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PDF der deutschen Version - Deutsches Archäologisches Institut

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Großbaustelle Wissenschaft<br />

STANDPUNKT<br />

Das Staunen vor den Pyramiden von Gizeh,<br />

dem Koloss von Rhodos, am Grab des König<br />

Maussolos und vor Zeus in seinem<br />

Tempel in Olmypia war schon <strong>der</strong> Antike zu<br />

eigen. Sieben herausragende Denkmäler<br />

wurden in einer Liste erfasst, die immer<br />

wie<strong>der</strong> geän<strong>der</strong>t und erweitert wurde. Die<br />

„Sieben Weltwun<strong>der</strong>“ gelangten aufgrund<br />

beson<strong>der</strong>er Eigenschaften auf diese Liste:<br />

Sie beeindruckten durch Größe, technische<br />

Finesse, aber auch durch ihre Materialeigenschaften.<br />

So wurden sie zu Sehenswürdigkeiten<br />

und dadurch wie<strong>der</strong> zu den<br />

Denkmälern, die man gesehen haben<br />

musste.<br />

Der Wunsch nach einem Kanon herausragen<strong>der</strong><br />

Denkmäler liegt auch dem heutigen<br />

Vorhaben zugrunde, eine aktuelle Liste<br />

von Weltwun<strong>der</strong>n zu erstellen. Die<br />

meisten dieser Denkmäler sind bereits als<br />

Weltkulturerbe in die öffentliche Wahrnehmung<br />

gerückt worden. Auch bei diesen<br />

mo<strong>der</strong>nen Listen spielt immer wie<strong>der</strong><br />

die physische Präsenz durch schiere Größe<br />

<strong>der</strong> Bauten eine zentrale Rolle, wie bei <strong>der</strong><br />

chinesischen Mauer, beim Kolosseum in<br />

Rom o<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Christusstatue in Rio de<br />

Janeiro.<br />

Denkmäler zu bewun<strong>der</strong>n, ist dabei aber<br />

nur eine Art des Zugangs. Sie blendet – wie<br />

ihre Kanonisierung – entscheidende Faktoren<br />

aus, die wie<strong>der</strong>um den Wissenschaftler<br />

interessieren. Mo<strong>der</strong>ne Altertumswissenschaften<br />

untersuchen weit mehr als ein<br />

Denkmal an sich. Sie fragen nach den gesellschaftlichen<br />

Rahmenbedingungen und<br />

Implikationen <strong>der</strong> Errichtung solcher<br />

Denkmäler und <strong>der</strong> Organisation <strong>der</strong> umfangreichen<br />

Großbaustellen. „XXL – Monumentalized<br />

Knowledge. Extra-large Projects<br />

in Ancient Civilizations“ ist <strong>der</strong> Titel<br />

eines großen Verbundprojekts im Berliner<br />

Exzellenzcluster Topoi, in dem von Wissenschaftlerinnen<br />

und Wissenschaftlern <strong>der</strong><br />

Freien Universität, <strong>der</strong> Stiftung Preußischer<br />

Kulturbesitz, des Brandenburgischen Landesamts<br />

für Denkmalpflege und <strong>der</strong> Bauforschung<br />

an <strong>der</strong> Universität in Cottbus<br />

antike Großbaustellen in den Blick genommen<br />

werden. Skythische Großgrabhügel<br />

sind hier ebenso Thema wie die Großbauten<br />

des Alten Vor<strong>der</strong>en Orients in Uruk, Babylon<br />

und Rom.<br />

Die Forscher des Deutschen Archäologischen<br />

<strong>Institut</strong>s stellen die Frage, welche<br />

Ressourcen notwendig waren, um die Paläste<br />

<strong>der</strong> römischen Kaiser auf dem Palatin<br />

zu errichten und welche Formen von Baustellenlogistik<br />

sich nachweisen lassen. Bei<br />

den Großbauten von Uruk stellt sich eine<br />

ähnliche Frage. Auch hier geht es darum,<br />

die notwendigen Materialmengen zu berechnen<br />

und zusammen mit den Informationen<br />

<strong>der</strong> Keilschrifttexte über die Zahl<br />

<strong>der</strong> Arbeiter, <strong>der</strong>en Herkunft bis hin zu ihrer<br />

Versorgung Aufschluss über das „Gesamtkunstwerk“<br />

Großbaustelle zu gewinnen.<br />

Wie technische Lösungen gefunden<br />

und architektonische Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

gemeistert wurden, ist ebenfalls Gegen-<br />

stand <strong>der</strong> Betrachtung. Wie brach man die<br />

riesigen Qua<strong>der</strong> für die Tempel in Baalbek<br />

im heutigen Libanon und wie bewegte<br />

man sie überhaupt?<br />

Der Blick auf die Ressourcen, die technischen<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen und ihre Lösungen<br />

ist jedoch nur eine Sichtweise auf das<br />

Phänomen. Diese Perspektiven eröffnen<br />

den Weg zu weiteren Fragen. Wollte man<br />

mit <strong>der</strong> Verwendung riesiger Steinblöcke<br />

im Tempel von Baalbek auch Dauerhaftigkeit<br />

und Unverrückbarkeit zeigen? Waren<br />

Großbauprojekte in Rom durch den Größenwahn<br />

römischer Kaiser bedingt, wie es<br />

Peter Ustinovs filmische Darstellung des<br />

Kaisers Nero in „Quo Vadis“ nahelegt? O<strong>der</strong><br />

war das Errichten einer großen Thermenanlage<br />

schlicht eine Pflicht <strong>der</strong> Kaiser und<br />

wurde vom Volk erwartet? Welche Konstellationen<br />

führten dazu, dass Großbauten<br />

nicht vollendet wurden und welche dazu,<br />

dass viele doch erschaffen wurden?<br />

Diese Fragen für ganz unterschiedliche<br />

Kulturen zu untersuchen, erlaubt es, mögliche<br />

Erklärungsmodelle miteinan<strong>der</strong> zu<br />

vergleichen. Hierzu ist es notwendig, Wissenschaftlerinnen<br />

und Wissenschaftler verschiedener<br />

Disziplinen und <strong>Institut</strong>ionen<br />

zusammenzubringen. Solche Zusammenarbeiten<br />

national und international zu intensivieren,<br />

gehört zu den Leitbil<strong>der</strong>n des<br />

Deutschen Archäologischen <strong>Institut</strong>s. Zentrale<br />

Fragen <strong>der</strong> Menschheitsgeschichte zu<br />

beantworten, bedarf eben auch wissenschaftlicher<br />

Großbaustellen.<br />

Frie<strong>der</strong>ike Fless<br />

»<br />

Die Autorin, Prof. Dr. Frie<strong>der</strong>ike Fless,<br />

ist Präsidentin des Deutschen Archäologischen<br />

<strong>Institut</strong>s<br />

BAALBEK, URUK, DIE UKRAINE, ROM UND JERUSALEM<br />

– EINIGE DIESER MONUMENTALEN BAUVORHABEN,<br />

DIE IM DEUTSCHEN ARCHÄOLOGISCHEN INSTITUT<br />

UNTER SUCHT WERDEN, SIND GEGENSTAND UNSERES<br />

»<br />

TITEL THEMAS AUF DEN FOLGENDEN SEITEN.<br />

STANDPUNKT<br />

1 Der Jupitertempel in Baalbek<br />

im heutigen Libanon<br />

2 Das Heiligtum für die Göttin<br />

Inanna/Ischtar in Uruk<br />

3 Die Villa Castel Gandolfo<br />

des römischen Kaisers Domitian<br />

4 Das Herodium in <strong>der</strong> Nähe von Jerusalem<br />

32 _ ARCHÄOLOGIE WELTWEIT<br />

ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 33

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