6 Thema - ErzieherIn.de
6 Thema - ErzieherIn.de
6 Thema - ErzieherIn.de
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
6 <strong>Thema</strong> www.kleinundgross.<strong>de</strong> 02–03 / 2014<br />
Fotos: Fotolia.<strong>de</strong>; iStockphoto.com
www.kleinundgross.<strong>de</strong> 02–03 / 2014<br />
<strong>Thema</strong> 7<br />
Wir sind Freun<strong>de</strong>!<br />
Über die Entwicklung von<br />
Freundschaften zwischen<br />
Kin<strong>de</strong>rn<br />
Abhängig von ihrem Alter haben Kin<strong>de</strong>r ein sehr unterschiedliches<br />
Verständnis von Freundschaft. Die ersten<br />
Freun<strong>de</strong> eines Kin<strong>de</strong>s sind Kin<strong>de</strong>r, mit <strong>de</strong>nen es gera<strong>de</strong> gut<br />
spielt o<strong>de</strong>r die es öfter sieht; auch jemand, <strong>de</strong>r einem etwas<br />
schenkt, wird als Freund angesehen. Die Gestaltung<br />
<strong>de</strong>r sozialen Kontakte ist eng mit <strong>de</strong>r Entwicklung eines<br />
Kin<strong>de</strong>s verknüpft. Der folgen<strong>de</strong> Beitrag zeigt auf, warum<br />
das so ist und welche Voraussetzungen außer<strong>de</strong>m für gelingen<strong>de</strong><br />
Freundschaften notwendig sind.<br />
Hedi Friedrich<br />
Erste Kontaktaufnahmen<br />
Schon Babys nehmen sich gegenseitig als Personen wahr<br />
und sind an einem Kontakt interessiert. Zunächst erkun<strong>de</strong>n<br />
sie sich gegenseitig mit <strong>de</strong>r gleichen Neugier, mit <strong>de</strong>r sie<br />
auch ihre restliche Umgebung erforschen. Und wenn sie<br />
auch nur nebeneinan<strong>de</strong>r spielen, ohne sich aufeinan<strong>de</strong>r zu<br />
beziehen, för<strong>de</strong>rt das gemeinsame Interesse an bestimmten<br />
Gegenstän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Kontakt zwischen ihnen. Sie reichen<br />
sich Dinge hin und her („Geben-Nehmen-Spiele“), berühren<br />
sich, lächeln sich an, ahmen einan<strong>de</strong>r nach o<strong>de</strong>r „unterhalten“<br />
sich mit Tönen (Rubin 1981). Eine solche Kontaktaufnahme<br />
ähnelt <strong>de</strong>m, was sie aus <strong>de</strong>r Beziehung mit <strong>de</strong>n Erwachsenen<br />
kennen.<br />
Beson<strong>de</strong>rs die Erfahrungen von Sicherheit und Geborgenheit<br />
in <strong>de</strong>r Beziehung zur Mutter und zu <strong>de</strong>n wichtigsten<br />
Bezugspersonen schaffen gute Voraussetzungen, um sich<br />
auf das Abenteuer <strong>de</strong>r Begegnung mit an<strong>de</strong>ren Kin<strong>de</strong>rn<br />
einlassen zu können. Denn ein an<strong>de</strong>res Kind ist im Vergleich<br />
zu <strong>de</strong>n einfühlsamen Eltern o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m geliebten Kuscheltier<br />
viel unberechenbarer in seinen Reaktionen.<br />
Notwendige Fähigkeiten<br />
Die Gestaltung von sozialen Kontakten bis hin zu Freundschaften<br />
ist eng mit <strong>de</strong>r sozialen, emotionalen, motorischen,<br />
geistigen und sprachlichen Entwicklung eines Kin<strong>de</strong>s<br />
verknüpft. Eine an<strong>de</strong>re Person wahrzunehmen und sie zu<br />
verstehen, erfor<strong>de</strong>rt eine ganze Reihe von Fähigkeiten, die<br />
ein Kind erst allmählich erwirbt.<br />
Die früheste Unterscheidung zwischen Personen, die ein<br />
Kind treffen kann, ist die zwischen vertrauten und nicht<br />
vertrauten Menschen. Als Nächstes lernt es, seine Bezugspersonen<br />
zu unterschei<strong>de</strong>n und sie zu benennen. Schließlich<br />
wer<strong>de</strong>n einzelne Merkmale an<strong>de</strong>rer Personen immer<br />
feiner und genauer wahrgenommen. Dazu gehören im Verlauf<br />
<strong>de</strong>r Entwicklung im Vorschulalter, Altersdifferenzen<br />
nach Gesichtszügen festzustellen sowie das Geschlecht<br />
nach Kleidung, Haaren und <strong>de</strong>n primären Geschlechtsmerkmalen<br />
beurteilen zu lernen. Diese Unterscheidungen treffen<br />
zu können, ist logischerweise auch die Voraussetzung<br />
dafür, sich Spielpartner und Freun<strong>de</strong> <strong>de</strong>s gleichen Geschlechts<br />
auszuwählen. Manche Kin<strong>de</strong>r legen sich hier<br />
früher fest als an<strong>de</strong>re.
8 <strong>Thema</strong> www.kleinundgross.<strong>de</strong> 02–03 / 2014<br />
Ab etwa <strong>de</strong>m dritten Lebensjahr verläuft die Denkentwicklung<br />
vom anschaulichen, selbstzentrierten Denken hin zum<br />
abstrakten Denken und damit auch zum tieferen Verständnis<br />
von Begriffen wie „Freundschaft“ und „Liebe“.<br />
Die Be<strong>de</strong>utung sozialer Kontakte für die kindliche<br />
Entwicklung<br />
Der Umgang mit an<strong>de</strong>ren Kin<strong>de</strong>rn bietet einem Kind eine<br />
Fülle ganz an<strong>de</strong>rer Erfahrungen, als es die Beziehungen zu<br />
seinen erwachsenen Bezugspersonen tun. Kin<strong>de</strong>r erleben<br />
im Umgang miteinan<strong>de</strong>r Freu<strong>de</strong> und Enttäuschung, Zuneigung<br />
und Ablehnung – und dies manchmal in schnellem<br />
Wechsel. Sie müssen sich im Kontakt mit an<strong>de</strong>ren Kin<strong>de</strong>rn<br />
genauer mitteilen, <strong>de</strong>nn diese sind nicht so verständnisvoll<br />
wie Eltern und Erzieherinnen. In <strong>de</strong>r Beziehung mit gleichaltrigen,<br />
kleineren o<strong>de</strong>r größeren Spielgefährten können<br />
sich die Kin<strong>de</strong>r vergleichen, was für ihre Selbstbewertung<br />
und die Entwicklung ihres Selbstbil<strong>de</strong>s wichtig ist.<br />
Rollenspiele sind z. B. ein gutes Übungsfeld für die Gestaltung<br />
von Kontakten und Beziehungen. Rollen wer<strong>de</strong>n nämlich<br />
abgesprochen und diskutiert; die Kin<strong>de</strong>r sprechen sich<br />
ab über die Situation, aber sie müssen in <strong>de</strong>r Situation kooperieren<br />
und – was von großer Be<strong>de</strong>utung ist – sie müssen<br />
sich in an<strong>de</strong>re Mitspieler hineinversetzen und also lernen,<br />
die Umwelt aus <strong>de</strong>r Perspektive eines an<strong>de</strong>ren Menschen<br />
heraus zu betrachten. Kin<strong>de</strong>r erfahren auf diese Weise, dass<br />
ihre Mitspieler an<strong>de</strong>re Gefühle und Gedanken haben als sie<br />
selbst. Diese Fähigkeit ist sehr wichtig, um an<strong>de</strong>re Menschen<br />
in ihrem Denken und Han<strong>de</strong>ln zu verstehen und sich<br />
auf sie einstellen zu können.<br />
Sich in die Spielpartner ein<strong>de</strong>nken und einfühlen zu können,<br />
trägt sehr viel zu <strong>de</strong>r Entstehung von Nähe und<br />
Freundschaften bei. So üben Kin<strong>de</strong>r im Miteinan<strong>de</strong>r, sich<br />
auf die (Spiel-)Wünsche an<strong>de</strong>rer einzustellen; sie üben aber<br />
auch, sich zu behaupten, sich durchzusetzen und sich zu<br />
wehren.<br />
Freundschaften im Vorschulalter<br />
Gemeinsames Spielen im Vorschulalter bietet zahllose Möglichkeiten<br />
zur Kontaktaufnahme und Kommunikation. Kin<strong>de</strong>r<br />
tauschen Gegenstän<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r streiten sich um <strong>de</strong>n Besitz<br />
von etwas, das man nur alleine handhaben kann. Ein<br />
Freund ist jemand, „<strong>de</strong>r mit mir spielt“. Schon nach zehn<br />
Minuten kann es an<strong>de</strong>rs aussehen: „Der ist nicht mehr mein<br />
Freund, <strong>de</strong>r ist gemein, <strong>de</strong>r hat mir <strong>de</strong>n Teller genommen!“<br />
Wenn es also Streit gibt o<strong>de</strong>r ein Kind das Interesse am gemeinsamen<br />
Tun verliert, können diese Freundschaften sehr<br />
schnell aufgekündigt wer<strong>de</strong>n.
www.kleinundgross.<strong>de</strong> 02–03 / 2014<br />
<strong>Thema</strong> 9<br />
Wichtig ist in diesem Alter für eine Freundschaft, dass bei<strong>de</strong><br />
Kin<strong>de</strong>r das Gleiche tun wollen. Und jemand, <strong>de</strong>r sein<br />
Rädchen verleiht, seinen Keks teilt o<strong>de</strong>r tröstet, wird eher<br />
als „Freund“ bezeichnet als jemand, <strong>de</strong>r zuschlägt o<strong>de</strong>r einem<br />
das Spielzeug aus <strong>de</strong>r Hand reißt und damit wegrennt.<br />
Freun<strong>de</strong> wer<strong>de</strong>n während <strong>de</strong>s Vorschulalters immer wichtiger.<br />
„Freund sein“ heißt jetzt, einan<strong>de</strong>r gut zu kennen und<br />
sich gegenseitig zu akzeptieren – mit allen Ängsten, Stärken<br />
und Schwächen.<br />
Freundschaften zwischen älteren und jüngeren<br />
Kin<strong>de</strong>rn<br />
Interessant sind für Kin<strong>de</strong>r nicht nur Gleichaltrige, son<strong>de</strong>rn<br />
durchaus auch jüngere o<strong>de</strong>r ältere Kin<strong>de</strong>r. Von älteren Kin<strong>de</strong>rn<br />
lässt sich leichter etwas annehmen als von Erwachsenen.<br />
Ältere Kin<strong>de</strong>r sind außer<strong>de</strong>m näher an <strong>de</strong>n Erfahrungen<br />
<strong>de</strong>r jüngeren dran und können <strong>de</strong>swegen manches<br />
besser verstehen. Und sie können oft schwierige Zusammenhänge<br />
einfacher und einleuchten<strong>de</strong>r erklären. Die jüngeren<br />
Kin<strong>de</strong>r ahmen gerne ältere nach und können bei ihnen<br />
sehen, wie ihre eigene Entwicklung verlaufen wird.<br />
Ältere können sich überlegen fühlen, wenn sie <strong>de</strong>n Jüngeren<br />
helfen. Auf diese Weise lernen sie auch, Verantwortung<br />
zu übernehmen, ihre Hilfsbereitschaft und Fürsorglichkeit<br />
wird bestärkt.<br />
„Wie sich ein Kind selbst sieht, beeinflusst die<br />
Entwicklung seiner sozialen Fertigkeiten.“<br />
Es gibt immer wie<strong>de</strong>r Freundschaften zwischen älteren und<br />
jüngeren Kin<strong>de</strong>rn, die über einen längeren Zeitraum hinweg<br />
bestehen und von bei<strong>de</strong>n Seiten gewünscht und gepflegt<br />
wer<strong>de</strong>n. Diese Kin<strong>de</strong>r nehmen gegenseitig Anteil an<br />
<strong>de</strong>r Entwicklung und an <strong>de</strong>n Erfahrungen <strong>de</strong>s an<strong>de</strong>ren,<br />
trösten sich und tauschen sich aus. In einer solchen Beziehung<br />
kann das ältere Kind manchmal für einige Momente<br />
wie<strong>de</strong>r jünger sein und etwas genießen, was es sich im Zusammensein<br />
mit Gleichaltrigen niemals mehr erlauben wür<strong>de</strong>.<br />
Und das jüngere Kind darf in Begleitung <strong>de</strong>s älteren<br />
Freun<strong>de</strong>s etwas erleben, was nur die Größeren dürfen.<br />
Allerdings kann es auch eine Reihe von Problemen in Beziehungen<br />
zwischen Kin<strong>de</strong>rn unterschiedlichen Alters geben:<br />
Ältere hänseln und ärgern Jüngere manchmal und kehren<br />
ihre Überlegenheit heraus. Ältere können jüngere Kin<strong>de</strong>r<br />
auch zu Handlungen anstiften, die die Jüngeren noch nicht<br />
in ihren Konsequenzen überschauen können; o<strong>de</strong>r sie beeinflussen<br />
die Jüngeren sozial in eine Richtung, die bei <strong>de</strong>n<br />
Erwachsenen Sorgen hervorrufen.<br />
Selbstbild und Freundschaft<br />
Wie sich ein Kind selbst sieht, beeinflusst auch die Entwicklung<br />
seiner sozialen Fertigkeiten. Ein Kind, welches seine eigenen<br />
Bedürfnisse wahrnehmen und ausdrücken kann, begegnet<br />
an<strong>de</strong>ren Kin<strong>de</strong>rn mit einer ganz an<strong>de</strong>ren<br />
Einstellung als ein unsicheres Kind. Untersuchungen haben<br />
festgestellt, dass selbstbewusste Kin<strong>de</strong>r beliebter sind und<br />
häufiger als Spielpartner und Freun<strong>de</strong> ausgewählt wer<strong>de</strong>n.<br />
Selbstsichere Kin<strong>de</strong>r interpretieren Kontaktversuche an<strong>de</strong>rer<br />
positiv und reagieren so, dass ein gemeinsames Spiel zustan<strong>de</strong><br />
kommt; sie entwickeln gute I<strong>de</strong>en und sind selbstständiger<br />
und kreativer im Lösen von Konflikten.<br />
Selbstsichere Kin<strong>de</strong>r können bitten, helfen, trösten, auf die<br />
Wünsche an<strong>de</strong>rer eingehen, sich verteidigen und auch Zurückweisungen<br />
verkraften – was selbstunsicheren Kin<strong>de</strong>rn<br />
eher schwerfällt.<br />
Unsichere Kin<strong>de</strong>r empfin<strong>de</strong>n viel schneller ein Wort, einen<br />
Blick o<strong>de</strong>r eine Geste als Angriff und fühlen sich schnell in<br />
ihrer gesamten Person betroffen. Sie reagieren dann eher<br />
abwehrend, hilflos, mit Rückzug o<strong>de</strong>r aggressiv, sie lachen<br />
an<strong>de</strong>re aus, zerstören <strong>de</strong>ren Spiel o<strong>de</strong>r wollen bestimmen.<br />
Ihre bisherigen sozialen Beziehungserfahrungen haben diese<br />
Kin<strong>de</strong>r verunsichert, und das erschwert es ihnen, Kontakte<br />
aufzunehmen. Ihnen fehlt die Geschicklichkeit im<br />
Umgang mit an<strong>de</strong>ren Kin<strong>de</strong>rn. Selbst wenn ihr Repertoire<br />
an Verhaltensweisen, die bei an<strong>de</strong>ren Kin<strong>de</strong>rn „gut ankommen“<br />
nicht unbedingt geringer ist als bei selbstbewussten<br />
Kin<strong>de</strong>rn, gelingt es ihnen schwerer, sie <strong>de</strong>r Situation gemäß<br />
anzuwen<strong>de</strong>n.
10 <strong>Thema</strong> www.kleinundgross.<strong>de</strong> 02–03 / 2014<br />
So <strong>de</strong>r Junge, <strong>de</strong>r interessiert auf an<strong>de</strong>re Kin<strong>de</strong>r zugeht<br />
und sie freundlich anspricht, aber nicht merkt, dass er sie<br />
mitten im Spiel unterbricht. Ihre daraufhin unwillige Reaktion<br />
erlebt er als Ausschluss und Zurückweisung. Sein<br />
Selbstvertrauen lei<strong>de</strong>t unter dieser Erfahrung.<br />
Unsichere Kin<strong>de</strong>r brauchen die Unterstützung <strong>de</strong>r Erzieherinnen,<br />
um Selbstvertrauen zu entwickeln – in<strong>de</strong>m sie notwendige<br />
Fähigkeiten für eine gelingen<strong>de</strong> Kontaktaufnahme<br />
erlernen. Das kann z. B. mithilfe von Hinweisen<br />
funktionieren: „Ich habe eine I<strong>de</strong>e, wie du das anstellen<br />
könntest … Magst du mal hören? Du kannst …“ Auf diese<br />
Weise können Kin<strong>de</strong>r z. B. lernen, eine Situation einzuschätzen,<br />
bevor sie han<strong>de</strong>ln. Mit einer liebevollen Hilfestellung<br />
geraten manche Kin<strong>de</strong>r seltener in einen Teufelskreis<br />
von negativen Erfahrungen, die ihnen ihr unzulängliches<br />
Selbstbild bestätigen und ihre Lernmöglichkeiten einschränken.<br />
Erleben diese Kin<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Beziehung zu <strong>de</strong>n<br />
Erzieherinnen Schutz, Verlässlichkeit, Verständnis, Wertschätzung<br />
und Anleitung, dann kann das die Entwicklung<br />
ihrer sozialen Fähigkeiten anregen und för<strong>de</strong>rn.<br />
„Die Dauer einer Freundschaft ist nicht<br />
immer ein Indiz für die darin vorkommen<strong>de</strong><br />
Nähe und Intensität.“<br />
Viele zusätzliche äußere Umstän<strong>de</strong> können die Entstehung<br />
von Freundschaften begünstigen o<strong>de</strong>r behin<strong>de</strong>rn: So können<br />
z. B. ausreichen<strong>de</strong> Möglichkeiten, an<strong>de</strong>re Kin<strong>de</strong>r kennenzulernen<br />
und sie häufiger über einen längeren Zeitraum<br />
hinweg zu sehen, die Entstehung von Freundschaften<br />
unterstützen. Ebenso das elterliche Vorbild – wie diese z. B.<br />
Freundschaften pflegen. Auch Faktoren wie Geschwistererfahrungen,<br />
das soziale und kulturelle Umfeld sowie Medien<br />
– Bücher o<strong>de</strong>r Filme – beeinflussen soziale Kontaktfertigkeiten<br />
und die Vorstellungen, die ein Kind von Freundschaft<br />
entwickelt. Das alles sind Lern- und Orientierungsmöglichkeiten<br />
für die Kin<strong>de</strong>r.<br />
Freundschaft und Gruppen<br />
Gruppen bieten eine Fülle von Lernerfahrungen, positive<br />
wie negative. Die Rollen und Positionen in einer Gruppe<br />
sind bereits im Kin<strong>de</strong>rgartenalltag wichtig. Das Gefühl dazuzugehören,<br />
spielt eine große Rolle für die I<strong>de</strong>ntitätsentwicklung<br />
eines Kin<strong>de</strong>s – umso intensiver, je älter das Kind<br />
ist. Erzieherinnen, die Kin<strong>de</strong>r darin unterstützen wollen,<br />
dazuzugehören, müssen <strong>de</strong>shalb nicht nur genau beobachten,<br />
wie ein Kind Kontaktversuche gestaltet, son<strong>de</strong>rn es<br />
auch dabei unterstützen, eine positive Rolle in <strong>de</strong>r Gemeinschaft<br />
zu fin<strong>de</strong>n. Dies heißt manchmal auch, die eigene Einstellung<br />
und das eigene Verhalten zu über<strong>de</strong>nken, <strong>de</strong>nn<br />
Kin<strong>de</strong>r wer<strong>de</strong>n auch mitunter durch werten<strong>de</strong> Äußerungen<br />
von Erwachsenen auf bestimmte Rollen festgelegt – mit<br />
weitreichen<strong>de</strong>n Konsequenzen.<br />
Ergibt sich im Austausch zwischen <strong>de</strong>n Bezugspersonen,<br />
dass ein Kind Unterstützung braucht, um Freun<strong>de</strong> zu fin<strong>de</strong>n<br />
und sich in einer Gemeinschaft zurechtzufin<strong>de</strong>n, helfen Fragen<br />
weiter wie:<br />
ßßWelche Unterstützung und welche Ermunterung fehlen<br />
<strong>de</strong>m Kind?<br />
ßßWelche Strategien hat ein Kind entwickelt, um negative<br />
Aufmerksamkeit zu erreichen?<br />
ßßWie ist meine eigene Einstellung gegenüber <strong>de</strong>m Kind?<br />
Wie viele Freun<strong>de</strong> ein Kind braucht, lässt sich nicht in eine<br />
Norm fassen. Wenn ein Kind jedoch ständig wechseln<strong>de</strong><br />
„Freundschaften“ hat o<strong>de</strong>r gar keine Freun<strong>de</strong>, dann kann<br />
es notwendig sein, genauer hinzuschauen, ob es ein Problem<br />
gibt bzw. welche Hilfen das Kind braucht. Je älter die<br />
Kin<strong>de</strong>r sind, <strong>de</strong>sto eher ist es möglich, dies mit ihnen selbst<br />
zu besprechen. Aber auch jüngere Kin<strong>de</strong>r sind oft schon<br />
sehr gut in <strong>de</strong>r Lage, sich dazu zu äußern, wenn ihnen jemand<br />
mit Interesse zuhört und sie Vertrauen zu <strong>de</strong>m Erwachsenen<br />
haben.<br />
Auch wenn in <strong>de</strong>r Vorschulzeit Freundschaften noch häufig<br />
ohne Dramatik wechseln, beginnen manche Freundschaften<br />
schon sehr früh und dauern lange, warum weiß man<br />
nicht genau. Bisher hat man lediglich einige Bedingungen<br />
herausgefun<strong>de</strong>n, die stabile Freundschaften begünstigen:<br />
Wenn die Kin<strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>rs bindungsfähig sind und sich<br />
gut auf an<strong>de</strong>re einstellen können, sich gegenseitig bei <strong>de</strong>r<br />
Gegenwartsbewältigung unterstützen und sich ganz einfach<br />
mögen. Die Dauer einer Freundschaft ist aber nicht immer<br />
ein Indiz für die darin vorkommen<strong>de</strong> Nähe und Intensität.<br />
Manche Freundschaften können sehr eng sein, auch<br />
wenn sie nicht lange dauern, an<strong>de</strong>re halten ein Leben lang.<br />
Hedi Friedrich, Psychologische Psychotherapeutin, Kin<strong>de</strong>r- und Jugendlichenpsychotherapeutin,<br />
Frankfurt<br />
Literatur<br />
Friedrich, H.: Beziehungen zu Kin<strong>de</strong>rn gestalten. Cornelsen Verlag<br />
2008 (Neuauflage erscheint im Frühjahr 2014)<br />
Rubin, Z.: Kin<strong>de</strong>rfreundschaften. Klett Verlag 1981<br />
Wagner, J.: Kin<strong>de</strong>rfreundschaften. Springer Verlag 1994