Antifaschistische Kultur - Die Linke
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als Regierungspartei, 22.000 Stimmen<br />
an den Bereich der NichtwählerInnen<br />
verliert.<br />
Vor dem Hintergrund der oben von<br />
Richard Stöss entwickelten These, dass<br />
vor allem politisch apathische Menschen<br />
und damit häufig NichtwählerInnen<br />
für die Ideologie der extremen<br />
Rechten anfällig sind und der gleichzeitigen<br />
Tatsache, dass LINKE und NPD<br />
um ähnliche soziale Segmente bei den<br />
WählerInnen konkurrieren ist es für die<br />
Wahlchancen der extremen Rechten<br />
von einiger Bedeutung, wie die LINKE in<br />
diesem Bereich mobilisieren kann. Während<br />
sie bei den Landtagswahlen 2008<br />
in Niedersachen als einzige Partei aus<br />
diesem Segment Stimmen zieht (plus<br />
30.000), in Hessen mit plus 26.000<br />
Stimmen als eine von zwei Parteien aus<br />
diesem Bereich dazu gewinnt (SPD plus<br />
65.000) und in Hamburg wiederum als<br />
einzige Partei aus diesem Bereich dazu<br />
gewinnen kann (plus 9.000), sieht das<br />
Bild bei den Wahlen in Ostdeutschland<br />
differenzierter aus. Während die PDS<br />
in Sachsen wie oben dargestellt weitaus<br />
weniger als die NPD aus diesem<br />
Segment profitieren kann, muss sie in<br />
Mecklenburg-Vorpommern und Berlin<br />
selbst Stimmen an die NichtwählerInnen<br />
abgeben (MV = minus 22.000; Berlin<br />
= minus 64.000). Während die NPD<br />
in Mecklenburg-Vorpommern einen vollen<br />
Erfolg verbuchen konnte, lässt sich<br />
für Berlin nur von einem relativen Erfolg<br />
sprechen (NPD = 2,6 Prozent). Trotz der<br />
größeren Relevanz von Variablen wie regionaler<br />
Verankerung, Personal, rechter<br />
Szene, historischer Verankerung u. a. für<br />
den Erfolg der extremen Rechten, lässt<br />
sich die These aufstellen, dass die LIN-<br />
KE ein wichtiger Faktor für die Verhinderung<br />
rechter Wahlerfolge ist. Verliert die<br />
LINKE selbst an Zustimmung und wird<br />
als Partei wie alle anderen wahrgenommen,<br />
steigen die Wahlchancen für die<br />
extreme Rechte.<br />
Protestwähler – ohne politische<br />
Überzeugungen?<br />
Auch Protestwähler haben Überzeugungen<br />
(oder Affekte), insofern müssen sich<br />
Protestmotiv (gegen die herrschenden<br />
Zustände) und extrem rechte Überzeugungen<br />
nicht ausschließen, sie können<br />
jedoch zu ganz unterschiedlichen Wahlentscheidungen<br />
führen. Ausländerfeindlichkeit<br />
findet sich bei den Anhängern<br />
der LINKEN in überdurchschnittlichem<br />
Maße, stärker nur bei der NPD und bei<br />
den Nichtwählern.<br />
<strong>Die</strong> Protestthese, bezogen auf die Wahl<br />
einer Partei der extremen Rechten, wird<br />
vor allem von links zurecht häufig kriti-<br />
siert, besteht doch hier die Gefahr, dass<br />
die Entscheidung für eine rassistische<br />
und nationalistische Partei zu votieren,<br />
entpolitisiert wird. Wer eine Partei wie<br />
die NPD oder DVU wählt, hat auf jeden<br />
Fall Affinitäten zu rassistischen Überzeugungen.<br />
Umgekehrt zeigt die empirische<br />
Forschung zu politischen Einstellungen<br />
der deutschen Bevölkerung<br />
jedoch, dass nur ein kleiner Teil derjenigen,<br />
die rassistische, nationalistische<br />
und geschichtsrevisionistische Einstellungen<br />
haben, Parteien der extremen<br />
Rechten wählen. Außerdem können<br />
ganz unterschiedliche Einstellungen und<br />
politische Motive miteinander verbunden<br />
werden, zum Beispiel die abstrakte<br />
Forderung nach einer gerechteren<br />
Gesellschaft und die aktive Abgrenzung<br />
von MigrantInnen. Insofern ist es<br />
keineswegs ungewöhnlich, dass Menschen<br />
mit rassistischen Einstellungen<br />
DIE LINKE wählen. Umgekehrt bedeutet<br />
das, dass die Wahlentscheidung für DIE<br />
LINKE keineswegs dauerhaft vor extrem<br />
rechten Einstellungen oder gar Wahlentscheidungen<br />
schützt.<br />
<strong>Die</strong> empirische Studie von Oliver Decker<br />
und Elmar Brähler („Vom Rand zur Mitte“)<br />
zeigt, dass die Zustimmung zu „ausländerfeindlichen“<br />
und rassistischen<br />
Aussagen in Deutschland erschreckend<br />
hoch ist, mit einem Übergewicht im Osten.<br />
So stimmen 37 Prozent der Aussage<br />
zu: „<strong>Die</strong> Ausländer kommen nur<br />
hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen“<br />
(West = 35,2 Prozent, Ost<br />
= 43,8 Prozent). Den Satz: „Wenn Arbeitsplätze<br />
knapp werden, sollte man<br />
die Ausländer wieder in ihre Heimat zurückschicken“,<br />
unterstützen 34,9 Prozent<br />
der Befragten (West = 34 Prozent,<br />
Ost = 38,4 Prozent) und schließlich finden<br />
39,1 Prozent: „<strong>Die</strong> Bundesrepublik<br />
ist durch die vielen Ausländer in einem<br />
gefährlichen Maße überfremdet“ (West<br />
= 38,8 Prozent, Ost = 40,5 Prozent). Aus<br />
LINKER Sicht äußerst bedenklich ist die<br />
Tatsache, dass von den Anhängern der<br />
LINKEN 33,3 Prozent den genannten<br />
Aussagen zustimmen – mehr als bei allen<br />
anderen demokratischen Parteien<br />
(CDU = 28,1 Prozent, NPD/DVU/Rep =<br />
66,7 Prozent, Nichtwähler = 43,3 Prozent).<br />
Ein Grund für diese hohe Zustimmung<br />
bei WählerInnen der LINKEN dürfte<br />
in der in den Aussagen zum Ausdruck<br />
kommenden Konkurrenzwahrnehmung<br />
gegenüber den ZuwandererInnen liegen,<br />
was vor allem für die bei der LIN-<br />
KEN überdurchschnittlich vorhandenen<br />
Arbeitslosen und Arbeiter zutreffen<br />
könnte, sich aber bis hin zu Selbständigen<br />
findet, die ihren Status durch die<br />
wirtschaftliche Entwicklung bedroht se-<br />
hen. Nicht erklärt ist damit der ebenfalls<br />
in den Aussagen vorhandene allgemeine<br />
Rassismus.<br />
„Ausländerfrage“ für Wähler<br />
der Rechten als Lösung<br />
der sozialen Frage<br />
Für die Wähler der extremen Rechten<br />
und für weite Teile der Bevölkerung besteht<br />
zwischen sozialer Frage und Zuwanderung<br />
ein enger Zusammenhang.<br />
<strong>Die</strong> so genannte Ausländerfrage wird<br />
als Mittel zur Lösung der sozialen Frage<br />
angesehen. <strong>Die</strong> soziale Krise ist in<br />
Ostdeutschland deutlich stärker ausgeprägt.<br />
Insofern spielt hier dieser Zusammenhang<br />
eine noch größere Rolle.<br />
<strong>Die</strong> extreme Rechte verknüpft die soziale<br />
Frage mit dem Rassismus und bietet<br />
so „Lösungen“ an, die vielen als einleuchtend<br />
erscheinen: „Ausländer raus<br />
und Arbeitsplätze nur für Deutsche“,<br />
dies ist die Kurzformel für alle Thematisierungen<br />
der sozialen Frage von rechts.<br />
In Maßen erfolgreich kann die extreme<br />
Rechte damit nur sein, weil sie an einen<br />
Diskurs anknüpft, der weit in der Mitte<br />
der Gesellschaft seinen Ursprung<br />
hat und in dem Zuwanderung vor allem<br />
als Belastung und Bedrohung des eigenen<br />
Reichtums thematisiert wird. <strong>Die</strong>se<br />
Form der „Ethnisierung der sozialen<br />
Frage“ wird von der bürgerlichen Mitte<br />
seit Beginn der neunziger Jahre massiv<br />
vorangetrieben und hat die Funktion,<br />
von den tatsächlichen und der kapitalistischen<br />
Entwicklung immanenten<br />
Gründen für die soziale Krise abzulenken.<br />
Ethnische Zugehörigkeit, Nation<br />
und „Leitkultur“ werden als Angebote<br />
der Integration gemacht, die immer<br />
schlechter über die soziale Einbindung<br />
funktioniert. <strong>Die</strong> Debatten von der Abschaffung<br />
des Asylrechts, über diverse<br />
Leitkulturdebatten bis hin zum jüngsten<br />
Wahlkampf von Roland Koch sind Beispiele<br />
dieses Diskurses. Nur vor diesem<br />
Hintergrund lassen sich die Teilerfolge<br />
der extremen Rechten erklären, die vorhandene<br />
Diskurse in der Mitte der Gesellschaft<br />
aufgreifen und zuspitzen.<br />
DIE LINKE muss dieser Form des Integrationsangebots<br />
ein glaubwürdiges<br />
eigenes Angebot entgegenstellen. Ein<br />
Angebot, das auf Inklusion, nicht auf<br />
Exklusion ausgerichtet ist. Aus diesem<br />
Grund ist die offensive Auseinandersetzung<br />
mit dem Rassismus von rechts aber<br />
auch aus der Mitte der Gesellschaft für<br />
die LINKE so wichtig, denn nur so kann<br />
sie für ihre politischen Angebote überzeugend<br />
werben.<br />
Abschließend sollen einige Fragen und<br />
Diskussionspunkte aufgeworfen werden:<br />
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