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Antifaschistische Kultur - Die Linke

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mächte diesem Beschluss zunächst zu,<br />

um ihn dann in letzter Minute, kurz vor<br />

der Abstimmung im Sicherheitsrat der<br />

UN am 25. Oktober 1948, zu verwerfen:<br />

es sollte nur noch um die Beendigung<br />

der „Blockade“ gehen. Dennoch gingen<br />

die Gespräche zwischen der UdSSR<br />

und den USA zur Beendigung der Berliner<br />

Krise weiter. Sie wurden vertraulich<br />

von den Botschaftern beider Mächte<br />

bei den Vereinten Nationen, Jakob Malik<br />

(Sowjetunion) und Philipp C. Jessup<br />

(USA), geführt. Am 4. Mai 1949 war es<br />

dann endlich soweit. In einer Vereinbarung<br />

wurde die Festlegung getroffen,<br />

dass am 12. Mai alle vorhandenen Verkehrsbeschränkungen<br />

zwischen den<br />

Westzonen und Berlin sowie zwischen<br />

der sowjetischen Besatzungszone und<br />

den Westzonen aufzuheben seien. Damit<br />

wurde auch die Wirtschaftsblockade<br />

des Westens gegen die SBZ beendet,<br />

die zu schwer wiegenden Beeinträchtigungen<br />

der dortigen Ökonomie geführt<br />

hatte. So konnten zum Beispiel die ausgebliebenen<br />

Lieferungen von Schwefelsäure,<br />

Steinkohle und Stahl nicht kompensiert<br />

werden.<br />

Ein weiteres Ergebnis des Jessup-Malik-<br />

Abkommens bestand in der Vereinbarung,<br />

die entstandene Lage in Deutschland,<br />

d. h. vor allem die unmittelbar<br />

bevorstehende Gründung eines westdeutschen<br />

Separatstaates, auf einer<br />

Außenministerkonferenz in Paris zu erörtern.<br />

<strong>Die</strong> Sowjetunion legte auf dieser<br />

Konferenz, die vom 23. Mai bis zum 20.<br />

Juni 1949 in Paris tagte 61 , mehrere Vorschläge<br />

zur Verhinderung der Spaltung<br />

Deutschlands vor: unter anderem die<br />

Schaffung gesamtdeutscher Organe,<br />

die Wiederherstellung eines Magistrats<br />

für alle Sektoren Berlins, die Durchführung<br />

geheimer, allgemeiner und gleicher<br />

Wahlen in der Stadt, die Wiederaufnahme<br />

der Tätigkeit des Alliierten Kontrollrates<br />

und der für Berlin als Ganzes zuständigen<br />

Interalliierten Kommandantur.<br />

Zugleich sollten Kompetenzen der Alliierten<br />

auf gesamtdeutsche Instanzen<br />

übertragen werden. Bedeutsam war der<br />

neuerlich unterbreitete Vorschlag, innerhalb<br />

einer dreimonatigen Frist dem Rat<br />

der Außenminister Ausarbeitungen für<br />

einen Friedensvertrag mit Deutschland<br />

vorzulegen, in dem der Abzug sämtlicher<br />

Besatzungstruppen binnen Jahresfrist<br />

vorzusehen sei.<br />

<strong>Die</strong> Reaktionen der Westmächte waren<br />

enttäuschend. Ihre Gegenvorschläge<br />

vom 28. Mai 1949 beinhalteten die<br />

Möglichkeit, dass die sowjetische Besatzungszone<br />

dem Geltungsbereich des<br />

wenige Tage zuvor verkündeten Grundgesetzes<br />

der im Entstehen begriffenen<br />

Bundesrepublik Deutschland (BRD) beitreten<br />

könnte – für die Sowjetunion eine<br />

plumpe Provokation. So kam es wegen<br />

der unnachgiebigen Haltung der drei<br />

Westmächte zum Scheitern der Pariser<br />

Außenministerkonferenz. Für die sowjetische<br />

Führung endete die Berliner Krise<br />

insgesamt mit einer Niederlage. <strong>Die</strong> Blockade,<br />

so hatte sie, wie Gerhard Keiderling<br />

schreibt, kalkuliert, „sollte das Mittel<br />

sein, um den Westen wieder an den<br />

Verhandlungstisch zu zwingen,… bevor<br />

sich die Lage in Westdeutschland zu seinem<br />

Nachteil konsolidiert hatte. Doch<br />

die Westmächte standen die Blockade<br />

durch und stimmten deren Aufhebung<br />

erst zu, als der Weststaat unter Dach<br />

und Fach war.“ 62<br />

Immerhin war es aber durch geduldige<br />

Verhandlungen gelungen, die „Blockade“<br />

und die Aussetzung des Handels<br />

zwischen den Westzonen und der SBZ<br />

zu beenden. <strong>Die</strong> so genannte Lüftbrücke<br />

wurde indes bis zum 30. September<br />

1949 fortgesetzt, obwohl seit dem<br />

12 Mai der Verkehr von und nach Berlin<br />

wieder ungehindert fließen konnte.<br />

<strong>Die</strong> sowjetische Politik 1948/49 –<br />

frei von Fehlern und Versäumnissen?<br />

Am Ende konnte die UdSSR ihre politischen<br />

Ziele nicht durchsetzen. Hinter<br />

dem von der „Luftbrücke“ gezogenen<br />

Rauchvorhang erfolgte die Gründung<br />

der NATO und die Vorbereitung der Konstituierung<br />

eines westdeutschen Separatstaates,<br />

der Bundesrepublik Deutschland.<br />

Als Reaktion hierauf entstand die<br />

Deutsche Demokratische Republik. Es<br />

entwickelten sich jetzt zwei völlig unterschiedliche<br />

gesellschaftliche, ökonomische<br />

und politische Systeme in<br />

Deutschland. Berlin wurde im Ergebnis<br />

dieses Prozesses eine geteilte Stadt.<br />

Hatte die Politik der Sowjetunion alles<br />

Notwendige getan, um dies zu verhindern?<br />

Gab es Versäumnisse auf ihrer<br />

Seite, die das verantwortungslose Spiel<br />

der Westalliierten mit den gemeinsamen<br />

Beschlüssen von Potsdam erleichterten?<br />

<strong>Die</strong>s war tatsächlich der Fall. Stefan<br />

Doernberg, 1945 junger Offizier in den<br />

Reihen der Roten Armee, später Professor<br />

für Geschichte in der DDR, nannte<br />

in einem 1998 veröffentlichten Beitrag<br />

mehrere Defizite, die aus meiner Sicht<br />

zum Kern der Problematik vordringen.<br />

Dabei hätten seinerzeit auch „imperiale“<br />

Ansprüche der Siegermacht Sowjetunion<br />

eine Rolle gespielt, die – wie man<br />

es heute vielleicht nennen würde – „auf<br />

Augenhöhe“ mit den USA handeln und<br />

behandelt werden wollte. Als dies offenkundig<br />

nicht geschah, sei es der so-<br />

wjetischen Führung darum gegangen,<br />

„den neuen Hauptgegner aus seinen<br />

Einflußsphären zu verbannen“ 63 ; zu diesen<br />

„Sphären“ gehörten eben auch die<br />

Westsektoren Berlins.<br />

Dennoch ist dem Autor zuzustimmen,<br />

wenn er schreibt, dass die „Sowjetunion<br />

nicht der hauptsächliche Verursacher<br />

des Kalten Krieges war, auch nicht<br />

seiner Zuspitzungen“ 64 . Problematisch<br />

war allerdings, dass von der sowjetischen<br />

Führung die Wirkung ihrer Maßnahmen<br />

in der Masse der Bevölkerung<br />

in den kapitalistischen Ländern, die ja<br />

nicht aus sympathisierenden Kommunisten<br />

bestand, niemals den Stellenwert<br />

einnahm, der erforderlich gewesen<br />

wäre. Sie war außerstande zu begreifen,<br />

dass es nicht allein darauf ankam,<br />

eine als richtig und notwendig erkannte<br />

Politik umzusetzen, sondern dass für<br />

den Erfolg einer solchen Politik relevante<br />

Teile der Öffentlichkeit in den westlichen<br />

Staaten, auch in den Westzonen<br />

Deutschlands und in den Westsektoren<br />

Berlins, überzeugt werden mussten. Der<br />

beispiellosen propagandistischen Offensive<br />

der USA und der bürgerlichen Medien<br />

in West-Berlin und Westdeutschland,<br />

für die große finanzielle Mittel bereitgestellt<br />

wurden und die bisweilen an die<br />

unselige „antibolschewistische“ Propaganda<br />

der Nazis anzuknüpfen schien,<br />

stand sie in Form und Inhalt bisweilen<br />

hilflos gegenüber. Bei der Lektüre ihrer<br />

damaligen Publikationen gewinnt man<br />

den Eindruck, es sei gar nicht darum gegangen,<br />

Andersdenkende zu überzeugen,<br />

sondern die von der Richtigkeit der<br />

eigenen Politik bereits Überzeugten in<br />

ihren Auffassungen zu bestärken. <strong>Die</strong>s<br />

gilt in besonderer Weise für die Berliner<br />

Krise 1948/49 und bezogen auf die Bevölkerung<br />

der Westsektoren Berlins. Es<br />

galt aber sicherlich auch für die Jahre<br />

und Jahrzehnte danach.<br />

Welch’ große Resonanz zu erzielen war,<br />

wenn von Seiten der SMAD und der SED<br />

„zu kitzligen Fragen offen, frontal und<br />

offensiv Stellung“ 65 bezogen wurde, bewies<br />

das beispiellose Echo auf die Publikation<br />

des Artikels „Über ‚die Russen‘<br />

und über uns“, der zur Zeit der Berliner<br />

Krise, am 19. November 1948 im „Neuen<br />

Deutschland“ und kurz darauf auch in<br />

der Tageszeitung der SMAD, der „Täglichen<br />

Rundschau“, publiziert wurde. Ohne<br />

Tabus wurden hier auch die Übergriffe<br />

von Rotarmisten bei ihrem Einmarsch<br />

in Deutschland thematisiert und zugleich<br />

Defizite in der gesellschaftlichen<br />

und ökonomischen Entwicklung der Sowjetunion<br />

offen angesprochen. Der Erfolg<br />

blieb nicht aus. In öffentlichen Versammlungen<br />

am 10. Dezember 1948<br />

61

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