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PDF der deutschen Version - Deutsches Archäologisches Institut

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Der Archäologe Prof. Dr. Henner von Hesberg<br />

ist Direktor <strong>der</strong> Abteilung Rom des DAI.<br />

Herodes und die Großbaustelle Jerusalem<br />

DAS IDEOLOGISCHE RISIKO<br />

„Kaiserliche Großbauten dienten nicht nur<br />

dazu, die Principes in steter Fürsorge für<br />

die Kapitale des Imperium Romanum zu<br />

zeigen o<strong>der</strong> etwa für Arbeit zu sorgen. Vielmehr<br />

definierten sie in außerordentlich<br />

komplexer Weise den Anspruch <strong>der</strong> Herrscher.<br />

In ihnen wurden Beziehungen<br />

zwischen Herrscher und Volk, aber auch<br />

zwischen den verschiedenen Gruppen innerhalb<br />

des Volkes in ganz unterschiedlichen<br />

Bereichen <strong>der</strong> Kommunikation immer<br />

neu definiert und dazu erfor<strong>der</strong>liche<br />

Verhaltensmuster vorgezeichnet und stabilisiert.<br />

Diese Impulse gingen vom Herrscher<br />

und seiner engsten Umgebung aus.<br />

Diese Konstellation dürfte beson<strong>der</strong>s geeignet<br />

sein, eine Antwort auf die Frage<br />

nach <strong>der</strong> Qualität und Bedeutung <strong>der</strong><br />

Großbauten im kaiserlichen Rom zu geben.<br />

Eine schnelle Umsetzung war unbedingt<br />

erfor<strong>der</strong>lich, denn nicht zuletzt war<br />

darin Macht unmittelbar zu spüren.<br />

In diesem Zusammenhang wüsste man<br />

gerne, wie <strong>der</strong> Kaiser mit dem ‚ideologischen<br />

Risiko’ umging. Denn gerade die Einzigartigkeit<br />

des Baus zusammen mit seiner<br />

unerhörten Größe öffneten die Tür für<br />

Fehlverständnis und gehässige Interpretation<br />

unter <strong>der</strong> Bevölkerung. Zeugnisse dafür<br />

gab es in großer Zahl und beson<strong>der</strong>s<br />

die Überlieferung zur Domus Aurea, dem<br />

Palast des Nero in Rom, belegt solche Polemiken.<br />

Domitian und seine Vertrauten<br />

kannten ganz gewiss diese Kritik und<br />

mussten sie mit in ihr Kalkül einbeziehen.<br />

Wieweit sie da auf Risiko setzten o<strong>der</strong> womöglich<br />

einfach ihren Wünschen in <strong>der</strong><br />

Konzeption freien Lauf ließen, lässt sich<br />

kaum mehr beantworten.“<br />

Henner von Hesberg<br />

TITELTHEMA<br />

Modell des herodianischen Tempels in Jerusalem. Als Herodes den jüdischen Tempel in großer Pracht wie<strong>der</strong> aufbauen ließ,<br />

gründete er bei dieser Gelegenheit einen neuen Stadtteil.<br />

Wikimedia Commons<br />

Die Grenzen <strong>der</strong> Villa des Kaisers sind nicht exakt bekannt. Zu vermuten sind <strong>der</strong> See und die Via Appia sowie die Ortschaften Castel Gandolfo und<br />

Albano. Schon in dieser Ausdehnung gehörte die Villa zu den größten Kaiservillen überhaupt und kam <strong>der</strong> bekannten Anlage des Hadrian in Tivoli<br />

in etwa gleich. Fotos und Abbildungen: DAI, Abteilung Rom<br />

Im archäologischen Park unter <strong>der</strong> Erlöserkirche von Jerusalem<br />

führt <strong>der</strong> Weg in die Vergangenheit 2000 Jahre zurück durch eine<br />

mittelalterliche Kirche, einen Marktplatz Konstantins, durch Baureste<br />

aus <strong>der</strong> Zeit Hadrians und Schuttmassen nach Titus’ Zerstörung,<br />

bis man schließlich in einem Steinbruch ankommt. Er stammt<br />

aus <strong>der</strong> Zeit Herodes des Großen, <strong>der</strong> 37–4 v. Chr. „König Jerusalems“<br />

von Roms Gnaden war. Tatsächlich baute Herodes wie ein<br />

Römer. 27 v. Chr. ließ er ein Theater und ein Amphitheater errichten,<br />

wenige Jahre später einen großen Königspalast in Jerusalem<br />

und eine gewaltige Residenz in Judäa, das „Herodium“. Es folgte<br />

<strong>der</strong> Ausbau <strong>der</strong> Stadt Caesarea maritima und ihres Hafens. Wasserleitungen<br />

und Festungen waren weitere Projekte seiner Baulust,<br />

und als er ab dem Jahre 20 v. Chr. den jüdischen Tempel in großer<br />

Pracht wie<strong>der</strong> aufbaute, gründete er bei dieser Gelegenheit auch<br />

einen neuen Stadtteil. Als König <strong>der</strong> Provinz Juda vergaß er auch<br />

nicht, seine Herrschaft durch die Gewährung von Schutz kundzutun:<br />

Er ließ eine große Mauer errichten, die das neue Stadtviertel<br />

beschützen sollte.<br />

Über den Verlauf dieser „Zweiten Mauer“ berichtet <strong>der</strong> jüdisch-römische<br />

Historiker und Schriftsteller Josephus Flavius: „Die zweite Mauer<br />

nahm ihren Anfang bei einem Tor, das in <strong>der</strong> ersten Mauer [die<br />

alte Stadtmauer Jerusalems] lag und Gennat genannt wurde; indem<br />

sie lediglich den Nordteil <strong>der</strong> Stadt einschloss, führte sie bis hin zur<br />

Antonia [Festungsanlage im nördlichen Teil des Tempelareals].“<br />

D I E Z W E ITE M AUE R<br />

Lange wurde vermutet, die „Zweite Mauer“ läge direkt unter <strong>der</strong><br />

Erlöserkirche, <strong>der</strong>en Bau 1893 begonnen wurde. Doch diese Vermutung<br />

hielt neueren archäologischen Untersuchungen nicht<br />

stand. Die große Mauer unter <strong>der</strong> Kirche war vielmehr die Umfas-<br />

54 _ ARCHÄOLOGIE WELTWEIT<br />

ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 55

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