Antifaschistische Kultur - Die Linke
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Zu Heft 1–2/2008 und zum Titelblatt<br />
Reiner Zilkenat: „Volkstumspolitik“, faschistische Geheimdienste<br />
und die Politik der Sudetendeutschen Partei<br />
Für die regelmäßige Zusendung des<br />
Rundbriefs der AG Rechtsextremismus/<br />
Antifaschismus danke ich. Ich verwende<br />
diese Informationen sehr gern. Ihr Beitrag<br />
in Heft 1–2/2008 fand mein besonderes<br />
Interesse; einiges war mir neu.<br />
Bei aller Zustimmung tauchte jedoch eine<br />
wesentliche Frage auf: aus welcher<br />
Quelle stammt die Aussage auf S. 18, 3.<br />
Spalte: seit 1919 begann sich der Begriff<br />
„Sudetendeutsche“ einzubürgern?<br />
Wie Sie wissen, wuchs ich in Westböhmen<br />
auf. Mein Vater als Multi-Funktionär<br />
reiste oft durch Böhmen. Ich selbst<br />
war – wie bei der Arbeiterjugend damals<br />
üblich – per Fahrrad ebenfalls in Böhmen<br />
unterwegs. Wo man auch nachfragte,<br />
als die „Sudetendeutsche Heimatfront“<br />
gegründet worden war und dann<br />
die SdP: der Begriff war vorher nicht<br />
gebräuchlich! Auch in der mir zugänglichen<br />
Literatur ergab sich dasselbe. Vereinzelt<br />
– vereinzelt! – tauchte dieser Begriff<br />
zwar auf, aber eben nicht als ein<br />
allgemein gebräuchlicher.<br />
<strong>Die</strong> Sudetendeutsche Landsmannschaft<br />
einschließlich die Seliger-Gemeinde versuchen<br />
rückwirkend diesen Begriff populär<br />
zu machen; aus durchsichtigen<br />
Gründen. In manchen Publikationen<br />
versucht die Seliger-Gemeinde ebenfalls,<br />
rückwirkend etwas anzuwenden,<br />
was es damals nicht gab. Meinen Gesprächspartnern<br />
in der Seliger-Gemeinde<br />
sagte ich mehrfach: wer die Terminologie<br />
des Gegners übernimmt, ist bald<br />
auch von den Inhalten solcher Begriffe<br />
infiziert! Man redet wie gegen Windmühlenflügel!<br />
Eine Anmerkung zum Titelblatt: es<br />
scheint mir misslungen zu sein. Der<br />
Biss der Missgeburt von Dackel und<br />
Schlange erfolgt dort, wo nur eine geringe<br />
Angriffskapazität konzentriert<br />
war; der Hauptstoß sollte in der weichen<br />
Flanke im Süden erfolgen und<br />
vom Westen her durchs Egertal. Als die<br />
CSR eingekreist war, gab es „Austria“<br />
nicht mehr! Der im Bilde zu sehende<br />
bayerische Seppl charakterisiert den<br />
„Schwejk“ nicht! Das Hauptinstrument<br />
beim „Fall Grün“, die SdP, ist auf der<br />
Graphik nicht zu sehen. Ich weiß: man<br />
kann es nicht allen recht machen bei<br />
derartigen Graphiken.<br />
Beste Wünsche für Sie und Ihre Tätigkeit!<br />
Lorenz Knorr, Frankfurt am Main<br />
Einige Anmerkungen zu diesem Leserbrief:<br />
<strong>Die</strong> Bezeichnung „Sudetendeutsche“<br />
oder „sudetendeutsch“ war spätestens<br />
seit der Gründung des so genannten Sudetendeutschen<br />
Heimatbundes im Jahre<br />
1923 geläufig. Sie begann sich aber tatsächlich<br />
– so wie ich vorsichtig zu formulieren<br />
glaubte – erst einzubürgern;<br />
sie war keineswegs zu dieser Zeit überall<br />
geläufig. <strong>Die</strong>s änderte sich schlagartig<br />
1933 mit der Gründung der SdP. Einer<br />
der besten Kenner der Materie, Werner<br />
Röhr, schrieb unlängst hierzu: „<strong>Die</strong> Termini<br />
‚sudetendeutsch‘, ‚Sudetendeutscher‘,<br />
‚Sudetendeutschtum‘ sind keine<br />
historisch überkommenen Bezeichnungen<br />
für die Gesamtheit der Deutschen in<br />
den Böhmischen Kronländern, also Böhmen,<br />
Mähren und Österreichisch-Schlesien,<br />
die bis 1918 zum Habsburger Reich<br />
gehörten. Viele dort lebende Deutsche<br />
lehnten es ausdrücklich ab, sich als Sudetendeutsche<br />
zu bezeichnen. <strong>Die</strong>se<br />
Tschechische Namen und Begriffe<br />
Wie ich in den vergangenen Heften sehe,<br />
stellen Sie die diakritischen Zeichen<br />
der tschechischen Buchstaben<br />
nicht dar. Lässt sich da etwas ändern?<br />
So etwas sollte doch im Computer-Zeitalter<br />
zum Standardrepertoire von Zeitschriften<br />
gehören. Auch die „Vertriebe-<br />
nen“-Blätter (die ich kenne) geben da<br />
sehr darauf acht. Hinter sie sollte man<br />
schließlich nicht zurückfallen.<br />
Für mich wird der „Rundbrief“ immer<br />
wichtiger. Wahrscheinlich liegt das auch<br />
daran, dass er an Gehalt immer mehr zunimmt.<br />
Ich habe ihn inzwischen an vier<br />
Termini sind vielmehr künstliche Schöpfungen,<br />
die ab 1903 von der völkischen,<br />
alldeutschen Bewegung in Österreich populär<br />
gemacht wurden, um eine kollektive<br />
Identität der hier lebenden Deutschen<br />
zu suggerieren und zu erzeugen. Karriere<br />
machte das Wort ‚sudetendeutsch‘<br />
erst mitsamt der völkischen Bewegung.<br />
Der Verleger Johannes Stauda verschaffte<br />
ihm nach dem ersten Weltkrieg einen<br />
Stellenwert als politisches Gebrauchswort,<br />
um den ‚deutschen Volkstumskampf‘<br />
in Böhmen zu führen. Der Terminus<br />
‚Sudetendeutschtum‘ sollte die<br />
Deutschen in Böhmen und Mähren begrifflich<br />
vereinheitlichen als Voraussetzung<br />
ihrer politischen und geistigen Formierung.<br />
Im Bewusstsein der politischen<br />
Zweckkonstruktion dieses künstlichen,<br />
inzwischen in die Alltagssprache eingeflossenen<br />
Terminus wird er nachfolgend<br />
zur Bezeichnung der tschechoslowakischen<br />
Staatsbürger deutscher Nationalität<br />
gebraucht, die zuvor und gleichzeitig<br />
‚Deutschböhmer‘ etc. genannt wurden.“<br />
(Werner Röhr, September 1938. <strong>Die</strong> Sudetendeutsche<br />
Partei und ihr Freikorps,<br />
Berlin 2008, S. If. Anm. 1)<br />
Das Titelbild stellt eine Karikatur dar,<br />
die – wie es nun einmal bei Karikaturen<br />
üblich war und ist – mitunter sehr komplexe<br />
Sachverhalte optisch so „auf den<br />
Punkt“ bringen muss, dass der Betrachter<br />
möglichst auf Anhieb versteht, worin<br />
die Botschaft des Künstlers besteht.<br />
Das ist mit dieser Karikatur aus den<br />
USA, die ich in dem von Gerhart Hass<br />
1988 in der DDR veröffentlichten Band<br />
„Münchner Diktat 1938“ fand, meines<br />
Erachtens hervorragend gelungen.<br />
R. Z.<br />
oder fünf historisch Interessierte weiter<br />
gegeben, die zwar politisch nicht „auf<br />
unserer Linie“ liegen, den „Rundbrief“<br />
aber dennoch beziehen möchten.<br />
René Senenko,<br />
Willi-Bredel-Gesellschaft Hamburg<br />
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