Lücken im Recht auf Bildung? Eine Studie zur ... - ETC Graz
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4. Zielgruppe der <strong>Studie</strong>: Frauen und Mädchen mit Migrationsgeschichte<br />
Handelsschule. Danach wird von ihnen doch noch eine Lehre angestrebt.<br />
Diese „Umwege“ bedingen allerdings, dass junge Migrantinnen später <strong>auf</strong><br />
den Arbeitsmarkt treten und (noch) weniger Chancen vorfinden, angesichts<br />
des fortgeschrittenen Alters, eine Lehrstelle zu bekommen. Schaffen junge<br />
Migrantinnen den Weg <strong>zur</strong> Matura, wird dieser von ihnen zumeist in Berufsbildenden<br />
Höheren Schulen oder über Abendmatura beschritten. 45<br />
Arbeitsmarkt:<br />
- <strong>Recht</strong>liche Rahmenbedingungen wie unsicherer Aufenthaltsstatus oder fehlende<br />
Arbeitsbewilligungen können dazu führen, dass Frauen oder Mädchen<br />
mit Migrationsgeschichte überhaupt keinen Zugang zum Arbeitsmarkt in Österreich<br />
haben.<br />
- Andere Rahmenbedingungen wie mangelnde Kenntnisse der deutschen<br />
Sprache 46 , Informationsmangel oder das Fehlen angemessener Strategien<br />
be<strong>im</strong> Umgang mit Vermittlungsorganisationen können sich für Frauen oder<br />
Mädchen mit Migrationsgeschichte als ebenso ausschließend erweisen.<br />
- Diskr<strong>im</strong>inierungsstudien in mehreren Ländern der EU haben gezeigt, dass<br />
schon der geringfügigste „fremde“ Akzent oder ein <strong>auf</strong> eine ausländische<br />
Herkunft verweisender Name genügt, um am Arbeitsmarkt massiv diskr<strong>im</strong>iniert<br />
zu werden. 47 Diese Frauen werden oftmals bei Bewerbungsverfahren<br />
ignoriert oder es wird ihnen am Telefon gesagt, die gewünschte Stelle sei bereits<br />
vergeben. Aber auch mit guten Deutschkenntnissen sind vor allem Arbeitsstellen<br />
in höher qualifizierten Bereichen schwer zu bekommen. Geringe<br />
Unsicherheiten in der deutschen Sprache oder ein Akzent können bereits<br />
ihre Chancen gegenüber deutschsprachigen MitbewerberInnen reduzieren. 48<br />
Auch in der öffentlichen Diskussion werden Migrantinnen nur selten als qualifizierte<br />
Arbeitskräfte angesehen.<br />
- Die Anerkennung von <strong>im</strong> Ausland erworbenen Qualifikationen ist eine müheund<br />
kostenintensive Investition mit ungewissem Ausgang. Nur weniger als<br />
ein Fünftel der MigrantInnen (Frauen wie Männer) entscheidet sich dafür,<br />
einen Antrag <strong>auf</strong> formale Anerkennung zu stellen. 49 <strong>Eine</strong> überproportional<br />
hohe Anerkennungsrate findet man dabei bei weiblichen Angestellten mit hö-<br />
45 Ebd., S. 112; vgl. hierzu auch: Lentner, Marlene, Berufsorientierung und Berufsberatung von Jugendlichen mit<br />
Migrationshintergrund. Am Beispiel Oberösterreich (2011), http://www.land-oberoesterreich.gv.at/files/publikationen/So_<br />
ENDBERICHT%20_Berufsorientierung_Jugendliche_Migrationshintergrund_Druckversion.pdf (28.5.2013).<br />
46 In diesem Zusammenhang kann die Integrationsvereinbarung erwähnt werden. Die Integrationsvereinbarung (IV) 2011<br />
dient der sprachlichen Integration von Migrant/innen, die sich dauerhaft in Österreich niederlassen wollen. Sie betrifft in der<br />
aktuellen Form Migrant/innen (Drittstaatsangehörige, d.h. Nicht-EU-Bürger/innen), die seit 1. Juli 2011 ins Land gekommen<br />
sind. Mit der Unterzeichnung der Integrationsvereinbarung verpflichten sich MigrantInnen, innerhalb von zwei Jahren<br />
ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache zu erwerben. Dazu erhalten sie finanzielle Unterstützung in Form des blauen<br />
ÖIF-Bundesgutscheins. Jene Personen, die einen zertifizierten Deutschkurs innerhalb von 18 Monaten nach der Gutschein-<br />
Ausstellung erfolgreich <strong>auf</strong> A2-Niveau mittels ÖIF-Prüfung abgeschlossen haben, erhalten eine Förderung von max<strong>im</strong>al 300<br />
Unterrichtseinheiten bzw. 50 Prozent der Kurskosten, höchstens jedoch 750 Euro. Vgl. hierzu: http://www.integrationsfonds.<br />
at/iv/ivneu/ (28.5.2013).<br />
47 Weiss/Kapeller, S. 9. Vgl. hierzu auch European Union Agency for Fundamental Rights (FRA): Mehrfachdiskr<strong>im</strong>inierung.<br />
EU-MIDIS Erhebung der Europäischen Union zu Minderheiten und Diskr<strong>im</strong>inierung 05 (2010), verfügbar unter: http://fra.<br />
europa.eu/sites/default/files/eu_midis_dif5-multiple-discr<strong>im</strong>ination_de.pdf; sowie die Ergebnisse des <strong>ETC</strong>-Projektes Der<br />
Einfluss von Mehrfachdiskr<strong>im</strong>inierungen <strong>auf</strong> Karriereverläufe von Betroffenen, 2011-13, gefördert vom Fonds der Österreichischen<br />
Nationalbank; Projekthomepage: http://www.etc-graz.at/typo3/index.php?id=1156#c2582 (19.8.2013). Die Ergebnisse des<br />
Projektes werden in Kürze in einer Publikation <strong>im</strong> Springer VS Verlag veröffentlicht.<br />
48 Weiss/Kapeller, S. 30.<br />
49 Vgl. hierzu <strong>im</strong> Rahmen des Projektes Anerkannt! die Erhebung der Ist-Situation in der Steiermark: Girlasu, Mioara, Zitz, Edith,<br />
Erhebung der Ist-Situation <strong>im</strong> Bereich „Anerkennung von <strong>im</strong> Ausland erworbenen Berufsqualifikationen in der Steiermark“<br />
(2012); http://www.esf.at/esf/wp-content/uploads/Anerkannt_Erhebung_inspire2012.pdf (28.5.2013).<br />
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