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PDF der deutschen Version - Deutsches Archäologisches Institut

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Digitale Baustelle<br />

Nun kann ja jemand argumentieren: Ich<br />

habe meine Daten, ich werde in meinem<br />

Fach verstanden, das reicht doch …<br />

analoger Form vorliegen und nun digitalisiert<br />

werden, damit sie international zur<br />

Verfügung stehen.<br />

INTERVIEW<br />

Prof. Dr. Reinhard Förtsch ist<br />

Wissenschaftlicher Direktor für<br />

Informationstechnologien an<br />

<strong>der</strong> Zentrale des DAI über das DFGgefördete<br />

Projekt IANUS.<br />

Der digitale Systemumbruch hat auch<br />

vor <strong>der</strong> Archäologie nicht haltgemacht.<br />

Doch die Erweiterung des wissenschaftlichen<br />

Horizonts bringt auch eine<br />

exponentiell gestiegene Menge an –<br />

digitalen – Daten mit sich. Wie<br />

bekommt man so etwas in den Griff?<br />

REINHARD FÖRTSCH<br />

… dazu kommt ja auch noch, dass die Arbeitsgebiete<br />

in <strong>der</strong> Archäologie und den<br />

Altertumswissenschaften außerordentlich<br />

vielfältig sind und sehr heterogene Daten<br />

hervorbringen: Wir haben es mit Texten<br />

und kunsthistorischen Analysen zu tun,<br />

mit Knochen, Scherben und Statuen o<strong>der</strong><br />

auch mit großangelegten Regionalstudien<br />

Interview mit Reinhard Förtsch über Infor mationstechnologien<br />

in den Altertumswissen schaften<br />

und Landschaftsrekonstruktionen. Der erste<br />

Schritt, das in den Griff zu bekommen,<br />

ist ein rein kompilatorischer Vorgang. Es ist<br />

eine Datenwolke o<strong>der</strong> Cloud, in die zunächst<br />

die Daten so aufgenommen werden,<br />

wie sie sind, und zwar alle Arten von<br />

Daten, also auch unbearbeitete Quelldaten<br />

und sogar Zufallsdaten. Das wird die Quelldatenbasis.<br />

Das klingt unübersichtlich.<br />

Das ist es zu Beginn auch. Auf dieser dicken<br />

Wolkenschicht sitzt aber IANUS, das neue<br />

„Forschungsdatenzentrum Archäologie<br />

und Altertumswissenschaften“, konzipiert<br />

als Relais und als eine nationale und internationale<br />

Ressource, in <strong>der</strong> alle Fäden zusammenlaufen<br />

und die eine neue IT-Infrastruktur<br />

für die weltweite Vernetzung<br />

schafft. Die beson<strong>der</strong>e Herausfor<strong>der</strong>ung<br />

dabei ist, die heterogenen Daten so aufzubereiten,<br />

dass sie interoperabel sind, also<br />

miteinan<strong>der</strong> „sprechen“ können, und zwar<br />

(idealerweise) für sehr lange Zeit. In IANUS<br />

werden also die Daten an<strong>der</strong>s als in <strong>der</strong><br />

Cloud kuratiert.<br />

Wem steht IANUS zur Verfügung?<br />

IANUS bietet seine Dienstleistungen vorwiegend<br />

archäologischen und altertumswissenschaftlichen<br />

Hochschulen und <strong>der</strong>en<br />

Mitglie<strong>der</strong>n an, aber natürlich auch den Einrichtungen<br />

<strong>der</strong> Denkmalpflege, universitären<br />

Projekten im In- und Ausland o<strong>der</strong> für<br />

didaktische Zwecke in Schule o<strong>der</strong> Weiterbildung.<br />

IANUS, bzw. das DAI wird aber auch<br />

die zentrale Anlaufstelle für diejenigen <strong>Institut</strong>ionen<br />

sein, die die neue IT-Infrastruktur<br />

für die eigene Vernetzung nutzen möchten.<br />

150 Jahre lang haben die Altertumswissenschaften<br />

ohne IT gelebt und auch<br />

Daten produziert. Was geschieht mit<br />

denen?<br />

Die Traditionen <strong>der</strong> Wissensspeicherung<br />

sind so zahlreich wie die Systematiken, mit<br />

<strong>der</strong>en Hilfe das geschieht. Die Folgen sind<br />

komplex, weil aus den vielen gedachten<br />

und gewollten Übersichtlichkeiten die eine<br />

große Unübersichtlichkeit entsteht. In den<br />

Fototheken, Bibliotheken o<strong>der</strong> auch Nachlässen<br />

und Archiven überschneiden sich<br />

die Bestände gelegentlich, die Zuordnungen<br />

können nicht immer eindeutig sein.<br />

Viele dieser „alten“ Daten haben aber einen<br />

unschätzbaren Wert für die Forschung und<br />

müssen gesichert werden. Auch heute entstehen<br />

Unmengen von Daten zu ähnlichen<br />

Dingen in unähnlicher Weise – allein schon<br />

bei den vielen Grabungen und Surveys des<br />

DAI. Wir müssen versuchen, diese Inseldialekte<br />

in eine Art Esperanto für die dynamische<br />

Archivierung <strong>der</strong> wissenschaftlichen<br />

Arbeit zu verwandeln. Für Abfragen in Texten,<br />

das Textmining, wird es ein teilautomatisiertes<br />

Analyse-Instrument geben, das<br />

nach Mustern sucht und so einzelne Daten<br />

sinnvoll aufeinan<strong>der</strong> beziehen kann.<br />

Wieviel neue Grammatik muss man mit<br />

dem digitalen Esperanto dazulernen?<br />

Mit <strong>der</strong> „Übersetzung“ in digitale Sprachen<br />

werden natürlich auch Ordnungen neu gesetzt,<br />

alte Kategorien werden durch neue<br />

ersetzt. Das gilt für Vokabeln ebenso wie<br />

für grammatische Strukturen. Wir sortieren<br />

nicht mehr nur nach „Skulptur“, „Bild“,<br />

„Vase“, „Heiligtum“, „Grab“ ..., son<strong>der</strong>n auch<br />

nach den Kontexten, in denen all dies in<br />

einer bestimmten Kultur zu einer bestimmten<br />

Zeit aufeinan<strong>der</strong> bezogen existierte.<br />

Das heißt zum Beispiel zu ermitteln, welche<br />

Daten mit einem bestimmten Objekt,<br />

einer Person o<strong>der</strong> einem Gebäude verbunden<br />

sind, und – wichtiger noch – in welcher<br />

Form daraus quantifizierbare Dynamiken,<br />

die sich in Zeit und Raum vollziehen,<br />

ablesbar und darstellbar werden.<br />

Archäologische und altertumswissenschaftliche<br />

Daten sollen also in einer<br />

zentralen Service-Einrichtung zusammenlaufen.<br />

Gibt es keine Bedenken in<br />

<strong>der</strong> Community?<br />

Natürlich müssen wir an einigen Stellen<br />

noch Überzeugungsarbeit leisten. Tatsächlich<br />

ist die Bereitschaft <strong>der</strong> meisten <strong>Institut</strong>ionen<br />

und Personen, sich an dem Projekt<br />

zu beteiligen, sehr groß, da ihnen nun ein<br />

Ort zur Verfügung steht, an dem sie ihre<br />

Daten sicher hinterlegen können. Wir sehen<br />

uns in <strong>der</strong> Tat in erster Linie als Service-<br />

Einrichtung.<br />

Wir leben schon lang in einer international<br />

vernetzten Welt. Wir alle leben von Kooperationen;<br />

das DAI tut dies in beson<strong>der</strong>er<br />

Weise. Die gemeinsame Arbeit in unseren<br />

Gastlän<strong>der</strong>n verpflichtet uns, die gemeinsam<br />

erhobenen Daten auch allen zugänglich<br />

machen. Dies gilt auch und insbeson<strong>der</strong>e<br />

für ältere Daten, die bislang nur in<br />

Wie verläuft insgesamt <strong>der</strong> digitale<br />

Systemumbruch in <strong>der</strong> Archäologie?<br />

Der Prozess läuft sehr gut. Wichtig ist zu<br />

vermitteln, dass IT eine Schlüsseltechnologie<br />

und damit eine Querschnittaufgabe ist,<br />

die nicht von den normalen Arbeitsprozessen<br />

abgekoppelt werden kann. <br />

© artefacts-berlin.de<br />

INTERVIEW<br />

24 _ ARCHÄOLOGIE WELTWEIT<br />

ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 25

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