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Antifaschistische Kultur - Die Linke

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auf dem Politischen Aschermittwoch<br />

der NPD/BIA am 6. Februar 2008 in der<br />

Gaststätte „Mathäser“ noch relativ moderat<br />

formuliert. Hier wurde sich gegenseitig<br />

in Superlativen überboten, wenn es<br />

um die Beschreibung der vermeintlichen<br />

Probleme Deutschlands und Bayerns<br />

ging. Karl Richter sprach vom „schleichenden<br />

Bevölkerungsaustausch“ 79 ,<br />

von „großen politischen Gesamtverbrechen,<br />

die die etablierten Parteien in den<br />

letzten 30, 40 Jahren an unserem Volk<br />

begangen haben“ 80 und baute auch das<br />

antisemitische Stereotyp vom Brunnenvergiften<br />

mit in seine Rede ein.<br />

Auch die übrigen Reden von Udo Pastörs,<br />

Ralf Ollert, Sascha Roßmüller und<br />

Udo Voigt sind gekennzeichnet von Antisemitismus,<br />

Rassismus, Verschwörungstheorien,<br />

völkischer Ideologie,<br />

Antiamerikanismus, Homophobie und<br />

Drohgebärden. Besonders Charlotte<br />

Knobloch und Günther Beckstein werden<br />

immer wieder persönlich angegriffen.<br />

Dabei macht gerade Udo Pastörs<br />

keinen Hehl daraus, wessen Geistes<br />

Kind er ist:<br />

„Lasst uns diesen Kampf gemeinsam<br />

aufnehmen und das, was uns vernichten<br />

will, vernichten, bevor es uns den<br />

Garaus macht!“ 81<br />

Bürgerinitiative Ausländerstopp Nürnberg<br />

– Geschichte<br />

Unter dem Namen „Bürgerinitiative Ausländerstopp“<br />

traten bereits zu Anfang<br />

der 80er Jahre Organisationen aus dem<br />

Umfeld der NPD auf. Im Juli 2001 gründete<br />

sich auch in Nürnberg ein derartiger<br />

Verein, um bei den bayrischen Kommunalwahlen,<br />

mit Kandidaten aus NPD<br />

und freien Kameradschaften anzutreten.<br />

Während zunächst Ex-Parteichef Günther<br />

Deckert für den Posten des Spitzenkandidaten<br />

vorgesehen war, wurde<br />

diese Position schließlich mit Ralf Ollert<br />

besetzt, welcher 2003 nach einem Ergebnis<br />

von 2,3 Prozent Wählerstimmen<br />

auch in den Stadtrat einziehen durfte.<br />

Wichtige Personen im Umfeld der Bürgerinitiative<br />

Ausländerstopp Nürnberg<br />

Ralf Ollert wurde 1960 geboren und ist<br />

seit 1976 engagiert bei NPD und JN.<br />

1982 wurde er Landesvorsitzender der<br />

JN Bayern. Ollert kandidierte seitdem in<br />

diversen Stadtrats-, Landtags-, Bundes-<br />

und Europawahlen. Darunter mehrfach<br />

als Spitzenkandidat. Im Moment ist er<br />

Vorsitzender der NPD Bayern, sowie des<br />

Bezirksverbandes Mittelfranken und außerdem<br />

„Geschäftsführender Sprecher“<br />

der BIA Nürnberg. Ollert ist langjähriger<br />

Anhänger von Günther Deckert und<br />

wird zur parteiinternen Opposition ge-<br />

zählt. Nahezu alle NPD- Kundgebungen<br />

der letzten Jahre in Nordbayern wurden<br />

von ihm angemeldet. Hier trat er in der<br />

Regel auch als Redner auf und arbeitete<br />

außerdem eng mit den Kameradschaften<br />

zusammen. 82 Ollert sitzt seit 2003<br />

für die BIA im Nürnberger Stadtrat.<br />

Bei den Kommunalwahlen 2008 konnte<br />

sich der als Anti–Antifa-Aktivist bekannte<br />

Sebastian Schmaus (24) einen zweiten<br />

Sitz für die BIA ergattern. Weiterhin<br />

traten auf der Liste u. a. Günther Siegmund,<br />

Gerhard Schelle, Rainer Biller,<br />

Richard Mayr und Christine Rorich an.<br />

Ideologie und Wahlprogramm<br />

<strong>Die</strong> Forderungen der „Bürgerinitiative<br />

Ausländerstopp Nürnberg“ gleichen<br />

im Wesentlichen denen ihres Pendants<br />

aus München. Allerdings wirken Texte<br />

und Layout im Vergleich zur bayrischen<br />

Hauptstadt altbacken. Hauptsächlich<br />

besteht das Programm aus Forderungen<br />

nach „Ausländerrückführung“ 83 , was mit<br />

dem „Schutz deutscher Schüler“, mit Arbeitsplätzen,<br />

Sozialsystemen und Kriminalität<br />

begründet wird. Zaghaft möchte<br />

man dabei nicht vorgehen: „Asylbewerber,<br />

welche ihre Identität verschleiern,<br />

sind bis zu ihrer Abschiebung in geschlossenen<br />

Lagern unterzubringen“.<br />

Auch bei der BIA Nürnberg tritt die völkische<br />

Definition von „deutsch“ zutage,<br />

denn „Deutsche Aussiedler sind keine<br />

Ausländer“.<br />

<strong>Die</strong> BIA Nürnberg sieht die Arbeitsplätze<br />

im eigenen Land nicht nur durch Migranten<br />

gefährdet, sondern auch durch die<br />

Globalisierung: „Wir exportieren unsere<br />

Arbeitsplätze“. Als Beispiel wird ausgerechnet<br />

der finnische Mobilfunkhersteller<br />

Nokia genannt, welcher erst jüngst<br />

die Verlagerung eines Bochumer Standortes<br />

nach Osteuropa bekannt gab.<br />

Weiterhin wird bekanntgegeben, man<br />

wolle Rentner, die deutsche Jugend, den<br />

Mittelstand, die Vertriebenen-, Sport-<br />

und Bürgerverbände und Kinder und Familien<br />

unterstützen. Außerdem sollen<br />

Brauchtum und Heimatpflege und die<br />

„schöne Kunst“ – im Gegensatz zur sogenannten<br />

„linken Unkultur“ – gefördert<br />

werden. Der Verweis auf die „Abzocke“<br />

durch andere Parteien im Rathaus, sowie<br />

auf die Gegnerschaft zum EU-Beitritt<br />

der Türkei fehlt ebenso wenig, wie<br />

die Forderung nach mehr grün, Sicherheit,<br />

Sauberkeit und Ordnung.<br />

4. Zur Strategie der NPD auf<br />

kommunaler Ebene in Bayern<br />

Der Name „NPD“ erzeugt in Bayern viel<br />

Ablehnung. Während die Rechten in<br />

den Provinzen von Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern<br />

angekommen<br />

sind und teilweise die politische Landschaft<br />

und das öffentliche Leben mitprägen,<br />

hat es die NPD in Bayern bis<br />

dato noch nicht geschafft, sich eine<br />

bürgerliche Fassade zuzulegen. Dabei<br />

ist das rechtsextreme Wählerpotential<br />

hier sehr groß, wie Untersuchungen zur<br />

Verbreitung menschenfeindlicher Ideologien<br />

gezeigt haben. Wer aber in Bayern<br />

rechts wählt, macht in der Regel<br />

sein Kreuz bei der CSU oder den Republikanern,<br />

statt bei der NPD, die in der<br />

Öffentlichkeit mit ewig gestrigen „Späthitleristen“<br />

und pöbelnden Skinheads<br />

verbunden wird.<br />

Da das rechte Wählerpotential hier in<br />

erster Linie von der CSU abgeworben<br />

werden muss, nimmt diese den Platz<br />

des Hauptgegners der NPD ein und wird<br />

somit immer wieder verbales Angriffsziel<br />

der Funktionäre. Außerdem sehen<br />

die Nazis ihre Chance auch im Abgang<br />

Stoibers und dem daraus resultierendem<br />

Schwächeln der großen schwarzen<br />

Partei. Der bayrische Landesverband<br />

hat sogar eine Broschüre entworfen, die<br />

sich ganz der CSU widmet. 84<br />

Der CSU wird der Vorwurf des „Umfallens“<br />

gemacht, da sie nie ihre Versprechungen<br />

in Sachen „nationale Politik“<br />

einhalten würde. Dementsprechend<br />

wurde auch auf dem „Bayerntag“ der<br />

CSU vorgeworfen, dass sie sich zwar immer<br />

gegen Zuwanderung aussprechen<br />

würde, später aber nicht danach handele.<br />

<strong>Die</strong> NPD/BIA will sich hier als bessere<br />

Lösung anbieten und so ihr Profil<br />

schärfen, da sie die einzig wirkliche „nationale<br />

Opposition“ sei. Ralf Ollert sieht<br />

dazu im Interview mit der „Deutschen<br />

Stimme“ „Kernkompetenzen […] in der<br />

Ausländerpolitik und bei der Alternative<br />

zur volksfeindlichen Globalisierung, der<br />

raumorientierten Volkswirtschaft“ 85.<br />

<strong>Die</strong> personelle Verankerung in Bayern<br />

läuft auf zwei Ebenen ab. Zum Einen<br />

ist aus dem unbeutenden bayrischen<br />

NPD-Landesverband in den letzten Jahren<br />

ein zahlenmäßig sehr bedeutendes<br />

und gut organisiertes Sammelbecken<br />

für Rechtsextreme geworden. Vor allem<br />

die Zusammenarbeit mit den Kameradschaften<br />

ist hierfür verantwortlich.<br />

Zum Anderen verläuft der Weg, Anerkennung<br />

in der Mitte der Gesellschaft zu<br />

finden, über die Kommunen, denn hier<br />

ist es auch Neonazis möglich ein Teil der<br />

Zivilgesellschaft zu sein. <strong>Die</strong>s geschieht<br />

durch das Aufgreifen kommunalpolitischer<br />

Themen und durch ein Angebot<br />

bzw. Anhängen an scheinbar unpolitische<br />

Aktivitäten.<br />

So hat sich die Partei in letzter Zeit zu<br />

vielen Fragen geäußert, die zwar keine<br />

klassischen Felder der Rechtsextremen<br />

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