
Schullaufbahn e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des zu treffen. Die Hauptschule als<br />
eigenständige Schulform wird abgeschafft, weil sie nur noch<br />
bildung & wissenschaft 11 / 2013<br />
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