aktuell Nr. 38 vom 30.09.2013 ( PDF , 1,0 MB) - Bundeswehr
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D 8512<br />
49. Jahrgang <strong>Nr</strong>. <strong>38</strong> Montag, 30. September 2013<br />
NAChriChteN<br />
poLitik<br />
Friede um jeden Preis<br />
Mit dem Münchener Abkommen<br />
erreichte die Appeasement-Politik<br />
der Westmächte vor 75 Jahren<br />
ihren Höhepunkt. Seite 4<br />
buNDeSwehr<br />
Nach dem Hochwasser<br />
Der erste Kommandeur des Kommandos<br />
Territoriale Aufgaben der<br />
<strong>Bundeswehr</strong>, Generalmajor Wiermann,<br />
im Interview. Seiten 6/7<br />
MiLitÄrGeSChiChte<br />
40 Jahre Jom-Kippur<br />
Der überraschende Angriff Ägyptens<br />
und Syriens bringt Israel im<br />
Oktober 1973 an den Rand der<br />
Niederlage. Seite 9<br />
Sport<br />
Titel verteidigt<br />
Das <strong>Bundeswehr</strong>-Team siegt bei<br />
der NATO-Schachmeisterschaft<br />
in Polen mit komfortablem Vorsprung.<br />
Seite 10<br />
Die buNDeSwehr iM iNterNet<br />
Homepage der <strong>Bundeswehr</strong>:<br />
www.bundeswehr.de<br />
Bundesministerium<br />
der Verteidigung<br />
Das Ministerium im Internet:<br />
www.bmvg.de<br />
<strong>Bundeswehr</strong> auf YouTube:<br />
www.youtube.com/bundeswehr<br />
<strong>Bundeswehr</strong> auf Twitter:<br />
www.twitter.com/bundeswehrInfo<br />
<strong>Bundeswehr</strong>-Fotos auf flickr:<br />
www.flickr.com/photos/<br />
augustinfotos<br />
www.wirdienendeutschland.de<br />
Sanitäter üben multinational<br />
Bei der Übung „Vigorous Warrior“ proben Sanitätskräfte aus elf Nationen gemeinsam den Ernstfall.<br />
Multinational aufgestellt: Sanitätssoldaten verschiedener Nationen bergen einen Verwundeten.<br />
von Uwe Henning<br />
Feldkirchen. “Vigorous Warrior“<br />
– in etwa „Entschlossener<br />
Krieger“ – lautete der Name der<br />
multinationalen Übung, an der<br />
<strong>vom</strong> 16. bis 27. September etwa<br />
600 Soldaten aus elf Nationen<br />
teilnahmen. Bei „Vigorous Warrior<br />
2013” präsentierten die beteiligten<br />
Kräfte eine gemeinsame<br />
Rettungskette. Ganz wesentliches<br />
Ziel dabei ist das Verschmelzen<br />
nationalitätsspezifischer Systeme<br />
zu einem großen gemeinsamen<br />
Verband.<br />
„Wir haben es hier mit unterschiedlichen<br />
Sprachen, Standards<br />
und medizinischen Fähigkeiten<br />
zu tun”, sagt Flottenarzt Andreas<br />
Dierich. Er leitete die Übung<br />
und musste die unterschiedlichen<br />
Sichtweisen und Interessen der<br />
einzelnen Nationen unter einen<br />
Hut bringen.<br />
Im Vorfeld der Übung wurde<br />
im NATO-Rahmen ein Konzept<br />
für die sanitätsdienstliche<br />
Behandlungsebene „Role 2“<br />
erstellt. Mit dem Begriff ist die<br />
erste notfallchirurgische Versorgung<br />
gemeint. „Unsere Aufgabe<br />
ist es, dieses Konzept zu testen”,<br />
so Dierich.<br />
Rein äußerlich ist dem in der<br />
Gäuboden-Kaserne aufgebauten<br />
Rettungszentrum nur an wenigen<br />
Stellen anzusehen, dass hier<br />
elf Nationen Personal und Material<br />
gestellt haben. Lediglich das<br />
futuristisch anmutende Dekontaminationszelt<br />
der Italiener fällt<br />
optisch etwas aus dem Rahmen.<br />
Ein Blick in die Zelte zeigt aber<br />
wieder die viel gepriesene Multinationalität.<br />
In der Aufnahme sitzen<br />
ein niederländischer und ein<br />
ungarischer Triage-Arzt. Sie sind<br />
es, die im Ernstfall entscheiden<br />
müssen, in welcher Reihenfolge<br />
die antransportierten Verwundeten<br />
zu behandeln sind.<br />
Wenige Schritte weiter betreiben<br />
Italiener und Ungarn den<br />
Schockraum, während Deutsche<br />
und Niederländer die Patienten<br />
in der Pflegestation betreuen.<br />
Foto: <strong>Bundeswehr</strong><br />
Foto: Bannert/Sanitätsdienst <strong>Bundeswehr</strong><br />
Oberfeldwebel Johannes Oswald<br />
findet Gefallen an der grenzüberschreitenden<br />
Zusammenarbeit<br />
mit den niederländischen Kameraden.<br />
„Wir tauschen uns über die<br />
Ausbildung und medizinisches<br />
Equipment aus.” So kann jeder<br />
von den anderen lernen.<br />
„Natürlich hakt es noch an<br />
einigen Ecken und Kanten”,<br />
sagt Dierich. So war beispielsweise<br />
der Anschluss des italienischen<br />
Operationscontainers<br />
an das deutsche Zeltsystem sehr<br />
schwierig. Medizinische Proben<br />
konnten in dem italienischen<br />
Laborcontainer nicht ausgewertet<br />
werden. Probengefäße und Labortechnik<br />
waren nicht kompatibel.<br />
„Viele Probleme können wir<br />
aber mit Bordmitteln lösen”, resümiert<br />
der Übungsleiter.<br />
Doch die Übung ist nur ein<br />
Schritt in Richtung zu einer<br />
multinationalen Medical Task<br />
Force. Für den Flottenarzt ist es<br />
ein „Konzept-Testing”. Arbeitsprozesse<br />
und Ausstattung müssen<br />
miteinander abgestimmt werden,<br />
um eine gesicherte Qualität der<br />
medizinischen Versorgung zu<br />
garantieren. Verständlicherweise<br />
sind da nicht alle Nationen auf<br />
einem Stand.<br />
Dierich braucht bei den zahlreichen<br />
Besprechungen deshalb<br />
vor allem Fingerspitzengefühl.<br />
„Befehl und Gehorsam funktionieren<br />
nicht im internationalen<br />
Rahmen. Nur mit Feedback,<br />
Überzeugung und Motivation<br />
kommen wir gemeinsam Schritt<br />
für Schritt weiter.”<br />
er hat sie (fast) alle gehabt: Von Saarbrücken<br />
über bremen, Dortmund und München, berlin<br />
und sogar Griechenland. „könig otto“ r ehhagel<br />
ist einer der erfolgreichsten Fußballtrainer<br />
Deutschlands und europas. in der vorvergangenen<br />
woche hat er aber keine profis, sondern<br />
die Auswahl des 35. deutschen einsatzkontingentes<br />
kFor trainiert. Für die Soldaten war<br />
das Üben mit der trainerlegende natürlich eine<br />
besondere erfahrung. höhepunkt des besuchs<br />
von „rehakles“ im kosovo war ein Match gegen<br />
den kosovarischen Zweitligisten „kF Liria“. Nach<br />
anfänglich drückender Überlegenheit der profis<br />
kam die bundeswehr-Auswahl zurück und<br />
erkämpfte schließlich ein 3:3 unentschieden.<br />
Später besuchte rehhagel auch die Soldaten<br />
im „Camp Cabra“. Von den Leistungen der Soldaten<br />
im einsatz zeigte sich der 75-Jährige tief<br />
beeindruckt.<br />
(eb)
2 <strong>aktuell</strong> intern 30. September 2013<br />
iMPreSSUM<br />
ZitAt<br />
eDitOriAL<br />
Herausgeber und verantwortlich für den Inhalt:<br />
Bundesministerium der Verteidigung<br />
Presse- und Informationsstab<br />
Stauffenbergstraße 18, 10785 Berlin<br />
Redaktionsanschrift:<br />
<strong>Bundeswehr</strong> <strong>aktuell</strong><br />
Oberspreestraße 61 L, 12439 Berlin<br />
Telefon: (0 30) 67 94 - App<br />
Fax: (0 30) 67 94 - 20 65, BwFw 82 00<br />
E-Mail: <strong>aktuell</strong>@bundeswehr.de<br />
Chefredakteur:<br />
Oberstleutnant Frank Pflüger (fpf, App: 20 39)<br />
Stellvertreter und Redakteur Streitkräfte:<br />
Major Torsten Sandfuchs-Hartwig (tsh, App: 20 <strong>38</strong>)<br />
Redakteur Politik:<br />
Markus Tiedke (mat, App: 20 55)<br />
Sport und Vermischtes:<br />
Hauptmann Martin Gärtner (mag, App: 20 40)<br />
Chef <strong>vom</strong> Dienst:<br />
N.N.<br />
Redaktionelle Mitarbeit:<br />
Eva Pfaender (ep, App: 20 37)<br />
<strong>aktuell</strong> als E-Paper und im pdf-Format:<br />
Auf www.bundeswehr.de abrufbar<br />
Satz:<br />
Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz<br />
und Dienstleistungen der <strong>Bundeswehr</strong>,<br />
DL I 4 Zentraldruckerei Köln/Bonn<br />
Intranet: http://zentraldruckerei.iud<br />
Druck:<br />
Axel Springer AG, Druckhaus Spandau<br />
Brunsbütteler Damm 156 – 172, 13581 Berlin<br />
Erscheinungsweise:<br />
Wöchentlich montags<br />
Auflage:<br />
52 000 Exemplare<br />
Verteilung innerhalb der <strong>Bundeswehr</strong>:<br />
Streitkräfteamt, Abt. I – Informations- und Medienzentrale<br />
der <strong>Bundeswehr</strong> – Info-Service<br />
Alte Heerstraße 90, 53757 Sankt Augustin<br />
Telefon: (0 22 41) 15-1 (Vermittlung)<br />
E-Mail: Medienvertrieb@bundeswehr.org<br />
ISSN: 1618-9086<br />
Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Filme, Fotos<br />
und Zeichnungen wird keine Gewähr übernommen.<br />
Namensbeiträge geben die Meinung des Verfassers<br />
wieder. Sie entsprechen nicht unbedingt der Auffassung<br />
der Redaktion oder des BMVg. Nachdruck nur mit<br />
Genehmigung der Redaktion. Leserbriefe per E-Mail<br />
werden nur mit wirklichem Namen und Adresse berücksichtigt,<br />
außerdem behält sich die Redaktion das<br />
Recht auf Kürzung vor.<br />
„Ich war früher regelmäßig dort, vor allem<br />
als Kind mit meiner Familie. Es ist alles ein<br />
bisschen verrückt, aber irgendwie hat es auch<br />
seinen Reiz.“<br />
Bayern-Stürmer Mario Mandzukic am vergangenen Montag über<br />
das Münchner Oktoberfest in einem Interview.<br />
KALenDerBLAtt<br />
Vor 25 Jahren: Am 1. Oktober 1988 gewinnt Steffi Graf bei den<br />
Olympischen Sommerspielen in der südkoreanischen Hauptstadt<br />
Seoul im Damentennis mit 6:3 und 6:3 gegen die Argentinierin<br />
Gabriela Sabatini nicht nur die Goldmedaille, sondern in Kombination<br />
mit dem Grand Slam als erste Sportlerin auch den so genannten<br />
Golden Slam.<br />
Vor 55 Jahren: Am 1. Oktober 1958 nimmt der US-amerikanische<br />
Rock‘n‘Roll-Weltstar Elvis Presley in einer US-Kaserne der hessischen<br />
Gemeinde Friedberg seinen Wehrdienst auf.<br />
Vor 110 Jahren: Am 1. Oktober 1903 erhält Reinhold Burger in<br />
Deutschland ein Patent auf die von ihm erforschte Isolierkanne. Ab<br />
dem Jahr 1920 werden Thermoskannen als Produkt serienweise hergestellt.<br />
Vor 330 Jahren: Am 6. Oktober 1683 gründen 13 Familien der<br />
Mennonitengemeinde aus Krefeld in der Nähe von Philadelphia die<br />
erste offizielle deutsche Siedlung in Nordamerika: Germantown.<br />
Vor 405 Jahren: Am 2. Oktober 1608 legt der Brillenmacher Hans<br />
Lipperhey in der Republik der Sieben Vereinigten Niederlande dem<br />
Rat von Zeeland das erste Fernrohr vor.<br />
(eb)<br />
Die heutige Ausgabe ist die letzte,<br />
die ich als Chefredakteur zu verantworten<br />
habe. Damit endet nach<br />
mehr als sechs Jahren die längste<br />
Verwendung, die ich jemals<br />
innerhalb der <strong>Bundeswehr</strong> inne<br />
hatte. Für einen Truppenoffizier<br />
eine lange Zeit und doch kommt<br />
es mir vor, als wäre ich erst vor<br />
Kurzem mit dieser Aufgabe<br />
beauftragt worden. Denn die<br />
wöchentliche Erscheinensweise<br />
der Zeitung <strong>aktuell</strong> erlaubte der<br />
Redaktion so gut wie keine Verschnaufpausen.<br />
Das kleine Team<br />
agierte hierbei immer unter der<br />
Devise, sowohl <strong>aktuell</strong>e Themen<br />
im Blatt als auch den Facettenreichtum<br />
der <strong>Bundeswehr</strong> im<br />
Blick zu haben. Und hier spielte<br />
es keine Rolle, ob die Themen<br />
militärischer oder ziviler Natur<br />
waren: Beides macht die <strong>Bundeswehr</strong><br />
aus.<br />
Die 302 <strong>aktuell</strong>-Ausgaben<br />
unter meiner Ägide waren mir<br />
aber nur möglich dank einem<br />
Team, das mich mit vollem Engagement,<br />
großem Ideenreichtum,<br />
noch größerer Flexibilität und<br />
Nervenstärke, aber auch einem<br />
hohen Maß an Frusttoleranz<br />
unterstützte. Ein Spirit, den ich<br />
im August 2007 in der Redaktion<br />
vorgefunden habe und der trotz<br />
mehrerer personeller Wechsel<br />
bis zum heutigen Tag anhält.<br />
Diese professionelle<br />
Einstellung<br />
wird<br />
auch zukünftig<br />
die Basis<br />
dafür sein,<br />
d a m i t S i e<br />
jede Woche<br />
eine <strong>aktuell</strong>e<br />
und abwechslungsreiche Zeitung<br />
– Ihre Zeitung – in Händen halten<br />
können.<br />
In diesem Kontext ist aber auch<br />
das Druckhaus zu nennen, das<br />
die <strong>aktuell</strong> in den vergangenen<br />
viereinhalb Jahren auf Papier<br />
gebracht hat. Denn viele Ideen<br />
wie Einleger, großformatige<br />
Poster oder das neue Tabloid-<br />
Format waren der Redaktion<br />
nur dank der ergebnisorientierten<br />
Unterstützung dieser Mitarbeiter<br />
möglich.<br />
Zukünftig wird mein bisheriger<br />
Stellvertreter, Major<br />
Torsten Sandfuchs-Hartwig, als<br />
so genannter Produktverantwortlicher<br />
die Zeitung federführend<br />
betreuen und in die neue Zentralredaktion<br />
der <strong>Bundeswehr</strong> überführen.<br />
Bei ihm weiß ich das Blatt<br />
in guten Händen, so dass ich mit<br />
ruhigem Gewissen sagen kann:<br />
<strong>aktuell</strong>, ich melde mich ab!<br />
Frank Pflüger<br />
Chefredakteur<br />
BiLD Der WOCHe<br />
Stellt seine Unterwasserfahrfähigkeit unter Beweis: Der Kampfpanzer „Leopard 2“ bei der Vorbereitung zur informations- und Lehrübung (iLÜ).<br />
Foto: Wilke/<strong>Bundeswehr</strong>
30. September 2013 miniSterium / HinterGrunD <strong>aktuell</strong> 3<br />
Nachwuchs verabschiedet<br />
Angehende Generalstabsoffiziere nehmen im Beisein des Generalinspekteurs Zeugnisse in Empfang.<br />
von Jürgen Bredtmann<br />
Hamburg. Der Generalinspekteur<br />
der <strong>Bundeswehr</strong>, General<br />
Volker Wieker, hat am vergangenen<br />
Donnerstag an der Führungsakademie<br />
in Hamburg<br />
die Teilnehmer der Nationalen<br />
Generalstabsdienstausbildung<br />
(LGAN) mit verabschiedet. Unter<br />
dem Motto „Meines ist beides:<br />
Rat und Tat“ hatte die angehenden<br />
Generalstabs- und Admiralstabs<br />
offiziere seit 2011 gemeinsam<br />
mit Stabsoffizieren aus NATOoder<br />
EU-Staaten an der Führungsakademie<br />
für ihre künftigen Aufgaben<br />
gelernt.<br />
„Wenn Sie Charakter und<br />
gesunden Menschenverstand zur<br />
persönlichen Maxime und zum<br />
Maßstab Ihres Handelns machen,<br />
werden Sie als Soldat und Offizier<br />
erfolgreich bestehen“, gab General<br />
Wieker den Lehrgangsteilnehmern<br />
mit auf den Weg. Zugleich<br />
wies er auf die Umbrüche hin,<br />
die sich in den vergangenen zwei<br />
Jahren Lehrgangsdauer ergeben<br />
hatten.<br />
Die jungen Absolventen kehrten<br />
in Streitkräfte zurück, die sich<br />
im Umbruch befänden. Diesen<br />
Umbruch, der auf solider Grundlage<br />
stehe, gelte es mitzugestalten.<br />
Dabei stehe der Mensch im Mittelpunkt,<br />
so Wieker. Die Absolventen<br />
würden gebraucht und sähen die<br />
Streitkräfte heute mit einer demografischen<br />
Entwicklung konfrontiert,<br />
die lehre, „dass Jeder, der zu<br />
uns kommt, kostbar ist.“<br />
Wieker warb dafür, sich durch<br />
Vorbild und Umgang mit den<br />
anvertrauten Menschen Autorität<br />
zu erwerben. „Als Vorgesetzte<br />
müssen wir erfahrbar bleiben.<br />
Authentisch in unseren Stärken<br />
und Schwächen, zum Anfassen<br />
und auch zum Anlehnen. Als<br />
Mensch und nicht als Instanz“, so<br />
der oberste Soldat der <strong>Bundeswehr</strong>.<br />
Einige Soldaten wurden ausgezeichnet.<br />
Zunächst wurde Major<br />
Andreas Bleek als Lehrgangsbestem<br />
der General-Heusinger-Preis<br />
verliehen. Nach einer Laudatio<br />
durch den Lehrgangsleiter, Kapitän<br />
zur See Götz Meiert, überreichte<br />
die Tochter des Preisstifters,<br />
Ada Guntrum-Heusinger,<br />
den Preis.<br />
Den Manfred-Wörner-Preis als<br />
bester internationaler Lehrgangsteilnehmer<br />
erhielt Korvettenkapitän<br />
Jonas Hard af Segerstad<br />
aus Schweden. Die Clausewitz-Medaille<br />
und die Clausewitz-Urkunde<br />
erhielten Major<br />
Sebastian Grumer sowie Major<br />
Noe-Noel Uchida aus Frankreich.<br />
Die Majore Thomas Steinmetz<br />
und Manfred Schwiebert wurden<br />
mit dem Zukunftspreis der<br />
Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik<br />
geehrt.<br />
Der Festakt wurde durch das<br />
Marinemusikkorps Nordsee<br />
künstlerisch umrahmt. Mit der<br />
gemeinsam von den Anwesenden<br />
gesungenen Nationalhymne endete<br />
der Festakt. Beim anschließenden<br />
Empfang bestand für die Lehrgangsteilnehmer,<br />
Lehrpersonal<br />
und Gäste noch einmal Gelegenheit,<br />
sich untereinander auszutauschen.<br />
Bereits am Montag werden<br />
die jungen Kameraden in ihren<br />
neuen Dienststellen erwartet.<br />
Kossendey zu Gesprächen in Montenegro<br />
Staatssekretär spricht montenegrinischen Partnern Anerkennung auf ihrem Weg zur NATO aus.<br />
Podgorica. Der Parlamentarische<br />
Staatssekretär beim Bundesminister<br />
der Verteidigung<br />
Thomas Kossendey ist in der<br />
vorvergangenen Woche zu militärpolitischen<br />
Gesprächen nach<br />
Montenegro gereist. Bei seinem<br />
zweitägigen Aufenthalt sprach er<br />
in der Hauptstadt Podgorica unter<br />
anderem mit Verteidigungsministerin<br />
Milica Pejanovic-Durišic.<br />
Ein weiterer Gesprächspartner<br />
war der stellvertretene Premier-<br />
und Außenminister Igor<br />
Lukšic. Ferner stand ein Treffen<br />
mit Nebojša Kaluderovic, dem<br />
nationalen Koordinator Montenegros<br />
für die NATO, auf dem<br />
Besuchsprogramm des Staatssekretärs.<br />
Montenegro strebt – seit Erlangung<br />
seiner Unabhängigkeit am<br />
3. Juni 2006 – eine Aufnahme<br />
in die NATO und in die Europäische<br />
Union an. Am 29. Juni<br />
2012 wurden die EU-Beitrittsverhandlungen<br />
mit dem Balkanstaat<br />
aufgenommen.<br />
Für die Regierung Montenegros<br />
hat der rasche Beitritt in die NATO<br />
Geschafft: Lehrgangszeugnisse für die Absolventen gibt es aus der Hand des Generalinspekteurs.<br />
hohe Priorität. Seit 2009 befindet<br />
sich das Land im MAP, dem<br />
Aktionsplan zur Mitgliedschaft<br />
(Membership Action Plan). Dieser<br />
besagt, dass die Kandidaten<br />
der NATO jedes Jahr ein aktualisiertes<br />
nationales Jahresprogramm<br />
vorlegen müssen, das<br />
alle fünf „Kapitel“ des MAP<br />
abdeckt. Darin geht es um politische<br />
und wirtschaftliche Fragen,<br />
um Verteidigung und militärische<br />
Gesichtspunkte sowie Res-<br />
sourcen, Sicherheitsaspekte und<br />
rechtliche Themen.<br />
Kossendey bestärkte seine<br />
Gesprächspartner darin, dass<br />
Montenegro seinen Weg in die<br />
euro-atlantische Integration weitergeht<br />
und sprach große Anerkennung<br />
für die bisher geleistete<br />
Arbeit aus. Ein weiterer Schwerpunkt<br />
der Gespräche war Afghanistan.<br />
Montenegro engagiert sich<br />
im Rahmen der internationalen<br />
ISAF-Mission derzeit mit knapp<br />
Die Zukunft im Blick: Kossendey und Verteidigungsministerin<br />
Pejanovic-Durisic im Gespräch.<br />
Foto: Verteidigungsministerium Montenegro<br />
40 Soldaten. Die Mehrheit von<br />
ihnen ist in die ungarische Sicherungseinheit<br />
im Camp Marmal in<br />
Masar-i Sharif integriert. Weitere<br />
Soldaten befinden sich im Stab des<br />
Regionalkommandos Nord – dem<br />
deutschen Verantwortungsbereich<br />
in Afghanistan.<br />
Staatssekretär Kossendey würdigte<br />
ausdrücklich die erfolgreiche<br />
deutsch-montenegrinische Zusammenarbeit<br />
bei ISAF. Zukünftig<br />
wird es darum gehen, wie Engagement<br />
und Zusammenarbeit nach<br />
dem Ende der ISAF-Mission aussehen<br />
werden. Zunächst steht hier<br />
die Übergangsphase zur Resolute<br />
Support Mission im Fokus.<br />
Zum Abschluss besuchte Kossendey<br />
den zukünftigen deutschen<br />
Soldatenfriedhof in Danilovgrad.<br />
Dort informierte er sich<br />
über die geplante Gedenkstätte<br />
und das weitere Vorgehen. Die<br />
verantwortlichen Vertreter<br />
Montenegros zeigten sich zuversichtlich,<br />
dass nach Abschluss<br />
weiterer Maßnahmen die Einweihung<br />
im Oktober 2014 erfolgen<br />
kann.<br />
(pau)<br />
Foto: Twardy/FüAk Bw.<br />
Feier zum Einheitstag<br />
Stuttgart. Am 2. und 3. Oktober<br />
feiert die Bundesregierung<br />
die deutsche Wiedervereinigung<br />
mit einem großen Bürgerfest in<br />
Stuttgart. Dabei haben die Bürger<br />
die Gelegenheit, sich aus erster<br />
Hand über die <strong>aktuell</strong>e Politik<br />
zu informieren und Mitglieder<br />
des Kabinetts aus der Nähe zu<br />
erleben. Die Bundesregierung,<br />
das Bundespresseamt, der Kulturstaatsminister<br />
und der Beauftragte<br />
der Bundesregierung für<br />
Bürokratieabbau präsentieren<br />
sich zentral auf dem Schlossplatz<br />
am Neuen Schloss. Das Zelt<br />
der Bundesregierung ist für die<br />
Gäste am 2. Oktober von 11 bis<br />
20 Uhr und am 3. Oktober von<br />
10 bis 20 Uhr geöffnet. (eb)<br />
Personaländerungen<br />
Bonn. Zum 1. September wurden<br />
folgende Personalveränderungen<br />
wirksam: Generalmajor<br />
Thomas Johannes Wollny, Amtschef<br />
Streitkräfteamt, Bonn, trat<br />
in den Ruhestand. Sein Nachfolger<br />
wurde Brigadegeneral Werner<br />
Weisenburger, Verteidigungsattaché<br />
in Paris. Ihm folgte Brigadegeneral<br />
Hans-Dieter Poth, zuletzt<br />
General Flugsicherheit der <strong>Bundeswehr</strong><br />
im Kommando Unterstützungsverbände<br />
Luftwaffe.<br />
Brigadegeneral Franz-Reinhard<br />
Golks, Abteilungsleiter Planung<br />
im Kommando Streitkräftebasis,<br />
Bonn, wurde Stellvertretender<br />
Kommandeur Hauptquartier ISAF<br />
Joint Command in Kabul. Generalmajor<br />
Volker Halbauer, zurzeit<br />
im Einsatz als Kommandeur<br />
KFOR in Pristina, ist Kommandierender<br />
General des I. Deutsch-<br />
Niederländischen Korps, Münster.<br />
Generalmajor Georg Nachtsheim,<br />
Stellvertretender Kommandeur<br />
Headquarters NATO Rapid Deployable<br />
Corps in Lille, trat in den<br />
Ruhestand. Sein Nachfolger<br />
wurde Generalmajor Andreas<br />
Berg, Abteilungsleiter Einsatz<br />
im Kommando Heer. Ihm folgte<br />
Brigadegeneral Bernd Schütt,<br />
General der Panzertruppen und<br />
Kommandeur Ausbildungszentrum<br />
Munster. Neuer General der<br />
Panzertruppen und Kommandeur<br />
Ausbildungszentrum Munster<br />
wurde Brigadegeneral Andreas<br />
Marlow, Kommandeur Panzergrenadierbrigade<br />
41, Torgelow.<br />
Sein Nachfolger wurde Oberst<br />
i.G. Jürgen-Joachim Fritz von<br />
Sandrart, Referatsleiter II 1 in<br />
der Abteilung Strategie und Einsatz<br />
im Bundesministerium der<br />
Verteidigung, Berlin. Oberst i.G.<br />
Peter Klaus Klement, zurzeit in<br />
Vorbereitung auf seine Verwendung<br />
im Kommando Unterstützungsverbände<br />
Luftwaffe, Köln,<br />
wurde General Flugsicherheit<br />
der <strong>Bundeswehr</strong> im Kommando<br />
Unterstützungsverbände Luftwaffe.<br />
(eb)
4 <strong>aktuell</strong> politik / Hintergrund 30. September 2013<br />
Anschlag in Kaschmir<br />
Srinagar. Als Soldaten verkleidete<br />
Angreifer haben bei einem<br />
Überfall auf eine indische Polizeistation<br />
und einen Militärstützpunkt<br />
in der Kaschmir-Region mindestens<br />
neun Menschen getötet. Drei<br />
Kämpfer hatten am Donnerstag<br />
vergangener Woche zunächst die<br />
Polizeistation Hiranagar angegriffen.<br />
Danach fuhren sie zu<br />
einem nahegelegenen Armeestützpunkt,<br />
wo sie sich ein heftiges<br />
Feuergefecht mit Soldaten<br />
lieferten. Die indische Armee entsandte<br />
schließlich sogar Panzer,<br />
um gegen die Angreifer vorzugehen.<br />
Bei den Kämpfen um die<br />
Polizeistation starben fünf Polizisten<br />
und zwei Zivilisten, bei den<br />
Gefechten mit der Armee zwei Soldaten.<br />
Zu den Angriffen bekannte<br />
sich eine bisher unbekannte „Märtyrer-Brigade“.<br />
(fm/kl)<br />
Terrorwelle in Kenia<br />
nairobi. Kenia ist in der vergangenen<br />
Woche mehrfach zum<br />
Ziel von Anschlägen somalischer<br />
Terroristen geworden. Bereits am<br />
vorvergangenen Wochenende hatten<br />
schwerbewaffnete Islamisten<br />
der somalischen Al-Shabaab ein<br />
Einkaufszentrum in der Hauptstadt<br />
Nairobi überfallen. Bei der<br />
Schießerei und der anschließenden<br />
Geiselnahme sind möglicherweise<br />
mehr als 100 Menschen<br />
ums Leben gekommen. Offiziell<br />
bestätigt wurden bis Ende<br />
der Woche 72 Tote. Im Grenzgebiet<br />
zu Somalia kam es bei<br />
Überfällen auf einen Markt<br />
und eine Polizeistation zu drei<br />
Toten und mehreren Verletzten.<br />
Laut Al-Shabaab-Miliz sind<br />
die Anschläge Vergeltung für<br />
den Einmarsch kenianischer<br />
Truppen in das Bürgerkriegsland<br />
2011.<br />
(ltr/hn)<br />
Krawalle im Sudan<br />
peking. Bei gewaltsamen Protesten<br />
gegen steigende Treibstoffpreise<br />
im Sudan sind in der vergangenen<br />
Woche nach Angaben<br />
von Krankenhausmitarbeitern<br />
mindestens 29 Menschen getötet<br />
worden. Allein ins Krankenhaus<br />
von Umduram, der Nachbarstadt<br />
der Hauptstadt Khartum, seien<br />
21 Tote gebracht worden. Mindestens<br />
acht weitere Tote wurden<br />
landesweit gezählt. Polizeieinheiten<br />
sicherten die Hauptverkehrsachsen<br />
Khartums. Die Proteste<br />
richten sich gegen die Abschaffung<br />
von Subventionen auf Benzin<br />
und gegen die Regierung von<br />
Staatschef Omar al-Baschir. In<br />
Umduram plünderten Demonstranten<br />
den Sitz der Regierungspartei<br />
und setzten ihn in Flammen.<br />
Auch in anderen Landesteilen gab<br />
es gewalttätige Proteste gegen das<br />
Regime.<br />
(jah/ogo)<br />
Frieden um jeden Preis<br />
Im Münchener Abkommen 19<strong>38</strong> kulminiert die Appeasement-Politik – Nachwirkungen bis heute.<br />
von Markus Tiedke<br />
Berlin. Der Mann schien sich seiner<br />
Sache sicher zu sein. Gleich<br />
nach der Landung in London vor<br />
fast genau 75 Jahren versprach der<br />
damalige britische Premierminister<br />
Arthur Neville Chamberlain<br />
seinen Landsleuten, nicht weniger<br />
als „Peace for our time“. Die<br />
Menschen am Flughafen Heston<br />
jubelten ihrem Premier zu. Aber<br />
es sollte nur weniger als ein Jahr<br />
dauern, bis das nationalsozialistische<br />
Deutschland den Zweiten<br />
Weltkrieg entfesselte.<br />
Bei der Szene <strong>vom</strong> 30. September<br />
19<strong>38</strong> hatte Chamberlain<br />
ein Papier geschwenkt. Das<br />
zuvor mit Adolf Hitler, Frankreichs<br />
Ministerpräsident Edouard<br />
Daladier und Italiens „Duce“<br />
Benito Mussolini ausgehandelte<br />
Münchener Abkommen stellte<br />
den Höhepunkt der so genannten<br />
Appeasement-Politik der europäischen<br />
Mächte Großbritannien<br />
und Frankreich dar.<br />
Mit „Appeasement“, also<br />
Beschwichtigung, hatten beide<br />
Staaten nach der Machtergreifung<br />
Hitlers jahrelang versucht,<br />
einen europäischen Krieg zu verhindern.<br />
Sie hatten die zunächst<br />
geheime, später ganz offen vollzogene<br />
Aufrüstung Deutschlands<br />
hingenommen. Über den wiederholten,<br />
systematischen Bruch<br />
der Bestimmungen des Versailler<br />
Vertrages hinweggesehen und<br />
geduldet, dass Deutschland 1936<br />
das Rheinland remilitarisierte.<br />
Sie hatten ferner weggesehen,<br />
als deutsche „Freiwillige“ in der<br />
„Legion Condor“ gegen das republikanische<br />
Spanien kämpften<br />
und zugleich der Republik Hilfe<br />
verweigert, um Deutschland und<br />
Italien nicht zu provozieren. Auch<br />
der „Anschluss“ Österreichs im<br />
März 19<strong>38</strong> wurde geduldet, um<br />
einen Krieg zu vermeiden.<br />
Als die Westmächte im Herbst<br />
desselben Jahres Deutschland<br />
gestatteten, die Sudetendeutschen<br />
„heim ins Reich“ zu holen<br />
und dafür de facto die Zerschlagung<br />
der Tschechoslowakei in<br />
Kauf nahmen, schien die Grenze<br />
des Erträglichen erreicht. Weit<br />
gefehlt. Im März 1939 besetzten<br />
deutsche Truppen Teile des verbliebenen<br />
Rumpfstaates als „Protektorat<br />
Böhmen und Mähren“.<br />
Erst zu diesem Zeitpunkt –<br />
mehr als ein halbes Jahr nach<br />
München – schien bei Briten und<br />
Franzosen die Erkenntnis zu reifen,<br />
dass ihre Beschwichtigungspolitik<br />
nicht die gewünschte<br />
Wirkung zeigen würde. Hitler<br />
war zum Krieg entschlossen und<br />
er würde ihn früher oder später<br />
beginnen.<br />
Am 31. März 1939 gaben<br />
Frankreich und das Vereinigte<br />
Königreich eine Garantiererklärung<br />
für den Bestand Polens<br />
ab. Beide Staaten waren nun<br />
entschlossen, Drohungen oder<br />
Lockungen Hitlers nicht länger<br />
nachzugeben. Die Folgen sind<br />
bekannt: Dem deutschen Überfall<br />
auf Polen am 1. September<br />
1939 folgten die Kriegserklärungen<br />
der Westmächte. Der Krieg,<br />
den man in London und Paris<br />
jahrelang fieberhaft und bis an<br />
die Schmerzgrenze zu vermeiden<br />
gesucht hatte, war Wirklichkeit<br />
geworden.<br />
Dass man Hitler zuvor so lange<br />
unbehelligt gewähren ließ, ist den<br />
Politikern jener Zeit oft vorgeworfen<br />
worden. Allerdings müssen die<br />
politischen Kernentscheidungen<br />
auch im Kontext ihrer Zeit gesehen<br />
werden. So schien in den 30er<br />
Jahren weder in Großbritannien<br />
noch in Frankreich ein präventiver<br />
Angriffskrieg – und ein solcher<br />
wäre es geworden – vermittelbar zu<br />
sein. Die Erinnerung an die Opfer<br />
des Krieges 1914-1918 war noch zu<br />
präsent. Zugleich wurden die militärischen<br />
Möglichkeiten Deutschlands<br />
schlicht überschätzt.<br />
Dass aus dem politischen<br />
Taktieren und dem Versuch zu<br />
beschwichtigen der bis heute blutigste<br />
Konflikt der Geschichte<br />
erwuchs, war vor 75 Jahren ex<br />
ante sicher nicht ohne Weiteres<br />
zu erkennen. Doch die Erfahrung<br />
wirkt bis heute nach.<br />
Immer wieder warnen Politi-<br />
ker weltweit vor „Appeasement-<br />
Politik“, wenn Diktaturen oder<br />
autokratische Regimes zur all-<br />
gemeinen Bedrohung werden<br />
könnten. Seien es Atomwaffen<br />
in den Händen der nordkoreani-<br />
schen Kim-Dynastie oder in der<br />
Reichweite der Mullahs im Iran.<br />
Zuletzt drehte sich die Diskus-<br />
sion darum, ob ein Eingreifen<br />
in Syrien geboten wäre.<br />
Aber wie ihre Vorgänger ein<br />
Dreivierteljahrhundert zuvor,<br />
sehen sich Politiker auch heute<br />
mit völkerrechtlichen Normen<br />
konfrontiert, die ein Eingreifen<br />
von Außen nur in eng begrenz-<br />
ten Fällen zulassen. Was die<br />
Beseitigung eines unmensch-<br />
lichen Regimes wie dem von<br />
Saddam Hussein nach sich zie-<br />
hen kann, mussten die USA erst<br />
jüngst erfahren.<br />
gesiegelt und gestempelt: premierminister Chamberlain unterzeichnet das Münchner Abkommen.<br />
Syrische Opposition spaltet sich weiter<br />
13 Rebellengruppen verweigern Syrischer Nationaler Koalition die Gefolgschaft.<br />
Brüssel. Die Zersplitterung der<br />
syrischen Opposition hat sich<br />
vertieft. Am vergangenen Mittwoch<br />
sagten sich 13 Rebellengruppen<br />
<strong>vom</strong> westlich gestützten<br />
Oppositionsbündnis Syrische<br />
Nationale Koalition los (SNK).<br />
Dieses vertrete ihre Interessen<br />
nicht mehr. Der Bruch kommt<br />
inmitten der Aufregung um die<br />
syrischen Chemiewaffenbestände<br />
und deren geplante Vernichtung.<br />
Ein Expertenteam der<br />
Vereinten Nationen traf am Mittwoch<br />
in Damaskus ein, um ihre<br />
Ermittlungen zu mutmaßlichen<br />
Chemiewaffeneinsätzen im Land<br />
fortzusetzen.<br />
Unter den Rebellengruppen, die<br />
der Syrischen Nationalen Koalition<br />
mit Sitz in der Türkei den<br />
Rücken kehrten, ist die einflussreiche<br />
Nusra-Front, die dem Terrornetzwerk<br />
Al-Kaida nahesteht.<br />
Der Schritt zeigt die Kluft zwischen<br />
der politischen Opposition,<br />
die außerhalb des Landes agiert,<br />
und den unterschiedlichen Rebellenlagern,<br />
die in Syrien gegen<br />
die Regierungstruppen kämpfen.<br />
Er offenbart auch die wachsende<br />
Bedeutungslosigkeit der SNK und<br />
ihres militärischen Arms – der<br />
Freien Syrischen Armee.<br />
In ihrer Erklärung, die das<br />
oppositionelle Syrische Beobachtungszentrum<br />
für Menschenrechte<br />
verbreitete, riefen die Rebellengruppen<br />
militärische und zivile<br />
Kräfte auf, sich „unter einem klaren<br />
islamischen System zu vereinen,<br />
das auf dem Schariah-Recht<br />
beruht“. Die islamische Schariah<br />
„sollte die einzige Quelle der<br />
Gesetzgebung sein“, hieß es weiter<br />
– offenbar in Anspielung auf<br />
die Bemühungen der Al-Kaidanahen<br />
Kämpfer in Syrien, dort<br />
einen islamischen Staat zu errichten.<br />
Weiter hieß es, die Rebellen<br />
würden keine künftige Regierung<br />
anerkennen, die außerhalb Syriens<br />
gebildet werde.<br />
In einem im Internet veröffentlichten<br />
Video wurde die Erklärung<br />
von Abdel-Asis Salameh verlesen.<br />
Salameh ist der politische Anführer<br />
der Liwaa-al-Tawhid-Brigade,<br />
die in der nördlichen Stadt Aleppo<br />
besonders einflussreich ist. Ob<br />
auch die Anführer der anderen<br />
Rebellengruppen zu der Erklärung<br />
stehen, war zunächst nicht<br />
zu klären.<br />
(ko/pp)<br />
Foto: dpa/pa
30. September 2013 einSatz <strong>aktuell</strong> 5<br />
Seemänner halten zusammen<br />
Besatzung der „Niedersachsen“ rettet herzkrankes Besatzungsmitglied eines zivilen Frachters.<br />
Logistik verbindet<br />
Schwimmweste an und Kommunktion geprüft: Der Schiffsarzt bereitet sich auf den Flug vor.<br />
Dschibuti. An einem Montag<br />
Mitte September. Als Teil der<br />
Operation „Atalanta“ patrouilliert<br />
die Fregatte „Niedersachsen“<br />
im Seegebiet vor der somalischen<br />
Küste. Ein ganz normaler und<br />
routinierter Einsatztag für das<br />
deutsche Kriegsschiff und seine<br />
Besatzung. Doch dann ändert sich<br />
schlagartig alles und die Einsatzfähigkeit<br />
der „Niedersachsen“<br />
wird gefordert – denn ein Notruf<br />
wird aufgefangen.<br />
Das Hilfeersuchen kommt <strong>vom</strong><br />
italienischen Frachtschiff „Jolly<br />
Perla“. Ein Besatzungsmitglied<br />
hat akute Herzprobleme und<br />
benötigt dringend ärztlichen Beistand.<br />
Nach Rücksprache mit dem<br />
niederländischen Verbandsführer<br />
entscheidet Fregattenkapitän<br />
Kurt Leonards, Kommandant der<br />
deutschen Fregatte, den Auftrag<br />
zu übernehmen: „Für uns stand<br />
sofort fest, dass wir Hilfe leisten<br />
und den Seemann mit unseren<br />
medizinischen Möglichkeiten<br />
versorgen. Das gehört nicht nur<br />
zum Auftrag, sondern Seeleute<br />
helfen sich einfach gegenseitig.“<br />
Die „Niedersachsen“ ist für<br />
solche Fälle bestens ausgerüstet.<br />
Neben dem Schiffsarzt und<br />
seinem Team sind für den Einsatz<br />
am Horn von Afrika auch<br />
eine Facharztgruppe mit Chirurg,<br />
Anästhesist und Zahnarzt<br />
sowie zusätzliche Rettungsassistenten<br />
mit an Bord. In der Navigationsabteilung<br />
wird umgehend<br />
die Position des Frachters in der<br />
Seekarte vermerkt und die Entfernung<br />
ermittelt. 140 Seemeilen,<br />
umgerechnet rund 260 Kilometer<br />
trennen die beiden Schiffe voneinander.<br />
Der Kommandant befiehlt<br />
„hohe Fahrt“, denn die Zeit läuft<br />
davon. Sobald der zivile Frachter<br />
dicht genug ist sollen der Schiffsarzt<br />
sowie der Sanitätsmeister mit<br />
dem Bordhubschrauber zu dem<br />
Patienten fliegen.<br />
Zwei Bordhubschrauber der<br />
Marineflieger <strong>vom</strong> Typ „Sea<br />
Lynx“ aus Nordholz sind während<br />
des „Atalanta“ Einsatzes ständig<br />
an Bord. Ihr Einsatzspektrum ist<br />
vielseitig. So unterstützen sie die<br />
Fregatte unter anderem beim Aufspüren<br />
von Piraten-Camps an den<br />
Küsten, als flexibles Transportmittel<br />
sowie im Such- und Rettungsdienst<br />
auf See.<br />
Leonards informiert seine<br />
Besatzung. Über die Schiffslautsprecheranlage<br />
erklärt er den<br />
Frauen und Männern die <strong>aktuell</strong>e<br />
Lage und das weitere Vorgehen.<br />
„An Bord bleibt keiner im Ungewissen,<br />
wir fahren als Besatzung<br />
zur See und können nur<br />
als Team bestehen. Umso wichtiger<br />
ist es, dass meine Soldaten<br />
ihren Auftrag kennen“, erklärt<br />
der Kommandant.<br />
Auf dem Flug-Deck, im hinteren<br />
Teil des Schiffes werden<br />
alle Maßnahmen für den Hubschraubereinsatz<br />
getroffen, im<br />
Schiffslazarett bereiten Schiffsarzt<br />
und Sanitätsmeister ihre<br />
Ausrüstung vor.<br />
Mittlerweile ist die Fregatte<br />
nah genug an dem Frachter, alles<br />
ist vorbereitet. Der Kommandant<br />
erteilt die Starterlaubnis, der „Sea<br />
Lynx“ hebt ab. Über Funkverbindung<br />
hat der Hubschrauber<br />
ständigen Kontakt zum Schiff.<br />
Nach rund 40 Minuten Flugzeit<br />
Foto: DEU EinsKtgt „Atalanta“<br />
erreicht er die „Jolly Perla“. Mit<br />
einer Seilwinde werden Schiffsarzt<br />
und Sanitätsmeister – ausgebildeter<br />
Rettungsassistent – auf<br />
den Frachter heruntergelassen -<br />
„gewinscht“ heißt dieses Verfahren<br />
bei der Marine.<br />
Während der Schiffsarzt den<br />
Patienten versorgt, hat sich die<br />
Fregatte mittlerweile bis auf<br />
45 Seemeilen angenähert. Am<br />
späten Nachmittag kommt die<br />
Rückmeldung <strong>vom</strong> Schiffsarzt,<br />
Oberstabsarzt Nihat G.: „Wir<br />
haben den Seemann untersucht<br />
und behandelt. Er ist stabil und<br />
kann ohne weitere ärztliche<br />
Obhut die Fahrt bis zum nächsten<br />
Hafen fortsetzen.“ Erneut startet<br />
der „Sea Lynx“ und eine Stunde<br />
später sind die beiden deutschen<br />
Besatzungsangehörigen wieder<br />
zurück an Bord.<br />
„Wichtig sind für uns die<br />
Raum- und Zeitfaktoren, das<br />
heißt, wann sind wir nah genug<br />
an dem Frachter dran, um unseren<br />
Einsatz durchzuführen“, erklärt<br />
Fregattenkapitän Mirko M. Der<br />
Hubschraubereinsatzoffizier<br />
fliegt bereits seit mehr als zwanzig<br />
Jahren Hubschrauber, unter<br />
anderem auch in Such- und Rettungseinsätzen<br />
der Marine.<br />
Die Reichweite oder Einsatzdauer<br />
des Bordhubschraubers<br />
hängt unter anderem von der mitgeführten<br />
Kraftstoffmenge, der<br />
Anzahl der Passagiere sowie den<br />
äußeren Bedingungen wie beispielsweise<br />
dem Wind ab. All<br />
diese Faktoren müssen bei der<br />
Einsatzplanung berücksichtigt<br />
werden.<br />
„Ich bin froh, dass der Seemann<br />
durch unser professionelles<br />
Sanitätspersonals<br />
stabilisiert wurde und auf dem<br />
Weg der Besserung ist“, sagt<br />
der Kommandant abschließend.<br />
Sein Team und er werden noch<br />
bis Dezember am Horn von<br />
Afrika im Einsatz sein. (dji)<br />
Kahramanmaras. Zwischen<br />
den in Gaziantep stationierten<br />
US-Soldaten und den deutschen<br />
Kräften im Einsatz „Active<br />
Fence“ (AFTUR) hat kürzlich ein<br />
Joint Combined Logistical Meeting<br />
stattgefunden. „Die Zusammenarbeit<br />
mit unseren verbündeten<br />
Partnern hat für uns einen<br />
hohen Stellenwert“, sagt Oberst<br />
Bernd Stöckmann während des<br />
Rundgangs durch die Stellungen.<br />
Vor allem der Bereich der Unterstützungsstaffel<br />
des deutschen<br />
Kontingentes war für das US-<br />
Kontingent von Bedeutung. Denn<br />
im logistischen Bereich ist eine<br />
Zusammenarbeit angedacht. Für<br />
die folgenden Monate sind weitere<br />
Meetings geplant. Dabei soll<br />
auch das niederländische Kontingent<br />
einbezogen werden.<br />
Seit Anfang des Jahres verstärken<br />
deutsche Soldaten zusammen<br />
mit den niederländischen und<br />
amerikanischen Streikräften bei<br />
AFTUR die integrierte Luftverteidigung<br />
der NATO in der Türkei.<br />
Das Mandat ist derzeit bis zum<br />
31. Januar des kommenden Jahres<br />
befristet und erlaubt den Einsatz<br />
von bis 400 deutschen Soldaten<br />
mit entsprechender Ausrüstung.<br />
Bei dem Einsatz handelt es sich<br />
um eine ausschließlich defensive<br />
Maßnahme.<br />
(eb)<br />
Für den Einsatz...<br />
Foto: PiS<br />
Foto: DEU EinsKtgt AFTUR<br />
Foto: DEU EinsKtgt EUTM Mali<br />
antreten in der malischen Hauptstadt: zehntausende<br />
Menschen haben sich am vorvergangenen<br />
Donnerstag im Stadion von Bamako<br />
versammelt, um bei der offiziellen amtseinführung<br />
des neuen Präsidenten Malis, ibrahim<br />
Boubacar Keita, dabei zu sein. Unter ihnen war<br />
auch eine abordnung des deutschen einsatzkontingentes<br />
der ausbildungsmission eUtM<br />
Mali – für die Soldaten eine große ehre: er sei<br />
stolz, denn „wer kann schon von sich behaupten<br />
bei der amtseinführung eines Präsidenten<br />
in afrika dabei gewesen zu sein“, sagt Hauptmann<br />
alexander R., ausbildungsleiter der Pionierausbildung<br />
in Koulikoro. Seit april bilden<br />
Soldaten aus 24 europäischen nationen die<br />
malischen Streitkräfte aus, um sie in die Lage<br />
zu versetzen, zukünftig selbst für die Sicherheit<br />
ihres Landes zu sorgen. etwa 100 deutsche Soldaten<br />
beteiligen sich an dieser europäischen<br />
ausbildungsmission.<br />
(eb)<br />
• sind insgesamt sieben<br />
geschützte Baggerlader HMEE<br />
(High Mobility Engineer Excavator)<br />
ausgeliefert worden. Zwei<br />
davon sollen unmittelbar ins<br />
Einsatzgebiet verlegt werden.<br />
Mit mehr als 60 Stundenkilometern<br />
und entsprechendem<br />
Schutzniveau können diese<br />
geschützten Baumaschinen<br />
Marschkolonnen uneingeschränkt<br />
begleiten. Zur verbesserten<br />
Sicht für den Kraftfahrer<br />
sorgt ein nachgerüstetes<br />
Kamera-Monitor-System.<br />
Damit wird die Fähigkeit zur<br />
unmittelbaren Pionierunterstützung<br />
im beweglichen Einsatz<br />
erheblich erweitert. (eb)
6 <strong>aktuell</strong> bundeswehr <strong>aktuell</strong> 7<br />
Fürs Erste beraten – zum Zweiten bereitstellen – als Drittes führen<br />
Mit dem Kommando Territoriale Aufgaben der <strong>Bundeswehr</strong> ist Anfang des Jahres eine Dienstelle entstanden, die diese Aufgaben künftig zentral führt und koordiniert – der erste Kommandeur skizziert im Interview mit <strong>aktuell</strong> den Weg dahin.<br />
„die Katastrophen warten nicht auf uns“: Generalmajor wiermann stellt sein Kommando vor.<br />
berlin. Seit Anfang des Jahres<br />
besteht das Kommando Territoriale<br />
Aufgaben der <strong>Bundeswehr</strong><br />
(KTA) – eine Dienststelle,<br />
die nicht nur ein Unikat ist, sondern<br />
in dieser Form auch erstmals<br />
dieses weitgefasste Aufgabenfeld<br />
koordiniert. <strong>aktuell</strong> sprach mit<br />
dem Kommandeur, Generalmajor<br />
Hans-Werner Wiermann.<br />
Das Kommando Territoriale<br />
Aufgaben der <strong>Bundeswehr</strong> hat<br />
weite Aufgabenbereiche des<br />
ehemaligen Streitkräfteunterstützungskommandos<br />
und<br />
nachgeordneter Dienststellen<br />
übernommen. Wie gestaltet sich<br />
das Paket des neuen Kommandos<br />
im Detail?<br />
Im Kern haben wir die Aufgaben<br />
der vier Wehrbereichskommandos<br />
(WBK) übernommen: die<br />
territorialen Aufgaben (TA) und<br />
die zivil-militärische Zusammenarbeit<br />
(ZMZ). Das Kommando<br />
Territoriale Aufgaben ist somit<br />
das Kompetenzzentrum für diesen<br />
Aufgabenkomplex, was sich<br />
auch darin ausdrückt, dass wir<br />
nun der zentrale Ansprechpartner<br />
auf der Ebene der oberen Bundesbehörden<br />
sind – etwa in der<br />
Katastrophenabwehr für das Bundesamt<br />
für Bevölkerungsschutz<br />
und Katastrophenhilfe.<br />
In unserem Kernauftrag stützen<br />
wir uns auf die bewährten<br />
Elemente der Kreisverbindungskommandos<br />
(KVK), der Bezirksverbindungskommandos<br />
(BVK)<br />
und der Landeskommandos. Diese<br />
bleiben im Großen und Ganzen<br />
unverändert. Es gibt allerdings<br />
Landeskommandos, die in der<br />
alten Struktur mit den Wehrbereichskommandos<br />
fusioniert<br />
waren. Da diese Landeskommandos<br />
von den aufgelösten WBK<br />
Aufgaben übernommen haben,<br />
müssen sie umstrukturiert werden.<br />
Aber dies ist im Vergleich zu dem,<br />
was in anderen Teilen der <strong>Bundeswehr</strong><br />
im Rahmen der Neuausrichtung<br />
passiert, sehr überschaubar.<br />
Unterhalb des neuen KTA<br />
können wir also auf einen weitestgehend<br />
eingespielten Bereich<br />
zurückgreifen. Und das ist auch<br />
wichtig, denn die Katastrophen<br />
warten nicht auf uns. Beim Aufbau<br />
des Kommandos können wir<br />
uns deshalb keine Atempause<br />
erlauben. Wir müssen das, was<br />
bisher sehr professionell von<br />
den Wehrbereichskommandos<br />
gemacht worden ist, nahtlos und<br />
schnell übernehmen.<br />
Wir wurden zum 1. Februar aufgestellt<br />
und hatten bereits kurz<br />
darauf unsere erste Bewährungsprobe:<br />
Der Absturz des „Tiger“-<br />
Hubschraubers in der Nähe der<br />
österreichischen Grenze, wo zum<br />
Glück niemand ernsthaft verletzt<br />
worden ist. Dabei konnten wir<br />
Verfahren, die bislang nur in der<br />
Theorie bestanden, auf ihre Einsatztauglichkeit<br />
prüfen.<br />
Kurz darauf hatten Sie mit<br />
dem Hochwassereinsatz dann<br />
eine weitere große Bewährungsprobe.<br />
Wie bewerten Sie diesen<br />
Einsatz in seiner Gesamtschau?<br />
Der Hochwassereinsatz hat uns<br />
alles abverlangt, was wir in den<br />
ersten 100 Tagen des Kommandos<br />
vorbereitet haben. Der Erfolg<br />
wurde aber vor allem „vor Ort“ an<br />
Dämmen und Deichen erzielt. Dies<br />
gelang nur, weil die Auftragstaktik<br />
– trotz vieler Zweifler – noch<br />
flächendeckend verstanden und<br />
beherrscht wird. Die Stichworte,<br />
Handeln im Sinne der übergeordneten<br />
Führung, Ergreifen der Initiative<br />
bei unklarer Lage und die<br />
Bereitschaft, Verantwortung zu<br />
übernehmen, beschreiben die Pfeiler<br />
des Erfolgs. Ich bin besonders<br />
dankbar, dass wir keinen nennenswerten<br />
Unfall zu verzeichnen hatten.<br />
Die Einsatzorientierung und<br />
Ernsthaftigkeit in der Ausbildung<br />
aller Soldaten zahlt sich aus.<br />
Aus welchen Dienststellen<br />
rekrutiert sich das Personal des<br />
Kommandos und wann wird der<br />
Aufbau abgeschlossen sein?<br />
Hervorgegangen ist das Kommando<br />
größtenteils aus dem ehemaligen<br />
Standortkommando<br />
Berlin, ergänzt um einige Erfahrungsträger<br />
aus den aufgelösten<br />
WBK. Der Stab umfasst rund 400<br />
Soldaten und zivile Mitarbeiter,<br />
wobei derzeit etwa 90 Prozent<br />
der Dienstposten besetzt sind.<br />
Das fehlende Personal wird nach<br />
meiner Einschätzung aber nicht<br />
mehr lange auf sich warten lassen,<br />
denn Berlin ist für viele ein<br />
attraktiver Standort. Bei den<br />
Vakanzen handelt es sich um<br />
einige wenige Spezialisten, die<br />
wir mit zukommandiertem Personal<br />
überbrücken.<br />
Sie haben bereits unterstrichen,<br />
dass die Katastrophen<br />
nicht auf sie warten. Das Hochwasser<br />
ist hierfür ja das beste<br />
Beispiel. Wie war es dem Kommando<br />
möglich, bereits in dieser<br />
Umbruchphase die Leistungen<br />
kontinuierlich zu erbringen?<br />
Vor allem dadurch, dass wir<br />
in Schlüsselbereichen erfahrenes<br />
Personal übernommen haben.<br />
Ein klassisches Beispiel dafür ist<br />
für mich der Leiter des Lagezentrums,<br />
der diese Aufgaben schon<br />
im Wehrbereichskommando III in<br />
Erfurt wahrgenommen hat. Und<br />
den vielen neuen Mitarbeitern hat<br />
Oberstleutnant Matthias Reibold<br />
geholfen, in diese Aufgabe hineinzuwachsen.<br />
Wichtig für mich war<br />
aber auch der Erfahrungsaustausch<br />
mit den Befehlshabern der<br />
ehemaligen Wehrbereichskommandos.<br />
Zudem führte mein Stab<br />
unzählige Besprechungen durch,<br />
die im Kern meist die Fragestellung<br />
verfolgten, was wir von denjenigen<br />
übernehmen können und<br />
müssen, die die Aufgaben bisher<br />
erledigt haben. Diese Phase war<br />
ein offener, konstruktiver Dialog<br />
mit einem großen Know-how-<br />
Transfer ins KTA.<br />
Ein Lagezentrum gab es<br />
doch schon beim Standortkommando...<br />
Ja, doch das Lagezentrum KTA<br />
ist komplett neu aufgebaut worden.<br />
In dieser Form gab es dieses<br />
vorher nicht. Die Verantwortung<br />
endet nicht mehr an der Stadtgrenze<br />
Berlins, sondern erstreckt<br />
sich auf Dienststellen im gesamten<br />
Bundesgebiet. Die endgültige Infrastruktur<br />
werden wir in gut zwei<br />
Jahren bekommen. So muss hier<br />
unter anderem noch eine autonome<br />
Stromversorgung nachgerüstet werden.<br />
Denn das Lagezentrum des<br />
KTA muss auch führungsfähig<br />
sein, wenn der Strom des öffentlichen<br />
Netzes ausfällt.<br />
Das Standortkommando Berlin<br />
ist zeitgleich aufgelöst worden.<br />
Dessen Aufgaben sollen<br />
fortan aus einer Abteilung Ihres<br />
Kommandos heraus wahrgenommen<br />
werden. Wie muss man<br />
sich das vorstellen, schließlich<br />
sind die Hauptstadtaufgaben<br />
immens?<br />
Die Aufgaben des ehemaligen<br />
Standortkommandos werden<br />
durch uns unverändert wahrgenommen,<br />
lediglich aus einer<br />
veränderten Struktur heraus. So<br />
nimmt der ehemalige Standortkommandant,<br />
Brigadegeneral<br />
Peter Braunstein, seine bisherigen<br />
Aufgaben nun als General<br />
für Standortaufgaben Berlin<br />
wahr. Durch die Integration der<br />
alten Dienststelle als Abteilung<br />
im neuen Kommando können<br />
wir aber viele Synergieeffekte<br />
erzielen.<br />
Und wer wird künftig die <strong>Bundeswehr</strong><br />
in der Hauptstadt repräsentieren?<br />
Auf Berlin bezogene Veranstaltungen<br />
nimmt natürlich der General<br />
für Standortaufgaben wahr.<br />
Wo in der Hauptstadt aber Bundesbelange<br />
betroffen sind, schalte<br />
ich mich ein. Das ist für uns eine<br />
ganz logische Aufgabenteilung.<br />
Vierbeiniger einsatz: diensthunde bei den Feldjägern.<br />
Fotos: Bienert/IMZBw (2), Jungenblut/PIZ SKB (1), Balaban/KdoTerrAufgBw<br />
Welche Beziehungen hat Ihr<br />
Kommando ins Ausland?<br />
Die Auslandsbeziehungen müssen<br />
wir zum Teil auf eine neue<br />
Grundlage stellen, denn in der<br />
Vergangenheit sind viele solcher<br />
Kontakte auch durch die WBK<br />
unterhalten worden. Deshalb müssen<br />
wir zunächst mit unseren internationalen<br />
Partnern sprechen,<br />
vor allem auch hinsichtlich der<br />
Frage, wie das einzelne Land in<br />
der Katastrophenabwehr organisiert<br />
ist. Dann können wir im<br />
Kommandobereich Verantwortliche<br />
festlegen, die diese grenzüberschreitenden<br />
Beziehungen<br />
pflegen und wahrnehmen. Denn<br />
so wie die Katastrophen nicht auf<br />
uns warten, machen sie bekanntlich<br />
auch vor Landesgrenzen nicht<br />
halt. Und die Elbe fließt nun einmal<br />
von Tschechien nach Deutschland,<br />
genau wie die Oder auch<br />
Zuflüsse in Polen hat.<br />
Seit dem 1. April ist Ihnen<br />
auch das ABC-Abwehrkommando<br />
der <strong>Bundeswehr</strong> unterstellt.<br />
Welche Aufgaben ergeben<br />
sich damit und welche Vorteile<br />
liegen in der neuen Zuordnung?<br />
Das hat viele Vorteile, da zu den<br />
territorialen Aufgaben auch das<br />
flächendeckende ABC-Meldeund<br />
Warnwesen in der Bundesrepublik<br />
gehört. Hier verdichten<br />
wir das Netzwerk, das auch<br />
im zivilen Bereich existiert, mit<br />
entsprechenden Teams, die eine<br />
mögliche C- oder B-Bedrohung<br />
identifizieren können.<br />
Darüber hinaus verfügt die<br />
ABC-Abwehrtruppe der <strong>Bundeswehr</strong><br />
über Fähigkeiten, die in<br />
Umfang und Qualität so im zivilen<br />
Bereich nicht vorhanden sind.<br />
Käme es beispielsweise zu einem<br />
Anschlag mit entsprechenden<br />
Bestandteilen, sei es strahlendes<br />
Material – Stichwort „Schmutzige<br />
Bombe“ –, dann muss so schnell<br />
wie möglich identifiziert werden,<br />
wer und welche Region betroffen<br />
ist. Das gleiche trifft aber auch<br />
bei einem Chemieunfall zu, der<br />
gar keinen kriminellen oder terroristischen<br />
Hintergrund haben<br />
muss. Und dann kann es notwendig<br />
werden, im großen Stil auch<br />
zu dekontaminieren. Gerade in<br />
diesem Bereich ist die <strong>Bundeswehr</strong><br />
gut aufgestellt und jederzeit<br />
fähig, den zivilen Bereich<br />
zu unterstützen.<br />
Welche Rolle nimmt die Reservistenarbeit<br />
im KTA ein?<br />
Die Rolle der so genannten<br />
Reservedienstleistenden wird<br />
deutlich, wenn man die Personalzahlen<br />
betrachtet. In meinem<br />
Kommando gibt es etwa 20 000<br />
Soldaten, die Hälfte davon sind<br />
Reservisten. Das zeigt, dass<br />
dieses Kommando den Auftrag<br />
ohne Reservisten nicht erfüllen<br />
könnte. Wir sind also auf deren<br />
tatkräftige Hilfe zwingend angewiesen.<br />
Diese Männer und Frauen<br />
sind vorrangig in den bewährten<br />
KVK und BVK eingesetzt. Hier<br />
haben wir überaus engagierte und<br />
qualifizierte Reservisten, die sehr<br />
gut in der Lage sind, ihren Landrat<br />
oder Regierungspräsidenten in<br />
Sachen möglicher Hilfeleistungen<br />
durch die <strong>Bundeswehr</strong> zu beraten.<br />
Davon konnte ich mich bereits in<br />
vielen Gesprächen mit den Reservisten<br />
überzeugen.<br />
Grundlage unserer Reservistenarbeit<br />
ist vor allem die Freiwilligkeit.<br />
Das ist natürlich auch das<br />
Stichwort für die Arbeitgeber –<br />
und hier müssen wir eng kooperieren.<br />
Dies ist ein Thema, das<br />
Kam schneller als erwartet: der diesjährige einsatz am deich (l.), daueraufgabe: Protokollarischer dienst beim wachbataillon bMVg.<br />
ich mir auf die Fahne geschrieben<br />
habe. Denn wir müssen im<br />
Dialog mit den Arbeitgebern versuchen,<br />
die Reservistendienstleistung<br />
für beide Seiten so attraktiv<br />
wie möglich zu gestalten: Für<br />
uns, dass die Reservisten zur Verfügung<br />
stehen, wenn wir sie brauchen.<br />
Und für den Arbeitgeber,<br />
dass er nicht nur Kosten, sondern<br />
auch Mitarbeiter mit Führungserfahrung<br />
hat, die dieser im Betrieb<br />
nutzen kann.<br />
Wir müssen hier also unsere<br />
Konzepte anpassen, vor allem<br />
auch was die Ausbildung betrifft.<br />
Ich denke dabei an den Bereich<br />
Fernausbildung, wo sich der Einzelne<br />
flexibel und eigenständig zu<br />
Hause am Computer weiterbilden<br />
kann. Eine Möglichkeit, die<br />
den Reservisten sicher entgegen<br />
kommt. Zusammenfassend gilt:<br />
Ohne Reservisten geht es nicht.<br />
Welche Bedeutung haben in<br />
diesem Zusammenhang die Regionalen<br />
Sicherungs- und Unterstützungskräfte<br />
(RSU)?<br />
Mit den RSU-Kompanien<br />
betreten wir Neuland. 30 solche<br />
Einheiten wollen wir bis<br />
zum Jahresende aufstellen.<br />
Diese Kräfte haben dann einen<br />
Umfang von rund 4000 Reservisten<br />
– eine bemerkenswerte<br />
Zahl. Ihr Kernauftrag sind<br />
Wach- und Sicherungsaufgaben<br />
in militärischen Einrichtungen.<br />
Je nach Region gibt es<br />
aber auch Reservisten, die sich<br />
insbesondere in den Katastrophenschutz<br />
einbringen wollen<br />
– in die Unterstützungsleistung<br />
der <strong>Bundeswehr</strong>. Hier wird es<br />
darauf ankommen, die richtige<br />
Balance zu finden zwischen dem<br />
Kernauftrag „Wach- und Sicherungsaufgaben“<br />
und dem, wie<br />
sich der Reservist in einer gegebenen<br />
Krisen- oder Katastrophensituation<br />
einbringen kann.<br />
Trotz der noch nicht abgeschlossenen<br />
Aufstellungen haben sich<br />
fast 200 Angehörige der RSU<br />
bereits hervorragend beim Hochwassereinsatz<br />
2013 bewährt.<br />
Und wie ist derzeit die Bereitschaft,<br />
sich als Reservist zu engagieren?<br />
Wir haben genug Bewerber,<br />
um alle RSU-Kompanien aufzustellen.<br />
Und zwar mit qualifiziertem<br />
Personal.<br />
Mit dem Konzept der so<br />
genannten „Spiegeldienstposten“<br />
– also ein Reservist kann auf<br />
einem echten Dienstposten eingesetzt<br />
werden – haben wir schon<br />
vor einigen Jahren Flexibilität<br />
geschaffen, um adäquat reagieren<br />
zu können, was das Aufkommen<br />
und die Nachfrage von Reservisten<br />
anbelangt. Diese Spiegeldienstposten<br />
haben sich bewährt,<br />
weil sie die Truppe wirklich entlasten,<br />
wenn ein Aktiver entweder<br />
im Einsatz, im Urlaub oder auf<br />
Lehrgang ist. Und umgekehrt ist<br />
es für einen Reservisten attraktiv,<br />
bei der aktiven Truppe Dienst<br />
zu leisten, statt „nur“ mit anderen<br />
Reservisten zu üben.<br />
Von daher sind wir mit dem<br />
Reservistenauf kommen für<br />
unsere Aufgaben zufrieden.<br />
Ob das immer so bleiben wird,<br />
müssen wir sehr aufmerksam<br />
beobachten. Denn heute gibt es<br />
Regionen, in denen sich kaum<br />
noch Truppenteile befinden –<br />
und das wirkt sich dort natürlich<br />
auch auf die Reserve aus.<br />
Ihr Kommando nimmt einen<br />
wesentlichen Unterstützungsauftrag<br />
für das Verteidigungsministerium<br />
(BMVg) wahr. Wie<br />
wird sich die Zusammenarbeit<br />
mit dem BMVg künftig gestalten?<br />
Im Kern geht es um das Bewachen<br />
der beiden Dienstsitze des<br />
BMVg in Bonn und vorrangig<br />
im Berliner Bendlerblock. Dieser<br />
Wachauftrag wird nach wie<br />
vor von Feldjägerkräften des Kommandobereiches<br />
wahrgenommen.<br />
Im unterstellten Kommando Feldjäger<br />
der <strong>Bundeswehr</strong> in Hannover<br />
ist diese Kompetenz künftig<br />
gebündelt. Das neu aufzustellende<br />
Feldjägerregiment 1 führt<br />
die Bewachung in Berlin durch.<br />
Des Weiteren sind wir direkt verantwortlich<br />
für den Bereich des<br />
Besucherdienstes im Bendlerblock.<br />
Dieses Personal stammt<br />
aus dem Kommandostab. Und<br />
darüber hinaus stellt das Stabsquartier<br />
einige Stabsdienstsoldaten<br />
für das Ministerium. Zwei<br />
Aufgaben, die im Kern so weiterlaufen<br />
wie bisher.<br />
Mittelbar unterstützen wir das<br />
BMVg aber auch mit unserer<br />
Tagungseinrichtung. Ein Bereich<br />
der infrastrukturell fast einmalig<br />
ist in der <strong>Bundeswehr</strong>.<br />
Vita Kommandeur<br />
Welche Botschaft haben Sie<br />
für die <strong>aktuell</strong>-Leser?<br />
Das Kommando Territoriale<br />
Aufgaben der <strong>Bundeswehr</strong> hat sich<br />
im geographisch größten Hochwassereinsatz<br />
der <strong>Bundeswehr</strong><br />
als das zentral verantwortliche<br />
Kommando bewährt. Ich danke<br />
allen Soldaten und zivilen Mitarbeitern<br />
für ihr unermüdliches<br />
Engagement. Ohne sie hätten wir<br />
nicht so erfolgreich sein können.<br />
Unsere Arbeit steht unter dem<br />
Motto „Beraten – Bereitstellen –<br />
Führen“. Wir beraten die zivile Seite<br />
über die Unterstützungsmöglichkeiten<br />
der <strong>Bundeswehr</strong> und stellen<br />
bei Bedarf entsprechende Kräfte<br />
zur Verfügung. Bei einem Katastrophenfall<br />
führen wir dann diese<br />
Kräfte im Auftrag des Nationalen<br />
Territorialen Befehlshabers, also des<br />
Inspekteurs der Streitkräftebasis.<br />
Die Fragen stellte<br />
Torsten Sandfuchs-Hartwig.<br />
berlin. Generalmajor Hans-Werner Wiermann tritt 1976 in die<br />
<strong>Bundeswehr</strong> ein und wird zum Instandsetzungsoffizier ausgebildet.<br />
Dabei studiert er an der Hochschule der <strong>Bundeswehr</strong> in Hamburg<br />
Elektro- und Nachrichtentechnik und schließt als Diplom-Ingenieur<br />
ab. Bevor Wiermann 1988 die Generalstabsausbildung in Hamburg<br />
durchläuft, nimmt er Verwendungen als Instandsetzungsoffizier in<br />
Stade und Rotenburg/Wümme sowie als Kompaniechef der Instandsetzungsausbildungskompanie<br />
5/3 in Lüneburg wahr. 1990 wird er<br />
Generalstabsoffizier Logistik in der 1. Panzerdivision in Hannover.<br />
Danach folgen zwei Referentverwendungen im Führungsstab<br />
der Streitkräfte im Verteidigungsministerium (BMVg) und<br />
im Auswärtigen Amt in Bonn. 1997 wird Wiermann Kommandeur<br />
im Instandsetzungsbataillon 410 in Beelitz. Im Anschluss<br />
übt er verschiedene Referentenpositionen, unter anderem im Planungsstab<br />
BMVg aus. 2002 wird Wiermann Adjutant des damaligen<br />
Generalinspekteurs der <strong>Bundeswehr</strong>, Wolfgang Schneiderhan,<br />
ehe er 2004 in die Stabsabteilung Militärpolitik im BMVg<br />
wechselt. Hier ist er zunächst 2. Stellvertretender Leiter, später<br />
1. Stellvertretender Leiter. Seit Anfang 2013 ist der 55-jährige zweifache<br />
Vater der erste Kommandeur des neu aufgestellten Kommandos<br />
Territoriale Aufgaben der <strong>Bundeswehr</strong> in Berlin.<br />
(ep)
8 <strong>aktuell</strong> bundeswehr 30. september 2013<br />
Weiterer Kanal<br />
im Social Web<br />
Bewegung in der Heide<br />
Deutsche und britische Soldaten trainieren gemeinsam am Schießübungszentrum in Munster.<br />
berlin. Ab morgen ist die <strong>Bundeswehr</strong><br />
auch mit einem offiziellen<br />
Auftritt im sozialen Netzwerk<br />
facebook vertreten – auch<br />
dort gibt es <strong>aktuell</strong>e Infos und<br />
Videos rund um die Truppe und<br />
ihre Soldaten und zivilen Mitarbeiter.<br />
(eb)<br />
Mehr unter https://de-de.facebook.com/<strong>Bundeswehr</strong>.<br />
Hubschrauber nach<br />
Holzdorf verlegt<br />
holzdorf. Neue Ära: Auf<br />
dem Fliegerhorst des brandenburgischen<br />
Hubschraubergeschwaders<br />
64 ist am vergangenen<br />
Dienstag der erste von 20<br />
Hubschraubern des Typs CH-53<br />
GA in den Flugbetrieb integriert<br />
worden. Im Zuge der <strong>Bundeswehr</strong>reform<br />
hatten Heer und<br />
Luftwaffe die Hubschrauberfähigkeiten<br />
getauscht. Während<br />
das neue Waffensystem NH-90<br />
künftig von den Landstreitkräften<br />
betrieben wird, nutzt die<br />
Luftwaffe den bereits seit den<br />
70er Jahren im Dienst befindlichen<br />
Typ CH-53. Dieser hat<br />
sowohl in den Auslandseinsätzen<br />
als auch jüngst beim Hochwassereinsatz<br />
eindrucksvoll unter<br />
Beweis gestellt, dass er als mittlerer<br />
Transporthubschrauber<br />
robust, zuverlässig und vielfältig<br />
einsetzbar ist. (eb)<br />
Auf den Zahn gefühlt<br />
bad staffelstein. Rund 200<br />
Zahnärzte der <strong>Bundeswehr</strong> haben<br />
sich kürzlich auf einer Klausurtagung<br />
über Fachthemen der Zahnheilkunde<br />
ausgetauscht. Dabei<br />
ging es nicht nur um gesundheitliche<br />
Aspekte wie Mund- und<br />
Kieferkrankheiten oder Prothesen-<br />
und Implantatlösungen, sondern<br />
auch um kulturelle Aspekte<br />
in der Zahnmedizin. So gebe es<br />
Völker, die Zähne künstlich zufeilen<br />
oder auch ausschlagen, um<br />
so die Zugehörigkeit zu einem<br />
bestimmten Stamm zu symbolisieren,<br />
so Experten eines ethnound<br />
paläo-zahnmedizinischen<br />
Arbeitskreises.<br />
(eb)<br />
Foto: HSG 64<br />
binational: einweisung an der Lagekarte mit blick ins Gelände (l.), während britische Grenadiere auf dem „warrior“ aufsitzen.<br />
von Johann Fritsch<br />
Munster. Das ferne Dröhnen<br />
kommt schnell näher und wird<br />
immer lauter. Wo eben noch<br />
die Ruhe des Waldes herrschte,<br />
zerreißen laute Kommandos<br />
die Stille. Unter den Ketten der<br />
angreifenden Panzer bebt die<br />
Erde, die Verteidiger eröffnen<br />
das Feuer. Dichter roter Rauch<br />
der Nebelgranaten behindert die<br />
Sicht und bietet dem Angreifer<br />
Gelegenheit, ungesehen auszuweichen.<br />
Unter gegenseitiger<br />
Sicherung sitzen die Soldaten<br />
auf ihre Gefechtsfahrzeuge auf<br />
und brausen davon.<br />
Die Szene bleibt jedoch nicht<br />
völlig unbeobachtet. Auf einem<br />
Transportpanzer haben Wolfgang<br />
Lange und Neil Harding<br />
jede Einzelheit bemerkt. Der<br />
deutsche Stabsfeldwebel und der<br />
ranggleiche britische Warrant<br />
Officer Class II sind Schiedsrichter<br />
bei einer binationalen<br />
Ausbildung auf dem Truppenübungsplatz<br />
Munster.<br />
Normalerweise durchlaufen<br />
nur deutsche Einheiten das Training<br />
im Schießübungszentrum<br />
der Panzertruppen. Im Rahmen<br />
eines Pilotprojektes sind dieses<br />
Mal neben zwei verstärkten<br />
deutschen Kompanien der<br />
<strong>Bundeswehr</strong> auch britische<br />
Panzergrenadiere dabei. Die<br />
Foto: I. DEU/NL-Korps<br />
3. Kompanie des Panzergrenadierbataillons<br />
401 aus Hagenow<br />
nimmt die Position des Angreifers<br />
ein, während die 2. Kompanie<br />
für die Verzögerung durch<br />
einen Zug des 5. Battalions The<br />
Rifles aus Paderborn verstärkt<br />
wurde. Beide Kompanien werden<br />
jeweils durch einen Zug „Leopard<br />
2“ <strong>vom</strong> Panzerbataillon 413<br />
aus Torgelow unterstützt, der den<br />
Panzergrenadieren im Gefecht<br />
der verbundenen Kräfte die notwendige<br />
Durchsetzungsfähigkeit<br />
verleiht.<br />
Höhepunkt der insgesamt zweiwöchigen<br />
Ausbildung ist eine<br />
60-stündige Gefechtsübung, bei<br />
der ausschließlich mit Duellsimulatoren<br />
gearbeitet und mit Laserstrahlen<br />
„geschossen“ wird. Dazu<br />
sind alle Soldaten und Fahrzeuge<br />
mit dem System „Ausbildungsgerät<br />
Duellsimulator“ (AGDUS)<br />
ausgerüstet. Der Laser trifft auf<br />
die Sensoren an den Fahrzeugen<br />
oder der Ausrüstung der Soldaten<br />
und zeigt die entsprechende<br />
Trefferwirkung an.<br />
In der 2. Kompanie wird bei<br />
Befehlsausgaben und über Funk<br />
auf dem Kompanieführungskreis<br />
Englisch gesprochen. Für viele<br />
Vorgesetzte gar nicht so einfach,<br />
speziell wenn es um militärische<br />
Fach- und Führungsbegriffe<br />
geht. Aber große Schwierigkeiten<br />
haben sich daraus nicht ergeben,<br />
stellt der Stabsfeldwebel<br />
fest: „Das läuft unkompliziert,<br />
trotz der sprachlichen Herausforderung<br />
werden die Absichten<br />
des Führers immer deutlich und<br />
weder Verfahren noch Abläufe<br />
negativ beeinflusst.“ Dieser Einschätzung<br />
stimmt Harding zu.<br />
Der „embedded“ Trainer sagt,<br />
dass man sich hin und wieder<br />
mit einfachen Mitteln behilft,<br />
beispielsweise mit einer Zeichnung<br />
im Sand oder an der Panzerung<br />
der Gefechtsfahrzeuge,<br />
um so Absicht und Aufträge zu<br />
erläutern. „Darüber hinaus“, so<br />
der Warrant Officer, „sprechen<br />
die deutschen Soldaten sehr gut<br />
Englisch“.<br />
Bei allen Zügen befinden sich<br />
Schiedsrichter. Jeder Befehl und<br />
jede Bewegung fließt mit in die<br />
Auswertung ein. Ob ab- oder<br />
aufgesessener Kampf von den<br />
Schützenpanzern (SPz) „Marder“<br />
und „Warrior“, das Leitungspersonal<br />
ist immer dabei.<br />
Falls notwendig kann so die<br />
Übung kurzfristig angehalten<br />
und bei Bedarf auch Teilübungen<br />
wiederholt werden.<br />
Szenenwechsel: Die angreifenden<br />
Grenadiere fahren auf eine<br />
Sperre und laufen damit Gefahr,<br />
durch die Sicherung und Artillerie<br />
zerschlagen zu werden. Nun<br />
müssen die unterstellten Pioniere<br />
schnell nach vorne und den Weg<br />
frei machen. Sie legen unter dem<br />
Schutz ihrer Kameraden Sprengladungen<br />
an die Minen und nach<br />
kurzer Zeit verkünden Detonationen<br />
ihren Erfolg. Endlich kann<br />
der Angriff fortgesetzt werden.<br />
Aber wie er verläuft lässt sich<br />
nicht absehen, denn die verzögernde<br />
deutsch-britische Kompanie<br />
macht es dem Angreifer<br />
nicht einfach.<br />
Bei solchen Übungen bieten<br />
sich immer auch gute Möglichkeiten,<br />
Erkenntnisse über den<br />
Ausbildungsstand der Soldaten<br />
zu gewinnen. So lässt es sich der<br />
Kommandeur des Ausbildungszentrums<br />
Panzertruppen, Oberst<br />
Artur Schwitalla, nicht nehmen,<br />
die Truppe in Augenschein zu<br />
nehmen. Gleiches gilt auch für<br />
den Kommandeur der 1. Panzerdivision.<br />
„Die Übung bietet hervorragende<br />
Möglichkeiten, um<br />
gemeinsam taktische Verfahren<br />
auf der Kompanieebene und das<br />
Verhalten auf dem Gefechtsfeld<br />
zu üben“, erklärt Generalmajor<br />
Carsten Jacobson, der seinen<br />
britischen Kameraden, Major<br />
General James R. Chiswell von<br />
der 1st UK Armoured Division<br />
durch den Bereich begleitete.<br />
„Und von wem könnten wir das<br />
Führen in taktischem Englisch<br />
besser lernen als von den Briten“,<br />
zieht Jacobson ein abschließendes<br />
Fazit.<br />
wechsel in Münster: die Führung des I. deutsch-niederländischen<br />
Korps ist turnusmäßig wieder an einen deutschen General<br />
übergeben worden: Generalleutnant Volker halbauer (l.) führt<br />
seit vergangenen Mittwoch den multinationalen Großverband. der<br />
scheidende Kommandeur, der niederländische Generalleutnant<br />
Ton van Loon war zuvor <strong>vom</strong> niederländischen Generalstabschef,<br />
General Tom Middendorp, ausgezeichnet worden. dies ließ sich<br />
auch der Generalinspekteur der bundeswehr, General Volker<br />
wieker, nicht nehmen und überreichte van Loon das Große Verdienstkreuz<br />
mit stern der bundesrepublik deutschland. wieker<br />
war auch aus besonderer Verbundenheit zur Zeremonie angereist,<br />
denn vor seiner jetzigen Funktion führte er als letzter deutscher<br />
General das Korps. Mit halbauer steht nun ein Offizier an<br />
der spitze, der bis Anfang september ein Jahr als Kommandeur<br />
die internationalen Truppen im Kosovo befehligte. (tsh)<br />
Foto: Fritsch/AusbZ Munster
30. September 2013 Innere Führung / MIlItärgeSchIchte <strong>aktuell</strong> 9<br />
Kurz vor einem Flächenbrand<br />
1973 bricht der vierte zwischenstaatliche Krieg um Palästina aus – der Jom-Kippur-Krieg.<br />
von Peter Andreas Popp, Oberstleutnant<br />
und Lehrstabsoffizier<br />
Historisch-Politische Bildung an<br />
der Offizierschule der Luftwaffe.<br />
truppenbewegungen an der nordfront: Israelische centurion-Panzer auf dem Weg richtung Damaskus.<br />
geschichte. Vor 40 Jahren, am<br />
6. Oktober 1973 um 14 Uhr, sprechen<br />
im Nahen Osten erneut die<br />
Waffen: Die Streitkräfte Ägyptens<br />
und Syriens beginnen ihren<br />
Angriff auf den ungeliebten<br />
„Nachbarn“ Israel, am höchsten<br />
jüdischen Feiertag, dem Versöhnungsfest<br />
(Jom-Kippur), damals<br />
zeitlich einhergehend mit dem<br />
islamischen Fastenmonat Ramadan.<br />
Dieser Krieg hätte fast mit der<br />
physischen Vernichtung Israels<br />
geendet. Und das obwohl<br />
die dortigen Entscheidungsträger<br />
damals fest damit rechneten,<br />
dass das arabische Umfeld<br />
erneut losschlagen würde, um die<br />
im Sechs-Tage-Krieg <strong>vom</strong> Juni<br />
1967 erlittene Niederlage auszumerzen.<br />
Kurz vor dem Angriff<br />
war den Israelis auf Grund nachrichtendienstlicher<br />
Aufklärung<br />
gar bekannt, dass dies genau am<br />
6. Oktober passieren würde, dem<br />
zehnten Tag des Ramadan: Der<br />
Tag, an dem im Jahr 630 Mohammed<br />
von Medina aus gen Mekka<br />
„den heiligen Krieg“ losgeschlagen<br />
hatte.<br />
Doch diesmal scheute die<br />
israelische Regierung unter<br />
Premierministerin Golda Meïr<br />
einen Präventivkrieg wie noch<br />
sechs Jahre zuvor. Sie fürchtete,<br />
dass Israel sich dadurch<br />
absolut von seinen Freunden isolieren<br />
würde. Denn die Wertschätzung<br />
des Landes hatte sich<br />
seit dem Sechs-Tage-Krieg 1967<br />
in der westlichen Welt merklich<br />
verändert: Auch aufgrund der Eroberungen<br />
wie der Sinai-Halbinsel,<br />
dem Westjordanland und den<br />
Golan-Höhen sowie der Annexion<br />
des Ostteils von Jerusalem.<br />
Der Jom-Kippur-Krieg von<br />
1973 zeigte, dass bestimmte arabische<br />
Staaten um die Führerschaft<br />
in der islamischen Welt<br />
rangen – namentlich Ägypten,<br />
Syrien und der Irak. Als seinerzeitige<br />
Verbündete der Supermacht<br />
Sowjetunion gingen sie fest<br />
davon aus, dass sie im Zuge der<br />
Entspannungspolitik zwischen<br />
Ost und West leichtes Spiel haben<br />
würden: einen Präventivschlag<br />
gegen Israel erfolgreich beenden<br />
und so die politische Landkarte<br />
völlig zu verändern.<br />
Zunächst gelang es den Ägyptern<br />
und den Syrern, den Sinai<br />
und weithin die Golan-Höhen<br />
zurückzugewinnen. Israel erlitt<br />
anfänglich – bezogen auf die<br />
Größe des Landes – fatale Verluste.<br />
Sein Nimbus bisheriger<br />
Unbesiegbarkeit war gebrochen,<br />
für die Gegner war es ein<br />
Prestigegewinn. Besondere Probleme<br />
bereitete den Israelis vor<br />
allem die gegnerische Flugabwehr,<br />
die aus modernstem sowjetischem<br />
Gerät bestand. Nur mit<br />
Verzug von knapp 48 Stunden<br />
hatte Israel seine sehr gut ausgebildeten<br />
Reservisten mobilisieren<br />
können. Doch nun schlug es<br />
in einer Weise zurück, die seine<br />
Gegner paralysierte. Im Norden<br />
wurden die Syrer bis auf 32 Kilometer<br />
vor Damaskus zurückgedrängt.<br />
Allerdings gelang es der<br />
israelischen Golanie-Brigade erst<br />
am 22. Oktober, den strategisch<br />
unerlässlichen Berg Hermon zu<br />
erobern.<br />
Auf dem Sinai erfuhren die<br />
Ägypter eine desaströse Niederlage.<br />
Am 16. Oktober überschritten<br />
israelische Truppen<br />
den Suez-Kanal und standen nur<br />
noch 120 Kilometer vor Kairo.<br />
Die 3. Ägyptische Armee war<br />
von den Truppen General Ariel<br />
Scharons eingekesselt. Zu deren<br />
Vernichtung kam es aber nicht.<br />
Denn am 22. Oktober traten die<br />
Vereinten Nationen auf Initiative<br />
der USA und – weniger<br />
auffällig – der Sowjetunion auf<br />
den Plan. Der Sicherheitsrat der<br />
Vereinten Nationen forderte mit<br />
der Resolution 3<strong>38</strong> die Kontrahenten<br />
auf, das Feuer unverzüglich<br />
einzustellen. Die Ägypter<br />
hielten sich sogleich daran, die<br />
Israelis nicht gleich. Denn sie<br />
setzten die Kampfhandlungen<br />
noch bis zum 26. Oktober fort<br />
– solange, bis die USA drohten,<br />
die Waffenhilfe einzustellen.<br />
Ohne diese Kooperation<br />
zwischen der Sowjetunion und<br />
den USA wäre der Jom-Kippur-<br />
Krieg nicht beendet worden. Er<br />
wäre wohl eskaliert zu einem<br />
Weltenbrand.<br />
Durch die „Pendeldiplomatie“<br />
des amerikanischen Außenministers<br />
Henry Kissinger zwischen<br />
Jerusalem und Kairo gelang es<br />
dann, am 11. November einen<br />
Waffenstillstand und die Aufnahme<br />
beidseitiger Folgegespräche<br />
zu erreichen. Perspektivisch<br />
sollten diese dann in einen<br />
Separatfrieden zwischen Ägypten<br />
und Israel münden, der über<br />
den Konferenzort Camp David<br />
(1977/78) als diplomatische Zwischenstation<br />
am 29. März 1979<br />
unter Obhut der USA geschlossen<br />
wurde.<br />
Für sie ist der Krieg zu ende: ägyptische Soldaten der eingeschlossenen<br />
3. Armee auf dem Ostufer des Suezkanals ergeben sich.<br />
Foto: Simon/ullstein bild<br />
Komplizierter war und ist das<br />
israelisch-syrische Verhältnis.<br />
Einen Frieden zwischen den beiden<br />
Staaten gibt es bis heute nicht.<br />
1974 kam es immerhin zu einem<br />
Waffenstillstand. Infolge dessen<br />
sind die Truppen beider durch<br />
eine schmale UN-Pufferzone<br />
voneinander getrennt. Israel ist<br />
zu einer Rückgabe der seit Mitte<br />
Dezember 1981 annektierten<br />
Golan-Höhen nur bereit, wenn<br />
Syrien einen aufrichtigen und<br />
substanziell fundierten Frieden<br />
mit Israel einzugehen bereit ist.<br />
Wahrscheinlich wären die Israelis<br />
1973 wirklich einer Katastrophe<br />
entgegen gesteuert, wenn das<br />
Königreich Jordanien der Kriegskoalition<br />
von vornherein angehört<br />
hätte. Dies war nicht der Fall,<br />
und bereits dies bedeutet, dass der<br />
Jom-Kippur-Krieg eine Zäsur darstellte.<br />
Ägypten hatte den Krieg<br />
verloren und den Frieden gewonnen.<br />
Es schwenkte fortan ein auf<br />
die USA an Stelle der Sowjetunion<br />
als verbündete Supermacht.<br />
Jordanien hatte bewiesen, dass es<br />
faktisch das Existenzrecht Israels<br />
als Vorreiter in der arabischen<br />
Welt anzuerkennen bereit war.<br />
Syrien verblieb als einziger Verbündeter<br />
der Sowjetunion neben<br />
dem Irak und setzte fortan auf<br />
Beherrschung des Libanon, um<br />
den Druck auf Israel zu erhöhen.<br />
Was die israelische Innenpolitik<br />
betrifft, so verschob sich die<br />
politische Achse deutlich von<br />
links nach rechts: der Jom-Kippur-Krieg<br />
bedeutete das Ende des<br />
sozialdemokratischen Establishments.<br />
Gerade angesichts des<br />
bis heute nicht zustande gekommenen<br />
Friedens muss bedacht<br />
sein, dass der Jom-Kippur-Krieg<br />
der letzte zwischenstaatliche<br />
Krieg um Palästina war. Fortan<br />
wurde es „asymmetrisch“ – mit<br />
all den Konsequenzen für die<br />
Innen- und Außenpolitik.<br />
Foto: Simon/ullstein bild<br />
Zehn Überläufer<br />
Buch. Peter<br />
Köpf nimmt<br />
sich in seinem<br />
aufwendig<br />
recherchierten<br />
und spannend<br />
erzählten Buch<br />
eines bisher<br />
wenig beachteten<br />
Phänomens<br />
des Kalten Krieges an, dem<br />
Schicksal desertierter NATO-<br />
Soldaten. Von der Gründung der<br />
DDR bis zum Mauerbau gingen<br />
rund 200 Angehörige von NATO-<br />
Streitkräften in die DDR, um dort<br />
politisches Asyl zu beantragen.<br />
Anhand von einzelnen biographischen<br />
Berichten schildert Köpf<br />
sowohl die durchaus vielfältigen<br />
und widersprüchlichen Motive der<br />
Überläufer, von überzeugten Sozialisten<br />
wie dem Titelhelden des<br />
Buches, über Kriegsdienstverweigerer,<br />
Abenteurer, Straftäter auf<br />
der Flucht vor der Justiz oder<br />
von Spionen. Köpf hat zehn derartiger<br />
Lebensgeschichten aus<br />
den Akten der Stasi-Unterlagen-<br />
Behörde recherchiert und daraus<br />
schicksalhafte Geschichten<br />
des Scheiterns zusammengestellt,<br />
als gleichermaßen wenig<br />
bekannte und beachtete Facette<br />
des Kalten Krieges. (gan)<br />
Peter Köpf: „Wo ist Lieutenant<br />
Atkins? Das Schicksal desertierter<br />
NATO-Soldaten in der<br />
DDR“; Ch. Links Verlag; Berlin<br />
2013; 224 Seiten; 19,90 Euro;<br />
ISBN 978-3-86153-709-0.<br />
Ost-West-Verhältnis<br />
Buch. D ie<br />
letzten 20<br />
Jahre des Kalten<br />
Krieges<br />
brachten trotz<br />
aller Krisen<br />
und Konf<br />
l i k t e e i n e<br />
neue Dynamik<br />
in das Verhältnis zwischen<br />
Ost und West. Im Sammelband<br />
„Wege zur Wiedervereinigung.<br />
Die beiden deutschen Staaten in<br />
ihren Bündnissen 1970 bis 1990“<br />
beschäftigen sich 17 Autoren<br />
unter anderem mit der Bundesrepublik<br />
und der DDR in globaler<br />
Perspektive, dem Weg in<br />
die Ost-West-Entspannungspolitik<br />
ab 1970, den Krisen und<br />
ihren Folgen in den Jahren 1970<br />
bis 1990 sowie den Bündnissen<br />
und ihren deutschen Mitgliedern.<br />
(eb)<br />
„Wege zur Wiedervereinigung.<br />
Die beiden deutschen Staaten<br />
in ihren Bündnissen 1970 bis<br />
1990“; herausgegeben von<br />
Oliver Bange und Bernd Lemke;<br />
Oldenbourg Verlag; München<br />
2013; 404 Seiten; 44,95 Euro;<br />
ISBN 978-3-486-71719-8.
10 <strong>aktuell</strong> sport 30. september 2013<br />
Weiteren Titel geholt<br />
Leichtathletik. Hauptfeldwebel<br />
Sabrina Mockenhaupt hat bei<br />
der Deutschen Meisterschaft im<br />
10000-Meter-Straßenlauf im bayerischen<br />
Bobingen ihren mittlerweile<br />
37. nationalen Titel geholt.<br />
Eine Woche nach ihrem Sieg über<br />
die 5000 Meter bei der CISM-<br />
Leichtathletik-EM in Warendorf<br />
(<strong>aktuell</strong> 37/13) setzte sich<br />
die gebürtige Siegenerin am vorvergangenen<br />
Sonntag bereits nach<br />
500 Metern <strong>vom</strong> restlichen Feld<br />
ab und lief nach 32:34 Minuten<br />
ins Ziel. Rund zwei Mintuen später<br />
folgten ihr Corinna Harrer und<br />
Mona Stockhecke auf Platz zwei<br />
und drei. „Ich fände es auch gut,<br />
wenn die Frauen mit den Männern<br />
starten würden, dann wäre<br />
es vorne nicht immer ein einsames<br />
Rennen gegen die Uhr“,<br />
postete die 32-Jährige, die im<br />
November den Marathon in New<br />
York bestreiten wird, auf ihrer<br />
Internetseite. Bei den Männern<br />
siegte Rico Schwarz in 29:40<br />
Minuten vor Simon Stützel und<br />
Julian Flügel.<br />
(mag)<br />
Bronze für Stäbler<br />
ringen. Frank Stäbler hat zum<br />
Abschluss der Ringer-Weltmeisterschaften<br />
in Budapest doch<br />
noch die ersehnte Medaille für<br />
den Deutschen Ringer-Bund<br />
geholt. Der 24-Jährige setzte sich<br />
am vorvergangenen Wochenende<br />
im „kleinen Finale“ gegen Hasan<br />
Alijew aus Aserbaidschan durch<br />
und gewann Bronze. Er holte das<br />
erste deutsche WM-Edelmetall<br />
im griechisch-römischen Stil<br />
seit 2005. Damals hatte Konstantin<br />
Schneider ebenfalls in der<br />
ungarischen Hauptstadt Bronze<br />
gewonnen. Die Ringer der Sportfördergruppe<br />
Bruchsal gingen<br />
leer aus.<br />
(sid)<br />
Guter siebter Platz<br />
rugby. Die deutsche 7er-Rugby-<br />
Nationalmannschaft der Männer<br />
hat sich beim zweiten Turnier der<br />
europäischen Grand-Prix-Serie<br />
am vorvergangenen Wochenende<br />
im rumänischen Bukarest<br />
den achten Platz erspielt. In der<br />
Gesamtwertung liegt die Mannschaft<br />
nun mit Spanien gemeinsam<br />
auf dem zehnten Platz, doch<br />
mit ihren Auftritten am ersten<br />
Turniertag hat die Auswahl des<br />
Deutschen Rugby-Verbandes viel<br />
Respekt gewonnen und Zuspruch<br />
von vielen gegnerischen Mannschaften<br />
erhalten. In der späteren<br />
„Plate“-Runde musste sich<br />
das Team mit den Hauptgefreiten<br />
Bastian Himmer und Rafael<br />
Pyrasch von der Sportfördergruppe<br />
Todtnau erst dem Team<br />
aus Georgien und später im Spiel<br />
um Platz sieben auch den Schotten<br />
geschlagen geben. (eb)<br />
Schachmatt durch Joggen<br />
Deutschland ist wieder NATO-Schachmeister – <strong>Bundeswehr</strong>-Team verteidigt Titel in Polen.<br />
Hoch konzentriert: Fahnenjunker Ewald Fichte zeigte beim turnier in polen hervorragende Leistungen.<br />
von Ralf Wilke<br />
Ein Schachbrett gleicht einem<br />
Schlachtfeld. Daher sind von<br />
einem Spieler auch militärische<br />
Fähigkeiten gefragt. Taktik, Strategie<br />
und das richtige Zeitmanagement<br />
führen zum Erfolg. „Dazu<br />
höchste Konzentration, Planung<br />
und Geschick“, sagt Stabshauptmann<br />
Karl Koopmeiners <strong>vom</strong><br />
Kommando Streitkräftebasis. Er<br />
führte die deutsche Mannschaft<br />
vor Kurzem nach Polen, wo sie<br />
erfolgreich den Titel in der NATO-<br />
Schachmeisterschaft verteidigte.<br />
Koopmeiners nimmt seit 1994<br />
regelmäßig an den NATO-Turnieren<br />
teil. Er spricht dabei <strong>vom</strong><br />
Schachsport. Ein Schachspieler<br />
zugleich ein Sportler? „Ja“, bestätigt<br />
der Offizier und verweist auf<br />
das bekannte Zitat aus dem lateinischen:<br />
„Ein gesunder Geist in<br />
einem gesunden Körper“. Denn<br />
um im Schach Höchstleistungen<br />
vollbringen zu können, gehört<br />
unbedingt auch körperliche Fitness.<br />
„Ich wälze beim Joggen<br />
Schachprobleme, sprich Aufgabenstellungen,<br />
die ich gedanklich<br />
dabei habe. Beim Sport finde<br />
ich meist eine Lösung oder eine<br />
Spielidee. Dann muss ich sofort<br />
ans Brett, um diese nachzuvollziehen.“<br />
Koopmeiners ist mit Leib<br />
und Seele dabei und teilt seine<br />
Foto: Koopmeiners/SKB<br />
Begeisterung mit seinen Mannschaftskameraden,<br />
die teilweise<br />
zur deutschen Schachelite gehören.<br />
Sie alle wünschen sich, dass<br />
Schach einmal als CISM-Disziplin<br />
anerkannt wird. Doch auch<br />
ohne die Zugehörigkeit zu diesem<br />
Militärsportverband, ist Schach<br />
in den Streitkräften angesagt –<br />
spannend verlaufen die Turniere.<br />
In diesem Jahr konnte das <strong>Bundeswehr</strong>team<br />
bereits nach der<br />
vierten Runde eine komfortable<br />
Führung von zwei Mannschaftspunkten<br />
vor Dänemark erspielen.<br />
Diese wurde bis einschließlich<br />
der sechsten Runde gehalten und<br />
in der letzten Runde dann auf<br />
2,5 Punkte ausgebaut. Ein deutlicher<br />
Sieg, mit dem das Team aufgrund<br />
des hochkarätig besetzten<br />
Teilnehmerfeldes nicht rechnen<br />
konnte. Dazu fielen die Mannschaftswertungen<br />
der Vergangenheit<br />
immer ziemlich eng aus.<br />
Schließlich siegte Leutnant<br />
Lorenz Drabke souverän in der<br />
Einzelwertung mit sechs Punkten<br />
aus sieben Partien vor dem letztjährigen<br />
Sieger, Fabrice Wantiez<br />
aus Belgien. Nach fünf Siegen in<br />
den ersten Runden war ihm der<br />
Titel in den beiden Schlussrunden<br />
nicht mehr zu nehmen. Besonders<br />
hervorzuheben sind auch<br />
die Leistungen von Stabsunteroffizier<br />
Wilhelm Jauk und Fahnenjunker<br />
Ewald Fichtner. Beide<br />
spielten in diesem Turnier deutlich<br />
über ihrem Niveau und trugen<br />
so entscheidend zum Erfolg<br />
der <strong>Bundeswehr</strong>-Mannschaft bei.<br />
Treffsicher zum vierten WM-Titel<br />
Hauptfeldwebel Wenzel ist wieder Skeet-Weltmeisterin – Hauptgefreiter Korte wird Fünfter.<br />
schießt sich zum vierten Gold: Hauptfeldwebel Christine Wenzel.<br />
Lima. Hauptfeldwebel Christine<br />
Wenzel hat zum vierten Mal den<br />
Weltmeistertitel in der olympischen<br />
Flinten-Disziplin Skeet<br />
gewonnen. Die 32 Jahre alte<br />
Sportsoldatin von der Sportfördergruppe<br />
Warendorf verfehlte in<br />
Lima im Duell um Gold nur die<br />
zwölfte Wurfscheibe und setzte<br />
sich mit 15:12 Treffern gegen<br />
die Italienerin Simona Scocchetti<br />
durch. Für Wenzel war es<br />
bei Weltmeisterschaften der Flinten-Schützen<br />
der vierte Sieg in<br />
Serie seit 2007.<br />
„Erstmals war bei einem WM-<br />
Sieg mein Mann und Trainer Tino<br />
nicht dabei. Das macht den Erfolg<br />
außergewöhnlich. Er und unser<br />
Sohn Tobias sind 12 000 Kilometer<br />
weg zu Hause. Sie haben mir<br />
sehr gefehlt. Aber ich wollte eine<br />
Medaille und habe mich voll auf<br />
meinen Job konzentriert“, sagte<br />
sie in Perus Hauptstadt dem Internet-Portal<br />
des Sportschützen-<br />
Weltverbandes ISSF.<br />
Wenzel war mit 72 Treffern<br />
im Vorkampf erst nach Stechen<br />
ins Halbfinale eingezogen. In der<br />
Foto: Dalla Dea/ISSF<br />
NATO-Schach<br />
Seit 1989 gibt es die NATO-<br />
Schachmeisterschaft an wechselnden<br />
Orten. Dieses Jahr qualifizierten<br />
sich 82 Teilnehmer.<br />
Gespielt werden sieben Runden<br />
im Einzelturnier nach dem<br />
so genannten „Schweizer System“.<br />
Dabei sind 40 Züge in<br />
zwei Stunden zu machen und 30<br />
Minuten bleiben für den Rest der<br />
Partie. Die am Schluss erzielten<br />
Punkte der vier bestplatzierten<br />
Schachsportler werden zu einer<br />
Mannschaftswertung zusammen<br />
gezogen. (rwi)<br />
Vorschlussrunde traf sie als Einzige<br />
alle 16 Scheiben und hatte<br />
damit bereits eine Medaille<br />
sicher. „Im Finale habe ich mit<br />
all meiner Routine meinen normalen<br />
Rhythmus durchgezogen.<br />
Das gab den Ausschlag“, sagte<br />
die Weltmeisterin.<br />
Hauptgefreiter Sven Korte<br />
belegte bei seinem ersten Weltmeisterschafts-Start<br />
den fünften<br />
Platz in der olympischen Skeet-<br />
Konkurrenz. Der 23-Jährige lag<br />
nach dem Vorkampf mit 123 Wurfscheiben<br />
gemeinsam mit vier weiteren<br />
Schützen an der Spitze. Im<br />
Halbfinale traf Korte 14 der 16<br />
Scheiben und schied im Stechen<br />
um den Einzug ins Bronze-Duell<br />
mit 3:4 gegen den Italiener Giancarlo<br />
Tazza aus.<br />
Für Korte, der wie Wenzel bei<br />
deren Ehemann Tino trainiert<br />
und in diesem Jahr seine ersten<br />
Weltcup-Einsätze absolvierte, war<br />
Platz fünf das beste internationale<br />
Ergebnis seiner Laufbahn. Vor<br />
sieben Wochen hatte er bei den<br />
Europameisterschaften in Suhl<br />
Platz sechs belegt. (uwj)
30. September 2013 VermiSchteS <strong>aktuell</strong> 11<br />
Zu viel des Guten ist wundervoll<br />
Testen Sie Ihr Wissen<br />
Im „Liberace“ glänzen Matt Damon und Michael Douglas als homosexuelles Künstlerpaar.<br />
innige Beziehung: Liberace und Scott führen ein kitschig-glitzerndes Leben in Überfluss.<br />
von Irene Saborowski<br />
Kino. Es ist sein großer Auftritt:<br />
Der Pianist Wladziu Valentino<br />
Liberace sitzt an seinem mit<br />
Diamanten besetzten Klavier. Er<br />
trägt einen durch Pailletten glitzernden<br />
Anzug. Sein Markenzeichen,<br />
der goldene Kerzenleuchter,<br />
steht auf dem Piano. Und dann<br />
beginnt Liberace mit seinem grazilen<br />
und fantastischem Spiel.<br />
Das Publikum lauscht fasziniert<br />
seinen Klängen. Liberace ist voll<br />
in seinem Element – die Menge<br />
ist begeistert.<br />
Ende der 70er Jahre trifft<br />
Scott Thorson (Matt Damon),<br />
ein junger Mann <strong>vom</strong> Land, in<br />
Las Vegas auf den erfolgreichen<br />
und sehr reichen Star-Pianisten<br />
Liberace (Michael Douglas).<br />
Trotz des großen Altersunterschiedes<br />
und ihrer unterschiedlichen<br />
Leben entwickelt<br />
sich zwischen den beiden eine<br />
über Jahre dauernde Affäre. Da<br />
Homosexualität in den USA zu<br />
dieser Zeit verpönt ist, müssen<br />
sie ihre Liebe streng geheim halten.<br />
Um ihre Besbeziehung dennoch<br />
aufrecht zu erhalten, stellt<br />
Liberace Scott als Assistenten<br />
ein. So führen beide ein Doppelleben.<br />
Doch Liberace sieht in Scott<br />
mehr als nur seinen Geliebten.<br />
Er lässt ihn mittels Schönheitsoperationen<br />
zu seinem jüngeren<br />
Ebenbild formen. Und Scott<br />
genießt dieses Leben. Er entfaltet<br />
sich von einem einfachen Mann,<br />
der bei einer Pflegefamilie groß<br />
geworden ist, zu einem Pendant<br />
Liberaces. Doch das Liebesleben<br />
der beiden gerät durch Liberaces<br />
Lebensstil ins Wanken.<br />
Regisseur Steven Soderbergh<br />
(„Oceans Eleven“) widmet sich<br />
in seinem neuen Werk der problematischen<br />
Situation Homosexueller<br />
in der Gesellschaft in<br />
den 70er Jahren – damals noch<br />
mehr Reizthema als heute. Dafür<br />
nutzt Soderbergh die Biografie<br />
des damals lebenden Künstlers<br />
Liberace.<br />
Fotos (2): dcm 2013<br />
Soderberg geht dabei explizit<br />
auf Liberaces Lebensmotto „Zu<br />
viel des Guten ist wundervoll“<br />
ein. Besonders deutlich wird dies<br />
angesichts der übertriebenen Darstellung<br />
dessen Reichtums. Während<br />
Soderberg andere Personen in<br />
einer zwar stilvollen aber schlichten<br />
Kulisse darstellt, präsentiert<br />
er Liberace stets sehr schillernd<br />
und detailreich. Skurrile Frisuren,<br />
extravagante Kostüme und<br />
pompöser Schmuck verleihen dem<br />
Lebensstil beider Männer eine<br />
sehr glamouröse Atmosphäre.<br />
Der Film beginnt aufgrund vieler<br />
witziger Momente zunächst<br />
komödienartig mit einem Hang<br />
zur Selbstironie. Doch im Laufe<br />
der Zeit weichen die unterhaltsamen<br />
Momente den dramatischen,<br />
ohne dass es dabei zu einem<br />
offensichtlichen Bruch kommt.<br />
Mit Douglas und Damon in<br />
den Hauptrollen schafft Soderbergh<br />
ein biografisches Drama<br />
über den US-amerikanischen Pianisten<br />
und Entertainer Liberace.<br />
Douglas und Damon zeigen dabei<br />
ungeahnte Facetten. Sie brillieren<br />
in ihren Rollen und geben<br />
dem Film eine sehr glaubwürdige<br />
Note.<br />
„Liberace – Zu viel des Guten<br />
ist wundervoll“ ist trotz seiner<br />
kitschig-glitzernden Umsetzung<br />
aufgrund des dramatischen Themas<br />
faszinierend und aufregend<br />
zugleich.<br />
Kinostart: 3. Oktober<br />
Gefangen in der braunen Falle<br />
Gewinnspiel. Die deutschen<br />
Bürger haben gewählt. Die Sitzverteilung<br />
im Bundestag steht und<br />
die Parteien beraten über mögliche<br />
Koalitionen. Doch viele<br />
Gesetze werden außerhalb Berlins<br />
gemacht. Das Europäische<br />
Parlament in Brüssel ist das einzige<br />
direkt gewählte EU-Organ<br />
und eine der größten demokratischen<br />
Versammlungen der Welt.<br />
Doch was wissen die europäischen<br />
Bürger über Europa, die<br />
Europäische Union und ihr Parlament?<br />
Der Verein „Bürger Europas“<br />
hat vor Kurzem ein Preisausschreiben<br />
unter dem Motto<br />
„Unser Europa“ gestartet. Bei<br />
insgesamt acht Fragen geht es<br />
unter anderem um die Grundfreiheiten<br />
der Europäischen Union,<br />
das ERASMUS-Programm und<br />
den Europäischen Fiskalpakt. Bei<br />
einem Wissenstest rund um das<br />
Thema Europa können attraktive<br />
Preise gewonnen werden.<br />
Auf fünf Hauptgewinner warten<br />
Reisen nach Berlin, verbunden<br />
mit einem abwechslungsreichen<br />
Programm.<br />
(eb)<br />
Das Quiz und weitere Informationen<br />
zur Europapolitik unter<br />
www.buerger-europas.de.<br />
Das Bundesamt für Verfassungsschutz informiert in einer Wanderausstellung über Rechtsextremismus.<br />
Grafik: Bürger Europas<br />
Ausstellung. Rund 22 150 Personen<br />
gehörten Ende 2012 rechtsgerichteten<br />
Parteien, Organisationen<br />
in der Neonazi-Szene<br />
oder sonstigen rechtsextremistischen<br />
Organisationen an.<br />
Dies vermeldet das Bundesamt<br />
für Verfassungsschutz auf seiner<br />
Internetseite. Im Gegensatz<br />
zum Jahr 2010 ein Minus von<br />
2850. Doch von den 22 150 Personen<br />
seien rund 9600 gewaltbereite<br />
Rechtsextremisten, was<br />
einen leichten Anstieg im Vergleich<br />
zu 2010 bedeutet.<br />
Um Jugendliche über die rechte<br />
Szene aufzuklären, reist das Bundesamt<br />
für Verfassungsschutz<br />
mit der Wanderausstellung „Die<br />
braune Falle“ durch Deutschland.<br />
„Ziel dieser Ausstellung ist es,<br />
über Rechtsextremismus nicht<br />
mit erhobenem Zeigefinger zu<br />
informieren, sondern Jugendliche<br />
einen Schritt näher herantreten<br />
und hinter die Fassaden<br />
blicken zu lassen“, erklärt der<br />
Nicht nur für Jugendliche: Lebensgroße Figuren, info-tafeln und multimediaeinheiten sprechen alle an.<br />
Verfassungsschutz in der Broschüre<br />
zur Ausstellung.<br />
Eine Besonderheit: Der fiktive<br />
Aussteiger Mario S. erzählt<br />
seine persönliche Geschichte, wie<br />
er auf der Suche nach Halt und<br />
Orientierung an die Szene geraten<br />
ist, mittels Musik und Kameradschaft<br />
reinrutschte und zum<br />
Täter wurde. Seine Geschichte<br />
bis hin zum Ausstieg führt als<br />
roter Faden durch die Ausstellung<br />
und gibt dem Besucher so<br />
„auf Augenhöhe“ einen Einblick<br />
in die Strategien und Strukturen<br />
des Rechtsextremismus. Auf<br />
diese Weise kann er sich ein eigenes<br />
Urteil bilden, wie schnell aus<br />
der anfänglichen Faszination blutiger<br />
Ernst werden kann.<br />
Über drei unterschiedliche<br />
Informations-Ebenen kann<br />
sich der Besucher einen schnellen<br />
Überblick verschaffen oder<br />
auch tiefer ins Thema tauchen.<br />
Neben den Einstiegstafeln mit der<br />
Geschichte von Mario S. geben<br />
Fotos (2): Bundesamt für Verfassungsschutz<br />
Informationstafeln einen vertiefenden<br />
Einblick in das jeweilige<br />
Thema. Authentische Aussagen<br />
von Rechtsextremisten und Aussteigern<br />
ergänzen das Wissen und<br />
machen die Inhalte der Stationen<br />
lebendiger. Aber auch durch<br />
Multimedia-Einheiten kann sich<br />
der Besucher auf audiovisueller<br />
Ebene über die Themen informieren<br />
(eb)<br />
Die kostenlose<br />
Ausstellung<br />
wird von<br />
Mitarbeitern<br />
des Verfassungsschutz<br />
es b et r eut<br />
und ist <strong>vom</strong><br />
27. September bis 16. Oktober<br />
in Gotha, <strong>vom</strong> 7. bis 22. November<br />
in Fulda und <strong>vom</strong> 19. November<br />
bis 13. Dezember in<br />
Coburg zu sehen. Mehr Informationen<br />
und Anmeldung unter<br />
www.verfassungsschutz.de.
12 <strong>aktuell</strong> Vermischtes 30. september 2013<br />
Ausgewählte<br />
Medienbeiträge<br />
2. Oktober, 22.15 Uhr, n-tv:<br />
Die „Bell“ UH-1D ist eine Luftfahrtlegende<br />
der <strong>Bundeswehr</strong>.<br />
Der „Huey“ genannte Mehrzweckhubschrauber<br />
wird seit<br />
den 60er Jahren <strong>vom</strong> deutschen<br />
Militär als Lasten- und Truppentransporter,<br />
vor allem aber für<br />
Rettungseinsätze genutzt. Sein<br />
typisches Rotorblattgeräusch war<br />
in den vergangenen Jahrzehnten<br />
für hunderttausende Zivilisten<br />
das unüberhörbare Zeichen für<br />
nahende Hilfe. Inzwischen ist<br />
er ein Auslaufmodell. Veteranen<br />
und aktive Flieger schauen in der<br />
Dokumentation „Hubschrauber-<br />
Legende Huey – Die Bell UH-1D<br />
in Deutschland“ zurück auf seine<br />
Erfolgsgeschichte.<br />
Youtube-Video der Woche:<br />
Auf der Westplatte des Kunduztals<br />
wurde vor Kurzem noch der<br />
scharfe Schuss geübt. Heute sind<br />
deutsche Soldaten der Internationalen<br />
Schutztruppe auf der<br />
Suche nach übriggebliebenen<br />
Minenresten. Beim Durchkämmen<br />
der Felder werden sie schnell<br />
fündig. Ist der Sprengstoff noch<br />
scharf, wird dieser kontrolliert<br />
entzündet.<br />
(eb)<br />
Der Beitrag „Munitionssuche “<br />
unter www.youtube.com/bundeswehr.<br />
Fallschirmjäger im Amt<br />
Holger Schäfer hängt für die Stadt Ottweiler seine Uniform für einige Zeit in den Schrank.<br />
Ottweiler. Sein politisches Interesse<br />
kam durch die Elternarbeit an<br />
der Schule seiner Kinder. Seitdem<br />
ist Oberstleutnant Holger Schäfer<br />
nicht mehr aus der Kommunalpolitik<br />
Ottweilers wegzudenken. Der<br />
45-Jährige ist seit einem Jahr Bürgermeister<br />
der 15 000 Einwohner<br />
zählenden Stadt rund 30 Kilometer<br />
nordöstlich von Saarbrücken.<br />
Davor war er Chef des Stabes der<br />
Luftlandebrigade 26 in Saarlouis.<br />
Nicht nur die Perspektive, auch<br />
„die Zusammenarbeit mit Bürgern<br />
eine Stadt weiterzuentwickeln<br />
und der tiefere Einblick<br />
in die Landes- und Bundespolitik“,<br />
hätten ihn gereizt, das<br />
politische Amt anzutreten. Seit<br />
seinem Dienstantritt als Bürgermeister<br />
ruht sein Dienstverhältnis<br />
als Berufssoldat. Dies ist<br />
im Soldatengesetz (§ 25) geregelt.<br />
Die neuen Aufgaben würden<br />
sich gar nicht so sehr von denen<br />
im Stabsdienst der <strong>Bundeswehr</strong><br />
unterscheiden, betont der zweifache<br />
Familienvater. „Die Stadtverwaltung<br />
kennt ebenso eine<br />
Stabsdienstordnung und einen<br />
Geschäftsverteilerplan, eine<br />
Organisationsstruktur und eine<br />
Arbeitsgliederung“, erklärt er<br />
weiter. Nur der Arbeitszeitfaktor<br />
im Amt sei deutlich anders: „Als<br />
Bürgermeister bin ich tatsächlich<br />
rund um die Uhr im Dienst.<br />
Wochen zwischen 60 bis 80 Stunden<br />
sind keine Seltenheit.“<br />
Seine Erwartungen seien aber<br />
nur teilweise erfüllt worden:<br />
„Zum einen ist das Berufsbild<br />
hochinteressant und erweitert<br />
den persönlichen Horizont ungemein.<br />
Zum anderen haben wir<br />
aufgrund der gesetzlich geregelten<br />
Schuldenbremse einen stark<br />
eingeschränkten Handlungsspielraum.“<br />
Nach seiner Zeit als Bürgermeister<br />
wird Schäfer wieder<br />
zurück zur <strong>Bundeswehr</strong> gehen.<br />
„Der Bereich Militärpolitik<br />
würde mich sehr interessieren“<br />
sagt er und fügt lachend hinzu:<br />
„und selbstverständlich eine Verwendung<br />
in der Fallschirmjägertruppe“.<br />
(mag)<br />
Foto: holgerschaefer.net<br />
Was ist Ihr wertvollster Besitz?<br />
Das Fotoalbum meiner Familie.<br />
Welches Wort oder welche Redewendung gebrauchen Sie zu häufig?<br />
Hört auf zu jammern.<br />
Wo möchten Sie am liebsten leben?<br />
In Miami Beach.<br />
Was ist Ihre größte Errungenschaft?<br />
Zum Bürgermeister von Ottweiler gewählt worden zu sein.<br />
Wie können Sie am besten entspannen?<br />
Bei der Gartenarbeit und beim Sport.<br />
Wozu können Sie nicht „Nein“ sagen?<br />
Zu Schokolade.<br />
Was treibt Sie an?<br />
Die Neugier, etwas Neues zu erleben.<br />
Was war Ihr größter Fehler in der Vergangenheit?<br />
Eine Ausbildung in der Schweiz abgelehnt zu haben.<br />
Welches Lied singen oder hören Sie gern?<br />
„Bohemian Rhapsody“ von Queen.<br />
Mit wem würden Sie gern einen Monat lang tauschen?<br />
Mit einem Astronauten auf der Weltraumstation „ISS“.<br />
Welche natürliche Gabe möchten Sie besitzen?<br />
Mehrsprachigkeit.<br />
Wie lautet Ihr Lebensmotto?<br />
Die wirklich Großen sind diejenigen, die andere zum Lachen bringen<br />
und überall Fröhlichkeit verbreiten, ohne jemals zu befürchten,<br />
dass sie dadurch an Macht oder Ansehen verlieren können.