brennpunkt 3-2013 .indd - edition buehrer
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Galerien<br />
Ingo Porschien<br />
»Someone’s going to<br />
win the Lottery.<br />
Just not you.«<br />
Die Fenster sehen aus wie Türen, wie<br />
die Austritte aus Waben, und der Platz<br />
davor mit den ansteigenden Treppen und<br />
den wie Schneckenmuster eingerollten<br />
Enden der Handläufe an den Geländern<br />
wirkt wie leer gefegt. Zwei altertümliche<br />
Laternen ragen auf, zwei fünfstöckige<br />
Häuser stehen im rechten Winkel<br />
vor der großen, nach oben auslaufenden<br />
Fassade und gleichen zwei seitlich<br />
aufgestellten Schuhkartons. »City Hall«<br />
heißt das Bild, eine Schwarz-Weiß-<br />
Fotografie als Barytabzug im Format 50<br />
x 60 cm, die aus der Serie »New York<br />
City 1999« stammt. Die Aufnahme ist<br />
menschenleer, doch das Plakat, das<br />
die Wand einer der beiden Hauskästen<br />
bespannt, spricht alle an: »Someone‘s<br />
going to win the Lottery. Just not you.«<br />
Seitdem er während eines mehrmonatigen<br />
Aufenthalts in New York City dieses<br />
Motiv entdeckte, zieht es sich wie ein<br />
Motto durch das fotografische Werk des<br />
Schriftstellers und Fotografen Ingo Porschien,<br />
so dass auch die Ausstellung in<br />
der Galerie Carpentier konsequenterweise<br />
diesen und keinen anderen Titel<br />
trägt, obschon neben der beschriebenen<br />
Aufnahme keine weiteren Bilder aus der<br />
New Yorker Serie gezeigt werden. Der<br />
Schwerpunkt der Ausstellung liegt auf<br />
neueren Aufnahmen aus Berlin, wo der<br />
Autor seit drei Jahren überwiegend lebt,<br />
ergänzt um eine kleine Auswahl aus<br />
dem Südwesten der USA.<br />
Ingo Porschien arbeitet analog und<br />
schwarz-weiß. Bei seinen Arbeiten handelt<br />
es sich um klassische streetphotography,<br />
dem Dokumentarischen verpflichtet,<br />
auch wenn er nach dem Besonderen<br />
sucht, das die Fotografie aus der Bilderflut<br />
und dem Zeitfluss heraushebt. Im<br />
Motiv, im Ausschnitt und in der Perspektive<br />
fokussiert sich das Uferlose. ‚Epiphanie‘<br />
habe Joyce eine solche Verdichtung<br />
des Alltäglichen genannt, meint der<br />
Autor, und so treffen sich Literatur und<br />
Fotografie dann doch, die er ansonsten<br />
© Ingo Porschien, »City Hall«, New York City, 1999<br />
© Ingo Porschien, »Die Tram«, Berlin, 2012<br />
scharf voneinander getrennt betrachtet<br />
wissen möchte. Teilweise ist der fotografische<br />
Blick ironisch, teilweise fragend,<br />
doch immer deckt er etwas auf.<br />
Der Lebensraum bestimmt die Suche<br />
der Abgebildeten und oft scheinen sie<br />
etwas zu erwarten oder etwas verloren<br />
zu haben.<br />
Während der Ausstellung wird Ingo Porschien<br />
an zwei Tagen aus seinem jüngsten<br />
Roman »Judith« lesen. Dies erklärt<br />
die kleine Auswahl an Bildern aus USA<br />
Südwest. Die Auszüge, die Porschien<br />
für diese Lesungen ausgewählt hat, sind<br />
dort angesiedelt.<br />
Die Lesungen finden statt am:<br />
15. und 29. Septrember <strong>2013</strong> jeweils<br />
ab 16 Uhr.<br />
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog als<br />
Band Nr. 9 in der ‚Edition Carpentier‘.<br />
Eröffnung:<br />
Freitag, 6. September <strong>2013</strong>, 19 Uhr<br />
7. September bis 12. Oktober <strong>2013</strong><br />
Carpentier Galerie<br />
Meinekestraße 13<br />
10719 Berlin-Wilmersdorf<br />
Do – Fr 14 – 18 Uhr<br />
und nach Vereinbarung<br />
www.carpentier-galerie.de<br />
28 <strong>brennpunkt</strong> 3/<strong>2013</strong>