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Thema des Monats ▴▴Originalgetreu: Die filigran strukturierte Oberfläche und der Segmentschnitt der neuen Biberschwanzziegel entsprechen dem historischen Vorbild STEILDACH Ein Haus zieht um In Neugersdorf wurde ein Umgebindehaus abgebaut und in 180 km Entfernung wieder zusammengesetzt. Für die neue Deckung des Dachs verwendeten die Handwerker Biberschwanzziegel mit Segmentschnitt. Text: Horst Pavel | Fotos: Braas 42 dachbau magazin 1-2 | 2014
www.dachbaumagazin.de Das Umgebindehaus ist ein Bautyp, der vor allem im Dreiländereck von Deutschland, Polen und Tschechien von der Oberlausitz und Sächsischen Schweiz bis nach Niederschlesien und Nordböhmen zu finden ist. Diese Region wird deshalb auch als Umgebindeland bezeichnet. Experten schätzen, dass es grenzübergreifend noch etwa 19 000 Umgebindehäuser gibt – viele stehen unter Denkmalschutz. Das Umgebindehaus in Neugersdorf stand schon über 15 Jahre leer, als sich der Bauherr während eines Urlaubs in der Lausitz in das Gebäude verliebte und in Abstimmung mit der Denkmalpflege auch die Zustimmung für eine Translozierung – das bedeutet einen fachgerechten Rückbau und den anschließenden Wiederaufbau an einem anderen Ort – erhielt. Zerlegt und abtransportiert Das Haus wurde 1887/88 gebaut und zählt somit zu den jüngeren Vertretern der Oberlausitzer Volksbauweise. Am 29. Januar 1887 hatte Friedrich Wilhelm Gabriel seinen Genehmigungsantrag zum Neubau eines Wohnhauses bei der Königlichen Amtshauptmannschaft in Löbau eingereicht und im April die Baugenehmigung erhalten. Bereits im Oktober 1887 konnte die Errichtung des Neubaus mit zwei Blockstuben gemeldet werden. Die hohen Räume im Erd- und Obergeschoss zeigen, dass das Gebäude als reines Wohnhaus geplant wurde. Für den heutigen Bauherrn erleichterte dies seine Entscheidung zur Umsetzung des Hauses nach Buckow in die Märkische Schweiz. In zahlreichen Gesprächen mit der Denkmalpflege klärten Architekt und Bauherr sämtliche geplanten Arbeiten. In einem Gutachten war zuvor die Bausubstanz umfangreich beschrieben worden; dabei hatte sich gezeigt, dass das Gebäude nicht in einem guten, wohl aber ordentlichen Zustand war, der die Erhaltung wesentlicher Teile an einem neuen Standort zuließ. Für die Ausführung der Dacharbeiten war <strong>Dachdecker</strong>meister Graßhoff aus Seehausen schon frühzeitig in die Planung eingebunden. Da bereits eine Dachfläche des Satteldachs in den 1980er-Jahren mit Reformpfannen umgedeckt wurde, galt auch ▴▴Wieder aufgebaut: das Umgebindehaus an seinem neuen Standort im 180 km entfernten Buckow die andere Dachflächenseite, die mit alten Segmentschnittbibern gedeckt war, als nicht mehr erhaltungswürdig und wurde ebenfalls erneuert. Der Bauherr höchstpersönlich zerlegte das Gebäude nach einer Bauaufnahme in seine Einzelteile, markierte jedes Teil und transportiert das „Hauspuzzle“ an seinen neuen Standort. UMGEBINDEHÄUSER Neu aufgebaut Der Neuaufbau in Buckow am Scharmützelsee begann mit der Erstellung einer Bodenplatte auf Streifenfundamenten. Im Randbereich sorgt eine Reihe Schaumglasdämmung für moderne bauphysikalische Verhältnisse ohne Wärmebrücken. Die Schaumglasdämmung ist diffusionsdicht und über die Fläche extrem druckbelastbar und wird für die Ausführung von Sanierungsarbeiten an Umgebindehäusern empfohlen. Auf dieser Schicht konnte der abgetragene Granitsockel im Mörtelbett verlegt und ausgerichtet werden. Die häufigsten Schäden an Umgebindehäusern entstehen durch Feuchtigkeit im Sockelbereich an den Blockbohlen und den stehenden Stüt- »Das Umgebindehaus ist eine der eigenwilligsten und bezauberndsten Erscheinungen der Volksarchitektur«, schreibt Frank Delitz in dem Buch »Umgebinde im Überblick« nicht ohne Bewunderung. Umgebindehäuser gehören als Typus zum mitteldeutschen Wohnstallhaus: Die Gebäude werden meist traufseitig erschlossen und sind in der Regel in drei Bereiche – Wohn-, Flur- und Stallzone – aufgeteilt. Als Umgebinde wird das vor die Block- oder Bohlenstube gestellte Stützgerüst aus Ständern, Rähm, Spannriegeln sowie Kopfbändern oder Knaggen verstanden, das die Lasten der oberen Geschosse trägt. In waldreichen Regionen wurden die Wohnstuben komplett aus Holz errichtet und bildeten eine Art Holzkasten, der als »Blockstube« bezeichnet wird. Ständer und untere Bohlenreihe liegen in der Regel auf einem Sockel aus Hartstein, wie beispielsweise Granit. Die Obergeschosse wurden hingegen meist als Fachwerk ausgeführt und zeigen konstruktive Ähnlichkeiten zur fränkischen Tragkonstruktion. Das Umgebindehaus ist seit dem 16. Jahrhundert bekannt und entwickelte sich bis ins 20. Jahrhundert weiter. Wurden in früheren Zeiten Strohdächer und später Lehmschindeldeckungen oder Holzschindeln eingesetzt, so setzten die damaligen Brandkassen seit dem 18. Jahrhundert harte Bedachungen durch, die häufig mit Biberschwanzziegeln ausgeführt wurden. dachbau magazin 1-2 | 2014 43
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