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Antifaschistische Kultur - Die Linke

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fen. Der Tod dieser Frauen wurde vom<br />

örtlichen Standesamt nicht registriert.<br />

Für KZ-Häftlinge fand in der Regel auf<br />

kommunalen Friedhöfen keine Beisetzung<br />

statt. 2 Unter den Toten ist eine Polin,<br />

die als einzige als ‚Schutzhäftling‘<br />

und nicht als ‚Jude‘ bezeichnet wird.<br />

<strong>Die</strong> jüngste dieser Frauen wurde 20 Jahre<br />

alt, die älteste 43. In der Übersicht<br />

differiert das Sterbedatum mit dem Tag<br />

der Überführung des Leichnams nach<br />

Sachsenhausen um bis zu drei Tagen.<br />

<strong>Die</strong>s könnte ein Indiz dafür sein, dass<br />

der Transport der Toten auf organisatorische<br />

Schwierigkeiten stieß. Zwei Drittel<br />

der Frauen kamen kurz vor ihrer Befreiung<br />

ums Leben, im März und April<br />

1945, ein Indiz für die fortschreitende<br />

Auszehrung der Häftlinge unter den gegebenen<br />

Arbeits- und Lebensbedingungen.<br />

Aus den Appell-Unterlagen geht<br />

weiter hervor, dass 9 Frauen in den Monaten<br />

Dezember 1944 bis Februar 1945<br />

nach Ravensbrück zurückgeschickt wurden;<br />

Edith Gönzer war mit 16 Jahren die<br />

jüngste von ihnen. Allein am 5. Januar<br />

gingen sechs Frauen ‚auf Transport‘.<br />

Aus welchen Gründen sich die Zahl der<br />

zum KZ-Außenlager Argus gehörenden<br />

Frauen von August 1944 bis April 1945<br />

noch reduzierte, konnte vorerst nicht ermittelt<br />

werden.<br />

Im Folgenden werden von uns die Namen<br />

der 15 Frauen dokumentiert, die<br />

das KZ-Außenlager Argus nicht überlebt<br />

hatten, sowie die Namen der nach Ravensbrück<br />

‚rücküberstellten‘ 9 Frauen,<br />

über deren Schicksal bislang nichts bekannt<br />

ist. <strong>Die</strong> Übersicht folgt der jeweiligen<br />

Chronologie der Ereignisse:<br />

88<br />

Im KZ-Außenlager Argus verstarben:<br />

- Jude 4625, Fischer, Edith, geb.<br />

27.10.1920 in Ungarn, gest.<br />

12.1.1945<br />

- Jude 4576, Erdös, Klara, geb. 21.2.1902<br />

in Ungarn, gest. 18.2.1945<br />

- Sch 3 13009, Skryzynska, Marianna,<br />

geb. 15.8.19[… 4 ] in Polen, gest.<br />

22.2.1945<br />

- Jude 4862, Havas, Edith, geb.<br />

22.5.1925 in Ungarn, gest. 27.2.1945<br />

- Jude, Binder, Olga, geb. 29.8.1910 in<br />

Ungarn, gest. 8.3.1945<br />

- Jude, Aufterber, Edith, geb. 29.6.1903<br />

in Ungarn, gest. 9.3.1945<br />

- Jude 4775, Greiner, Malvin, geb.<br />

27.11.1906 in Ungarn, gest.16.3.1945<br />

- Jude 4686, Fried, Margit, geb. 1.1.1904<br />

in Ungarn, gest. 25.3.1945<br />

- Jude 4889, Herz, Erszebet, geb.<br />

19.3.1908 in Ungarn gest. 28.3.1945<br />

- Jude 4959 Kalman, Lolan geb.<br />

25.7.1906 Ungarn, gest. 1.4.1945<br />

- Jude 4371, Berger, Edith, geb.<br />

15.3.1910 in Ungarn, gest. 5.4. 1945<br />

- Jude 12898, Fischer, Jozefa, geb.<br />

12.7.1908 in Ungarn, gest. 14.4.1945<br />

- Jude 4490, Buxbaum, Erzsebet, geb.<br />

21.4.1903 in Ungarn, gest. 10.4.1945<br />

- Jude 4386, Berkea, Magda, geb.<br />

8.12.1908 in Ungarn, gest. 18.4.1945<br />

- Jude 4502, Daniel, Ima [Imo, Irma?],<br />

gest.18.4.1945<br />

Nach Ravensbrück zurückgeschickt<br />

wurden:<br />

- Jude 4564, Elekes [?], Lilla, geb.<br />

6.4.1913 in Ungarn, nach Ravensbrück<br />

am 27.12.1944<br />

- Jude 4518, Deutsch, Katalin, geb. 21.6.<br />

1908 in Ungarn, nach Ravensbrück am<br />

5.1.1945<br />

- Jude 4671, Frankl, Iren[e], geb.<br />

5.2.1916 in Ungarn, nach Ravensbrück<br />

am 5.1.1945<br />

- Jude 4757, Goldschmidt, Pani, geb.<br />

21.9.1910 in Ungarn, nach Ravensbrück<br />

am 5.1.1945<br />

- Jude 4827, Gönzer, Edith, geb.<br />

22.7.1929 in Ungarn, nach Ravensbrück<br />

am 5.1.1945<br />

- Jude 5053, Klein, Lili, geb. 18.2.1918<br />

in Ungarn, nach Ravensbrück am<br />

5.1.1945<br />

- Jude 10754, Hoppe, Lola, geb.<br />

4.7.1918 in Polen, nach Ravensbrück<br />

am 5.1.1945<br />

- Jude 4646, Fleischmann, Borbala,<br />

geb. 14.3.1913 in Ungarn, nach Ravensbrück<br />

am 17.2.1945<br />

- Jude 13132, Gordon, Klara, geb.<br />

4.8.1914 in Ungarn, nach Ravensbrück<br />

am 17.2.1945<br />

Es wäre an der Zeit, in der Flottenstraße<br />

in Berlin-Reinickendorf für dieses KZ-<br />

Außenlager ein DENK-ZEICHEN zu setzen,<br />

auf dem auch alle Namen der hier<br />

getöteten Frauen Platz finden sollten.“ 5<br />

Dr. Horst Helas<br />

Zehn Biographien künden auch<br />

vom Antisemitismus in SBZ und DDR<br />

Andreas Weigelt u. Hermann Simon,<br />

Hrsg., Zwischen Bleiben und Gehen. Juden<br />

in Ostdeutschland 1945 bis 1956.<br />

Zehn Biographien, verlag edition berlin,<br />

Berlin 2008.<br />

Bis zum 30. Juni 2008 war eine neue<br />

Ausstellung in der „Stiftung Neue Synagoge<br />

Berlin – Centrum Judaicum“ in der<br />

Oranienburger Straße zu sehen. Ein Begleitband<br />

zur Ausstellung hält wesentliche<br />

Erkenntnisse der Exposition fest.<br />

Vorgestellt werden die Biographien<br />

von neun Männern und einer Frau: Otto<br />

Ephraim, Josef Jubelski, Adalbert Bela<br />

Kaba-Klein, Fritz Katten, Julius Meyer,<br />

Erich Nelhans, Eva Robinson, Ernest<br />

Wilkan, Karl Wolfsohn und Leo Zuckermann.<br />

Ergänzt wird der Band mit einem<br />

Beitrag über das Jüdische Kinderheim<br />

Berlin-Niederschönhausen, Neuanfang<br />

und Repression werden hier für die Jahre<br />

1945 bis 1953 vorgestellt.<br />

Schicksal um Schicksal berührt auf immer<br />

andere Weise. Das Dargestellte<br />

kündet von der Brutalität des Kalten<br />

Krieges, die Menschen in den Tod trieb,<br />

jahrelang hinter Zuchthausmauern verschwinden<br />

ließ, wenn man ihrer vor der<br />

Flucht noch habhaft werden konnte.<br />

Das Bleiben wurde diesen zehn Juden,<br />

die gerade den Holocaust überlebt hatten,<br />

auf vielfältige Weise verleidet, das<br />

1 Vgl. Archiv Sachsenhausen, D1A/1/227.<br />

2 Auskunft des Standesamtes des Bezirkes Reinickendorf<br />

von Berlin.<br />

3 Sch = Schutzhäftling.<br />

4 Geburtsjahr in der Quelle unleserlich.<br />

5 Vgl. Horst Helas u. Henning Müller, Das KZ-Außenlager<br />

Argus in Berlin Reinickendorf, in: Zwangsarbeit<br />

in Berlin 1938–1945, hrsg. vom Arbeitskreis Berliner<br />

Regionalmuseen, Berlin 2003, S. 276–277.<br />

Gehen war immer eine Flucht in letzter<br />

Sekunde.<br />

Alle zehn hatten sich dafür entschieden,<br />

überhaupt wieder in Deutschland<br />

heimisch zu werden, manche wirkten<br />

aktiv an der Schaffung eines „besseren<br />

Deutschlands“ mit, waren in der Vereinigung<br />

der Verfolgten des Naziregimes<br />

in führende Gremien gewählt worden<br />

und arbeiteten dort sehr aktiv mit. Einige<br />

der Porträtierten wurden Mitglied<br />

der SED und bekannten sich zugleich<br />

offen zu ihrem Judentum. Leo Zuckermann<br />

wirkte seit dem 11. Oktober 1949<br />

als erster Chef der Präsidialkanzlei der<br />

gerade gegründeten Deutschen Demo-

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