unterrichtspraxis - Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Baden ...

Heft Nr. 6 | 18.10.2013 | 46. Jahrgang | ISSN 0178-0786
unterrichtspraxis
Beilage zu „bildung und wissenschaft“
der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Baden-Württemberg
Helmut Vogel
Die Fußball-Wm in Brasilien 2014
Im Fokus: Das Mega-Event. Im Abseits: Menschenrechte, soziale Spaltung, Regenwaldabholzung, Monokulturen,
Klimaprobleme, das brasilianische Entwicklungsmodell.
Brasilien als WM-Austragungsort
Im kommenden Jahr 2014 finden vom
16. Juni bis 13. Juli in Brasilien die
Fußballweltmeisterschaften statt. Für
Brasilien und seine fußballvernarrten
Menschen ist diese Veranstaltung ein
Megaevent. Die Vorbereitungen waren
und sind eine große Herausforderung,
und die Organisation wird gewaltige
Anstrengungen erfordern. Millionen
Fußballbegeisterte werden die Spiele
in den Stadien und Milliarden auf der
ganzen Welt vor den Bildschirmen verfolgen.
Allen Fußballfans ist zu wünschen,
dass sie gute Spiele und einen
friedlichen und fröhlichen Wettstreit
der Nationalteams zu sehen bekommen.
Für vier Wochen steht der Fußball
im Fokus. Eher im „Abseits“ aber,
sozusagen hinter der Kamera, laufen in
Brasilien Prozesse ab bzw. finden Entwicklungen
statt, die für das Land, aber
auch global, gravierende und nachhaltige
Folgen haben.
Im Maracana-Stadion in Rio de Janeiro wird 2014 das Finale der Fußball-WM ausgetragen.
Brasiliens Aufstieg in die
„erste Liga“
Die Fußball-WM in Brasilien, die die
Mehrheit der Schüler/innen in ihren
Bann ziehen wird, ist eine fast einmalige
Gelegenheit (zwei Jahre später –
2016 – gibt es sie noch einmal, nämlich
aus Anlass der Olympiade in Rio
de Janeiro), ein Land in den Blick zu
nehmen, das ökonomisch an Bedeutung
gewonnen hat, das viele Chancen
birgt, in dem jedoch auch zahlreiche
für die dortige Bevölkerung und global
riskante Prozesse und Entwicklungen
ablaufen. Die Aufmerksamkeit der
Schüler/innen soll insbesondere auf
den nördlichen Teil Brasiliens mit seinen
Bundesstaaten Amazonas (Hauptstadt:
Manaus) und Para (Hauptstadt:
Belem) gerichtet werden. In diesem,
als Amazonien bezeichneten Gebiet
wächst der weltweit größte zusammenhängende
tropische Regenwald
mit einer unermesslichen Artenvielfalt
an Tieren und Pflanzen. Er ist Lebensraum
für zahlreiche indigene Völker.
Zudem hat er eine immense Bedeutung
für das Weltklima. Dieser tropische
Regenwald ist auf vielfältige Art
und durch unterschiedliche Interessen
gefährdet und bedroht.
Quelle: dpa Picture Alliance
Nr. 6 | 18.10.2013
1

Unterrichtspraxis
Unterrichtsvorschläge
Im Folgenden werden Vorschläge
für den Unterricht skizziert, die derartige
Prozesse, Entwicklungen und
Gefährdungen aus dem „Abseits“ in
den Fokus des Interesses von Schüler/
innen rücken sollen. Darüber hinaus
soll immer wieder die Frage gestellt
werden, inwiefern wir als Bürger/
innen eines in die globale Ökonomie
eingebundenen Staates mit den Problemen
in Brasilien zu tun haben. Die
Vorschläge eignen sich für Schüler/
innen der Mittel- und Oberstufe.
Wichtige Prinzipien sind selbstständiges
Arbeiten, Problemorientierung
und fächerübergreifende Projektarbeit.
Das Leitfach ist Gemeinschaftskunde.
Insbesondere dann, wenn das Thema
als fächerübergreifendes Projekt
oder als Seminarkurs in der Oberstufe
durchgeführt wird, sollten Lehrer/
Unser Autor
Helmut Vogel war bis 2007 Lehrer
am Gymnasium Unterrieden, Sindelfingen.
Helmut Vogel unterrichtete
die Fächer Gemeinschaftskunde
und Musik.
Lange Jahre (ebenfalls bis 2007)
war Helmut Vogel Landesvorsitzender
der Fachgruppe Gymnasien
der GEW Baden-Württemberg.
Helmut Vogel arbeitet bei PoemA
mit. POEMA informiert über die
Probleme in Amazonien durch Bildvorträge
an Schulen, Gemeinden,
Weltläden, Vereinen und interessierten
Gruppen. POEMA vermittelt
Patenschaften mit Gemeinden in
Amazonien, in denen durch Armutsbekämpfung
der Regenwald
geschützt wird und sammelt Spenden
zur Finanzierung der oben genannten
Projekte.
(http://www.poema-deutschland.
de )
innen anderer Fächer wie z. B. Biologie
und/oder Geografie (oder auch Fachleute
aus der Praxis oder andere Experten)
zumindest als Berater/innen mitmachen.
Einstieg mit einer Karikatur
Die Karikatur von Sepp Buchegger
kann als Impuls für die Erarbeitung
zweier Mindmaps zum Thema Fußball-WM
2014 in Brasilien verwendet
werden. Es bietet sich an, nach einer
allgemeinen Beschreibung der Karikatur
eine gewisse Gliederung bei der
Erarbeitung der Schlüsselbegriffe unter
den Blickwinkeln „Vor der Kamera/im
Fokus des weltweiten Interesses“ und
„Hinter der Kamera/im Abseits“ vorzugeben.
Im Interesse einer besseren
Übersicht kann daran gedacht werden,
für beide Blickwinkel je eine Mindmap
zu erarbeiten. Um die Herausarbeitung
der für das übergeordnete Thema
relevanten Schlüsselbegriffe und
der jeweils dazu gehörenden Gedankenebenen
(Unterthemen) zu erleichtern
und um dafür zu sorgen, dass
zentral wichtige Themen und Probleme
benannt werden, kann man neben
der Karikatur Fotos oder aktuelle Zeitungsartikel
zu notwendigen Schlüsselbegriffen
präsentieren.
Zwei Mindmaps
Nach der Fertigstellung der beiden
Mindmaps kann entschieden werden,
welche Schlüsselbegriffe (in kleinen
Arbeitsgruppen) thematisch bearbeitet
werden sollen. Die Auswahl sollte
durchaus ein breiteres Spektrum relevanter
Themen umfassen.
In der nebenstehenden Aufstellung
werden die in den beiden Mindmap-
Beispielen aufgeführten Schlüsselbegriffe
und Unterthemen aufgeführt,
mögliche Fragestellungen und Arbeitsaufgaben
formuliert sowie Materialien
(Filme, Videos, Internetadressen
usw.) für die Arbeit der Schüler/
innen genannt. Die in der Aufstellung
genannten Internetadressen bzw. Links
sind nur eine erste Anregung. Dem
Ideenreichtum und Rechercheeifer
der Schüler/innen sind hierbei keine
Grenzen gesetzt. So können sich, eine
Offenheit des Vorgehens vorausgesetzt,
durchaus neue Aspekte und Themenfacetten
ergeben.
Die Arbeitsgruppen erhalten die Aufgabe,
die Ergebnisse und Erkenntnisse
ihrer Recherchen so aufzubereiten,
dass sie im Klassenplenum oder beispielsweise
in einem Elternabend präsentiert
werden können.
Links
Initiativen und Organisationen
(NGOs), die sich mit Brasilien/Amazonien
befassen (sowie weitere
Links):
- Kooperation Brasilien (KoBra):
www.kooperation-brasilien.org
- POEMA:
www.poema-deutschland.de
- Rettet den Regenwald:
www.regenwald.de
- Portal „amerika21!“:
www.amerika21.de
- Pro Regenwald:
www.pro-regenwald.org
- Plattform Belo Monte:
http://plattformbelomonte.blogspot.
de
- Oro Verde - Die Tropenwaldstiftung:
www.oroverde.de
- Brasiliennachrichten:
www.brasiliennachrichten.de
- Fleischatlas:
www.boell.de/downloads/2013-
01-Fleischatlas.pdf
- Le Monde Diplomatique (Atlas der Globalisierung
mit Themenausgaben):
www.monde-diplomatique.de
Links zur Fragestellung „Was können
wir tun?“
- Fairtrade:
www.fairtrade.de
www.fairtrade-schools.de
www.poema-deutschland.de/html/
unterstu.html („Unterstützer“)
Diese Links bieten weiterführende Hinweise
zur Initiative Fairtrade, zur Reduktion des
Fleischkonsums sowie Tipps, wie in Initiativen
mitgearbeitet bzw. diese unterstützt
werden können.
Vorschau: UP 7/2013
Die kommende Ausgabe der UP enthält
einen konkreten Unterrichtsvorschlag samt
Unterrichtsverlauf, Text- und Bildmaterialien
zum Thema „Brasilien - Global Player mit
Energieproblemen“ . Autor ist wiederum
Helmut Vogel.
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Unterrichtspraxis
M 1 Impuls
Karikatur: Sepp Buchegger, 2013.
M 2 Mindmap 1: „Vor der Kamera...“
M 3 Mindmap 2: „Im Abseits...“
Nr. 6 | 18.10.2013
3

Unterrichtspraxis
Fußball-WM: „Vor der Kamera...“
schlüsselbegriffe
und Unterthemen
Gastgeberland Brasilien
- Gründe für die Vergabe
der WM an Brasilien
- Brasiliens Wachstumsmodell
- Bodenschätze
- Soziale Entwicklung
- Amazonien
Fragestellungen/Aufgaben
- Daten zur wirtschaftlichen
Entwicklung
Brasiliens; Integration
in die globale
Wirtschaft; Daten zur
sozialen Lage
- Handelsbeziehungen
zwischen
Deutschland-Brasilien
(Import- und Exportbilanzen,
Güter)
- Armutsbekämpfung
- Land- und Bodenreform
Materialien
Allgemeine Infos:
- Atlas der Globalisierung - Die Welt von morgen.
Brasilien, ein neuer Global Player, S. 106-
108): www.monde-diplomatique.de; Download
kostet); www.muz-online.de/america/brasilien1.
html; www.schattenblick.de/infopool/politik/
ausland/pala1305.hmtl
Brasilianisches Wachstumsmodell:
- Klima, Energie und Wachstum in Brasilien
(Friedrich-Ebert-Stiftung)
Handelsbeziehungen Brasilien-Deutschland:
- Wirtschaftsdaten kompakt, Brasilien, GTAI,
Internationale Märkte
Armutsbekämpfung:
- Brasiliens Armutsbekämpfung 2010 („Kampf
gegen die Armut - videos.arte.tv“, „16,2 Mio.
Menschen leben in extremer Armut“, „Fußballweltmeisterschaft
der Obdachlosen in Brasilien“
usw)
Landreform:
- Lateinamerika - Brasilien - Landreform und
Infrastruktur: www.globaldefence.net
- FARC übergeben Vorschläge zur Landreform:
amerika21.de (Nachrichten)
Internetrecherchen zu Amazonien allgemein
WM-spielstätten
- Spielstätten und Gruppen
(WM-Qualifikation
ist am 15.10.2013 abgeschlossen)
- Stadionbau (Architekten,
Baukonzerne, Kosten,
Infrastrukturprobleme...)
- Stadionbau in Manaus
(die Hauptstadt des Bundesstaates
Amazonien);
- Investitionserfordernisse/Kosten:
Wer bezahlt?
Wer macht Profite?
- Folgen für die Bevölkerung
(„Säuberung“ der
Favelas usw.)
- Sicherheitsprobleme
- Nachhaltigkeit (am Beispiel
Südafrikas 2010)
- Gründe für die Wahl
Brasiliens
- Spielstätten auf der
Landkarte
- Beschreibung der
betreffenden Städte
- Kosten des Stadionbaus
und der Infrastrukturprojekte
- Haltung/Stimmung
in der Bevölkerung
- Erwartungen/Hoffnungen
der Ausrichter
(auch FIFA)
- Nachhaltigkeit/
weiterer Nutzen der
Anlagen
Spielstätten WM 2014: Internetrecherche
Kosten für WM 2014 steigen weiter: Internetrecherche
Folgen für die Bevölkerung: z.B. unter Youtube:
Zwangsräumungen in Brasilien
Sportliche Großereignisse in Brasilien: www.
kooperation-brasilien.org
Manaus: www.wm2014-in-Brasilien.de
Stadionbau in Manaus: Internetrecherche (insbesondere:
KoBra)
Nachhaltigkeit/Nutzen:
- Das Erbe der WM 2010 in Südafrika (Internetrecherche);
Wirtschaft in Südafrika: www.boell.
de
Broschüre zur WM: Brasilicum/COPA PARA
TO@S (zu bestellen bei: www.kooperation-brasilien.org)
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Unterrichtspraxis
Fußball-WM: „im Abseits...“ (i)
schlüsselbegriffe
und Unterthemen
regenwald und Klima
- Globale Klimaentwicklung
der letzten Jahre
- Bedeutung des Regenwaldes
für das Klima
- Artenvielfalt im Regenwald
(„Apotheke Regenwald“)
Fragestellungen/Aufgaben
- Klimawandel: Natürlicher
Prozess oder
von Menschen verursacht?
- Wie äußert sich der
Klimawandel?
- Folgen der Regenwaldzerstörung
für
das Klima
- Was hat das mit uns
zu tun?
Materialien
Allgemeine Infos:
- Atlas der Globalisierung - Klima): www.
monde-diplomatique.de; Download kostet)
Klima und Klimawandel (z.T. mit Videos):
- www.swr.de/hunger/laender/brasilien/; Greenpeace
- Klimakatastrophe verhindern: www.
greenpeace.de/Themen;
Abholzung und Klimawandel:
- www.klima-sucht-schutz.de/klimaschutz/klimawandel/die-abholzung-der-waelder.html
Artenvielfalt:
- www.faszination-regenwald.de
„Apotheke Regenwald“:
- www.oroverde.de
Zerstörung des tropischen
regenwaldes in
Amazonien
- Dezimierung des Regenwalds
in Amazonien
- Tropenholz
- Flächenverbrauch durch
Viehwirtschaft, zunehmender
Fleischkonsum,
Fleisch als „Exporthit“,
Exporte nach Deutschland
- Flächenverbrauch durch
Ausweitung der Pflanzungen
für Futtermittel
- Tank oder Topf?
- Dimensionen der
Zerstörung
- Verwendung von
Tropenholz weltweit
und in Deutschland/
Verwendungsarten
- Entwicklung der
Fleischproduktion
weltweit und in
Europa
- Fleischexporte Brasiliens
- Was fressen die Tiere
in deutschen Ställen
(kleinere und Großbetriebe)?
- Entwicklung des
Fleischkonsums weltweit
und in Deutschland
- Muss so viel Fleisch
sein?
- Ist Biosprit wirklich
„bio“?
Regenwaldzerstörung:
- http://amazonasportal.de/amazonien/regenwald-zerstoerung/
- FARC übergeben Vorschläge zur Landreform
(amerika21.de/Nachrichten)
Tropenholz:
- www.regenwald.ord/themen/tropenholz; Amazoniens
Urwald zwischen den Behördenstühlen:
www.greenpeace.de
Fleischproduktion und -export/Viehfutter:
- Video bei youtube: Hunger nach Fleisch - Wie
Brasilien den globalen Bedarf stillen will
- www.swr.de/hunger/laender/brasilien/
„Apotheke Regenwald“:
- www.oroverde.de/regenwald-wissen/regenwaldprodukte/soja-statt-regenwald.html
Tank oder Topf?:
- Internetrecherche: Biosprit, Brasilien, Regenwald
Videos zum Thema:
- www.planet-schule.de/wissenspool/hunger/
inhalt/sendungen/brasilien-ausverkauf-imregenwald.html
Nr. 16 | 22.03.2013
18.10.2013
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Unterrichtspraxis
Fußball-WM: „im Abseits...“ (ii)
schlüsselbegriffe
und Unterthemen
Wasserkraft - eine
ökologische Alternative?
- Anteil der Wasserkraft
an der Energiegewinnung
Brasiliens
- Neue Staudämme:
Treibhausfabriken?
- Wer erhält den
Strom?
- Belo-Monte: Planung,
Landschaftsverbrauch,
Folgen
für die Bevölkerung,
Beteiligung
deutscher Firmen,
Protest
Die Lage der
Bewohner Amazoniens
- Ethnien
- Menschenrechte
allgemein und bezogen
auf Brasilien
- Wirtschaftliche
Lage
- Soziale Bewegungen/Landlosenbewegung
Fragestellungen/Aufgaben
- Wasserkraft ist doch in
jedem Fall ökologisch.
Oder?
- Bedeutung der Wasserkraft
in Brasilien
- Wer braucht so viel
Strom in Amazonien
(Belo Monte)?
- Belo Monte: Was
geschieht da?
- Beteiligung deutscher
Firmen
- Proteste in Amazonien
und in Deutschland
- Wer lebt in Amazonien
und wovon leben sie?
- Kann man sich dem
„Fortschritt“ verwehren?
- Wie verteidigen die
Indios ihren Lebensraum
und ihre Lebensweise?
Materialien
Internetrecherche allgemein:
- http://www.spektrum.de/alias/energiewende-international/deramazonas-wird-angezapft/1150908
- Stichworte: Brasilien: Wasserkraft ökologisch?; Brasilien: Konflikte
um Land;
Belo Monte:
- Stichworte: Der Konflikt um Belo Monte; Siemens: Menschenrechte
missachten und Gewinne einstreichen;
- http://amerika21.de/tag/staudamm-belo-monte
- „Euer Profit zerstört unser Leben“: www.regenwald.org/aktion
- www.poema-deutschland.de (vgl. dort die Rundbriefe)
Wichtige Broschüre: Brasilicum, Sonderheft 186/187: „Staudämme
und Infrastrukturprojekte“ (zu bestellen bei: www.kooperationbrasilien.org)
Internetrecherche:
- Stichworte: Großevents und Menschenrechtsverletzungen in Brasilien
(KoBra)
- Landlosenbewegung: amerika21.de/Nachrichten
- Brasiliennachrichten Nr. 146: Lage der Indianer Brasiliens von
1985-2010
Obwohl die tropischen Regenwälder nur noch sieben Prozent der Erdoberfläche bedecken, befinden
sich dort nach verschiedenen Schätzungen mehr als 30 Millionen Tier- und Pflanzenarten. Foto: Frech
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Unterrichtspraxis
SiegFrieD FrecH
internetrecherchen im unterricht
Internetangebote sind danach zu befragen und zu bewerten, ob und wie im Unterricht fachlich angemessene
Ziele erreicht werden. Internetangebote müssen - wie alle (Unterrichts-)Medien - einer Auswahl unterzogen,
vorab gesichtet und ggf. didaktisch aufbereitet werden.
Vorbemerkung
Das Internet ist kein Medium, das auf
sinnvollen didaktischen und methodischen
Kriterien beruht. Eine sinnvolle
Nutzung in Schule und Unterricht
kann nur durch (fach-)didaktische
Kriterien sichergestellt werden. Der
Einsatz des Internets ist danach zu
befragen und zu bewerten, ob und wie
mit seiner Verwendung im Unterricht
fachlich angemessene Ziele erreicht
werden. Um es an dieser Stelle vorwegzunehmen:
Das Internet und seine
Inhalte müssen – wie die meisten
Unterrichtsmedien – einer Auswahl
unterzogen und aufbereitet werden.
recherchieren im Unterricht
Der Vorbereitungsaufwand für den
Einsatz des Internets im Unterricht
ist nicht unerheblich. Zunächst ist
eine Vorrecherche der Lehrer/innen
notwendig, soll der eigentliche Interneteinsatz
nicht in ein zielloses und
alle Motivationen beseitigendes Herumsuchen
ausarten. So sind Vorgaben
von einschlägigen Adressen sinnvoll,
gleichzeitig müssen je nach Thema
konkrete Fragestellungen, Arbeitsanweisungen
und Arbeitsschritte konzipiert
werden. Für diese Überlegungen
und Vorbereitungen ist ein Abwägen
sinnvoll, ob der Aufwand in einem
angemessenen Verhältnis zum Nutzen
steht, denn bloße Internetnutzung
alleine macht noch keinen guten
Unterricht aus.
Methodische schrittfolge
Die nachfolgende Schrittfolge für
Recherchen im Internet skizzieren
eine (idealtypische) Phasenabfolge, die
jeweils in Abhängigkeit vom didaktisch-methodischen
Kontext und den
Kenntnissen der Zielgruppe gesehen
werden müssen. Die Abfolge kann je
nach den Gegebenheiten modifiziert
werden. So kann beispielsweise auf den
Schritt 4 völlig oder auf eine besonders
aufwändige Form der Präsentation
verzichtet werden.
schritt 1: Planung
Nachdem der Inhaltsbereich erschlossen
und mit „konventionellen“ Medien
abgeglichen wurde, gilt es zu prüfen,
ob überhaupt brauchbare Online-
Dokumente verfügbar sind. Die Lehrerin
bzw. der Lehrer stellt nach erfolgter
eigener Recherche und Analyse des
Daten- und Textmaterials eine Sammlung
von Internetadressen zusammen.
Ob sich eine Internetadresse überhaupt
für den Unterricht eignet, lässt sich mit
einem Kriterienkatalog feststellen (vgl.
S. 8). Je abhängig von den Kompetenzen
der Schüler/innen, können sich
Lehrer/innen für kommentierte Linklisten,
die einen thematischen Rahmen
abstecken, oder die Auflistung von nur
wenigen Fundstellen mit detaillierten
Rechercheaufträgen entscheiden.
schritt 2: recherche im Unterricht
Grundlage der allermeisten Recherchen
ist ein klarer Arbeitsauftrag. Eine
Vorstellung der Sequenz bzw. Erläuterung
der Arbeitsaufträge ist sinnvoll.
Die Arbeitsaufträge fordern dazu auf:
(1) vorgegebene Internetseiten aufzusuchen;
(2) gegebenenfalls Indexhinweise
oder Links zu beachten; (3) die
gefundenen Daten und Informationen
auszuwählen; (4) gefundenes Material
durch Abspeichern oder sorgfältige
Auswahl und anschließendes Ausdrucken
zu sichern; (4) Überlegungen für
die Präsentation anzustellen.
schritt 3: Auswertung
Das Ergebnis der Recherche wird im
Folgeschritt ausgewertet. Die Materialien,
Daten und Texte werden noch
einmal ausgewählt, bewertet und auf
deren Ergiebigkeit hin geprüft. Unter
Umständen sind weitere Recherchen
bzw. die Hinzuziehung von „konventionellem“
Unterrichtsmaterial (Lehr- und
Schulbücher, Nachschlagewerke usw.)
notwendig. Dieser Schritt fordert Schüler/innen
allerdings Erhebliches ab und
ist mithin die entscheidende Phase, die
darüber entscheidet, ob die gefundenen
Daten und Informationen für den weiteren
Fortgang des Unterrichts fruchtbar
gemacht werden können.
Hier liegt eines der zentralen Probleme
der Internutzung. Computer und Internet
sind regelrechte „Datenpumpen“
und liefern so zahlreiche Informationen,
dass die Überflutung der Schüler/
innen mit Daten die Regel ist. Daten
generieren erst dann Wissen, wenn sie
in Erfahrungskontexte und/oder kognitive
Muster eingebaut werden. Damit
entpuppt sich auch die Arbeit mit dem
Internet als die (altbekannte) Mühsal
der Lehr-Lern-Arbeit in neuer Form,
nämlich als Versuch, aus Daten Informationen
und aus Informationen Wissen
zu konstruieren.
schritt 4: Weitere recherchen
Unter Umständen sind weitere Recherchen
anzustellen. Der Sinn weiterer
Recherchen liegt in der Vertiefung des
erworbenen Informationsstandes und
der Optimierung der Suchstrategie.
schritt 5: Aufbereitung, Präsentation
und Diskussion
Im letzten Schritt müssen die Ergebnisse
der Internetrecherche ausgewertet
und für eine Präsentation im Klassenverband
(Folie, Tafelbild, Vortrag,
Materialmappe, Wandzeitung, Präsentation
von WWW-Seiten über ein Display
oder einen Beamer usw.) aufbereitet
werden.
Nr. 16 | 22.03.2013
18.10.2013 7

Unterrichtspraxis
Kriterien für Internetseiten (Kopiervorlage)
- Werden die Lese- und Wahrnehmungsgewohnheiten
der Schüler/innen berücksichtigt?
- Wie strukturieren die Einstiegsseiten das Angebot?
Bieten Sie (überhaupt) Einstiegspunkte?
- Existiert ein plausibles und leicht zu erlernendes
Navigationssystem?
- Ist die Navigation (kommunikations-)logisch aufgebaut?
- Wie sind Ladezeiten und Qualität der Bilder?
- Haben animierte Bilder eine erkennbare Funktion,
oder sind sie „nur“ Unterhaltung?
- Welche Konsequenzen hat das Seitenlayout beim
Ausdruck oder Kopieren?
- Ist eine einfache Kontaktaufnahme zum Anbieter
möglich?
- Ist ein eigenständiges inhaltliches Profil zu erkennen?
- Gibt es eine redaktionelle Betreuung des inhaltlichen
Angebots?
- Sind Autoren oder Quellenangaben vorhanden?
- Spiegeln die Inhalte fachwissenschaftliche Diskussionen
angemessen und aktuell wider oder sind sie
beliebig?
- Wie werden Inhalte dargestellt?
- Worin liegt der Nutzwert des Angebots?
- Gibt es Ansprechpartner für inhaltliche Rückfragen?
- Ist ein Qualitätsstandard zu erkennen?
- Werden neue Inhalte kenntlich gemacht?
- Werden Links gepflegt?
- Warum sollte jemand gerade dieses Internet-Angebot
besuchen?
- Wie einfach ist der Domain-Namen, z.B. bei Integration
in Gesamtserver?
- Sind die Dateien und Bilder auf dem Server (Serverstruktur)
klar strukturiert?
- Werden einheitliche und klare Dateinamen verwendet?
- Ist das Angebot auch als Offline-Version lauffähig?
- Ist die Programmierung dokumentiert?
- Werden Meta-Daten für Suchmaschinen verwendet?
- Sind serverinterne Links absolut oder relativ definiert?
- Welche HTML-Editoren werden zur Programmierung
verwendet?
- Werden Frames verwendet? Sind diese programmtechnisch
und von der Bedienungsstruktur her notwendig?
(Durch Frames ist kein Bookmarking und
keine Blindenschriftunterstützung möglich)
- Werden Java-Scripts verwendet? Sind diese auf
allen Browsern lauffähig? Sind diese von ihrer Funktion
her notwendig?
- Ist das Angebot auf verschiedenen Systemplattformen
und verschiedenen Browsertypen lauffähig?
- Existiert eine Hilfefunktion?
(aus: Gugel, Günther (2002): Politische Bildungsarbeit
praktisch. Seminarmodelle und Materialien zu den
Themen: Fremdenfeindlichkeit, Zukunftsfähigkeit,
Neue Medien, Konfliktbearbeitung. Tübingen, S. 101)
- Gibt es ein klares didaktisches Konzept?
- Sind Inhalte didaktisch aufbereitet?
- Sind Bilder bloße Illustrationen oder haben sie
eine didaktische Funktion?
- Wie ist das Verhältnis von Aktualität und strukturellen
Informationen?
- Wie sind verschiedene Internet-Angebote verknüpft?
(WWW, Mailing-List, Chats, Videokonferenzen,
Offline-Medien, usw.)
- Sind eine Struktur und eine Systematik erkennbar?
- Werden Rückmeldungen und Praxisberichte einbezogen?
- Gibt es spezifische Angebote für unterschiedliche
Benutzergruppen?
Impressum
Die unterrichtspraxis – Beilage zu „Bildung und Wissenschaft“, Zeitschrift
der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Baden-Württemberg,
erscheint unter eigener Redaktion achtmal jährlich.
redaktion: Dipl. Päd. Siegfried Frech (verantwortlich noch bis zum Jahresende
2013)
Anschrift der redaktion: Siegfried Frech, Hummelweg 4, 71549 Auenwald.
Tel. 0 71 91 /36 87 92; E-Mail: si.frech@t-online.de
Nachbestellungen über die geW-Bezirksgeschäftsstellen (Adressen im
impressum von b&w)
Zum mitarbeit sind alle Kolleginnen und Kollegen herzlich eingeladen.
manuskripte sollten direkt an die redaktion der unterrichtspraxis
adressiert werden.
8 Nr. 16 | 22.03.2013
18.10.2013