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Antifaschistische Kultur - Die Linke

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und am 7. Januar 1949, bei denen sich<br />

die Räumlichkeiten im Haus der <strong>Kultur</strong><br />

der Sowjetunion wegen des großen Andrangs<br />

als viel zu klein erwiesen, kam<br />

es zu einer mehrstündigen, freien und<br />

fairen Diskussion. Leider blieb dies eine<br />

Episode.<br />

Bei der Rezeption der sowjetischen<br />

Deutschland-Politik in den Westzonen<br />

bzw. in den Westsektoren Berlins ist<br />

stets in Rechnung zu stellen, dass negative<br />

Erscheinungen innerhalb der SBZ<br />

es den Propagandisten der USA und ihren<br />

deutschen Helfershelfern erleichterten,<br />

ihr Zerrbild von der Sowjetunion mit<br />

dem Siegel der Glaubwürdigkeit zu versehen.<br />

Wilfried Loth spricht in diesem<br />

Zusammenhang vom „alltäglichen Stalinismus“,<br />

der sich in zunehmendem Maße<br />

in der Sowjetischen Besatzungszone<br />

bemerkbar gemacht habe. 66 Dazu gehörten<br />

das willkürliche Regime der sowjetischen<br />

Geheimdienste, die nicht nur,<br />

so wie es in den Potsdamer Beschlüssen<br />

festgelegt worden war, ehemalige<br />

Nazis verfolgten, sondern in deren<br />

Fängen nicht wenige unschuldige Menschen<br />

gerieten.<br />

In diesem Zusammenhang ist auch der<br />

verhängnisvolle Abschied der SED von<br />

der Konzeption des eigenständigen<br />

deutschen Weges zum Sozialismus zu<br />

nennen, der in den Dokumenten der<br />

KPD von 1945 vorgezeichnet und von<br />

Anton Ackermann, der zur Parteiführung<br />

der KPD bzw. SED zählte, in einem<br />

im Februar 1946 in der Zeitschrift „Einheit“<br />

veröffentlichten Artikel theoretisch<br />

begründet worden war. Mit der Orientierung<br />

auf die Umgestaltung der SED zu<br />

einer „Partei neuen Typus“ nach Leninschem<br />

Muster, einschließlich des Organisationsprinzips<br />

des „Demokratischen<br />

Zentralismus“ und des von Stalin in seinen<br />

„theoretischen“ Schriften entwickelten,<br />

dogmatisch verengten „Marxismus-<br />

62<br />

Leninismus“ sowie mit der wachsenden<br />

personellen und vor allem ideologischen<br />

Dominanz von Kommunisten innerhalb<br />

der Sozialistischen Einheitspartei, die<br />

im Verlaufe des Jahres 1948 erfolgte,<br />

büßte die Partei naturgemäß an Attraktivität<br />

und Reputation ein – nicht nur in<br />

den Westzonen. 67 Selbstverständlich<br />

wurden diese Entwicklungen nicht allein<br />

der SED angelastet, sondern es wurde<br />

ein Zusammenhang dieser Veränderungen<br />

mit der Politik der sowjetischen Besatzungsmacht<br />

hergestellt.<br />

Es kam hinzu, dass innenpolitische Ereignisse<br />

in den sich entwickelnden<br />

„volksdemokratischen“ Staaten Mittel-<br />

und Osteuropas – man denke zum Beispiel<br />

an die Geschehnisse in der Tschechoslowakei<br />

im Februar 1948 – auch bei<br />

solchen Deutschen abschreckend wirkten,<br />

die der Sowjetunion eher wohlwollend<br />

begegneten. Sie dienten aber auch<br />

als Katalysatoren für die gegen die Sowjetunion<br />

gerichtete Politik der Westalliierten.<br />

Der beginnende, hasserfüllte<br />

Konflikt zwischen der UdSSR und Jugoslawien,<br />

der Kampf gegen den so genannten<br />

Titoismus innerhalb der kommunistischen<br />

Parteien, auch innerhalb der<br />

SED, als dessen Resultat anders denkende<br />

Kommunistinnen und Kommunisten<br />

mundtot gemacht und unterdrückt<br />

wurden, tat sein Übriges. 68<br />

Alle diese Entwicklungen betrafen nicht<br />

unmittelbar die Berliner Krise in den Jahren<br />

1948/49. Sie erleichterten es aber<br />

den Propagandisten des Antikommunismus<br />

und Antisowjetismus beträchtlich,<br />

in den Köpfen zahlreicher Menschen<br />

Verwirrung zu stiften sowie Misstrauen<br />

und Ablehnung gegen die Politik<br />

der UdSSR und der SED hervorzurufen<br />

bzw. weiter auszuprägen. Ohne sich diese<br />

Sachverhalte in Erinnerung zu rufen,<br />

kann die große und bleibende Wirkung<br />

des Antikommunismus in den Westsek-<br />

James Burnham über die Notwendigkeit einer Kriegsplanung<br />

gegen die UdSSR:<br />

„In wenigstens einer Hinsicht ist die Kriegsplanung heute<br />

für die Vereinigten Staaten eine leichterer Aufgabe als<br />

jemals vorher für uns oder irgendeine andere Nation. Der<br />

Hauptfeind steht unzweifelhaft fest. Ja, es gibt überhaupt<br />

nur eine andere Großmacht, und daher braucht auch nur ein<br />

großer Krieg geplant zu werden. Es wäre möglich, dass kleinere<br />

Kriege entständen, um hier oder dort eine kleine Nation<br />

zur Ordnung zu rufen, aber das würde keine ernsthafte<br />

militärische Anstrengung bedeuten. Es mögen noch gewisse<br />

Zweifel hinsichtlich der endgültigen Gruppierung kleinerer<br />

Nationen bestehen, aber wie immer diese ausfallen<br />

mag – der entscheidende Hauptfeind kann nur die Sowjetu-<br />

toren Berlins zur Zeit der so genannten<br />

Blockade und in den Jahren danach<br />

nicht hinreichend erklärt werden.<br />

Perspektive eines vereinten<br />

Deutschland bleibt Bestandteil<br />

sowjetischer Außenpolitik<br />

Ungeachtet all’ dessen gilt es hervorzuheben:<br />

<strong>Die</strong> Sowjetunion blieb die einzige<br />

Siegermacht, die bis „fünf Minuten<br />

nach zwölf“ an der Aufrechterhaltung<br />

bzw. Wiederherstellung der deutschen<br />

Einheit festhielt. 69<br />

Sie war tatsächlich aus Gründen nationaler<br />

Sicherheit lange Zeit darauf fixiert,<br />

ein vereintes, demilitarisiertes, entnazifiziertes,<br />

politisch neutrales Deutschland<br />

mit einer bürgerlich-parlamentarischen<br />

Ordnung in der Mitte Europas zu<br />

etablieren, von dem aus zukünftig keine<br />

militärischen Gefahren für das eigene<br />

Land ihren Ausgang nehmen konnten.<br />

Dabei spielten nicht zuletzt auch die<br />

eingangs skizzierten ökonomischen Gesichtspunkte<br />

eine Rolle, die einen erneuten<br />

Krieg für die Sowjetunion undenkbar<br />

machten. Deshalb blieb die Führung der<br />

KPdSU und der UdSSR auch nach der<br />

Gründung beider deutscher Staaten darauf<br />

orientiert, jede Chance zu ergreifen,<br />

um die Remilitarisierung der BRD mit<br />

dem Ziel, sie in eine antisowjetische Allianz<br />

einzureihen, zu verhindern. <strong>Die</strong> „gesamtdeutsche<br />

Karte“ blieb für die sowjetische<br />

Führung weiter im Spiel.<br />

<strong>Die</strong> so genannte Stalin-Note an die<br />

Westalliierten vom 10. März 1952, die<br />

darauf folgenden Noten vom 9. und 24.<br />

April sowie vom 23. August 1952, in denen<br />

die sowjetische Führung die Herstellung<br />

eines wiedervereinten deutschen<br />

Staates anbot, der keinem Bündnissystem<br />

angehören, wohl aber über eine<br />

eigene Armee verfügen sollte, und in<br />

denen sie sich auch mit der Durchführung<br />

geheimer, allgemeiner und gleicher<br />

nion sein, genauer gesagt der Weltkommunismus, der seinen<br />

Hauptstützpunkt in der Sowjetunion hat. Jetzt besteht<br />

kein Grund für die Verschwendung von Zeit und Kraft. (…)<br />

<strong>Die</strong>ser Zustand ist so offensichtlich, dass man keiner geheimen<br />

Informationen bedarf, um zu wissen, dass alle Kräfte<br />

der politischen und militärischen Kriegsplanung in den Vereinigten<br />

Staaten sich heute auf die Aufgabe konzentrieren,<br />

einen Kriegsplan gegen die Sowjetunion (und alle etwa mit<br />

ihr verbundenen Trabanten und Alliierten) auszuarbeiten.“<br />

James Burnham, <strong>Die</strong> Strategie des Kalten Krieges, Stuttgart<br />

1950, S. 133f.

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