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PDF der deutschen Version - Deutsches Archäologisches Institut

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Klimaarchiv Baobab<br />

Ein alter Riese als Zeuge <strong>der</strong> Geschichte<br />

PANORAMA<br />

Der Baobab o<strong>der</strong> „Afrikanische Affenbrotbaum“ (Adansonia digitata) wird sehr groß und sehr alt. Er könnte Zeuge sein für lang vergangene<br />

Geschehnisse im alten Königreich Simbabwe.<br />

240 Kilometer südlich von Harare, <strong>der</strong><br />

Hauptstadt des heutigen Staates<br />

Simbabwe, liegt das einstige „Groß-<br />

Simbabwe“. Der Ort beherbergt<br />

spektakuläre Großbauten, <strong>der</strong>en Ruinen<br />

sich über eine Fläche von sieben<br />

Quadratkilometern ausdehnen, die<br />

Mauern sind aus Granitblöcken<br />

ohne Mörtel erbaut.<br />

Fotos: Slotta<br />

Innen ist er fast wie ein Schwamm, Ringe<br />

sind kaum zu erkennen. Als Gegenstand<br />

einer dendrochronologischen Untersuchung<br />

ist <strong>der</strong> Baobab eine echte Herausfor<strong>der</strong>ung.<br />

Der Baumriese, bekannter als<br />

„Afrikanischer Affenbrotbaum“ (Adansonia<br />

digitata) aus <strong>der</strong> Familie <strong>der</strong> Malvengewächse,<br />

gehört zu den stammsukkulenten<br />

Pflanzen, das heißt, er lagert für schlechte<br />

Zeiten Wasservorräte in seinem mächtigen<br />

Stamm ein. Dies führt zu <strong>der</strong> eher<br />

schwamm artigen Konsistenz des Holzes.<br />

„Aber es geht“, sagt Karl-Uwe Heußner, <strong>der</strong><br />

am DAI das dendrochronologische Labor<br />

leitet. Die Wissenschaftler wollen herausfinden,<br />

ob sich <strong>der</strong> Baobab als Klimaarchiv<br />

eignet.<br />

Franziska Slotta und Dr. Karl-Uwe Heußner untersuchen,<br />

ob sich <strong>der</strong> Baobab als Klimaarchiv eignet.<br />

Gut ausgeprägte Jahrringe kennt je<strong>der</strong> von<br />

heimischen Bäumen. Mit ihrer Vermessung<br />

kann man die Wachstumsbedingungen für<br />

den Baum ablesen – gute Jahre ergeben<br />

breitere Ringe als schlechte Jahre, das<br />

heißt, die so gewonnenen Daten können<br />

weit in die Zeit zurückreichende Informationen<br />

zu Klimaverän<strong>der</strong>ungen ergeben.<br />

Durch die Überlagerung <strong>der</strong> Ringmuster<br />

vieler Bäume (Crossdating) entsteht eine<br />

gemittelte Baumringabfolge, die aufgrund<br />

<strong>der</strong> überlappenden Lebenszeiten <strong>der</strong> Bäume<br />

viele Jahrtausende abdecken kann.<br />

Auch das Alter verbauter Baumproben<br />

kann auf diese Art bestimmt werden.<br />

Durch Hölzer, die in archäologischen Grabungen<br />

geborgen werden, können solche<br />

Reihen weit in <strong>der</strong> Zeit zurückverfolgt werden.<br />

„Störfaktoren“ wie Nährstoffzufuhr,<br />

Arten-Konkurrenz, Brände o<strong>der</strong> Krankheiten<br />

werden mittels mathematischer Verfahren<br />

herausgerechnet.<br />

ENDE E INE R S TADT<br />

Es ist das alte Königreich Simbabwe, das<br />

die Wissenschaftler veranlasst, sich mit<br />

dem Baobab zu befassen. Heute ist Groß-<br />

Simbabwe ein archäologischer Platz, <strong>der</strong><br />

240 Kilometer südlich von Harare liegt, <strong>der</strong><br />

Hauptstadt des heutigen Staates Simbabwe.<br />

Der Ort beherbergt spektakuläre Großbauten,<br />

<strong>der</strong>en Ruinen sich über eine Fläche<br />

von sieben Quadratkilometern ausdehnen,<br />

die Mauern sind aus Granitblöcken ohne<br />

Mörtel erbaut. Archäologen fanden chinesische<br />

Importkeramik, Zeichen von Luxus<br />

und Pracht allenthalben. Die große Mauer<br />

hat eine Basis von fünf Metern, ist neun<br />

Meter hoch und 244 Meter lang. 18.000<br />

Menschen lebten hier. Bis ungefähr 1500 n.<br />

Chr. Dann wurde die prächtige Stadt aufgegeben,<br />

und bis heute ist nicht geklärt,<br />

warum dies geschah.<br />

Die Baobabs, die in <strong>der</strong> Stadt o<strong>der</strong> in ihrer<br />

Nähe stehen, waren schon da, als die Bewohner<br />

Groß-Simbabwe verließen. Bis zu<br />

2000 Jahre sollen sie alt werden, 1000 Jahre<br />

erreichen sie im Durchschnitt. Allein dies<br />

sichert ihnen einen Platz unter den Heiligtümern<br />

<strong>der</strong> Region. Darüber hinaus sind<br />

ihre Früchte nicht nur schmackhaft, son<strong>der</strong>n<br />

auch gesund und heilsam, und die<br />

Funktion als Wasserreserve macht sie außerdem<br />

schützenswert und verehrungswürdig.<br />

Könnte man also den mächtigen<br />

Bäumen durch dendrochronologische Untersuchungen<br />

ihre Wachstumsgeschichte<br />

entlocken, wären sie ein ideales Klimaarchiv.<br />

J AHRRINGE UNTE R UV- L ICHT<br />

Auch wenn man sie auf den ersten Blick<br />

nicht immer sieht: „Der Baobab hat auch<br />

Ringe“, sagt die Paläontologin Franziska<br />

Slotta, die mit einem Elsa-Neumann-Stipendium<br />

an <strong>der</strong> Freien Universität Berlin<br />

ihre Doktorarbeit zum Baobab schreibt<br />

und dabei mit den DAI-Naturwissenschaftlern<br />

zusammenarbeitet. „Die Strukturen im<br />

Holz sind aber sehr schwer zu interpretieren.“<br />

Im Frühjahr 2011 nahm Franziska Slotta<br />

bereits Bohrkerne des Baobabs für ihre<br />

Masterarbeit. „Nach <strong>der</strong> Regenzeit waren<br />

die Stämme vollgesogen mit Wasser und<br />

die Bohrkerne sehr weich, fast wie Nudeln.“<br />

Doch unter UV-Licht können die Experten<br />

die Struktur des schwammartigen Gebildes<br />

„lesen“.<br />

Bei den holzanatomischen Untersuchungen<br />

kooperieren die Wissenschaftler mit<br />

dem Geoforschungszentrum Potsdam<br />

(GFZ), das auch bei <strong>der</strong> Beprobung vor Ort<br />

dabei war. „Langfristig sind wir in <strong>der</strong> Lage,<br />

die Klimageschichte des südlichen Afrika<br />

zu rekonstruieren“, erklärt Heußner. Möglicherweise<br />

lassen sich aus den Ergebnissen<br />

Rückschlüsse auf die Ursachen ziehen, warum<br />

die Stadt verlassen wurde. Bei ihren<br />

Untersuchungen betreten die DAI-Forscher<br />

Neuland. „Den Baobab als Klimaarchiv<br />

zu erschließen, ist Grundlagenforschung“,<br />

sagt Heußner. Das Potenzial des<br />

alten Riesen allerdings ist enorm. <br />

70 _ ARCHÄOLOGIE WELTWEIT<br />

ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 71

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