Antifaschistische Kultur - Die Linke
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AKTUELLES ZU RECHTSEXTREMISMUS<br />
UND ANTIFASCHISMUS<br />
Rechtsextremismus und Kommunalwahlen<br />
in Bayern 2008<br />
Rechte Biedermänner zwischen Kameradschaften und bürgerlicher Mitte<br />
<strong>Die</strong>ser Beitrag beschäftigt sich mit dem<br />
Themenkomplex „Kommunalwahlen und<br />
Rechtsextremismus 1 in Bayern 2008“.<br />
Hierzu soll zunächst kurz die aktuelle<br />
Situation der NPD in Bayern aufgezeigt<br />
und eingeschätzt werden, um anschließend<br />
die Geschichte, Ideologie<br />
und Strategie der wichtigsten Wahllisten<br />
des rechten Randes zu analysieren. Einen<br />
Schwerpunkt bilden dabei die sogenannten<br />
„Tarnlisten“-„Bürgerbewegung<br />
PRO München e. V.-patriotisch und sozial“,<br />
„Bürgerinitiative Ausländerstopp<br />
Nürnberg“, sowie „Bürgerinitiative Ausländerstopp<br />
München“. Nach einer kritischen<br />
Betrachtung des Begriffs „Tarnliste“,<br />
soll schließlich eine Einschätzung<br />
des Erfolgspotenzials der NPD bei der<br />
kommenden Landtagswahl im Herbst<br />
versucht werden.<br />
Ziel dieser Ausführungen ist es, allen<br />
Interessierten einen Überblick zu vermitteln,<br />
um antifaschistische Praxis zu<br />
unterstützen bzw. ein Anknüpfen an<br />
weitere Forschungen zu ermöglichen.<br />
1. Der rechte Rand in Bayern –<br />
Eine Bestandsaufnahme<br />
<strong>Die</strong> NPD in Bayern<br />
<strong>Die</strong> NPD will nach den erfolgreichen<br />
Wahlen in Sachsen und Mecklenburg-<br />
Vorpommern nun auch im Westen Erfolge<br />
erzielen. So verkündete Udo Voigt auf<br />
der Pressekonferenz zum Wahlerfolg der<br />
NPD in Mecklenburg-Vorpommern, dass<br />
jetzt der „Westen in Angriff“ genommen<br />
werde und man 2008 in die Landtage<br />
von Hessen und Bayern einziehen wolle.<br />
2 Nach den Wahlschlappen, nicht nur<br />
in Hessen, sondern auch in Hamburg<br />
und Niedersachsen, richten sich daher<br />
im Moment alle Augen auf Bayern.<br />
Hier saß die NPD schon während ihrer<br />
Hochzeit 1966 im Landtag. <strong>Die</strong> Vorzeichen<br />
für das Vorhaben sind gar nicht so<br />
schlecht: so leben in Bayern immerhin<br />
die meisten Neonazis in absoluten Zahlen<br />
und zur Bundestagswahl 2005 wurde<br />
ein relativ beachtliches Ergebnis von<br />
1,8 Prozent der Erststimmen erreicht.<br />
Auch der bayrische Landesverband der<br />
NPD verzeichnet immer mehr Mitglieder<br />
und liegt laut Verfassungsschutzbericht<br />
inzwischen bei 1.020, organisiert in 36<br />
Kreisverbänden. 3 Da die Mitgliederzahlen<br />
der überalternden DVU sinken 4 ,<br />
steigt die NPD langsam zur bedeutendsten<br />
rechtsextremistischen Organisation<br />
in Bayern auf. Insgesamt zählt der Verfassungsschutzbericht<br />
2007 mit 3.320<br />
dabei 200 Rechtsextremisten weniger<br />
als noch im Jahr 2005. 5 Aufgrund ebenfalls<br />
steigender Zahlen bei den sogenannten<br />
„neonazistischen Organisationen“<br />
6 und sinkender Zahlen bei den<br />
Skinheads 7 könnte dies auf eine wachsende<br />
Politisierung in den Szenen des<br />
rechten Milieus hindeuten. 8<br />
Bayern ist für Nazis aufgrund der historischen<br />
Verbindung mit dem NS mit einer<br />
Menge Prestige verbunden – so gilt<br />
München als „Hauptstadt der Bewegung“<br />
und Nürnberg ist die „Stadt der<br />
Reichsparteitage“. Allerdings gibt es<br />
auch Verbindungen des aktuellen Nazismus<br />
nach Bayern. So stammen führende<br />
Neonazis und Parteigänger der NPD,<br />
wie z. B. Jens Pühse, Peter Dehoust, Karl<br />
Richter, Per Lennart Aae, Dirk Bredacl<br />
und Udo Voigt aus diesem Bundesland.<br />
Auch der Verlag und die Redaktion der<br />
„Deutschen Stimme“ hatten ihren Sitz<br />
in Sinning bei Neuburg an der Donau,<br />
wo auch Holger Apfel wohnte. In Bayern<br />
wurde das Konzept der „Volksfront von<br />
rechts“ propagiert und schließlich der<br />
so genannte „Deutschlandpakt“ mit der<br />
DVU in München unterzeichnet.<br />
Während die Partei aufgrund der schwachen<br />
Strukturen 2003 noch nicht einmal<br />
zur Landtagswahl antrat, verzeichnet<br />
sie in letzter Zeit viele Aktivitäten<br />
von Saalveranstaltungen, über Liederabende,<br />
bis hin zu Aufmärschen, insbesondere<br />
in Gräfenberg und Wunsiedel,<br />
wo sogenannte „Heldengedenken“ veranstaltet<br />
werden. Besonders Wunsiedel<br />
hat es den Nazis angetan, da hier<br />
Rudolf Hess begraben liegt. Nach den<br />
Vorbildregionen Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern<br />
versuchen sich die<br />
Nazis bürgernah zu geben. Sie greifen<br />
zur Wortergreifungsstrategie, versuchen<br />
sich in neuen Bündnissen, greifen untypische<br />
Themen auf und halten vermeintlich<br />
unpolitische Veranstaltungen ab.<br />
Hiermit soll dem Image des Nazischlägers<br />
entgegengetreten werden, man sei<br />
kein „Bierdosenhalter“ 9 , statt dessen ist<br />
man „bürgernah“, „sachbezogen“ und<br />
vor allem „volkstreu“.<br />
Das Auftreten ist ein Indiz für das Wählerklientel,<br />
welches man anzusprechen<br />
gedenkt. In Bayern sind dies enttäuschte<br />
Ex-Wähler der CSU. So bestätigte<br />
auch Udo Voigt, dass politischer Hauptfeind<br />
die Union bleibe. 10<br />
Ein Potential für die NPD gibt es in Bayern<br />
auf alle Fälle. Zu Bedenken geben<br />
die Ergebnisse der Studie „Vom Rand<br />
zur Mitte“, welche unter allen Bundesländern<br />
ausgerechnet in Bayern den<br />
größten Nährboden für rechtsextreme<br />
Propaganda ausmachen. In keinem Land<br />
seien die Leute so antisemitisch, rassistisch<br />
und chauvinistisch eingestellt. 11<br />
Strafrechtlich ist zwar ein Rückgang der<br />
verzeichneten rechtsextremen Straftaten<br />
um 3,2 Prozent auf insgesamt 2.198<br />
auszumachen, jedoch geht dies einher<br />
mit einem eklatanten Anstieg der Gewalttaten<br />
mit fremdenfeindlichen Hintergrund<br />
auf 29. 12<br />
Bei der Kommunalwahl tritt die NPD<br />
zum ersten Mal mit sogenannten „Tarnlisten“<br />
an, weshalb der März als Generalprobe<br />
für dieses Konzept gilt.<br />
Das Verhältnis von NPD, JN und Kameradschaften<br />
in Bayern<br />
Seit 2004 ist eine Annäherung von NPD<br />
und „Freien Kameradschaften“ zu beobachten.<br />
Zum Bundesvorstand gehören<br />
inzwischen bekannte Neonazis wie<br />
Sascha Roßmüller, Thorsten Heise, Jürgen<br />
Rieger und Thomas Wulff. Deren<br />
Präsenz und die vorhandenen Ressourcen<br />
einer Partei hat die NPD auch für<br />
Unorganisierte attraktiver gemacht. Allerdings<br />
gibt es auch in der Kameradschaftsszene<br />
Stimmen, die der NPD ablehnend<br />
gegenüberstehen, da sie ihnen<br />
zu bürgerlich und zu angepasst ist. Hierzu<br />
gehören die „Autonomen Nationalisten“.<br />
Was für das gesamte Bundesgebiet gilt,<br />
lässt sich auch auf Bayern übertragen.<br />
Hier fällt immer wieder der Name Norman<br />
Bordin (31). Der mehrfach vor-<br />
19