Dokumentation zum Längsschnittdatensatz - Wirtschaftspädagogik ...

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8 2. Chancen I: 1. Längsschnittstufe 2.1 Fragestellung Thema der ersten Stufe des Längsschnitts durch Bildungs- und Erwerbslebensverlauf der nordrhein-westfälischen Kohorte des Übergangsjahrgangs 1971 – weit überwiegend sind das 1961 Geborene – war der im Diskurs der Bildungsreformen der 60er Jahre breit diskutierte Übergang von der Grundschule in die Sekundarstufe I. Es waren v.a. auch wirtschaftspolitische Überlegungen im Kontext der OECD-Humankapitaldiskussion dieser Jahre, die die Ausschöpfung von „Bildungsreserven“ forderten – deren Chancen und Wege empirisch ausgelotet werden sollten. Nicht zuletzt diese ökonomischen Überlegungen und die sozialstaatlich begründeten Forderungen nach Chancengleichheit in einer traditionell ungleiche Startchancen bietenden Gesellschaft hatten zur sukzessiven Aufhebung der bis in die 50er, 60er Jahre hinein üblichen Aufnahmeprüfungen geführt, die letztlich nur bestehende Startvorsprünge zu zementieren schienen und eben nicht die Ausschöpfung des vorhandenen Potenzials beförderte. Dennoch blieben die Übergänge aus der Arbeiterschaft, die in Nordrhein-Westfalen immerhin die Hälfte der Erwerbsbevölkerung stellte, bemerkenswert gering. Was waren die Ursachen hierfür? Der Landesregierung war die Antwort auf die bildungspolitisch brisante Frage die Vollfinanzierung eines breit angelegten Forschungsprojekts wert. Zielgruppe der Primärforscher der Forschungsstelle (Axel Bolder und Dieter Fröhlich) waren die in die Entscheidungsprozesse vor den Statuspassagen an den Nahtstellen involvierten Eltern aus der Arbeiterschaft. Die Eltern der Nicht-Arbeiter-Kinder sollten als Kontrollgruppe in die als regionale Vollerhebungen konzipierte Untersuchung einbezogen werden; die regionalen Streuungen sollten die landschaftlich unterschiedlichen (Sub-)Strukturen und (Sub-)Kulturen kontrollieren. 2.2 Erhebungsschwerpunkte Im Schuljahr 1971/72 wurden die Eltern von zu diesem Zeitpunkt etwa zehnjährigen Viertklässlern des Vorjahres zur Schulwahl beim Übergang in die Sekundarstufe I befragt. Das Fragenprogramm lässt sich grob in zwei Gruppen unterteilen (Übersicht 2). Zum einen wurden sehr ausführlich Informationen zum sozialen Milieu der Herkunftsfamilie erhoben. Dazu gehören u.a. Informationen zum Beruf und zur Ausbildung der Großeltern, der befragten Eltern und der Geschwister. Um das soziale Milieu, in das die Familie eingebettet war, genauer zu erfassen, wurden darüber hinaus Daten zu den Verkehrskreisen der Familie erhoben, darunter Informationen zu Bildung und Berufstätigkeit von Freunden und Bekannten, zu denen besonders häufige Kontakte bestehen, schließlich zu
9 lokaler Integration und Ortsbezogenheit resp. geographischer Mobilität. Zum Fragenkomplex sozialer Integration und Partizipation gehören dann Einstellungsfragen zu sozialer Selbstverortung, zu Arbeit und Beruf, zu Bildung und Aufstiegsmöglichkeiten. Übersicht 2: Im Datenmaterial abgedeckte Themenschwerpunkte der ersten Längsschnittstufe (1971/72) • Soziales Milieu der Herkunftsfamilie ° Großeltern: Bildungsabschlüsse, Beruf ° Geschwister: Alter, Anzahl, Schulbesuch, Berufsausbildung ° Eltern: • Alter, Familienstand • Bildungsabschlüsse • Informationen zum Beruf (u.a. Berufsausbildung, frühere und aktuelle Tätigkeit, Arbeitsverhältnis, Einkommen, Selbstwahrnehmung Prestige) • Regionale Mobilität, Ortsbezogenheit und lokale Integration • Einstellungen (u.a. soziale Selbstverortung, zu Bildung, Arbeit, Beruf, Aufstieg, Politischer Partizipation etc.) • Verkehrskreise: Beruf, Bildung, Kontakthäufigkeit • Hintergründe der Schulwahl ° Gründe der Entscheidung ° Gewissheit der Entscheidung: wie lange sie schon feststand, Erwägung von Alternativen, Beratung mit signifikanten Anderen ° Informiertheit über alternative Schulformen und Studium ° Schulweg: Dauer, Entfernung, Verkehrsmittel, Zumutbarkeit ° Kontakte mit Lehrern, Mitarbeit in der Schulpflegschaft ° Informiertheit über Ausbildungswege und Berufe, Möglichkeiten der Ausbildungsfinanzierung ° Aspirationen: Berufswünsche fürs Kind, richtiger Zeitpunkt für den Berufseintritt, Wechsel der Schulform bei Begabung Zweitens wurde eine Reihe von Fragen gestellt, die sich konkret auf die Hintergründe der Schulwahl beziehen. Dabei wurden nicht nur die Gründe für die je getroffene Entscheidung direkt erfragt, sondern u.a. auch Fragen zu den Aspirationen für das Kind gestellt, zu Gewissheit und Fraglosigkeit, mit der die Entscheidung getroffen wurde, zu Kontakten mit Lehrern, zum Grad der Informiertheit der Eltern über schulische Alternativen und über Ausbildungswege und Berufe.
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