Unsigned Sounds 07

01.03.2014 Aufrufe

10 ONE REPUBLIC gement. Die Melodien waren awesome, Hits, die Bank durch. Irgendwas aber war anders. Nun ja, vielleicht waren es die Synthies oder das im Vergleich zu ihren Vorgängeralben weitaus synthetischer klingende Drumset. Jedenfalls war ich nicht wirklich begeistert. Das alte Zeug hatte ich gefeiert. Aber das … das! – Zugegeben: Es war nicht wirklich schlecht. Es war sogar weit weg von böse. Es war gut. Obwohl es anders klang. Es hörte sich nach Party an, gute Laune-Musik. Wahrscheinlich war es genau das, was mir so dermaßen gegen den Strich ging. Mittlerweile befanden wir uns kurz vor Stuttgart. Und meine (damals noch) Freundin musste dringendst auf die Toilette. Im Sitz schlug sie die Beine übereinander, wippte, wedelte, wand sich hin und her. Und dann: Rote Ampeln. Stau. Berufsverkehr. Unser Navi, ironisch trocken: „Bitte wenden!“ Meine (damals noch) Freundin machte große Augen. „Mach doch da rein!“, sagte ich und fingerte eine halbvol- le Mineralwasserflasche von der Rückbank, mit einem Auge, einer Hand damit beschäftigt, den Wagen durch die wie wild wogenden Massen des Autor-Meers zu lenken. „Niemals!“, kreischte sie und stemmte die Füße gegen das Armaturenbrett, als stünde die Geburt ihres ersten Kindes unmittelbar bevor. „Aber…“ „FAHR!“ Irgendwie schafften wir’s dann doch noch – ohne urindurchtränkte Ledersitze – in den Stuttgarter Hafen. Was nicht hieß, dass wir damit auch am Ziel unserer Reise angelangt waren. Denn hier quetschte sich ein Automobil ans andere. Es kam mir fast so vor, als versuchten die einzelnen Karossen um Luft ringend übereinander weg zu klettern. So eng wurde rangiert! Es gab – im wahrsten Sinne des Wortes – nicht eine einzige Parkgelegenheit! Die Besitzer der Konzerthalle hatten wohl noch nie etwas davon gehört, dass Parkbuchten mit der erwarteten Anzahl Zuschauer korrelieren sollten. Wahrscheinlich war der Laden auch deswegen so verstaubt … Wir mussten den Wagen also wohl oder übel in einer Seitenstraße parken, zwei, drei Blocks weiter. Nach fünfzehn Minuten Fußmarsch und einer fast vom LKW überfahrenen (damals noch) Freundin, erreichten wir schließlich das Konzertgelände – oder besser: das Ende der Menschenschlange, die sich einmal drum rum legte. Und das zwei Stunden vor Konzertbeginn! Mit nichts anderem als einem ärmellosen Hemd bekleidet – die Zeit, die ich gebraucht hätte, meine Jacke an der Garderobe abzugeben und damit meine Chancen auf einen heißbegehrten Platz in der ersten oder zweiten Reihe zu verspielen, hatte ich mir sparen wollen – wartete ich also gute eineinhalb Stunden darauf, dass die verfickten Torwächter endlich ihre arschgefickten Tore aufmachten, nur um in den letzten Minuten doch noch von einer Armada rüstiger Mitfünfziger überholt zu werden, die – mit Sack und Pack und ihren Enkelinnen im Schlepptau – an uns vor-

REPORTAGE 11 beirauschten, während ich nägelkauend dabei zusah, wie meine (damals noch) Freundin in aller Seelenruhe Mantel, Schaal und Handschuhe der Garderobiere übergab … und anschließend weitere fünfzehn, zwanzig, hundertzehn Minuten damit zubrachte, an der Schlange vor der Damen-Toilette anzustehen! „Aber du warst doch grade erst!“ – „Ja und? Zur Vorsorge!“ Was sich für mich anhörte wie: „Ein bisschen Spaß muss sein!“ Letztendlich ergatterten wir einen Platz irgendwo in der Mitte, im Schatten einer Säule, an die sich meine (damals noch) Freundin klammern konnte, sollte sie das Gefühl haben, angesichts der tobenden Menge und der heißen, stillstehenden Luft aus den Latschen kippen zu müssen. Wenigstens die Vorband wollten wir noch mitbekommen. Was wir dann auch taten. Der supporting act war ein Engländer und machte Acoustic Pop à la James Blonde, was sich gut anhörte. Wir genossen seine Hand voll Songs. Und dann: Dunkelheit. Stille. Plötzlich: Lichter, huschend, hin und her. Und schließlich: „Aaahhh!!!“ – ONE REPUBLIC enterten die Bühne. Womit wir am Ende unserer Odyssee angelangt wären: Wir verließen den Konzertsaal noch vor allen anderen – abgesehen von dem halben Dutzend Bewusstloser, denen das Schicksal die Gnade hatte zuteilwerden lassen, Ryan Tedders in Wirklichkeit unglaublich schiefen!!! Gesang nicht bis zum Ende anhören zu müssen … Kopfschüttelnd saßen wir danach im Burger King und ließen das Konzert noch einmal Revue passieren. Doch auch die Handymitschnitte meiner (damals noch) Freundin bestätigten das ohrenvergewaltigende Fiasko. Ryan Tedder hatte nur jeden fünften oder sechsten Ton getroffen. Und in den Höhen hatte er geklungen, als hätte ihm ein Riese auf den Schwanz getreten! Mir als Musiker bluten die Ohren. Dazu kam, dass das komplette Setup eher impro- visiert als tatsächlich geplant gewirkt hatte. Also, so geil ich die Jungs auch auf den Platten finde – seit dem Tag gilt für uns: ONE REPUBLIC live? – Einmal und nie wieder! Fazit: Auch die Großen machen’s nicht immer unbedingt besser als die Kleinen! In diesem Sinne: Rock on! Bene

10 ONE REPUBLIC<br />

gement. Die Melodien<br />

waren awesome, Hits, die<br />

Bank durch. Irgendwas aber<br />

war anders. Nun ja, vielleicht<br />

waren es die Synthies oder<br />

das im Vergleich zu ihren<br />

Vorgängeralben weitaus synthetischer<br />

klingende<br />

Drumset. Jedenfalls war ich<br />

nicht wirklich begeistert. Das<br />

alte Zeug hatte ich gefeiert.<br />

Aber das … das! – Zugegeben:<br />

Es war nicht wirklich<br />

schlecht. Es war sogar weit<br />

weg von böse. Es war gut.<br />

Obwohl es anders klang. Es<br />

hörte sich nach Party an, gute<br />

Laune-Musik. Wahrscheinlich<br />

war es genau das, was<br />

mir so dermaßen gegen den<br />

Strich ging.<br />

Mittlerweile befanden wir<br />

uns kurz vor Stuttgart. Und<br />

meine (damals noch) Freundin<br />

musste dringendst auf die<br />

Toilette. Im Sitz schlug sie<br />

die Beine übereinander,<br />

wippte, wedelte, wand sich<br />

hin und her.<br />

Und dann: Rote Ampeln.<br />

Stau. Berufsverkehr. Unser<br />

Navi, ironisch trocken: „Bitte<br />

wenden!“ Meine (damals<br />

noch) Freundin machte große<br />

Augen.<br />

„Mach doch da rein!“, sagte<br />

ich und fingerte eine halbvol-<br />

le Mineralwasserflasche von<br />

der Rückbank, mit einem<br />

Auge, einer Hand damit<br />

beschäftigt, den Wagen<br />

durch die wie wild wogenden<br />

Massen des Autor-Meers zu<br />

lenken.<br />

„Niemals!“, kreischte sie und<br />

stemmte die Füße gegen das<br />

Armaturenbrett, als stünde<br />

die Geburt ihres ersten Kindes<br />

unmittelbar bevor.<br />

„Aber…“<br />

„FAHR!“<br />

Irgendwie schafften wir’s<br />

dann doch noch – ohne urindurchtränkte<br />

Ledersitze – in<br />

den Stuttgarter Hafen. Was<br />

nicht hieß, dass wir damit<br />

auch am Ziel unserer Reise<br />

angelangt waren. Denn hier<br />

quetschte sich ein Automobil<br />

ans andere. Es kam mir fast<br />

so vor, als versuchten die<br />

einzelnen Karossen um Luft<br />

ringend übereinander weg zu<br />

klettern. So eng wurde rangiert!<br />

Es gab – im wahrsten<br />

Sinne des Wortes – nicht<br />

eine einzige Parkgelegenheit!<br />

Die Besitzer der Konzerthalle<br />

hatten wohl noch nie etwas<br />

davon gehört, dass Parkbuchten<br />

mit der erwarteten Anzahl<br />

Zuschauer korrelieren<br />

sollten. Wahrscheinlich war<br />

der Laden auch deswegen so<br />

verstaubt …<br />

Wir mussten den Wagen also<br />

wohl oder übel in einer Seitenstraße<br />

parken, zwei, drei<br />

Blocks weiter. Nach fünfzehn<br />

Minuten Fußmarsch und<br />

einer fast vom LKW überfahrenen<br />

(damals noch)<br />

Freundin, erreichten wir<br />

schließlich das Konzertgelände<br />

– oder besser: das Ende<br />

der Menschenschlange, die<br />

sich einmal drum rum legte.<br />

Und das zwei Stunden vor<br />

Konzertbeginn!<br />

Mit nichts anderem als einem<br />

ärmellosen Hemd bekleidet –<br />

die Zeit, die ich gebraucht<br />

hätte, meine Jacke an der<br />

Garderobe abzugeben und<br />

damit meine Chancen auf<br />

einen heißbegehrten Platz in<br />

der ersten oder zweiten Reihe<br />

zu verspielen, hatte ich mir<br />

sparen wollen – wartete ich<br />

also gute eineinhalb Stunden<br />

darauf, dass die verfickten<br />

Torwächter endlich ihre<br />

arschgefickten Tore aufmachten,<br />

nur um in den letzten<br />

Minuten doch noch von<br />

einer Armada rüstiger<br />

Mitfünfziger überholt zu<br />

werden, die – mit Sack und<br />

Pack und ihren Enkelinnen<br />

im Schlepptau – an uns vor-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!