Antifaschistische Kultur - Die Linke
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Wahlen einverstanden erklärte, sind ein<br />
Beleg dafür, dass die Sicherheitsinteressen<br />
der UdSSR auch Vorrang vor<br />
der Existenz der jungen DDR hatten. 70<br />
Leider wurde auch in diesem Falle von<br />
westlicher Seite kein hinreichender Versuch<br />
unternommen, die Ernsthaftigkeit<br />
des sowjetischen Vorschlages auf die<br />
Probe zu stellen. Dabei spielte vor allem<br />
der westdeutsche Kanzler Konrad Adenauer<br />
eine destruktive Rolle, der alles<br />
Erdenkliche tat, um in Washington, London<br />
und Paris, aber auch in Bonn durchaus<br />
vorhandene Tendenzen zu torpedieren,<br />
auf die Vorschläge Stalins positiv zu<br />
antworten bzw. ihre Seriosität einer Prüfung<br />
zu unterziehen.<br />
Zusammenfassung<br />
Erstens<br />
<strong>Die</strong> Außenpolitik der Sowjetunion war<br />
nach der siegreichen Beendigung des<br />
Zweiten Weltkrieges strikt an den nationalen<br />
Interessen des Landes ausgerichtet.<br />
Sie erinnert dabei an eine Variante<br />
„klassischer“ auswärtiger Machtpolitik.<br />
Von einer expansiv orientierten Politik,<br />
etwa im Sinne der Stimulierung revolutionärer<br />
Situationen im Westen Europas,<br />
gar vom Versuch eines dorthin versuchten<br />
„Revolutionsexportes“, konnte keine<br />
Rede sein. Eher war die Führung der<br />
UdSSR bestrebt, mäßigend auf die hier<br />
wirkenden kommunistischen Parteien<br />
und revolutionären Bewegungen einzuwirken.<br />
Sehr zugespitzt formuliert: Auch<br />
eine nicht-kommunistische Regierung<br />
hätte sich so oder ähnlich verhalten.<br />
Zweitens<br />
<strong>Die</strong> Außenpolitik der Sowjetunion war<br />
in ihrem Kern defensiv ausgerichtet.<br />
Sie verfolgte besonders die folgenden<br />
Zielsetzungen: die Verhinderung der<br />
Entstehung eines neuen „antibolschewistischen“<br />
cordon sanitaire an ihren<br />
westlichen Grenzen; die Verhinderung<br />
einer Einbeziehung des ökonomischen<br />
Potenzials sowie der anderen Ressourcen<br />
Deutschlands in eine der Sowjetunion<br />
feindlich gesinnte Allianz 71 ; die<br />
Schaffung möglichst günstiger äußerer<br />
Bedingungen für den Wiederaufbau des<br />
in weiten Teilen zerstörten Landes; daraus<br />
resultierend die Aufrechterhaltung<br />
guter Beziehungen zu den westalliierten<br />
Partnern des Zweiten Weltkrieges, insbesondere<br />
zu den USA; die Schaffung<br />
einer von ihr dominierten Einfluss-Sphäre<br />
in Mittel- und Osteuropa, eines „umgedrehten“<br />
cordon sanitaire, wobei von<br />
vornherein nicht ausgemacht war, dass<br />
die davon betroffenen Staaten das Gesellschaftssystem<br />
der Sowjetunion annehmen<br />
müssten. <strong>Die</strong>s änderte sich<br />
jedoch 1947/48. Aus der Sicht der sowjetischen<br />
Führung handelte es sich<br />
bei der Truman-Doktrin und beim Marshallplan<br />
um gegen die UdSSR gerichtete,<br />
aggressive politische Handlungen.<br />
Sie unterstützten und beschleunigten –<br />
mit den Worten von Gerhard Keiderling<br />
– „die Sowjetisierung der osteuropäischen<br />
Staaten. Der kommunistische<br />
Staatsstreich in der Tschechoslowakei<br />
im Februar 1948, die zeitgleiche Umwandlung<br />
Ungarns in eine ‚Volksrepublik‘<br />
und die rigorose Disziplinierung der<br />
polnischen Nationalkommunisten um<br />
Wladyslaw Gomulka waren aus Moskauer<br />
Sicht Maßnahmen, die der Konsolidierung<br />
des eigenen Imperiums dienten.“<br />
72<br />
Drittens<br />
<strong>Die</strong> Deutschland-Politik der UdSSR<br />
war an der Einheit Deutschlands orientiert.<br />
73 <strong>Die</strong> Gründung der DDR 1949 –<br />
nach der Konstituierung der Bundesrepublik<br />
Deutschland – war ein reversibler<br />
Akt. <strong>Die</strong> so genannten Stalin-Noten von<br />
1952 dokumentierten, dass die Existenz<br />
der DDR auf schwankenden Füßen<br />
stand, sollte es gelingen, die Schaffung<br />
eines neutralen, bürgerlich-demokratischen,<br />
der Sowjetunion nicht feindlich<br />
gesinnten, friedfertigen, einheitlichen<br />
deutschen Staates zu erreichen. Deshalb<br />
nahm die sowjetische Führung, in<br />
Sonderheit Josef Stalin persönlich, eine<br />
eher reservierte Haltung gegenüber<br />
allen Bestrebungen der SED ein, in der<br />
SBZ bzw. in der DDR den Aufbau des<br />
Sozialismus in Angriff zu nehmen oder<br />
ihn zu forcieren. 74 „Viele hundert voneinander<br />
unabhängige Zeugnisse aus<br />
dem ersten Nachkriegsjahrzehnt belegen“,<br />
so resümiert Wilfried Loth, „dass<br />
Stalin ein demokratisches Nachkriegsdeutschland<br />
anstrebte …“ 75<br />
Viertens<br />
Demgegenüber setzte sich in den Vereinigten<br />
Staaten nach dem Tod von Franklin<br />
D. Roosevelt eine solche Variante<br />
der Außenpolitik durch, die von der<br />
Durchsetzung der ökonomischen, politischen<br />
und militärischen Suprematie des<br />
Landes überall in der Welt, nicht zuletzt<br />
in Europa, geprägt war. Dabei spielte<br />
die Existenz prinzipiell offener Märkte,<br />
der ungehinderte Zugang zu den wichtigsten<br />
Rohstoffen, vor allem das Erdöl<br />
betreffend, und die Durchsetzung des<br />
ökonomischen Wiederaufbaus in Europa<br />
und Asien nach kapitalistischem<br />
Muster die entscheidende Rolle. 76 Von<br />
Empathie mit der geschundenen Sowjetunion,<br />
die einen herausragenden Anteil<br />
an der Niederringung des deutschen Fa-<br />
schismus und japanischen Militarismus<br />
und damit am gemeinsamen Sieg der Alliierten<br />
hatte, konnte keine Rede sein.<br />
Fünftens<br />
Der Kalte Krieg als ein zwischen den<br />
USA und der Sowjetunion ausgeführter<br />
weltweiter Konflikt mit allen denkbaren<br />
Mitteln, außer mit denen des Krieges<br />
zwischen diesen beiden Staaten, setzte<br />
sich seit 1947/48 als dominierende<br />
Tendenz in den internationalen Beziehungen<br />
durch. <strong>Die</strong> hauptsächliche<br />
Verantwortung hierfür tragen die damals<br />
Herrschenden in den USA. Bereits<br />
1948 wurden die ersten detaillierten<br />
Kriegsplanungen gegen die Sowjetunion<br />
ausgearbeitet, die vor allem den unverzüglichen<br />
Einsatz von Atombomben<br />
beinhalteten.<br />
Sechstens<br />
<strong>Die</strong> Berliner Krise 1948/49 stellte den<br />
ersten gefährlichen Höhepunkt in der<br />
weltweiten Auseinandersetzung zwischen<br />
den USA und der UdSSR dar. Angesichts<br />
der Gefahr, dass die militärischen<br />
Kräfte beider Staaten, anders als<br />
im 1950 ausbrechenden Korea-Krieg,<br />
unmittelbar militärisch aufeinander treffen<br />
konnten, war die Gefahr eines über<br />
Nacht entstehenden Krieges zwischen<br />
ihnen nicht auszuschließen. Da die Sowjetunion<br />
damals noch nicht über Atomwaffen<br />
verfügte, wäre der Ausgang eines<br />
solchen Konfliktes zugunsten der<br />
USA zweifelsfrei gewesen.<br />
Siebtens<br />
<strong>Die</strong> UdSSR hatte gute Gründe, die Sperrung<br />
der Zugänge auf dem Lande nach<br />
Westberlin zu verfügen – angesichts<br />
der eskalierenden, gegen die gemeinsamen<br />
Beschlüsse von Jalta und Potsdam<br />
gerichteten Handlungen der USA<br />
und Großbritanniens, insbesondere der<br />
Vorbereitungen zur Schaffung eines separaten<br />
deutschen „Weststaates“ sowie<br />
nach der von ihnen verfügten einseitigen<br />
Währungsreform in den Westzonen<br />
bzw. in den Westsektoren Berlins. Dabei<br />
stand – jedenfalls am Beginn der<br />
„Blockade“ – eine gewichtige strategische<br />
Überlegung im Mittelpunkt: die<br />
Westmächte zu veranlassen, sich dauerhaft<br />
aus ihren Sektoren in Berlin zurückzuziehen.<br />
Das Kalkül der sowjetischen<br />
Führung ging bekanntlich nicht<br />
auf. Weder zogen die Westmächte aus<br />
Berlin ab, noch nahmen die Bewohner<br />
der Westsektoren Berlins in Größenordnungen<br />
das Angebot des Ost-Berliner<br />
Magistrates an, sich im sowjetisch<br />
besetzten Sektor kontinuierlich mit Lebensmitteln<br />
zu versorgen. Stattdes-<br />
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