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Fotoszene<br />

Efraim Habermann<br />

»zum 80.«<br />

Schwarzweiß-Fotografien & Aquarelle<br />

Nicht immer hat eine Galerie das Glück,<br />

einen Künstler doppelt auszustellen: als<br />

Maler und als Fotografen.<br />

Charles Baudelaire war vor gut 150<br />

Jahren der Ansicht, dass die Fotografie<br />

zu Unrecht als Kunst eingeschätzt<br />

wird. Für den französischen Kritikerpapst<br />

bedrohte sie die Malerei, zumal<br />

ein technisches Gerät wie die Kamera<br />

die Fantasie verhindere. Fanatsie war<br />

für ihn aber die Voraussetzung für echte<br />

Kunst.<br />

Hier sehen Sie heute Abend anhand<br />

von knapp 25 Fotografien und mehreren<br />

Aquarellserien von Efraim Habermann,<br />

dass Malerei und Fotografie einander<br />

nicht ausschließen, vielmehr<br />

Baudelaires These aushebeln, dass die<br />

Fotografie die Zuflucht der verkrachten<br />

bzw. schlechten Maler sei. Immerhin<br />

darf Efraim Habermann in seinem 80.<br />

Lebensjahr auf eine fotografische Karriere<br />

von fast einem halben Jahrhundert<br />

zurückblicken, auch wenn er ursprünglich<br />

lieber Maler oder Sänger geworden<br />

wäre. Seine Biografie hatte aber anderes<br />

mit ihm vor.<br />

Am 19. Juni 1933 in Berlin geboren,<br />

floh er wegen seiner jüdischen Abstammung<br />

1939 mit seinen Eltern über Triest<br />

nach Palästina und lebte dann in Jerusalem.<br />

1957 kehrte er an die Spree<br />

zurück; in West-Berlin war er zunächst<br />

bei Senatsbehörden als graphisch-technischer<br />

Zeichner tätig und fand dann<br />

den Weg zur Fotografie, für die er sich<br />

schon immer interessiert hat: Ende der<br />

sechziger Jahre war er einer der Ersten<br />

in West-Berlin, der Kunstfotografien an<br />

Tageszeitungen verkaufte. Seine Arbeiten<br />

erschienen in Tageszeitungen, Fachzeitschriften<br />

und Büchern, einige befinden<br />

sich in privatem wie öffentlichem<br />

Besitz. Auch Ausstellungen haben sein<br />

Schaffen gewürdigt, so 1975 im Jüdischen<br />

Gemeindehaus an der Fasanenstraße<br />

in Berlin, 1976 in Paris im Maison<br />

de la France oder 1983 in der Berliner<br />

© Efraim Habermann<br />

Neuen Nationalgalerie, in den letzten<br />

Jahren in den Galerien Raab, Carpentier<br />

und Carlos Hulsch. Ab Juli sind seine<br />

Fotografien von Berlin-Wilmersdorf in<br />

der Kommunalen Galerie am Fehrbelliner<br />

Platz zu sehen.<br />

Carlos Hulsch zeigt Ihnen heute in den<br />

Jahren von ca. 1980 bis 2006 entstandene<br />

Aufnahmen von Berlin, Venedig<br />

und last not but least vom weiblichen<br />

Geschlecht: es wurde für Habermann<br />

bevorzugt als »Frau im Bild« zum Modell<br />

vor Werken aus Berliner Museen. Aufgenommen<br />

mit einer Leica Spiegelreflexkamera<br />

und auf Aqua-Papier abgezogen,<br />

gibt es von jedem Foto eine Auflage von<br />

maximal drei Stück.<br />

In Venedig portätierte sich der Lebensund<br />

Überlebenskünstler Efraim Habermann<br />

selbst vor der historischen Architekturkulisse;<br />

ebenfalls in den 1980ern<br />

kreierte er in seiner Berliner Wohnung<br />

an der Fasanenstraße ein Selbstporträt<br />

in Gary Cooper-Pose, indem er ein Foto<br />

von sich ausschnitt, es in ein Glas auf<br />

dem Fensterbrett mit Blick auf die Berliner<br />

Baumlandschaft stellte und dieses<br />

Szenario ablichtete. Die Ironie ist nicht<br />

zu verkennen, die auch in anderen<br />

seiner Arbeiten ihre Früchte trug. Sie<br />

potenziert sich gewissermaßen, weiß<br />

man um eine von Habermanns Lieblingssentenzen<br />

Bescheid: »Der Vorzug<br />

des Fotografen ist es, von einem Negativ<br />

ein positives Bild zu machen«.<br />

In Venedig schuf Habermann »positive<br />

Bilder« von der Stadt mit den tausend<br />

Gesichtern: von den Kanälen und den<br />

alten Hausfassaden, deren Rustika und<br />

Baudekor wie den Maskarons (Fratzenmasken)<br />

über den Tür- und Fensterbögen<br />

er durch die Wahl seines Standortes,<br />

durch Licht-Schatten-Wirkung und eine<br />

entsprechende eigenhändige Bildbearbeitung<br />

zu einem fast gespenstischen<br />

Eigenleben verhalf. Er zeichnete mit<br />

der Kamera die Fluten unter Venedigs<br />

Brücken nach und ließ Gondeln hinter<br />

dem Anlegesteg im Wasser verschwinden.<br />

Abbröckelndes Mauerwerk wurde<br />

ihm zur Tiara für den Surrealisten-Papst<br />

Salvador Dali, der auf einem Ausstellungsplakat<br />

posiert. Man beachte: der<br />

Schwung des Dali-Schnurrbartes und<br />

des Stockknaufes treten in kompositorische<br />

Beziehung zur Rundung der steinernen<br />

Krone.<br />

Neben Venedig wurde Berlin für Habermann<br />

Lieblingsschauplatz: doch auch<br />

hier ist es ein Berlin, das nicht jeder kennt:<br />

der Blick über den Rand der Großen<br />

Granitschale auf das Alte Museum am<br />

Lustgarten macht aus dem Schinkel-Bau<br />

mit seiner antikisierenden Säulenfront<br />

64 <strong>brennpunkt</strong> 3/<strong>2013</strong>

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