Kultur vom Dachdecker - Dachbaumagazin
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▴▴Vorher: Der alte Schweinestall wurde von einem Holzsprengwerk und<br />
einem Kaltdach vor der Witterung geschützt<br />
▴▴Nachher: Eine Stahlkonstruktion leitet die Lasten der neuen Geschosse<br />
direkt in die Fundamente ein<br />
stellbar. Zwar beeindruckte der 1859 errichtete<br />
Vierseithof schon damals durch seine an<br />
allen vier Seiten erhaltene Bebauung, doch<br />
ließ der Erhaltungszustand speziell bei den<br />
alten Stallungen sehr zu wünschen übrig.<br />
Das Dach sowie der gesamte historische<br />
Dachstuhl mussten komplett zurückgebaut<br />
werden, damit auf den Traufwänden ein<br />
neuer Mauerkopf betoniert werden konnte,<br />
der heute unsichtbar hinter der Klinkerverkleidung<br />
liegt.<br />
Trotz dieser Verstärkung boten die<br />
Wände zu wenig Tragfähigkeit für die vorgesehenen<br />
Geschosse und das neue Dach.<br />
Das alte Holzsprengwerk wurde deshalb<br />
durch eine eigenständig stehende Stahlkonstruktion<br />
ersetzt, die die Lasten nicht ins<br />
Mauerwerk, sondern direkt in die Fundamente<br />
leitet. Mit dieser Lösung blieben die<br />
Außenwände unberührt und damit denkmalgerecht<br />
erhalten. Gleichzeitig konnten<br />
die neuen Nutzungsebenen der Galerien,<br />
des Obergeschosses und des Spitzbodens<br />
statisch unabhängig und scheinbar im<br />
Raum schwebend umgesetzt werden.<br />
Sparren folgen Fensterposition<br />
Die statisch notwendige Entlastung des<br />
Mauerwerks bot zugleich die Chance, in<br />
den Außenwänden die Flächen zwischen<br />
den Mauerbögen (Lisenen) zu öffnen<br />
und durch neue Fassadentore aus Glas zu<br />
ersetzen. Dadurch gelangt Licht ins Erdgeschoss<br />
und zugleich ermöglichen die verglasten<br />
Öffnungen einen direkten Blick in<br />
den großen Hof. Das Obergeschoss erhält<br />
sein Tageslicht hingegen über Dachfenster,<br />
deren künftige Positionen bereits bei der<br />
Einteilung der neuen Sparren berücksichtigt<br />
werden konnten. „Wir haben die Sparrenfelder<br />
nicht gleichmäßig geteilt, was in<br />
diesem Falle möglich war, weil auch das historische<br />
Dach schon ohne Überstand ausgeführt<br />
worden war“, erklärt Zimmerermeister<br />
Maik Lauda aus Dormagen. „Da es sich<br />
um ein Denkmal handelt, haben wir diese<br />
Gestaltung ohne sichtbare Sparrenköpfe<br />
natürlich wieder aufgegriffen. Die Lage der<br />
Sparren sowie der erforderlichen Wechsel<br />
ließ sich dadurch von vornherein auf die<br />
geplanten Fenster abstimmen.“<br />
INTERVIEW: DACHDECKER STEFAN WAGENER<br />
dachbaumagazin: Herr Wagener, wo lagen<br />
die Herausforderungen bei diesem über<br />
150 Jahre alten Gebäude?<br />
Stefan Wagener: Durch den kompletten<br />
Rückbau des alten Dachs und die Wiedererrichtung<br />
mit der Stahlkonstruktion und<br />
den neuen Sparren war es für uns beinahe<br />
wie ein Neubau. Aber es hat Spaß gemacht<br />
zu sehen, wie sich mit jedem verlegten<br />
Ziegel das neue Dach immer besser in die<br />
vorhandene Anlage einfügte.<br />
Der ehemalige Stall wirkt heute tatsächlich,<br />
als hätte er schon immer so aussehen<br />
müssen.<br />
Das liegt natürlich auch am Rheinlandziegel,<br />
mit dem wir die originale Dachansicht<br />
wiederherstellen konnten. Durch<br />
die Engobe sogar in einem sehr ähnlichen<br />
Farbton, was jede Unruhe zwischen Alt<br />
und Neu vermeidet.<br />
Regionaltypischer Dachziegel<br />
Das vereinfachte die anschließende Dachdeckung,<br />
die ebenso wie die Montage der<br />
elf Dachfenster von <strong>Dachdecker</strong>meister<br />
Stefan Wagener aus Neuss erledigt wurde.<br />
Er führte oberhalb der Sparren den klassischen<br />
Aufbau aus Unterspannbahn, Konterlattung<br />
und Lattung aus, ehe er die Dachfenster<br />
montierte und die neue Deckung<br />
verlegte. Bei der Deckung der historischen<br />
Stalldächer kam der für diese Region typische<br />
Rheinlandziegel zum Einsatz, der auf<br />
anderen Gebäuden des Ensembles noch<br />
▸ ▸ Ähnliche<br />
Farbe: alte<br />
und neue<br />
Dachziegel<br />
Ruhe und Gleichmaß prägen auch die<br />
neuen Dachflächen – wie haben Sie das<br />
geschafft?<br />
Dafür ist in erster Linie die von den Architekten<br />
vorgegebene, harmonische Verteilung<br />
der neuen Dachfenster verantwortlich.<br />
Unsere Aufgabe war es, die Flächen<br />
zwischen den Fenstern so aufzuteilen<br />
und einzudecken, dass keine störenden<br />
Schnitte in den Dachziegeln erforderlich<br />
waren, was auf der Baustelle auch gut<br />
funktioniert hat.<br />
dachbau magazin 1-2 | 2014<br />
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