Jahresheft 2014 der Sektion Hersbruck e. V. - DAV Sektion Hersbruck
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Im Banne des Tödi<br />
Im Banne des Tödi<br />
Silke Hertel<br />
(oben) Sonnenaufgang am größten<br />
Windkolk Europas<br />
(unten) Höhenweg zwischen<br />
Fridolinshütte und Planurahütte<br />
An<strong>der</strong>s als die Walliser o<strong>der</strong> Berner<br />
Alpen stellen die Glarner Alpen mit<br />
dem 3.614 m hohen Tödi eine eher<br />
unbekannte Gebirgsgruppe <strong>der</strong> Schweizer<br />
Westalpen dar. Da Bekanntheit aber nicht<br />
zwangsläufig mit landschaftlicher Schönheit<br />
gleichzusetzen ist, zogen Mitte August 2013<br />
zehn hochtourenambitionierte <strong>Hersbruck</strong>er<br />
<strong>DAV</strong>ler los, um einen weißen Fleck auf ihrer<br />
Landkarte zu tilgen und ein Gebirge abseits<br />
des Hochtouren-Mainstreams zu erkunden.<br />
Das einhellige Qualitätsurteil nach <strong>der</strong> Tour<br />
lautete: „Super war`s!“<br />
Ihren Anfang nahm die viertägige Tour mit<br />
<strong>der</strong> Fahrt über Glarus und Linthal am Fuß<br />
des Klausenpasses nach Tierfed zuhinterst im<br />
Linth-Tal. Dicht in finstere Wolken gehüllte<br />
Berge verhießen am Startpunkt nichts Gutes<br />
– <strong>der</strong> Schweizer Wetterbericht hatte uns<br />
wie<strong>der</strong> einmal betrogen. Kaum hatten wir ein<br />
Stück des vierstündigen Hüttenaufstiegs zur<br />
Fridolinshütte zurückgelegt, hieß es Regenjacken<br />
auspacken und im stetig stärker werdenden<br />
Regen weiterstapfen. Mit gemischten<br />
Gefühlen ließen wir das Taxi, mit dem man<br />
sich die ersten eineinhalb Stunden des Weges<br />
sparen kann, an uns vorbeifahren – naja, es<br />
war sowieso schon voll. Die landschaftliche<br />
Schönheit des Hüttenaufstiegs, die <strong>der</strong> Wan<strong>der</strong>führer<br />
preist, konnten wir lei<strong>der</strong> nur erahnen.<br />
Gründlich nass trudelten wir am späten<br />
Nachmittag auf <strong>der</strong> schon gut besuchten,<br />
kleinen Fridolinshütte (2.111 m) ein. Aufgrund<br />
des nicht vorhandenen Trockenraums<br />
hieß es hier sich die besten Trockenplätze in<br />
<strong>der</strong> Gaststube zu sichern. So wurde alles umdekoriert,<br />
egal ob Gamsgeweih o<strong>der</strong> Vorhangstange.<br />
Bei dem Wetter gingen nicht einmal<br />
die beiden Hüttenkatzen vor die Tür und auch<br />
die Hüttenhühner lugten nur aus ihrem Stall<br />
heraus. Als es abends um 22 Uhr immer noch<br />
regnete, machten sich ernsthafte Zweifel<br />
breit, ob die geplante Hochtour am nächsten<br />
Tag auf den Tödi, den höchsten Gipfel <strong>der</strong><br />
Glarner Alpen, nicht buchstäblich ins Wasser<br />
fallen könnte. Doch welch Überraschung am<br />
Samstagmorgen – unzählige Sterne funkelten<br />
am klaren Nachthimmel. Also nichts wie raus<br />
aus den kuschligen Lagern, frühstücken und<br />
Hochtourenmontur anlegen. Um Viertel vor<br />
fünf Uhr verließen wir die Hütte und stiegen<br />
im Lichtkegel <strong>der</strong> Stirnlampen bergauf. Der<br />
Regen <strong>der</strong> vergangenen Nacht überzog als<br />
dünne Eisschicht die Felsen und so sorgte<br />
nicht nur die nachtschlafende Stunde son<strong>der</strong>n<br />
auch die rutschige Unterlage für manch ungelenke<br />
Gehweise. Nach einiger Zeit erreichten<br />
wir die auf einem Felssporn in 2.448 m Höhe<br />
thronende Grünhornhütte. Die 1863 als erste<br />
vom Schweizer Alpen Club für Alpinisten erbaute<br />
Hütte hat heute Museumscharakter. Von<br />
<strong>der</strong> Hütte führten uns Kettensicherungen hinab<br />
auf den mächtig zerrissenen Bifertenfirn.<br />
Wir zogen die Steigeisen an und gewannen<br />
am rechten Gletscherrand weiter an Höhe, ehe<br />
wir zur Schlüsselstelle <strong>der</strong> Tour kamen. Vor<br />
uns versperrte <strong>der</strong> bedrohlich wirkende untere<br />
Gletscherbruch mit absturzbereiten Seracs und<br />
daneben eine steile Felswand den Weiterweg.<br />
Zu unserer Rechten zog eine steile, ebenso<br />
wenig einladende Rinne, die Schneerus,<br />
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