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PDF der deutschen Version - Deutsches Archäologisches Institut

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Baalbek, die Stadt <strong>der</strong> großen Steine<br />

Als Baalbek im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t als Etappe einer Grand Tour die<br />

Dichter, Denker und Maler anzog, war die Ruinenromantik in Europa<br />

auf einem Höhepunkt. Erschüttern sollte <strong>der</strong> Anblick <strong>der</strong> verfallenen<br />

Bauten, Gefühle von Erhabenheit und Einsamkeit erzeugen<br />

– und an die Vergänglichkeit des Menschen und seiner Werke erinnern.<br />

Wo es keine echten Ruinen gab, baute man künstliche. Vor<br />

lauter Romantik geriet bisweilen aus dem Blick, dass die echten<br />

Ruinen einmal echte Gebäude waren, die mit kaum ermesslichem<br />

Aufwand und effizient ausgefeilter Baustellenlogistik ihren gigantischen<br />

Auftritt bekamen. Die großen Steine, die in Baalbek im<br />

heutigen Libanon verbaut wurden, lagen zu Beginn <strong>der</strong> Besiedlung<br />

des Ortes in <strong>der</strong> Zeit um 7 000 v. Chr. noch im Verborgenen.<br />

Viel später erst kamen die 45 Millionen Jahre alten verwitterungsresistenten<br />

Nummulitenkalke in spektakulären Heiligtümern zu<br />

großen Ehren. In dicken Banken liegen sie in <strong>der</strong> Erde. Gut geschützt,<br />

bildeten sich homogene Gesteinslagen mit einer Mächtigkeit<br />

von 4,20 Meter und mehr. Gerade gut genug für Jupiter und<br />

seinen gigantischen Tempel, <strong>der</strong> zusammen mit an<strong>der</strong>en gewaltigen<br />

Bauwerken in <strong>der</strong> Zeit errichtet wurde, als die fruchtbare,<br />

wohlhabende und gut gelegene Region um Baalbek zum Imperium<br />

Romanum gehörte. Für 18 Meter Säulenhöhe brauchten die<br />

Baumeister nicht mehr als je drei Trommeln, Durchmesser: 2,2 Meter.<br />

Das Podium ist aus riesigen Kalksteinblöcken errichtet, die präzise<br />

zusammengefügt waren, die zweite Lage des Podiums, heute<br />

als „Trilithon“ bekannt, wurde allerdings nicht fertiggestellt. Mit bis<br />

zu 1000 Tonnen Gewicht sind die Blöcke die größten Megalithe <strong>der</strong><br />

bekannten Geschichte.<br />

Baalbek ist eines <strong>der</strong> Langzeitvorhaben des Deutschen Archäologischen<br />

<strong>Institut</strong>s, das sich in viele Teilprojekte glie<strong>der</strong>t. Margarete<br />

van Ess leitet die Projekte zusammen mit dem Bauforscher Prof.<br />

Dr.-Ing. Klaus Rheidt von <strong>der</strong> Brandenburgischen Technischen Universität<br />

Cottbus (BTU).<br />

Der Steinbruch, aus dem die Megalithen stammen, lag einen guten<br />

Kilometer entfernt. Für ein 1 000-Tonnen-Stück eine gewaltige<br />

Strecke, zumal vor 2 000 Jahren. Aber es wäre wohl nicht Rom und<br />

auch nicht <strong>der</strong> Alte Orient, wenn man sich davon hätte einschüchtern<br />

lassen. Die Frage „Wie haben sie das gemacht?“ ist allerdings<br />

noch nicht ganz beantwortet. Gewonnen wurden die Blöcke im<br />

Tagebau, indem man Schrotgräben herausschlug und die Blöcke<br />

schließlich mit Keilen herauslöste.<br />

S T E INBRUCHTE CHNIK<br />

„Wegen <strong>der</strong> Größe und des Gewichts <strong>der</strong><br />

Blöcke bedurfte es beson<strong>der</strong>er Techniken<br />

zum Ablösen <strong>der</strong> Stücke aus dem Mutterstein.<br />

Wie an<strong>der</strong>e Steine auch wurde <strong>der</strong><br />

Megalith zunächst an den Seiten durch<br />

breite Gräben aus dem Fels gearbeitet.<br />

Doch zusätzlich schlug man auch einen<br />

Graben unter dem Stein heraus, in den zur<br />

Stützung Rollen o<strong>der</strong> Rundhölzer eingesetzt<br />

wurden. War <strong>der</strong> Monolith frei, konnte<br />

er auf diesen Rollen zum Heiligtum bewegt<br />

werden, wobei man das natürliche<br />

Gefälle zwischen Steinbruch und Tempelanlage<br />

nutzen konnte. Damit die 1000 Tonnen<br />

nicht ins Rutschen kamen, wurde <strong>der</strong><br />

Megalith wohl von einem Verankerungssystem<br />

gehalten und war an Ankerwinden<br />

vertäut.“<br />

Margarete van Ess<br />

Dr. Margarete van Ess,<br />

Wissenschaftliche Direktorin an<br />

<strong>der</strong> Orient-Abteilung des DAI,<br />

ist Grabungsleiterin in Baalbek.<br />

Foto: Obeloer<br />

TITELTHEMA<br />

Südlich <strong>der</strong> antiken Stadt Baalbek liegt <strong>der</strong> „Haijar al-Hibla. Er ist einer <strong>der</strong> größten Monolithen <strong>der</strong> Welt und das Wahrzeichen<br />

für die Großbaustelle im Tempelbezirk von Baalbek. Der Stein ist 20 Meter lang, vier bis gut fünf Meter breit und etwas über<br />

vier Meter hoch. Sein Gewicht: 1000 Tonnen<br />

Foto: BTU Cottbus, Rheidt<br />

1000-Tonnen-Transport: Damit die Schwerlast nicht ins Rutschen kam, wurde <strong>der</strong> Megalith von einem Verankerungssystem gehalten<br />

und war an Ankerwinden vertäut.<br />

Zeichnung in: Jeanine Abdul Massih, Von den Steinbrüchen zu den Tempeln. Nach Jean-Pierre Adam<br />

38 _ ARCHÄOLOGIE WELTWEIT<br />

ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 39

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