01.03.2014 Aufrufe

PDF der deutschen Version - Deutsches Archäologisches Institut

PDF der deutschen Version - Deutsches Archäologisches Institut

PDF der deutschen Version - Deutsches Archäologisches Institut

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

I N F RASTRUKTURMASSNAHME<br />

Im aktuellen DAI-Projekt zu Baalbek wird nicht nur die römische<br />

Zeit untersucht. Vielmehr geht es um einen Zeitraum von 9000<br />

Jahren – vom Beginn <strong>der</strong> ersten Besiedlung bis in die Neuzeit. Dennoch<br />

bildet die Wechselbeziehung zwischen <strong>der</strong> Stadt und ihrem<br />

zentralen römischen Heiligtum, das 1984 in die Liste des UNESCO-<br />

Weltkulturerbes aufgenommen wurde, einen beson<strong>der</strong>en Schwerpunkt,<br />

an dem nicht nur Archäologen, son<strong>der</strong>n auch Bauhistoriker<br />

und Geophysiker mitarbeiten. Denn es geht um weit mehr als<br />

„nur“ die religiös-symbolische Bedeutung <strong>der</strong> Tempel-Großbaustellen<br />

für Jupiter und seine göttlichen Gefährten und auch um<br />

mehr als „nur“ die Analyse einer kaiserlichen Herrschaftsinszenierung<br />

<strong>der</strong> Son<strong>der</strong>klasse.<br />

Neue Fragen <strong>der</strong> Archäologie, die nur im Verbund mit Naturwissenschaftlern<br />

und Ökonomen zu beantworten sind, lauten: War<br />

das ganze gigantische Vorhaben vielleicht auch eine gezielte Infrastrukturmaßnahme<br />

für die Region? Ging es auch darum, die Wirtschaft<br />

in Gang zu halten und Menschen in Lohn und Brot zu bringen,<br />

was wie<strong>der</strong>um die Kaufkraft erhöhte? Wieviele Arbeiter haben<br />

eigentlich wie lange an den Anlagen gearbeitet? Und wer genau<br />

führte die Anweisungen des Kaisers zum Bau des Heiligtums aus?<br />

Der Kaiser selbst wird es kaum gewesen sein – wenn er auch gelegentlich<br />

im Kreise hoher Nobilitäten vorbeischaute. Dann tat man,<br />

wenn die Zeit bis zum hohen Besuch knapp wurde, manchmal<br />

auch schon in Baalbek das, was viel später als (eher sagenhafter)<br />

Trick in die Geschichte einging: Man baute Potemkinsche Dörfer. <br />

Uruk, die Stadt <strong>der</strong> Ziegel<br />

TITELTHEMA<br />

KOOPERATION<br />

„Forschungen zur Stadtentwicklung von<br />

Baalbek (Libanon)“ heißt <strong>der</strong> Teil des<br />

Projekts, <strong>der</strong> am Lehrstuhl Baugeschichte<br />

<strong>der</strong> Brandenburgischen Technischen<br />

Universität Cottbus (BTU) unter <strong>der</strong> Leitung<br />

von Prof. Dr.-Ing. Klaus Rheidt durchgeführt<br />

wird. Hier geht es u.a. um die Analyse von<br />

Technik, Konstruktion und Material <strong>der</strong><br />

Bauten, aber auch um den historischen<br />

Kontext von Bauten. Seit 2002 arbeiten DAI<br />

und BTU zusammen, im Jahr 2008 wurde die<br />

Zusammenarbeit in einem Kooperationsvertrag<br />

besiegelt. Ferner sind die Kooperationspartner<br />

eingebunden in das Projekt „XXL –<br />

Monumentalized Knowledge. Extra-Large<br />

Projects in Ancient Civilizations“ des<br />

Exzellenzclusters „Topoi“.<br />

Foto: BTU Cottbus, Rheidt<br />

Rekonstruktion: @artefacts-berlin.de; wissenschaftliches Material: DAI<br />

Millionen und Abermillionen Lehmziegel bildeten in Uruk Bauwerke<br />

von unermesslicher Größe, geformt aus den Produkten einer<br />

Technologie, die vor 11.000 Jahren erfunden wurde, in einer Zeit,<br />

als Südmesopotamien noch nicht besiedelt war. Man hatte mit<br />

Steinen experimentiert, aber es gab zu wenige, und das Material<br />

hätte nicht getaugt für das, was man eines Tages vorhaben würde.<br />

Seit dem 6. Jahrtausend v. Chr. wurden in <strong>der</strong> Region Siedlungen<br />

angelegt, in Uruk ab dem Ende des 5. Jahrtausends. Dort konnten<br />

die Archäologen 35 übereinan<strong>der</strong> liegende Schichten ausmachen<br />

und inzwischen eine fast vollständige Besiedlungsgeschichte <strong>der</strong><br />

Stadt schreiben. Auch in Uruk leitet Margarete van Ess für das DAI<br />

die dortigen Arbeiten.<br />

Schon in frühen Schichten, ab ca. 3600 v. Chr., kamen Großbauten<br />

zutage, die typisch waren für das Ende <strong>der</strong> Epoche, die man später<br />

„Uruk-Zeit“ nennen würde. Um 3300 v. Chr. wurden die Gebäude<br />

eingeebnet und in ihrem eigenen Schutt begraben. Nun aber entstand<br />

auf diesem Schutt ein Heiligtum, das die Jahrtausende überdauern<br />

sollte: ein Tempel für die Göttin des Krieges und <strong>der</strong> Liebe<br />

Inanna (semitisch: Ischtar). Die Zikkurat, die König Urnamma dann<br />

um 2100 v. Chr. über den älteren Tempelbauten <strong>der</strong> Göttin errichten<br />

ließ, war ein Koloss aus zwei massiv gebauten Terrassen, die<br />

den Tempel trugen, erbaut aus 30 Millionen Ziegeln.<br />

Uruk ist, archäologisch gesehen, äußerst gut erhalten, und so offenbart<br />

es ohne Umschweife <strong>der</strong> Nachwelt bis heute seine enorme<br />

Bedeutung als wirtschaftliches, religiöses und wissenschaftliches<br />

Zentrum über einen Zeitraum von 3500 Jahren. Wenn auch seine<br />

Bedeutung Schwankungen unterworfen war, ist es doch immer<br />

präsent im Kreise <strong>der</strong> südmesopotamischen Stadtstaaten und später<br />

<strong>der</strong> Großreiche des Vor<strong>der</strong>en Orients.<br />

Der Art des Materials geschuldet, ist das Mauerwerk <strong>der</strong> Lehmziegel-Architektur<br />

Uruks zwar verschwunden, die Fundamente sind<br />

aber noch gut erkennbar. Überreste liegen in vielen Schichten<br />

übereinan<strong>der</strong>, und so entwickelte sich das detaillierte Präparieren<br />

von Bauresten und die Analyse <strong>der</strong> einzelnen Bauschichten zu einem<br />

methodischen Schwerpunkt <strong>der</strong> Ausgrabungen deutscher<br />

Archäologen insgesamt und auch des DAI in Uruk, ergänzt durch<br />

mo<strong>der</strong>ne Verfahren <strong>der</strong> Gebäude-Rekonstruktion.<br />

40 _ ARCHÄOLOGIE WELTWEIT<br />

ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 41

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!