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Fotoszene<br />

»Nomade mit Gewehr«, 2009<br />

Winfried Bullinger: Am Ende der Kette<br />

steht der analog vom 4 mal 5 inch Negativ<br />

gefertigte Print mit der Größe 180<br />

cm mal 145 cm auf Barytpapier, dessen<br />

Qualität ich liebe. Ich halte die Entscheidung,<br />

die Bildnisse schwarz/weiß aufzunehmen,<br />

nicht für anachronistisch.<br />

Es ist eine Form, die Bilder zu gestalten.<br />

Ich benutze bei meiner Produktion übrigens<br />

stets moderne Technik.<br />

Pepper: Fotografen wie Sebastiao Salgado<br />

oder James Nachtwey bevorzugen<br />

ebenfalls den analogen Schwarz/<br />

Weiß-Film. Zumindest Salgado bedauert<br />

allerdings, dass sich das analoge<br />

Filmmaterial verändert, schlechter<br />

wird. Ich meine mich zu erinnern, dass<br />

er den geringeren Silberanteil genannt<br />

hat, wodurch er nicht mehr die von ihm<br />

gewünschten Grauabstufungen erzielt.<br />

Was für Erfahrungen hast du mit dem<br />

von dir verwendeten Filmmaterial?<br />

Winfried Bullinger: Ich benutze Fuji<br />

Acros 100 Film, der bisher in unveränderter<br />

Form hergestellt wird. Der 4 mal<br />

5 inch Film ist aber in Europa nicht zu<br />

haben. Ich decke mich deshalb in New<br />

York damit ein. Klassische Schwarz/<br />

Weiß-Filme wie der Kodak TriX sind<br />

aber am verschwinden.<br />

Pepper: Könntest du dir vorstellen in<br />

Farbe zu fotografieren?<br />

Winfried Bullinger: Ja, andere Bildfolgen<br />

nehme ich in Farbe auf. In den neunziger<br />

Jahren habe ich überwiegend Farbfilm<br />

benutzt. Allerdings verwende ich in<br />

den letzten Jahren vorwiegend Schwarz/<br />

Weiß-Planfilm. Die Filmwahl folgt dem<br />

bildnerischen Plan. Es gibt aber keinerlei<br />

dogmatische Festlegung.<br />

Pepper: Welche Kamera bzw. welche<br />

Kameras benutzt du?<br />

Winfried Bullinger: Ich benutze eine<br />

Linhof Technika Master 2000, zwei Hasselblads<br />

(503 und 501), eine Leica MP<br />

und eine Nikon F3, letztere seit 1989.<br />

Pepper: Für die Portraits über die wir<br />

eingangs sprachen nimmst du die<br />

Linhof, oder?<br />

Winfried Bullinger: Ja, die Portraitserie<br />

entsteht mit der Linhof-Kamera.<br />

Pepper: Hast du Unterstützung von<br />

Assistenten, wenn du deine Reisen<br />

unternimmst?<br />

Winfried Bullinger: Die Fotoprojekte<br />

führe ich wie eine kleine Filmproduktion<br />

durch. Es gibt stets einen Guide,<br />

der die Exp<strong>edition</strong> leitet und Englisch<br />

spricht. Es gibt dann immer einen lokalen<br />

Guide, der sich mit den Personen,<br />

die ich portraitieren möchte, verständigen<br />

kann. Es gibt einen Koch und teilweise<br />

einen oder mehrere Begleiter, die<br />

für die Sicherheit sorgen. Hilfe brauche<br />

ich für das Licht: ich benutze einen<br />

großen weißen Reflektor, um Schatten<br />

milde aufzuhellen. Ich vermeide Blitzlicht,<br />

das die Figur herauslöst.<br />

Pepper: Wie viele gültige Fotos hast du<br />

von deiner letzten Reise mitgebracht,<br />

also Fotos, von denen du Prints machen<br />

wirst?<br />

Winfried Bullinger: Die Zahl ist noch<br />

offen. Der Projektaufenthalt endete<br />

am 9. Januar, so dass sich die Auswahl<br />

immer noch weiter verdichtet. Rund 15<br />

Portraits sind jetzt in der näheren Auswahl.<br />

Die Planfilmnegative werden für<br />

die Auswahl und Archivierung digitalisiert<br />

und anschließend auf etwa A4-<br />

Größe gedruckt. Weiter projiziere ich<br />

die Bilder mit einem Beamer in der späteren<br />

Originalgröße. Der letzte Schritt<br />

sind dann Probestreifen quer durch das<br />

gesamte Bild, die Jochen Rohner, mit<br />

dem ich bei den endgültigen, analogen<br />

Prints zusammenarbeite, herstellt.<br />

Alles muss stimmen. Bei einem analogen<br />

Print dieser Größe lässt sich nichts<br />

verbergen – schummeln ist ausgeschlossen.<br />

Vom Projekt bis zum ersten großen<br />

Print vergehen ein bis zwei Jahre.<br />

Pepper: Du legst dich auf eine ja recht<br />

große Printgröße fest. Die Wirkung ist<br />

bei dem beinahe lebensgroßen Format<br />

natürlich phantastisch. Aber der Kundenkreis<br />

für deine Arbeit ist dadurch<br />

auch begrenzt. Deine Fotografien in<br />

unterschiedlichen Größen herzustellen<br />

widerstrebt dir aus künstlerischen<br />

Gesichtspunkten?<br />

Winfried Bullinger: Die Größe der Bilder<br />

ist wichtig und Teil des Konzepts. Der<br />

Betrachter kann das Portrait als Ganzes<br />

nahezu lebensgroß erfassen. Es gibt aber<br />

auch die Nahsicht: Strukturen, Materialien,<br />

Narben von Wunden oder Skarifaktionen<br />

– das sind erhabene Narbentätowierungen<br />

die durch Ritzen und<br />

anschließendes, bewusstes Verschmutzen<br />

der Wunden entstehen – werden<br />

sichtbar und lassen sich erfahren.<br />

Pepper: Du verwendest Metallrahmen,<br />

damit die Wirkung der Bilder sich bestmöglich<br />

entfaltet.<br />

Winfried Bullinger: Ja, der Rahmen ist für<br />

die Portraitbilder festgelegt. Ich benutze<br />

einen an den Ecken geschweißten Aluminiumrahmen.<br />

Das Bild als dreidimensionales<br />

Objekt wird auch durch den<br />

Rahmen geprägt.<br />

Pepper: Du hast deine Arbeiten zuletzt<br />

in einer Einzelausstellung in der Schweiz<br />

gezeigt. Wo werden sie als nächstes zu<br />

sehen sein?<br />

Winfried Bullinger: Von mir waren<br />

gerade drei Portraitbilder in einer von<br />

Christoph Tannert im Berliner Künstlerhaus<br />

Bethanien kuratierten Gruppenausstellung<br />

zu sehen. Und dann wird<br />

es in diesem Jahr eine Ausstellung in der<br />

Galerie von Sassa Trülzsch geben.<br />

© Pepper<br />

Weitere Informationen:<br />

www.winfried-bullinger.com<br />

http://blog.pepperproject.de/?p=190<br />

<strong>brennpunkt</strong> 3/<strong>2013</strong><br />

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