143. Prozessoptimierung Chance - B. Braun Melsungen AG
143. Prozessoptimierung Chance - B. Braun Melsungen AG
143. Prozessoptimierung Chance - B. Braun Melsungen AG
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
ein Krankenhaus einen Durchschnittspatienten<br />
behandele oder einen Menschen<br />
mit hohen Risiken, Komplikationen und<br />
Verweildauern zu versorgen hätte – darauf<br />
hätten die Häuser wenig Einfluss. Auf jenen<br />
Teil des Kostenapparates gebe es also kaum<br />
Einflussmöglichkeiten. Aber, die Organisationsplanung<br />
könne jeder Manager in seinem<br />
Haus verändern, wenn er es nur wolle. „Wer<br />
die Prozesse in und rund um den OP im Griff<br />
hat, drückt die Kosten, ohne die medizinische<br />
Qualität zu verringern.“ Letztendlich<br />
bestimmten die wenigen Stunden vor, während<br />
und nach einer chirurgischen Behandlung<br />
wesentlich die Ertragssituation in der<br />
Einrichtung.<br />
Selbst Notfälle sind planbar<br />
„Selbst Notfälle sind planbar“, sagt Diener.<br />
Der OP-Manager kenne die Anzahl und Art<br />
der Notfälle pro Jahr und halte entsprechende<br />
Ressourcen frei. Solche Ressourcen über<br />
den Tag zu managen, sei wichtig. Denn Operationen<br />
dauerten gelegentlich länger, öfter<br />
noch gelängen sie jedoch schneller. Deswegen<br />
müssten die Chirurgen eine halbe Stunde<br />
vor OP-Ende melden, wann der Patient dem<br />
Anästhesisten zur Ausleitung übergeben werden<br />
könne. „Dann finden Notfälle automatisch<br />
und sofort ihren Platz“, sagt Diener.<br />
Der Informationstechnologie schreibt Diener<br />
eine erhebliche Rolle zu, um die komplexen<br />
Abläufe und Saalbelegungen planen zu<br />
können. Dennoch übt der Vorstand des Verbandes<br />
für OP-Management auch Kritik an<br />
den Herstellern der Krankenhausinformationssysteme<br />
(KIS). Diese sollten bei der Software-Entwicklung<br />
mehr darauf achten, auch<br />
Lösungen für eine mittelfristige OP-Planung<br />
bereitzustellen. Viele elektive Eingriffe seien<br />
schon 14 Tage im Voraus bekannt, erforderten<br />
mitunter besonders qualifiziertes Personal,<br />
Umstellungen der OP-Einrichtung oder<br />
spezielles Material. Das sei über die gängigen<br />
Tools der KIS-Hersteller nicht planbar. „Die IT-<br />
Hersteller sollten mehr mit dem OP-Personal<br />
reden und die Erfahrungen unseres Verbandes<br />
nutzen.“ Stattdessen spräche der Außendienst<br />
der KIS-Hersteller vorwiegend mit den<br />
Mitarbeitern der IT-Abteilung im Klinikum,<br />
nur, weil diese über die Anschaffung ein Wort<br />
mitredeten.<br />
Dort, wo die wachen Patienten umsorgt<br />
werden, herrsche ein ganz anderer Rhythmus.<br />
Deswegen müsse der OP-Manager mit<br />
den anderen Abteilungen im Haus genauso<br />
kommunizieren wie mit dem OP-Bettentransport.<br />
Derlei Kommunikation könnten<br />
auch OP-Koordinatoren übernehmen. „Denn<br />
wenn die Station den Patienten nicht optimal<br />
auf den Eingriff vorbereitet hat und<br />
die Patientenakte fehlt, ist das teure Chaos<br />
schon programmiert“,<br />
sagt Diener, der als Unfallchirurg<br />
gearbeitet<br />
hat, bevor er sich ganz<br />
dem Thema verschrieb,<br />
wie Abläufe verbessert werden können.<br />
Der OP-Manager müsse ein kleines Zimmer<br />
im OP-Trakt haben und noch ein Büro mit<br />
Sekretariat außerhalb, das den Kontakt zu<br />
den Koordinatoren halte: in der Nähe der<br />
wichtigsten Stationen. „Nur so kann ein OP<br />
als Cost Center geführt werden.“<br />
Ausbildung: Säle managen<br />
Für OP-Manager gibt es keinen geregelten Ausbildungsgang. Dennoch werden nach<br />
Ansicht vieler OP-Manager gute Fortbildungsveranstaltungen angeboten. Für Ärzte<br />
beispielsweise bietet der Berufsverband der Anästhesisten eine in drei Module gegliederte<br />
Fortbildungsveranstaltung. Sie ist auch vom Berufsverband Deutscher Chirurgen<br />
zertifiziert und läuft über insgesamt zehn Tage. Der Verband für OP-Management bietet<br />
einen einwöchigen Kursus, den die Ärztekammer mit 42 Punkten honoriert. Die Akademie<br />
des Verbandes hat auch zahlreiche Aus- und Fortbildungsangebote für examinierte<br />
Pflegekräfte im Programm. An der Donau-Universität im österreichischen Krems gibt<br />
es drei verschiedene Studiengänge, die als berufsbegleitend konzipiert sind: Die Universität<br />
verleiht die Titel „Akademischer Experte“, „Master of Science“ oder „Master of<br />
Business Administration (MBA)“.<br />
Der ideale OP-Manager sei jener, „der im<br />
OP groß geworden ist, die Prozesse dort aus<br />
dem Effeff kennt und vor allem organisatorisches<br />
Geschick hat.“ Deswegen könnte auch<br />
eine examinierte Pflegekraft die Säle steuern.<br />
„Manchmal ist es aber einfacher, wenn<br />
der OP-Manager ein Arzt und im Idealfall<br />
Chirurg ist“, sagt Diener.<br />
Das hat Werner Fleischer auch beobachtet. Er<br />
begleitet kleinere Krankenhäuser als Coach<br />
bei der Einführung eines OP-Managements.<br />
In seiner Praxis begegnet er zur einen Hälfte<br />
Anästhesisten und zur anderen Hälfte Pflegekräften.<br />
Fleischer hat als Diplom-Pädagoge<br />
gelernt, Menschen zu unterstützen und zu<br />
entlasten – genau das macht er heute im<br />
Operationssaal. Er trainiert, eine klare, freundliche,<br />
aber bestimmte Sprache zu sprechen.<br />
„Herr Professor, das geht heute nicht“, übt er<br />
mit seinen OP-Managern. Oder: „Wir hatten<br />
verabredet, dass der erste Schnitt um acht<br />
Uhr gesetzt wird.“ Offenes Auftreten, eindeutige<br />
Körpersprache und eine natürliche Autorität<br />
seien wichtig. „Auf verbindliches, klares<br />
Benehmen kommt es an, dann kann sich ein<br />
OP-Manager durchsetzen“, sagt Fleischer.<br />
Von oben herab über die Säle regieren – das<br />
dürfe ein OP-Manager aber auch keinesfalls.<br />
Deswegen hält der Coach und Berater in Kliniken<br />
Vorträge, die den Titel tragen: Der OP-<br />
Manager – als Autokrat verrufen, als Integrator<br />
geschätzt. „Seine Integrationsfähigkeit<br />
ist ganz wesentlich, um die unterschiedlichen<br />
Persönlichkeiten im Saal zu einem Team zu<br />
formen“, sagt Fleischer. Einmal im Monat<br />
sollte der OP-Manager allen beteiligten Mitarbeitern<br />
seine Kennzahlen zeigen, um zu<br />
besprechen, wo und wie sich die Auslastung<br />
der Säle noch verbessern ließe. Denn: „Wir<br />
nutzen in Deutschland nur 60 Prozent der<br />
OP-Kapazitäten“, hat Fleischer beobachtet.<br />
Wenn er Kliniken besucht, dann analysiert er<br />
zusammen mit dem Personal die Prozesse, die<br />
sich zwischen den einzelnen Operationssälen<br />
abspielen. „Die Schnitt-Naht-Zeiten werden<br />
von vielen Faktoren beeinflusst – unter anderem<br />
auch vom Erfahrungsschatz der operierenden<br />
Ärzte – die nur bedingt steuerbar<br />
sind. In der Naht-Schnitt-Zeit, der Phase vom<br />
einen zum nächsten Patienten hingegen,<br />
wird viel Zeit vertan.“ Dort die Prozesse zu<br />
verbessern, bedürfe vieler Gespräche. Allein<br />
auf die Erhöhung des Tempos hinzuwirken,<br />
werde der Praxis nicht gerecht.<br />
In kleineren Krankenhäusern hat Fleischer<br />
nach eigenen Angaben gute Erfolge erzielt, in<br />
dem er half, einen Spätdienst in den Sälen zu<br />
etablieren. Das erste Team setzt um 7.30 Uhr<br />
den ersten Schnitt und hört zum regulären<br />
Feierabend auf. Eine zweite OP-Mannschaft<br />
beginnt um 10.30 Uhr und arbeitet bis 19 Uhr.<br />
„Das nutzt die Kapazitäten besser aus“, sagt<br />
Fleischer.<br />
Kontakt:<br />
Thomas Grether,<br />
Fachjournalist für Gesundheitswirtschaft<br />
Foto: DPA<br />
nahdran 2/13 13