Dokumentation zum Längsschnittdatensatz - Wirtschaftspädagogik ...
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1. Das Längsschnittprojekt "Chancenzuweisung durch Ausbildung"<br />
Konzipiert und durchgeführt wurde das Projekt "Chancenzuweisung durch Ausbildung" in der 1969<br />
von René König im Forschungsinstitut für Soziologie der Universität zu Köln gegründeten Forschungsstelle<br />
"Institut für Berufsforschung", die im weiteren Verlauf bis zur Schließung im Jahre<br />
2004 als unabhängiges Forschungsinstitut unter dem Namen "ISO Institut zur Erforschung sozialer<br />
Chancen (Berufsforschungsinstitut)" in Köln ansässig war. Das Projekt "Chancenzuweisung" kann<br />
als ein typisches Kind des sozial-liberalen Aufbruchs in eine am Sozialstaatsgebot orientierte Politik<br />
der Chancengleichheit zu Beginn der 70er Jahre angesehen werden. Untersuchungsgegenstand<br />
war und ist der Prozess der Zuweisung von Ausbildungs-, Berufs- und damit letztlich Lebenschancen.<br />
Ausgehend von der Erkenntnis, dass sich dieser Prozess auf den gesamten Lebensverlauf bezieht,<br />
war die Untersuchung von Anfang an als Längsschnittuntersuchung konzipiert. Der Ausbildungs-<br />
und Berufsverlauf sollte an den wichtigsten institutionalisierten Nahtstellen (Statuspassagen)<br />
erhoben werden. Diese Passagen bestimmen – ähnlich wie Weichen – den weiteren Lebensweg<br />
in entscheidendem Maße; in Deutschland bedeutend definitiver als anderswo. Typische Nahtstellen<br />
waren seinerzeit – und sind im Wesentlichen auch Anfang des 21. Jahrhunderts noch – der<br />
Übergang von der Grundschule zur weiterführenden Schule, die Weichenstellung am Ende der Sekundarstufe<br />
I in die Sekundarstufe II, Berufsausbildung und Erwerbsleben, ca. drei Jahre später die<br />
Trennung zwischen schon Erwerbstätigen und Studierenden, die Art der Integration ins Erwerbsleben<br />
um die Lebensmitte herum und schließlich Art und Weise des Übergangs in den Ruhestand<br />
(Übersicht 1).<br />
Zentrales Ziel des Längsschnitts waren und sind Deskription und Analyse des Effektes der sozialen<br />
Herkunft auf Bildungsprozesse, deren Kumulation im weiteren Lebensverlauf und ihr Einfluss auf<br />
die Weichenstellung. Neben der Untersuchung der Auswirkungen solcher „vertikalen“ Disparitäten<br />
auf Ausbildungs- und Berufsverlauf standen immer auch „horizontale“ Disparitäten, d.h. z.B. regionalstrukturell<br />
und -kulturell unterschiedliche Bildungs-, Ausbildungs- und Berufschancen, im Mittelpunkt<br />
des Interesses – um so die Zusammenhänge zwischen regionalen Wirtschaftsstrukturen,<br />
Ausbildungs- und Arbeitsmärkten, regional differenziellen Bildungs- und Meinungsklimata und<br />
den Lebensverläufen herausarbeiten zu können. Deshalb wurden in einem mehrstufigen Verfahren<br />
fünf Regionen Nordrhein-Westfalens ausgewählt, die sich hinsichtlich ihrer infrastrukturellen Ausstattung,<br />
ihrer Wirtschaftsstruktur und der sozialen Zusammensetzung ihrer Bevölkerung deutlich<br />
unterschieden (Bolder 1978, 235-256).