Leseprobe - Delius Klasing
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2., aktualisierte und erweiterte Auflage, 2013<br />
ISBN 978-3-7688-2431-6<br />
© Verlag Stephanie Naglschmid, Stuttgart/<strong>Delius</strong>, <strong>Klasing</strong> & Co. KG, Bielefeld<br />
Herausgeber: Dr. Friedrich Naglschmid<br />
Titelfoto: J. Eyber/MTi-Press Stuttgart<br />
Fotos: Jörg Eyber: 2,8, 9, 18, 19, 20, 21, 23, 24, 26, 38, 41, 54, 57, 60, 67 (oben), 69 unten, 71, 72, 73, 78, 79,<br />
82, 84, 86, 88, 90, 91, 92, 93, 94, 95, 96, 97, 98, 100, 104, 108, 109, 112, 113, 114, 115, 116, 125, 127, 129,<br />
131, 132; Donya Amer: 110, 115, 123; Dagmar Andres-Brümmer: 22, 28, 39, 63, 64, 67 (unten), 70, 102,<br />
107, 119, 121, 122, 124, 126, 128, 134; Franz Brümmer: 69 (rechts); Alexandros Chadiaris 16; O. Haug 55,<br />
Werksfotos über MTi-Press Stuttgart: Aquasphere: 66; Cressi: 56, 58, 59, 62, 72; Elios: 65, 68; Liquidvision:<br />
56, 69; Pingel: 56; Scubapro: 11, 16, 17, Fred Buyle; 37; 61 Laura Storm; Roberto Pronzato: 12;<br />
Grafiken: D. Andres-Brümmer 35, 39, 43, 49; S. Naglschmid/MTi-Press: 32, 33, 34, 44, 46, 47, 74, 77<br />
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4
Inhalt<br />
Inhalt<br />
Vorwort.............................................................................................................................<br />
8<br />
1 Was ist Apnoetauchen? ......................................................................................... 9<br />
Voraussetzungen für das Freitauchen.................................................................... 10<br />
2 Die Geschichte des Freitauchens ......................................................................... 11<br />
Amas und Schwammtaucher – Freitaucher mit Tradition................................... 12<br />
Die Jagd nach der Tiefe beginnt............................................................................. 14<br />
3 Wettkampf und Breitensport ............................................................................... 17<br />
Apnoe als Wettkampfsport..................................................................................... 18<br />
Breitensport in Deutschland................................................................................... 19<br />
4 Sicherheit beim Apnoetauchen .............................................................. 22<br />
Oberste Regel: Partnersicherung..................................................................... 23<br />
Keine Hyperventilation............................................................................................ 25<br />
Samba und Blackout................................................................................................ 25<br />
Blackout: Was tun?.................................................................................................. 26<br />
Richtig atmen – Blackout vermeiden..................................................................... 28<br />
Auf den Körper hören............................................................................................. 29<br />
5 Lunge und Atmung ................................................................................................ 31<br />
Die Lunge................................................................................................................. 32<br />
Kohlendioxid und Sauerstoff im Blut..................................................................... 33<br />
Die Atmungssteuerung........................................................................................... 34<br />
Erst einfach, dann stressig – die zwei Phasen eines Apnoetauchgangs.............. 36<br />
6 Physiologie des Apnoetauchens ......................................................................... 38<br />
Der Tauchreflex...................................................................................................... 39<br />
O 2 und CO 2 – was ändert sich beim Tauchen?........................................................ 42<br />
Kompression der Lunge........................................................................................ 45<br />
Risiko Blackout ...................................................................................................... 48<br />
Der Aufstiegsblackout........................................................................................... 51<br />
Verzögerte Hypoxie............................................................................................... 51<br />
Dekompressionskrankheit und Tiefenrausch...................................................... 52<br />
Barotrauma der Lunge.......................................................................................... 53<br />
7 Die Ausrüstung ..................................................................................................... 55<br />
Tauchmaske............................................................................................................ 55<br />
Schnorchel.............................................................................................................. 58<br />
Flossen.................................................................................................................... 60<br />
Tauchanzug.................................................................................................................. 64<br />
5
Inhalt<br />
8 Tieftauchen.....................................................................................................<br />
Der Druckausgleich......................................................................................................<br />
73<br />
74<br />
Druckausgleichsmethoden........................................................................................... 79<br />
Die Tarierung................................................................................................................<br />
Tauchplatz und Tauchgangsplanung..............................................................................<br />
81<br />
83<br />
Sicherheitsvorkehrungen............................................................................................ 85<br />
Boje und Flagge............................................................................................................<br />
Dekompressionserkrankung (DCS).............................................................................<br />
Tieftauchen am Seil.....................................................................................................<br />
Vorbereitung................................................................................................................<br />
Entspannung und Atmung...........................................................................................<br />
Gewöhnung an die Tiefe..............................................................................................<br />
85<br />
85<br />
86<br />
87<br />
89<br />
89<br />
Partnersicherung beim Tieftauchen........................................................................... 90<br />
Trainingseinheiten zum Tieftauchen..........................................................................<br />
Richtiges Abtauchen....................................................................................................<br />
93<br />
93<br />
Richtige Tauchhaltung................................................................................................. 94<br />
Übungen zum Druckausgleich I..................................................................................<br />
Übungen zum Druckausgleich II.................................................................................<br />
95<br />
95<br />
Übungen zum Druckausgleich III................................................................................ 96<br />
Übungen im Schwimmbad.......................................................................................... 96<br />
9 Pool-Disziplinen........................................................................................................... 99<br />
Zeittauchen................................................................................................................... 99<br />
Die Ausrüstung............................................................................................................. 101<br />
Die Vorbereitung.......................................................................................................... 101<br />
Der Statik-Tauchgang................................................................................................... 103<br />
Partnersicherung beim Zeittauchen........................................................................... 106<br />
Trainingseinheiten zum Zeittauchen.......................................................................... 107<br />
Streckentauchen.......................................................................................................... 110<br />
Partnersicherung beim Streckentauchen.................................................................. 115<br />
Trainingseinheiten zum Streckentauchen.................................................................. 117<br />
10 Vorbereitung und Atmung.............................................................................................. 121<br />
Freitauchen und Yoga.................................................................................................. 123<br />
Dehnung der Muskulatur.............................................................................................. 124<br />
Die Yoga-Vollatmung.................................................................................................... 125<br />
Dreiecks- und Vierecksatmung............................................................................. 128<br />
6<br />
Bleigurt und Blei..........................................................................................................<br />
Tauchcomputer...........................................................................................................<br />
Nasenklammer............................................................................................................<br />
Boje und Seil................................................................................................................<br />
Lanyard.........................................................................................................................<br />
Lampe...........................................................................................................................<br />
66<br />
68<br />
69<br />
69<br />
71<br />
72
Inhalt<br />
Die Lungenseitenatmung (Nãdi–Sodhana).................................................... 128<br />
Die Stoßatmung (Kapâlabhâti).............................................................................. 129<br />
Der Unterdruckverschluss (Uddiyana Bandha)................................................... 130<br />
Atemvorbereitung vor dem Tauchgang............................................................... 130<br />
Freitauchen und Ernährung.................................................................................. 133<br />
Anhang............................................................................................................................ 135<br />
Adressen und Internetseiten............................................................................... 135<br />
Anforderungen der Apnoe-Brevets des VDST.......................................................... 136<br />
Literatur und weiterführende Fachliteratur....................................................................... 138<br />
Tabellen................................................................................................................. 141<br />
Register............................................................................................................................ 142<br />
7
Vorwort<br />
Das Apnoetauchen oder Freitauchen hat<br />
in den letzten Jahren viele neue Freunde<br />
gefunden. Was fasziniert am Apnoetauchen?<br />
Ist es die Tiefe, das Austesten der<br />
eigenen Grenzen, die sportliche Herausforderung,<br />
die Schönheit der Unterwasserwelt?<br />
Wahrscheinlich ist es eine Kombination<br />
aus all diesen Aspekten und vor<br />
allem das wunderbare Gefühl, sich unter<br />
Wasser zu bewegen und wohlzufühlen,<br />
gelassen zu sein und sich den Lebewesen<br />
im Meer näher und verbundener zu fühlen.<br />
Apnoetauchen ist mehr als einfaches<br />
Schnorcheln. Es ist die Fähigkeit, sich eine<br />
längere Zeit unter Wasser aufzuhalten<br />
und in größere Tiefen tauchen zu können,<br />
als dies ein untrainierter Mensch für gewöhnlich<br />
könnte. Gute Apnoefähigkeiten<br />
erhöhen den Spaß an der Erkundung der<br />
Unterwasserwelt erheblich, und auch<br />
beim Gerätetauchen verleihen sie mehr<br />
Sicherheit und Ruhe. Mit diesem Buch<br />
sollte keine Anleitung geschaffen werden,<br />
auf eigene Faust Apnoerekorde aufzustellen.<br />
Vielmehr möchte ich all denen,<br />
die im Apnoesport aktiv sind oder in ihn<br />
einsteigen möchten, etwas an die Hand<br />
geben, das ihnen Hintergründe und Zusammenhänge<br />
erläutert sowie Trainingshilfe<br />
und Nachschlagewerk ist.<br />
Ein großes Dankeschön geht an dieser<br />
Stelle an alle, die mir mit kritischen Anmerkungen<br />
geholfen haben, die dritte<br />
Auflage dieses Buches vollkommen zu<br />
überarbeiten und neue Aspekte einfließen<br />
zu lassen. Zu guter Letzt sei noch eine<br />
Anmerkung gestattet: Aus Gründen der<br />
besseren Lesbarkeit findet in diesem Buch<br />
lediglich die männliche Form des Tauchers<br />
Verwendung. Alle Apnoetaucherinnen<br />
mögen sich bitte uneingeschränkt mit<br />
eingeschlossen fühlen.<br />
Dagmar Andres-Brümmer<br />
8
6<br />
Physiologie des Apnoetauchens<br />
»Versuche mehr deinen Geist zu benutzen<br />
und nicht deine Muskeln.«<br />
Jacques Mayol<br />
Keine Frage, Wale und Delfine sind für<br />
ein Leben im Wasser geschaffen, auch<br />
wenn sie als tauchende Säugetiere zum<br />
Atmen an die Wasseroberfläche müssen;<br />
Tauchzeit und -tiefe sind damit begrenzt.<br />
Bei landlebenden Säugern, beispielsweise<br />
Robben, Ottern oder Bibern, sind<br />
die Tauchleistungen zwar immer noch<br />
beeindruckend, aber schon nicht mehr so<br />
vollkommen wie bei den Meeressäugern.<br />
Und wie sieht es mit uns Menschen aus?<br />
Seit Jahrtausenden tauchen Menschen<br />
ins Wasser hinab, doch erst seit Anfang<br />
der 1930er-Jahre beschäftigen sich die<br />
medizinischen Gelehrten ernsthaft mit<br />
den Fragen: Wie tief kann ein Mensch<br />
tauchen? Wie lange? Und vor allem: Was<br />
passiert dabei im Körper?<br />
Es liegt in der Natur der Sache, dass<br />
die physiologischen Vorgänge in einem<br />
Körper unter Laborbedingungen leichter<br />
zu untersuchen sind als in natürlicher<br />
Umgebung – vor allem, wenn diese natürliche<br />
Umgebung unter Wasser ist. Von<br />
daher gibt es zwar zahlreiche Studien, die<br />
einzelne Aspekte zur Physiologie des Freitauchens<br />
bzw. der Apnoe untersuchten,<br />
doch es gibt noch genauso viele Fragezeichen.<br />
Die meisten Daten wurden im Labor,<br />
bei Druckkammertauchgängen oder bei<br />
vergleichsweise flachen Tauchgängen<br />
gewonnen. Tatsächliche Messungen der<br />
Vorgänge im Körper bei Apnoetauchgängen<br />
in sehr großen Tiefen gibt es nur<br />
ausgesprochen wenige.<br />
38
Der Tauchreflex<br />
Pulsoxymeteraufzeichnung einer statischen Apnoe von gut vier Minuten. Deutlich zu<br />
erkennen ist, dass die Sauerstoffsättigung auch wenige Sekunden nach dem Ende der<br />
Apnoe noch weiter abfällt (verzögerte Hypoxie), mit den ersten Atemzügen aber rasch<br />
wieder zum Ausgangswert steigt. Der Tauchreflex sorgt für eine Absenkung des Pulses<br />
während des Tauchgangs.<br />
Der Tauchreflex<br />
Die in der Antarktis lebenden Weddelrobben<br />
sind berühmt für ihre Tauchleistungen.<br />
Tauchgänge von bis zu 70 Minuten<br />
sind für diese Robben machbar, trotzdem<br />
ist der Großteil ihrer Tauchgänge sehr<br />
viel kürzer, die Robben bleiben innerhalb<br />
ihres sogenannten aeroben Limits. Wenn<br />
es jedoch hart auf hart kommt und die<br />
Robbe länger tauchen muss, etwa weil der<br />
Rückweg aufs Eis blockiert ist, greift eine<br />
Art Notfalleinrichtung, die dem Körper<br />
hilft, Sauerstoff zu sparen bzw. sicherzustellen,<br />
dass die lebenswichtigen Organe<br />
vorrangig versorgt werden: der Tauchreflex.<br />
Er verlangsamt den Herzschlag und<br />
konzentriert die Blutversorgung auf Herz<br />
und Gehirn. Der Rest des Körpers wird in<br />
dieser Situation hintangestellt und muss<br />
für eine Weile mit weniger Sauerstoff<br />
Robben scheinen sich regelrecht an einen<br />
Tauchzeitplan zu halten. Denn mit vergleichsweise<br />
kurzen Tauchgängen benötigen<br />
sie nur kurze Oberflächenpausen und<br />
optimieren so ihre Gesamtzeit unter Wasser.<br />
Nur selten tauchen sie über ihr aerobes<br />
Tauchlimit (ADL) hinaus und müssen dann<br />
längere Pausen einlegen, um die Milchsäure<br />
in der Muskulatur abbauen zu können.<br />
39
Physiologie des Apnoetauchens<br />
auskommen. Die Energieversorgung der<br />
Muskeln wird auf anaeroben Stoffwechsel<br />
umgestellt, weshalb solche Tauchgänge<br />
bei den Weddelrobben durch intensive<br />
Laktatproduktion gekennzeichnet sind.<br />
Der bereits 1870 von dem französischen<br />
Physiologen Paul Bert an Enten entdeckte<br />
»Tauchreflex« ist Vögeln sowie<br />
allen Säugetieren gemein, somit auch<br />
uns Menschen. Bei tauchenden Tieren<br />
– etwa bei Robben oder Walen – macht<br />
eine derartige physiologische Anpassung<br />
evolutionsbiologisch Sinn, doch warum<br />
und wie ausgeprägt der Tauchreflex auch<br />
bei uns vorhanden ist, wird noch kontrovers<br />
diskutiert. Was wir jedoch sicher<br />
wissen, ist, dass der Tauchreflex unseren<br />
Herzschlag verlangsamt (Bradykardie),<br />
das Schlagvolumen des Herzens reduziert<br />
und den arteriellen Blutdruck ansteigen<br />
lässt. Er konzentriert die Blutversorgung<br />
auf Herz und Hirn und begrenzt sie in den<br />
peripheren Gefäßen (periphere Vasokonstriktion),<br />
das heißt, Haut, Muskeln oder<br />
auch die Verdauungsorgane werden<br />
schlechter versorgt. Bei körperlicher Belastung<br />
während der Apnoephase kann<br />
durch die verminderte Sauerstofflieferung<br />
an die Peripherie die anaerobe Stoffwechselrate<br />
ansteigen. All diese »Maßnahmen«<br />
reduzieren den Sauerstoffverbrauch und<br />
verlängern somit die Tauchzeit.<br />
Ausgelöst wird der Reflex durch Luftanhalten,<br />
doch nennenswert verstärkt wird<br />
er erst, wenn das Gesicht dabei in kaltes<br />
Wasser eintaucht. Wie wissenschaftliche<br />
Studien zeigen, verdoppelt das Eintauchen<br />
in kaltes Wasser die Wirkung des Reflexes<br />
sogar. Es muss also Rezeptoren geben,<br />
die dieses Eintauchen registrieren, um<br />
dann über den Gesichtsnerv die Sache ins<br />
Rollen zu bringen. Lange hatte man angenommen,<br />
diese Rezeptoren befänden<br />
sich in der Nasenregion. Neuere Studien<br />
belegen jedoch, dass die Kälterezeptoren<br />
der Haut, vorwiegend auf der Stirn und in<br />
der Augenregion, für die immense Verstärkung<br />
des Reflexes verantwortlich sind.<br />
Der Tauchreflex hilft dem Körper also, Sauerstoff<br />
zu sparen, indem er die Auswurfleistung<br />
des Herzens und die Blutzirkulation<br />
in der Körperperipherie drosselt. Der<br />
Gasübertritt von den Lungenalveolen in<br />
die Blutgefäße wird dadurch reduziert und<br />
der in den Lungen vorhandene Sauerstoff<br />
für die lebenswichtigen Organe länger aufgespart.<br />
Diese Sparmaßnahmen haben jedoch<br />
auch ihren Preis. In Zusammenhang<br />
mit der Bradykardie kann es offenbar zu<br />
Herzrhythmusstörungen kommen. Auch<br />
wurde beobachtet, dass der verlangsamte<br />
Herzrhythmus die Wahrnehmung der Zeit<br />
beeinflusst, insofern als für den Taucher<br />
die Zeit langsamer zu vergehen scheint.<br />
Unterstützung durch die Milz<br />
Viele Apnoetaucher kennen aus eigener<br />
Erfahrung den Effekt, dass bei einer Serie<br />
von Zeittauchversuchen ein Kurzzeit-<br />
Trainingseffekt eintritt, der es erlaubt, die<br />
Tauchzeit von Versuch zu Versuch zu steigern.<br />
Oder andersherum, bei einer Serie<br />
von gleich langen Statikversuchen fällt es<br />
von Mal zu Mal leichter, die vorgegebene<br />
Zeit zu tauchen. Die Mechanismen, die<br />
diesen Effekt bedingen, sind noch nicht<br />
vollständig geklärt, denn neben rein<br />
physiologischen spielen hier auch psychologische<br />
Faktoren hinein. Doch einen<br />
wesentlichen Beitrag zu diesem Effekt<br />
liefert offenbar die Milz.<br />
Von verschiedenen Robbenarten ist seit<br />
Längerem bekannt, dass die Milz in der<br />
Apnoephase zusätzliche rote Blutkörper-<br />
40
Der Tauchreflex<br />
chen in Umlauf bringt. Beim Menschen<br />
hatte man diesen Effekt lange bezweifelt.<br />
Untersuchungen an Tauchern mit und<br />
ohne Milz zeigen jedoch, dass auch bei<br />
uns die Milz am Tauchreflex beteiligt ist,<br />
indem sie dafür sorgt, dass verstärkt rote<br />
Blutkörperchen und damit Hämoglobin in<br />
Umlauf kommt. Neuere Untersuchungen<br />
belegen, dass bei einer Apnoeserie mit<br />
kurzen Pausen von zwei Minuten der Hämatokrit-<br />
und der Hämoglobinwert kontinuierlich<br />
steigen. Hämatokrit bezeichnet<br />
den Anteil der zellulären Bestandteile im<br />
Blut, ein hoher Hämatokritwert spricht<br />
also für einen hohen Erythrozyten-Anteil<br />
im Blut. Ebenso konnte gezeigt werden,<br />
dass sich das Volumen der Milz bei solchen<br />
Serien verkleinert. Beides deutet darauf<br />
hin, dass die Milz sich in der Tat kontrahiert<br />
und rote Blutkörperchen abgibt. Die<br />
auf diese Weise zunehmende Sauerstoffaufnahmekapazität<br />
des Blutes und der<br />
wachsende Kohlendioxidpuffer tragen<br />
offenbar dazu bei, dass die Tauchzeit<br />
von Tauchgang zu Tauchgang gesteigert<br />
werden kann.<br />
Trainingseffekte<br />
Trainierte Apnoetaucher zeigen in zahlreichen<br />
Studien einen deutlich stärkeren<br />
Tauchreflex als Nichttaucher. Und auch sie<br />
können ihre Apnoeleistungen offensichtlich<br />
noch steigern, wenn der Reflex maximal<br />
ausgelöst wird. Für den Apnoetaucher<br />
liegt also die Frage auf der Hand: Kann man<br />
den Reflex durch Training beeinflussen?<br />
Verschiedene Untersuchungen legen<br />
nahe, dass körperliches Ausdauertraining<br />
(z. B. Laufen, Radfahren) zwar zu einer<br />
verbesserten Sauerstoffaufnahme und<br />
zu einem niedrigeren Ruhepuls führt, die<br />
Bradykardie während eines Tauchgangs<br />
jedoch unberührt lässt. Trotzdem scheint<br />
Beim Aufstieg aus der Tiefe nimmt der Sauerstoffpartialdruck<br />
im Blut aufgrund der<br />
Umgebungsdruckabnahme schnell ab. Aus<br />
diesem Grund kann es zu einem Blackout<br />
beim Aufstieg kommen.<br />
41
Physiologie des Apnoetauchens<br />
Das Gesetz der<br />
Partialdrücke<br />
Das Daltonsche Gesetz oder Gesetz<br />
der Partialdrücke besagt, dass die<br />
Summe aller Partialdrücke bei idealen<br />
Gasen gleich dem Gesamtdruck<br />
des Gasgemisches ist. Unsere Atemluft<br />
ist ein solches Gasgemisch, sie<br />
setzt sich zusammen aus rund 78<br />
Prozent Stickstoff, 21 Prozent Sauerstoff,<br />
etwa 1 Prozent Edelgasen<br />
und 0,03 Prozent Kohlendioxid.<br />
Verändert sich der Umgebungsdruck<br />
(indem wir abtauchen), bleiben<br />
diese prozentualen Anteile<br />
unverändert. Diese Anteile sind<br />
die Teildrücke oder Partialdrücke<br />
der einzelnen Gase am gesamten<br />
Gemisch. Auf Meereshöhe mit 1 bar<br />
Luftdruck beträgt beispielsweise<br />
der Sauerstoffpartialdruck 0,21<br />
bar (21 Prozent von 1 bar Gesamtdruck).<br />
Bei 2 bar Umgebungsdruck<br />
in 10 Meter Wassertiefe beträgt der<br />
pO 2 folglich 0,42 bar und ist damit<br />
doppelt so hoch wie an der Oberfläche.<br />
Beim Freitauchen begegnen<br />
uns besonders die Partialdrücke<br />
von Sauerstoff und Kohlendioxid,<br />
denn das Verhalten dieser beiden<br />
Luftbestandteile während des<br />
Tauchgangs ist für uns von Interesse.<br />
Der Umgebungsdruck wird in bar bzw.<br />
beim Luftdruck in mbar angegeben,<br />
die offizielle Einheit für die Angabe<br />
von Partialdrücken in Körperflüssigkeiten<br />
ist mmHg. Der Sauerstoffpartialdruck<br />
von 0,21 bar (bei 1 bar<br />
Luftdruck) entspricht rund 159 mmHg.<br />
körperliches Training die Apnoeleistung<br />
zu verbessern, indem es vor allem die<br />
Toleranz des Körpers gegenüber einem<br />
Apnoezustand vergrößert. Effektiver ist<br />
jedoch ein regelmäßiges Apnoetraining.<br />
Dies verstärkt offensichtlich nicht nur den<br />
Tauchreflex, sondern sorgt auch dafür,<br />
dass sich der physiologische Breaking<br />
Point tatsächlich nach hinten verschiebt,<br />
das heißt dass der CO 2 -Spiegel, der den<br />
Tauchgang beendet, später erreicht wird.<br />
O 2 und CO 2 – was ändert<br />
sich beim Tauchen?<br />
Bereits 1931 hatte G. Teruoka bei der Untersuchung<br />
japanischer Amas festgestellt,<br />
dass sich am Ende eines Apnoetauchgangs<br />
die Konzentration von Sauerstoff und<br />
Kohlendioxid in der Ausatemluft deutlich<br />
von dem unterschied, was er bei einer<br />
gleichlangen Apnoe an der Oberfläche<br />
messen konnte. Für beide Gase waren die<br />
Werte nach dem Tauchgang wesentlich<br />
niedriger als im Oberflächenvergleich. Es<br />
dauerte gut 30 Jahre, bis die Wissenschaft<br />
Teruokas Beobachtungen verstand. Erst<br />
in Druckkammerversuchen Anfang der<br />
1960er-Jahre wurde klar: Der mit zunehmender<br />
Tiefe steigende Umgebungsdruck<br />
ist dafür verantwortlich, dass sich beim<br />
Tieftauchen die Aufnahme der Gase im<br />
Blut von dem unterscheidet, was an der<br />
Oberfläche passiert. Beim Apnoetauchen<br />
ändert sich also die Löslichkeit der<br />
Atemgase durch den Druck in der Tiefe<br />
erheblich. Im Gegensatz zum Presslufttaucher,<br />
dessen Lunge in der Tiefe nicht<br />
komprimiert wird, wird der Apnoetaucher<br />
mit physiologischen Veränderungen in Bezug<br />
auf Gasaustausch, Atmungssteuerung<br />
sowie Herz und Gefäße konfrontiert.<br />
42
O 2 und CO 2 – was ändert sich beim Tauchen?<br />
Unterschiedlicher Verlauf der Partialdrücke von Sauerstoff und Kohlendioxid während<br />
eines Druckkammertauchgangs auf 20 Meter Tiefe ( ––– ) und einer gleich langen Apnoe<br />
an der Oberfläche (••••• ): Der pO 2 nimmt beim Abstieg rasant zu, in der Tiefe fällt er<br />
schneller als im Oberflächenvergleich. Beim Aufstieg fällt er ebenfalls schnell und sinkt<br />
sogar unter den Wert der Oberflächenapnoe. Der pCO 2 steigt – bedingt durch die gute<br />
Löslichkeit von CO 2 im Blut – um einiges schwächer an. (Grafik verändert nach Ferrigno<br />
und Lundgren, 1999)<br />
Im normalen Ruhezustand an der Wasseroberfläche<br />
und bei normaler Atmung liegt<br />
der Kohlendioxidpartialdruck (pCO 2 ) in<br />
unseren Alveolen bei etwa 40 mmHg, der<br />
Sauerstoffpartialdruck (pO 2 ) bei etwa 100<br />
mmHg. Beim Abtauchen steigt der Druck.<br />
Das Lungenvolumen wird zunehmend<br />
komprimiert, und entsprechend steigen<br />
die Partialdrücke der in den Alveolen<br />
vorhandenen Gase Sauerstoff, Stickstoff<br />
und Kohlendioxid. Im venösen Blut jedoch<br />
bleiben diese Partialdrücke unverändert.<br />
Daher können nicht nur Sauerstoff und<br />
Stickstoff vermehrt aus den Alveolen ins<br />
Blut diffundieren, sondern auch Kohlendioxid<br />
– entgegen der eigentlichen Richtung.<br />
Betrachten wir einen Versuch, bei dem<br />
die Veränderung der alveolären Partialdrücke<br />
während eines Tauchgangs in<br />
einer Druckkammer gemessen wurde.<br />
Mittels intensiver Atemvorbereitung hat<br />
der Taucher vor dem Tauchgang seinen<br />
pO 2 auf 130 mmHg erhöht. Er taucht<br />
nun auf 20 Meter Tiefe. Sein pO 2 steigt<br />
aufgrund der Umgebungsdruckzunahme<br />
auf rund 335 mmHg an; ein komfortabler<br />
Wert. Der Taucher hat in diesem Moment<br />
43
Physiologie des Apnoetauchens<br />
Das Gesetz von<br />
Boyle-Mariotte<br />
Das Gesetz von Boyle-Mariotte<br />
besagt, dass der Druck idealer Gase<br />
bei abgeschlossener Gasmenge und<br />
gleichbleibender Temperatur umgekehrt<br />
proportional zum Volumen ist:<br />
(p x V = konstant)<br />
Einfach ausgedrückt: Erhöht sich<br />
der Druck auf ein Gas, verkleinert<br />
sich sein Volumen entsprechend.<br />
Beim Freitauchen ist das insofern<br />
von Bedeutung, als alle luftgefüllten<br />
Hohlräume unseres Körpers beim<br />
Abtauchen von einer Druckerhöhung<br />
betroffen sind. Sie werden<br />
entweder zusammengedrückt (z. B.<br />
Lunge), oder die Volumenverkleinerung<br />
muss ausgeglichen werden<br />
(z. B. Mittelohr).<br />
Der Luftdruck beträgt auf Meereshöhe<br />
rund 1 bar. Unter Wasser erhöht<br />
sich der Druck pro 10 Meter um<br />
1 bar (siehe Grafik rechts). Der Umgebungsdruck<br />
unter Wasser setzt<br />
sich zusammen aus dem Luftdruck<br />
plus dem Druck der Wassersäule.<br />
Demnach herrschen in 10 Meter<br />
Tiefe 2 bar Umgebungsdruck, in 20<br />
Meter sind es 3 bar usw. Ein Ballon<br />
mit einem Luftvolumen von 6 Litern<br />
an der Oberfläche würde somit in<br />
10 Meter Tiefe auf 3 Liter zusammengedrückt,<br />
in 20 Metern hätte er<br />
noch 2 Liter. Die Druckzunahme und<br />
damit die Volumenverkleinerung<br />
ist auf den ersten 10 Metern relativ<br />
gesehen am stärksten.<br />
gewissermaßen Sauerstoff im Überfluss<br />
und braucht sich um einen Sauerstoffmangel<br />
(Hypoxie) keine Gedanken zu machen.<br />
Während des Aufenthalts in der Tiefe<br />
fällt der Sauerstoffpartialdruck allerdings<br />
viermal schneller, als er das während<br />
einer Apnoephase an der Oberfläche tun<br />
würde, denn aufgrund des erhöhten Umgebungsdrucks<br />
ist das Diffusionsgefälle<br />
zwischen Alveole und Blut entsprechend<br />
größer, und mehr Sauerstoff kann ins Blut<br />
übergehen. Hinzu kommt, dass während<br />
des Tauchgangs der Ausstoß des Herzens<br />
und die Blutmenge in der Lunge erhöht<br />
sind. Beides erhöht den Sauerstoffverbrauch<br />
gegenüber einer gleichlangen<br />
Apnoephase an der Oberfläche zusätzlich.<br />
Auch der Kohlendioxidpartialdruck nimmt<br />
aufgrund der Kompression der Lunge zu.<br />
Er steigt daher stärker an, als er das während<br />
einer Apnoe an der Oberfläche tun<br />
würde. In dieser Phase kann sich sogar die<br />
Fließrichtung des CO 2 umkehren, sodass<br />
CO 2 aufgrund des hohen Partialdrucks aus<br />
den Alveolen ins Blut übertritt. Dennoch<br />
steigt der pCO 2 bei Weitem nicht in dem<br />
Maße an, wie man es aufgrund der Druckzunahme<br />
erwarten würde. Der Grund<br />
44
Kompression der Lunge<br />
hierfür liegt in der hohen Löslichkeit von<br />
CO 2 im sauerstoffarmen Blut. Kritisch wird<br />
die Sache, wenn der Taucher die Tiefe<br />
verlässt und wieder aufsteigt. Die Lunge<br />
dehnt sich mit abnehmendem Druck aus,<br />
und entsprechend nimmt der alveoläre<br />
Sauerstoffpartialdruck wieder ab. Je nachdem,<br />
wie viel Sauerstoff unser Taucher in<br />
der Tiefe verbraucht hat (Dauer, Anstrengung),<br />
entsteht für ihn eine gefährliche<br />
Situation. Der pO 2 in den Alveolen und<br />
in der Folge im arteriellen Blut sinkt mit<br />
jedem Meter seines Aufstiegs. Er kann so<br />
weit absinken, dass ein Sauerstoffmangel<br />
im Gehirn, eine Hypoxie, droht. Die Gefahr<br />
einer Bewusstlosigkeit wird also mit jedem<br />
Meter des Aufstiegs größer. Verschiedene<br />
Untersuchungen legen nahe, dass es auf<br />
den letzten Metern des Aufstiegs sogar<br />
zu einer Umkehr der Flussrichtung des<br />
Sauerstoffs kommen kann. Sinkt der pO 2<br />
in den Alveolen während des Aufstiegs so<br />
weit ab, dass er gemischt-venöses Niveau<br />
erreicht, kann Sauerstoff aus dem venösen<br />
Blut zurück in die Alveolen strömen.<br />
Hierdurch verlangsamt sich der Abfall des<br />
pO 2 in den Alveolen und somit auch im<br />
arteriellen Blut und schützt den Taucher<br />
in einem gewissen Maße vor einer noch<br />
weiteren Verstärkung der Hypoxie.<br />
In den Alveolen fällt mit der Druckabnahme<br />
und Ausdehnung der Lunge beim<br />
Aufstieg nicht nur der pO 2 ab, sondern<br />
auch der pCO 2 . Die normale Flussrichtung<br />
des CO 2 – vom Blut in die Alveolen – wird<br />
wiederhergestellt. Da während des Abstiegs<br />
und des Aufenthalts in der Tiefe<br />
viel Sauerstoff verbraucht wurde (und der<br />
Verbrauch von Sauerstoff ja in der Produktion<br />
von Kohlendioxid resultiert), sollte<br />
man nun annehmen, dass der pCO 2 im Blut<br />
deutlich ansteigt. Dies ist jedoch aufgrund<br />
des sogenannten Haldane-Effektes nicht<br />
der Fall. Sauerstoffloses (desoxigeniertes)<br />
Hämoglobin bindet CO 2 leichter als sauerstoffhaltiges<br />
(oxigeniertes) Hämoglobin.<br />
Und da, wie wir gesehen haben, der pO 2<br />
im Blut mit dem Aufstieg absinkt, kann<br />
dieses zunehmend sauerstoffarme Blut<br />
immer mehr CO 2 binden.<br />
Das genaue Zusammenspiel von Druck<br />
und Gasaustausch in den Alveolen ist<br />
komplexer, als es auf den ersten Blick<br />
scheint. Neben der Druckveränderung<br />
spielen auch ein erhöhtes Blutvolumen<br />
in der Lunge (»blood shift«) sowie eine<br />
Veränderung der Herzfrequenz aufgrund<br />
des Tauchreflexes in das Geschehen hinein.<br />
Vor allem für Tauchgänge in extreme<br />
Tiefen gibt es noch viele Fragezeichen.<br />
Kompression der Lunge<br />
Während eines Apnoetauchgangs in die<br />
Tiefe sind die luftgefüllten Hohlräume<br />
des Körpers rasanten Druckänderungen<br />
ausgesetzt. Noch bis in die Ära von Jacques<br />
Mayol, der als Erster die 100 Meter tauchte,<br />
hatte man daher angenommen, dass die<br />
maximale Tauchtiefe eines Menschen<br />
allein durch sein minimal mögliches Lungenvolumen<br />
definiert sei. Sprich in der<br />
Tiefe, in der die Lunge auf ihr Residualvolumen<br />
komprimiert ist, wäre Schluss.<br />
In der Regel wäre das irgendwo zwischen<br />
30 und 40 Metern der Fall. Mittlerweile<br />
taucht eine vergleichsweise große Anzahl<br />
von Sportlern in Tiefen, die weit über das<br />
hinausgehen, was ihr Residualvolumen<br />
theoretisch zulassen würde, und zeigt damit,<br />
wie trainierbar und anpassungsfähig<br />
unser Körper für solche Tauchtiefen ist.<br />
Der »blood shift«<br />
Bereits Ende der 1960er-Jahre hatten<br />
Forscher aufgrund von Untersuchungen<br />
45
Physiologie des Apnoetauchens<br />
an dem US-Marinetaucher Bob Croft<br />
vermutet, dass bei tiefen Apnoetauchgängen<br />
Blut aus der Körperperipherie in<br />
den Thoraxraum verlagert wird. Heute<br />
kennt man diesen Effekt als »blood shift«.<br />
Ausgelöst durch das Eintauchen ins Wasser<br />
und den steigenden Druck verlagert<br />
unser Körper, wie bereits erwähnt, Blut<br />
aus den peripheren Gefäßen in den<br />
Thoraxbereich (Vasokonstriktion). Damit<br />
steigt auch das Blutvolumen in den die<br />
Lunge umgebenden Gefäßen beträchtlich<br />
an. Das zusätzliche Blut im Kapillarsystem<br />
der Lunge verkleinert folglich das<br />
Residualvolumen entsprechend. Bereits<br />
normales Schwimmen im Wasser bewirkt<br />
eine Umverteilung von ca. 0,7 Litern Blut,<br />
und Messungen in der Druckkammer mit<br />
Apnoetauchgängen auf 45 und 55 Meter<br />
belegten einen Anstieg der Blutmenge im<br />
thorakalen Bereich um 1,4 bzw. 1,7 Liter.<br />
Dieses zusätzliche Volumen wirkt dem mit<br />
dem Druck zunehmenden Vakuumeffekt<br />
auf die Lunge entgegen, denn die Flexibilität<br />
der Rippen und des Zwerchfells ist<br />
begrenzt. An dieser Stelle sei betont, dass<br />
das Blut selbstverständlich nicht in die<br />
Alveolen verlagert wird, sondern in die<br />
Blutgefäße, die die Alveolen umgeben.<br />
Die durch den Tauchreflex ausgelöste<br />
Umverteilung von Blut, deren Sinn es<br />
ist, Sauerstoff zu sparen und gleichzeitig<br />
die lebenswichtigen Organe vorrangig<br />
mit Sauerstoff zu versorgen, hat für uns<br />
Apnoetaucher somit auch den Vorteil,<br />
über das vom Residualvolumen definierte<br />
Limit hinaus tauchen zu können.<br />
Verletzungsgefahr für die Lunge<br />
Der »blood shift« gleicht zwar das mit<br />
steigender Tiefe abnehmende Volumen<br />
Blood Shift: Ausgelöst<br />
durch das Eintauchen ins<br />
Wasser und den steigenden<br />
Umgebungsdruck,<br />
verlagert der Körper Blut<br />
aus der Peripherie in die<br />
Gefäße des Thoraxraums.<br />
Das steigende Blutvolumen<br />
in den Lungenkapillaren<br />
gleicht das abnehmende<br />
Volumen der Alveolen<br />
aus. Im Extremfall<br />
kann es zum Ein reißen<br />
der Gefäßwand kommen.<br />
Zu einem intraalveolären<br />
Lungenödem kann<br />
es kommen, wenn die<br />
Lunge durch den Druck<br />
überstrapaziert wird und<br />
Flüssigkeit in die Alveole<br />
eindringt.<br />
46
Kompression der Lunge<br />
der Alveolen aus, doch nur bis zu einem<br />
gewissen Grad. Gleiches gilt für das<br />
Zwerchfell und den Brustkorb. Je flexibler<br />
diese sind, desto mehr Volumenabnahme<br />
können sie durch ihre Beweglichkeit wettmachen.<br />
Doch auch dabei ist irgendwann<br />
das Ende erreicht. Was passiert also, wenn<br />
der Druck noch weiter zunimmt?<br />
Taucht der Freitaucher über eine Tiefe<br />
hinaus, für die sein Körper bereit und<br />
trainiert ist, riskiert er ein Lungenödem,<br />
in Freitaucherkreisen »lung squeeze« oder<br />
»squeeze« genannt. Wird, vereinfacht<br />
gesagt, das Volumen einer Alveole kleiner<br />
als das, was das benachbarte Gefäß durch<br />
Volumenzunahme ausgleichen kann,<br />
reißt die zwischen Alveole und Gefäß<br />
befindliche Membran und es kommt zur<br />
Einblutung in den Luftraum der Alveole.<br />
Der Taucher wird nach einem derartigen<br />
Ereignis beim Auftauchen deutlich Blut<br />
husten. Von weiteren Tauchgängen muss<br />
in einem solchen Fall abgesehen werden,<br />
und es ist ratsam, einen Arzt aufzusuchen.<br />
Im weniger drastischen Fall kann durch<br />
den Druckunterschied über die Lungengefäße<br />
Plasma in die Alveolen bzw. in die<br />
Luftwege eindringen, erkennbar an einem<br />
Hustenreiz nach dem Auftauchen. Es dauert<br />
einige Stunden, bis diese Flüssigkeit<br />
wieder abgebaut ist, und der Gasaustausch<br />
in den Alveolen wird somit über<br />
einen längeren Zeitraum beeinträchtigt.<br />
Auch die feinen Schleimhautgefäße der<br />
Bronchien und der Luftröhre werden<br />
aufgrund des »blood shifts« stärker mit<br />
Blut gefüllt. Dadurch können sie leichter<br />
einreißen, was einen ganz leicht blutigen<br />
Husten in vielen Fällen erklärt. Auf die<br />
leichte Schulter nehmen sollte man ihn<br />
jedoch nicht, denn er zählt keineswegs<br />
zu den »normalen« Begleiterscheinungen<br />
Lung Squeeze: Der »blood shift« sowie die<br />
Flexibilität von Zwerchfell und Brustkorb<br />
erlauben eine Kompression der Lunge mit<br />
zunehmendem Druck. Wird diese Flexibilität<br />
jedoch bei einem zu tiefen Tauchgang<br />
überstrapaziert, kommt es zu einer akuten<br />
Verletzung der Lunge.<br />
des Freitauchens. Die Abklärung durch<br />
einen Tauchmediziner ist hier angeraten.<br />
Bei extrem schneller Druckzunahme oder<br />
sehr großen Tauchtiefen können darüber<br />
hinaus Bereiche der Lunge kollabieren. Aktuell<br />
geht man davon aus, dass die Lunge<br />
ab einer Tauchtiefe von etwa 230 Metern<br />
vollständig kollabiert ist. Eine Tauchtiefe,<br />
die zwar im Moment erst einmal erreicht<br />
wurde, die in Zukunft jedoch sicherlich<br />
getaucht werden wird.<br />
47
Anhang<br />
Register<br />
Air Trapping 53<br />
Alkalose 50<br />
Alveole<br />
29, 32ff, 43ff<br />
Amas 12f, 42, 52<br />
Apnoe, statische 16<br />
Apnoetauchlehrer 87<br />
Atemfrequenz 35, 132<br />
Atemminutenvolumen<br />
35f<br />
Atemmuskulatur 33, 36, 75, 79, 110, 125,<br />
127, 129<br />
Atemreizschwelle 49<br />
Atemübung 79, 110, 124ff, 133<br />
Atemvolumen 35<br />
Atemzentrum 34ff, 49<br />
Atmun g 27ff, 43, 4 8, 5 0, 67, 75, 8 8 f, 103,<br />
105, 121ff, 126ff, 132, 134<br />
Atmungsphasen 34<br />
Atmungssteuerung 34, 42<br />
Auftrieb 16, 27, 70, 81f, 94, 103, 111f, 115<br />
Auftriebszone<br />
26f<br />
Ausrüstung<br />
55ff<br />
Barotrauma 53, 56, 65, 75f, 80<br />
Bauchatmung<br />
89, 125f<br />
Bewusstlosigkeit 22f, 26f, 29, 45, 48f, 51f,<br />
101, 106<br />
Blackout 23ff, 30, 48ff, 54, 90, 92f, 100,<br />
106, 117, 134<br />
Blackoutschwelle 51<br />
Blei 16, 64, 66f, 71, 77, 82f, 93f, 112, 117<br />
Bleigurt 27, 55, 66f, 82, 94, 118<br />
Blood Shift 33, 45ff, 53, 90<br />
Blutkörperchen, rote 31, 33f, 41, 133<br />
Boje 16, 27f, 69ff, 83, 85ff, 92, 117<br />
Boyle-Mariotte 44<br />
Bradykardie<br />
40f<br />
Breaking Point 36f, 42<br />
Brevetierung 21<br />
Brustatmung<br />
125f<br />
Carbonflossen 60, 125<br />
CO2-Partialdruck -><br />
Kohlenstoffpartialdruck<br />
Constant Weight 16<br />
Counter-Balance-System 72<br />
Dekompressionskrankheit 52<br />
Delfinbewegung 62, 110f, 113<br />
Diffusion 33, 44<br />
Disziplinen, Apnoe 15, 19, 23, 51, 86, 99ff,<br />
105ff<br />
Druckausgleich 13, 15, 20, 29f, 52f, 56,65,<br />
69, 74ff, 80ff, 87, 95f, 133<br />
Druckausgleich, Methoden 79ff<br />
Duoflossen 60, 62f, 111, 113<br />
Easy-Going-Phase 36<br />
Edelgase 31, 42<br />
Erste-Hilfe-Ausrüstung 83<br />
Erythrozyten -> Blutkörperchen, rote<br />
Flachwasserblackout 51, 92<br />
Flossen 13ff, 27, 55, 57, 60ff, 78f, 98, 110f,<br />
113ff, 118, 121f<br />
Flossenblatt<br />
60ff<br />
Freitauchen 9ff, 123, 133<br />
Führungsseil 16, 20, 27, 70f, 87<br />
Funados 13<br />
Gasaustausch 32, 42, 45, 47, 127<br />
Hämoglobin 33f, 41, 45, 133<br />
Herz-Kreislauf-System 10<br />
Hyperkapnie 37, 102<br />
Hyperventilation 20, 25, 36, 49f, 129, 134<br />
Hypokapnie 50, 54<br />
Hypoxie 24ff, 36f, 39, 44f, 48, 51f, 93, 105<br />
Intervalltraining 108<br />
Kohlendioxid 31ff, 42f, 49ff, 124<br />
Kohlendioxidpartialdruck 35, 43f, 49<br />
Kraulbeinschlag 111, 113<br />
Lampe 72<br />
142
Register<br />
Lanyard<br />
71f, 91f<br />
LMC 25, 28, 51<br />
Lung packing 54<br />
Lunge 10, 13, 26, 29ff, 42, 44ff, 56f, 74f,<br />
79, 81, 89f, 96, 103, 109, 123,<br />
125ff, 129f<br />
Lungenflügel 53, 126, 129<br />
Lungengewebe<br />
53f<br />
Lungenriss 53<br />
Lungenseitenatmung 96, 128<br />
Lungenvolumen<br />
33, 36, 43, 45, 74f<br />
Maiorca, Enzo 14f, 17<br />
Maske<br />
13, 27, 55ff<br />
Mayol, Jacques 14f, 38, 45, 55, 121<br />
Medulla oblongata 34<br />
Meeressäuger 38<br />
Milchsäure 39<br />
Milz 40f, 102, 127, 129<br />
Monoflosse 16, 60ff, 111, 113, 124, 135<br />
Nasenerker 56<br />
Nasenklammer 27, 69, 101<br />
Neopren 59, 64ff, 75<br />
No Limit 14ff, 23, 52<br />
Oberflächenprotokoll 19, 106<br />
O.K.-Zeichen<br />
25, 29, 106f<br />
O2-Partialdruck, -><br />
Sauerstoffpartialdruck<br />
Packing Blackout 26, 54, 117<br />
Partialdrücke, Gesetz der<br />
42f<br />
Partnersicherung 23, 87, 90f, 93, 96, 106,<br />
115ff<br />
Pendelatmung 58<br />
Perlentaucher 11, 52<br />
pH-Wert<br />
36, 50, 133f<br />
Physiologie<br />
26, 38ff<br />
Pneumothorax 53<br />
Pranayama 123<br />
Pre Blackout Movement 26<br />
Pulsfrequenz 101<br />
Pulsmesser 101<br />
Residualkapazität 33, 48, 51<br />
Residualvolumen 33, 35, 45f, 48, 74, 79,<br />
81, 89, 125<br />
Rollboje 70<br />
Samba 23ff, 49, 52, 92<br />
Sauerstoff 9, 25, 28, 31ff, 39f, 42ff, 48ff,<br />
54, 86, 89f, 117, 124, 10, 132ff<br />
Sauerstoffpartialdruck 29, 35f, 41ff, 48f,<br />
51, 101<br />
Schlafapnoe 9<br />
Schlüsselbeinatmung 125, 127<br />
Schnorchel 8, 10, 28, 34, 55, 57ff, 89,<br />
91f, 94, 118, 130<br />
Schwammtaucher<br />
11ff<br />
Schwimmbad-Blackout 48<br />
Sicherheit 22ff, 51f, 83, 106<br />
Sicherungstaucher 58, 82, 87, 90ff, 115,<br />
117, 137<br />
Statti, Giorgios Haggi<br />
13f<br />
Stickstoff 31, 42f, 52f, 86<br />
Stoffwechsel 40<br />
Stoßatmung 96, 128, 130<br />
Streckentauchen 16ff, 21, 24, 26, 48, 63,<br />
67ff, 98f, 103, 110ff,<br />
115, 117, 119, 126, 136f<br />
Stress-Phase 36, 92, 105<br />
Tachykardie 50<br />
Taravana 52<br />
Tarierung 20, 67f, 81f, 91, 110ff, 115,<br />
118, 122<br />
Tauchanzug 64f, 106<br />
Tauchcomputer 68, 86<br />
Taucheruhr 68<br />
Tauchgeschwindigkeit 111, 115, 118<br />
Tauchreflex 30, 39ff, 46, 101f, 128<br />
Tauchstil 1 4, 61f, 68, 87, 111<br />
Tiefenmesser 68, 87<br />
Tiefenrausch<br />
52f<br />
Tieftauchen 14ff, 21, 26ff, 42, 48, 51, 56,<br />
60, 69f, 72ff, 85, 99, 103, 125ff, 133, 136f<br />
143
Register<br />
Totalkapazität 54, 125<br />
Training 10, 19, 28, 41f, 64, 79, 86f, 93f,<br />
99, 107f, 117f, 125, 128, 130<br />
Trainingseffekt 40, 108<br />
Unterdruckverschluss 96, 129f, 133<br />
Variable Weight 16<br />
Ventilation 35<br />
Vitalkapazität 33, 35, 125, 127<br />
Vollatmung 103, 120, 125ff, 130<br />
Wettkämpfe 14, 18f, 23, 55<br />
Yoga 14, 88, 103, 121ff, 127, 132<br />
Zeittauchen 18, 20f, 36f, 48, 56, 99ff,<br />
106ff, 134, 136f<br />
Zwerchfell 47, 81, 88, 96f, 103, 126f, 129f<br />
Zwerchfellzucken 106<br />
144