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Antifaschistische Kultur - Die Linke

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sen bewirkte die Blockade – stimuliert<br />

durch die hasserfüllte Propaganda der<br />

US-amerikanischen und bürgerlichen<br />

sowie sozialdemokratischen Medien –<br />

die Herausbildung eines militant antikommunistischen<br />

und antisowjetisch<br />

geprägten „Westberlinertums“. Begünstigt<br />

wurde diese sich rasch entwickelnde<br />

antikommunistische Mentalität durch<br />

die Nachwirkungen der entsprechenden<br />

„antibolschewistischen“ Nazi-Propaganda,<br />

aber auch von undemokratischen<br />

und willkürlichen Handlungen der Sowjetischen<br />

Militäradministration und der<br />

SED in der SBZ sowie durch die beginnende<br />

„Sowjetisierung“ mittel- und osteuropäischer<br />

Staaten.<br />

Achtens<br />

Ungeachtet alles dessen: <strong>Die</strong> Berliner<br />

Krise von 1948/49 belegt, dass der Kal-<br />

1 Bei diesem Beitrag handelt es sich um die stark erweiterte<br />

und überarbeitete Fassung des unter dem<br />

gleichen Titel veröffentlichten Artikels in der Broschüre:<br />

„Berlin ist einen Krieg wert …“ Währungsreform,<br />

Luftbrücke, Spaltung Berlins – <strong>Die</strong> Berliner<br />

Krise 1948/1949, Berlin 2008 (Beiträge zur Berliner<br />

Geschichte des Arbeitskreises Geschichte bei<br />

der DKP Neukölln, H.1), S. 26ff.<br />

2 Aus Platzgründen wird die Außenpolitik Großbritanniens<br />

und Frankreichs in den Jahren nach 1945, insbesondere<br />

ihre Besatzungspolitik in Deutschland,<br />

fast vollständig ausgeblendet. Aufgrund der seit<br />

den späten siebziger Jahren vollzogenen Öffnung<br />

der britischen Archive, existiert mittlerweile eine<br />

große Anzahl von Publikationen – auch von deutschen<br />

Autoren –, die sich mit der Politik Großbritanniens<br />

in der Zeit des beginnenden Kalten Krie-<br />

64<br />

te Krieg kein unabwendbares Schicksal<br />

darstellte. Auch auf Seiten der Westmächte<br />

existierten in Zeiten zugespitzter<br />

Konfrontation – aus welchen Motiven<br />

auch immer – Vorstellungen und<br />

Konzeptionen, die von der Möglichkeit<br />

ausgingen, auf dem Verhandlungswege<br />

zu einer Lösung der Konflikte mit der<br />

UdSSR zu gelangen. Ihre legitime Interessen<br />

sollten dabei zumindest teilweise<br />

eine angemessene Berücksichtigung<br />

finden. Dass nicht sie, sondern<br />

die Protagonisten eines aggressiven politischen<br />

Kurses gegen die Sowjetunion<br />

sich durchsetzen konnten, ging auf Kosten<br />

der Stadt Berlin, Deutschlands und<br />

Europas. <strong>Die</strong> tiefer liegenden Ursachen<br />

hierfür können an dieser Stelle nicht<br />

analysiert und bewertet werden. Man<br />

wird aber von der Wahrheit nicht weit<br />

entfernt sein, wenn man die ökonomi-<br />

ges befassen. Vgl. z. B. Claus Scharf u. Hans-Jürgen<br />

Schröder, Hrsg., <strong>Die</strong> Deutschlandpolitik Großbritanniens<br />

und die Britische Zone 1945–1949, Wiesbaden<br />

1979; Falk Pingel, „<strong>Die</strong> Russen am Rhein!“ Zur<br />

Wende der britischen Besatzungspolitik im Frühjahr<br />

1946, in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte (im<br />

Folgenden: VfZ), 30. Jg., 1982, H. 1, S. 98ff.; Josef<br />

Foschepoth, Britische Deutschlandpolitik zwischen<br />

Jalta und Potsdam, in: ebenda, H. 4, S. 675ff.; Rolf<br />

Steininger, <strong>Die</strong> britische Deutschlandpolitik in den<br />

Jahren 1945/46, in: Aus Politik und Zeitgeschichte,<br />

B 1–2/1982, S. 28ff.; Josef Foschepoth u. Rolf Steininger,<br />

Hrsg., <strong>Die</strong> britische Deutschland- und Besatzungspolitik<br />

1945–1949, 2. Aufl., Paderborn 1990:<br />

John Farquharson, Großbritannien und die deutschen<br />

Reparationen nach dem Zweiten Weltkrieg,<br />

in: VfZ, 46. Jg., 1998, H. 1, S. 43ff.<br />

schen, militär-strategischen und politischen<br />

Interessen des aufstrebenden,<br />

aggressiven Militär-Industrie-Komplexes<br />

(diesen Begriff prägte Dwight D. Eisenhower<br />

77 ) der Vereinigten Staaten dabei<br />

ins Visier nähme.<br />

So bleibt abschließend festzuhalten:<br />

<strong>Die</strong> Berliner Krise der Jahre 1948/49<br />

war ein erster Höhepunkt des Kalten<br />

Krieges, der sich auch in den nächsten<br />

Jahren und Jahrzehnten immer von neuem<br />

in und um Berlin zuspitzen sollte.<br />

<strong>Die</strong>se Krise mit „Blockade“, „Gegenblockade“<br />

und „Luftbrücke“ bildete dabei,<br />

wie es der Staatssekretär im britischen<br />

Außenministerium, Hector McNeil, zutreffend<br />

ausdrückte, eine „taktische<br />

Episode im strategischen Kampf um<br />

ganz Deutschland“ 78 .<br />

Dr. Reiner Zilkenat<br />

James Burnham über „versäumte Chancen“ der USA während<br />

der „Berliner Krise“ 1948/49<br />

„Als die Kommunisten im Frühjahr 1948 den Zugang nach<br />

Berlin allmählich drosselten, wurde die amerikanische Führung<br />

durch die Entwicklung der Situation zu einer Entscheidung<br />

genötigt. (…) Zwei vernünftige Entscheidungen waren<br />

möglich. Einmal konnte man die Stellung als unhaltbar ansehen<br />

und sich zurückziehen. Das hätte eine Niederlage bedeutet,<br />

die man erklären und vielleicht auch hätte rechtfertigen<br />

können, die aber weder zu verbergen noch gegen eine<br />

lange Reihe von schwächenden Folgen abzuschirmen gewesen<br />

wäre. Andererseits konnte man dem Feind das Recht<br />

zur Blockade bestreiten, die Anerkennung der Sperren verweigern<br />

und bewaffnete Kolonnen mit Vorräten hindurchschicken.<br />

Es wird vielfach angenommen, dass General Clay,<br />

der damalige amerikanische Militärgouverneur, diese zweite<br />

Entscheidung befürwortete.<br />

<strong>Die</strong> Entsendung bewaffneter Kolonnen hätte das Risiko eines<br />

bewaffneten Zusammenstoßes bedeutet, und ein bewaffneter<br />

Zusammenstoß vor den Toren Berlins hätte das, wenn<br />

auch noch so geringe, Risiko eines allgemeinen Krieges bedeutet.<br />

<strong>Die</strong>ses Risiko lässt sich nicht abstreiten. Im Frühjahr<br />

1948 gab es aber eine wohlbegründete Auffassung – die hinterher<br />

fast allgemein geteilt wird –, dass dieses Risiko geringfügig<br />

war. Das gesamte Verhalten der Sowjets lässt dar-<br />

auf schließen, dass bewaffnete Kolonnen durchgekommen<br />

wären, ohne auf bewaffneten Widerstand zu stoßen.<br />

Das winzige Risiko war verbunden mit der Chance eines gewaltigen<br />

Erfolges. <strong>Die</strong> unmittelbare Brechung der Berliner<br />

Blockade wäre eine donnernde Niederlage der Sowjetunion<br />

gewesen, die in aller Welt einen zunehmenden Widerhall<br />

gehabt hätte, vor allem aber in Osteuropa. Sie hätte in<br />

der Praxis bewiesen, dass die Kommunisten zu schlagen<br />

sind. Ich habe mit vielen Menschen in Deutschland gesprochen,<br />

die der Meinung sind, dass dadurch die Stellung der<br />

Sowjets in ihrer Zone Deutschlands so untergraben worden<br />

wäre, dass sie ihre Truppen hätten zurückziehen müssen.<br />

Das ist vielleicht zu optimistisch. Aber es kann kaum<br />

zweifelhaft sein, dass die Niederlage der Kommunisten alle<br />

Trabantenvölker mit neuer Hoffnung und neuer Entschlossenheit<br />

erfüllt haben würde. Es wäre der erste Rückschlag<br />

gewesen, seitdem 1944 die kommunistische Flut in Osteuropa<br />

zu steigen begann, der erste und dringend benötigte<br />

Beweis, dass der Eiserne Vorhang nicht für alle Zeiten herabgelassen<br />

worden ist.“<br />

James Burnham, <strong>Die</strong> Strategie des Kalten Krieges, Stuttgart<br />

1950, S. 54f.<br />

3 <strong>Die</strong> Literatur zu dieser Thematik ist selbst für Spezialisten<br />

auf diesem Gebiet kaum noch überschaubar.<br />

Zur Einführung vgl. z. B. David Horowitz, The<br />

Free World Colossus. A Critique of American Foreign<br />

Policy in the Cold War, revisited edition, New<br />

York 1971; Thomas H. Etzold u. John Lewis Gaddis,<br />

Containment. Documents on American Policy and<br />

Strategy 1945–1950, New York 1978; Daniel Yergin,<br />

Der zerbrochene Frieden. Der Ursprung des<br />

Kalten Krieges und die Teilung Europas, Frankfurt<br />

a. M. 1979; Wilfried Loth, <strong>Die</strong> Teilung der Welt. Geschichte<br />

des Kalten Krieges 1941–1955, 2. Aufl.,<br />

München 1982; Helmut Wolfgang Kahn, Der Kalte<br />

Krieg. Band 1: Spaltung und Wahn der Stärke<br />

1945–1955, Köln 1986; Gregg Herken, The Winning<br />

Weapon. The Atomic Bomb in the Cold War<br />

1945–1950, Princeton, N.J. 1988; Mary Kaldor, Der

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